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Negativpreis Plagiarius erneut verliehen

Wenn Firmen schamlos abkupfern

Die chinesische Plastik-Kopie eines Salz- und Pfeffersets von WMF hat bei der Verleihung Mitte Februar den Plagiarius erhalten. Auf Platz zwei der Imitate-Liste 2008 landete die niederländische Kopie eines Gemüsehobels. Während früher die mit der Langnase „ausgezeichneten“ Firmen fast ausschließlich aus dem Ausland kamen, wurden diesmal auch drei deutsche Firmen auf frischer Tat ertappt. So ging der dritte Plagiarius an die Heinrich Winkelmann GmbH & Co. KG (Reflex) in Ahlen, die zumindest optisch das Druckausdehngefäß des Schweizer Herstellers Pneumatex kopiert hat.

Opfer von Plagiatoren dagegen wurden die Armaturenhersteller Dornbracht und Hansa. Für die Dreilocharmatur Mem und die Hansamurano erhielten die chinesischen Nachbauer Auszeichnungen. Die Mem wurde über den in Frankfurt/Main ansässigen Internethändler Selectronica verkauft. Die Hansamurano über die Internetspezialisten ALGU-tec Bäder in Steffin. Wer hier eingekauft hat, hat eventuell seine Kunden mit minderwertigen Duplikaten übers Ohr gehauen. Das Mem-Plagiat zeigt, dass die verwendeten Mate­rialien und Verarbeitung bei Kopien oft minderwertig und gesundheitsgefährdend sind: Das Materialprüfungsamt NRW hat mit Hilfe einer Spektralanalyse festgestellt, dass der Bleigehalt der Kopie über 70 % des nach DIN 50930-6 zulässigen Grenzwertes liegt. Eine hohe Bleibelastung im Trinkwasser kann zu Blutbildschäden sowie zu Schäden des zentralen Nervensystems führen. Besonders Kinder sind gefährdet.

Me-too ist ok – nur echte Fälscher bekommen Langnasen

Zum Auszeichnungsmodus erklärte Prof. Rigo Busse, der den Plagiarius 1977 als betroffener Designer ins Leben rief: „Es geht der Aktion nicht darum, sogenannte Me-too-Produkte zu verurteilen. Diese folgen einem aktuellen Trend, differenzieren sich jedoch ausreichend vom Original, das als Erstes am Markt war, und sorgen so für einen lebendigen Wettbewerb. Im Fokus stehen vielmehr plumpe 1:1- Kopien innovativer Produkte, die vom Nachahmer als eigene kreative Leistung verkauft werden. Skrupellos übernehmen die Plagiatoren Design und technische Lösungen eines erfolgreichen Produkts, ohne es individuell abzuwandeln oder weiterzuentwickeln.“

Je nach Komplexität des Produktes überschwemmen die teils minderwertigen oder auch gefährlichen Kopien den Markt bereits wenige Tage, Wochen oder Monate nach Erstveröffentlichung des Originals. Fairer Wettbewerb sieht anders aus. Denn der Originalhersteller hat ein Vielfaches an Zeit und Know-how investiert, um ein innovatives und hochwertiges Produkt zu entwickeln. Er ist in Vorleistung gegangen und muss nun – um Arbeitsplätze und weitere Innovationen zu sichern – die getätigten Investitionen durch einen entsprechenden Markterfolg wieder erwirtschaften. Der Plagiator hingegen ist oft auf schnellen Profit aus. Die verwendeten Materialien und die Verarbeitung beim Pla­giat sind häufig minderwertig, das machen laut Busse einige der aktuellen Preisträger-Produkte sehr deutlich. Garantie- und Serviceleistungen sind im Preis, der zwischen 10 und 90 % des Originalpreises schwankt, oft ebenfalls nicht inbegriffen.

Explosionsartiges Wachstum

Auch wenn die Zahlen, die im Zusammenhang mit Produkt- und Markenpiraterie veröffentlicht werden, nur Schätzungen sein können und je nach Quelle abweichen, ist es unbestritten, dass Plagiate, Fälschungen und Raubkopien jährlich weltweit einen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten, der mehrere hundert Milliarden Euro beträgt und dass mehrere hunderttausend Arbeitsplätze vernichtet werden. Über den Status Kavaliers­delikt ist man bei Weitem hinaus. Dies bestätigen auch die jährlich von der EU-Kommission veröffentlichten Statistiken. Danach wurden 2006 an den EU-Außengrenzen vom Zoll mehr als 250 Millionen gefälschte Artikel beschlagnahmt. Allein der deutsche Zoll beschlagnahmte 2006 gefälschte Waren im Wert von 1,2 Milliarden Euro – damit hat sich der Wert gegenüber 2005 fast verfünffacht. Die weiteren ausgezeichneten Plagiate können unter http://www.plagiarius.com in Augenschein genommen werden.