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Fließdruck an Löschwasserentnahmestellen

Maximal 8 bar sind erlaubt

Aufgrund vieler Sanierungen hinsichtlich der Trinkwasserhygiene in Bestandsanlagen wurden in den letzten Jahren eine Vielzahl von Löschwasseranlagen in großen Liegenschaften und Hochhäusern vom Trinkwassernetz abgetrennt. Hierbei stellt sich, bedingt durch die physikalischen Einflussgrößen wie Gebäudehöhe oder Netzgröße, für Fachplaner und Ausführende gleichermaßen die Aufgabe, wie sachgerecht zu sanieren oder neu zu bauen ist. Ein Stolperstein in der Praxis ist der maximale Betriebsdruck: Es sind Technologien einzusetzen, die einen definierten Mindestversorgungsdruck am hydraulisch ungünstigsten Hydranten sicherstellen und dabei den maximalen Grenzwert von 8 bar nicht überschreiten.

In nahezu allen Bundesländern fällt ein Großteil der Hochhäuser und Liegenschaften unter den Geltungsbereich der Prüfverordnungen der Länder. Für diesen schreibt der Gesetzgeber vor, dass Löschwasseranlagen in regelmäßigen Abständen durch bauaufsichtlich anerkannte Sachverständige zu prüfen sind, um die Wirksamkeit der Löschwasseranlage unter Einhaltung definierter Grenzwerte sicherzustellen.

Kein Bestandsschutz

Wird nach einer Sanierung bei der technischen Abnahmeprüfung durch den staatlich anerkannten Sachverständigen an Hydranten ein Fließdruck über 8 bar festgestellt, ist die Auffassung weit verbreitet, dass die zu prüfende Anlage Bestandsschutz genieße. Eine Interpretation, die weder von den allgemein anerkannten Regeln der Technik noch vom Gesetzgeber getragen wird.

Hinsichtlich des maximalen Versorgungsdrucks sind die entsprechenden Regularien der Hochhausrichtlinie der Länder bzw. der Muster-Hochhausrichtlinie und DIN 14462 von Bedeutung. In der Erläuterung zur Muster-Hochhausrichtlinie gibt es zwar einen ­eige­nen Absatz für Bestandsanlagen, der Aussagen zur Minderung des Mindestvolumenstroms und des Mindestversorgungsdrucks in Abstimmung mit der zuständigen Brandschutzbehörde macht. Eine Überschreitung des maximalen Versorgungsdrucks, der auch unter dem Gesichtspunkt Arbeitssicherheit von Bedeutung ist, wird jedoch nicht diskutiert.

Vielmehr war bereits bei älteren Anlagen über die allgemein anerkannten Regeln der Technik der maximale Fließdruck auf 7 bar begrenzt. Erst mit dem Erscheinen der neuen Muster-Hochhausrichtlinie im Jahr 2008 wurde der vorstehende Grenzwert auf 8 bar angehoben und in die Anwendungsnormen der DIN 14462 übernommen.

Druckminderer sind nicht geeignet

Um die 8-bar-Fließdruckbegrenzung preisgünstig zu erfüllen, werden immer wieder Druckminderer in Löschwasserleitungen eingesetzt. Davon ist dringend abzuraten! Durch Druckminderer in der Löschwasserversorgung entsteht ein erhebliches Ausfallrisiko der Löschwasseranlage und der Personen- und Sachschutz wird gefährdet. Anwendungsnormen (z.B. DIN 1988-54) bzw. DIN 14462 raten darum seit Jahrzehnten davon ab, Druckminderer in Löschwasserleitungen einzubauen.

Die sichere Funktion eines Druckminderers in der Trinkwasserinstallation ist in der Praxis unumstritten, aber auch stark vom Schmutzeintrag in die Armatur abhängig. Führende Druckminderer-Hersteller unterschiedlichster Bauart schreiben deswegen vor, dass ihre Armaturen grundsätzlich durch vorgeschaltete Filter zu schützen sind. DIN 14462 verweist zudem darauf, dass in Löschwasseranlagen nur Bauteile eingebaut werden dürfen, die speziell für die Löschwasserversorgung geeignet sind. Der Einsatz eines Druckminderers im Löschwasserleitungsnetz setzt damit den Nachweis der Betriebssicherheit als technisches Gutachten einer akkreditierten Prüfstelle oder die Anwendung einer Produktnorm voraus.

Engmaschige Filter in der Löschwasserleitung zur Absicherung der Funktionssicherheit der Druckminderer könnten jedoch im Einsatzfall verstopfen und zum Ausfall der gesamten Löschwasseranlage führen. Darum sind in Wasserlöschanlagen nur weitmaschige Filter, sogenannte Steinfänger, zulässig. Beispielsweise muss die Maschenweite eines Steinfängers für Sprinkleranlagen größer 5mm und für Wandhydranten größer 1 mm sein; nach Auffassung des Autors sollte aber auch für Wandhydranten eine größere Durchlässigkeit gewählt werden, z.B. 5 mm. Ignoriert man die Herstellervorgabe, vor Druckminderern einen Filter einzubauen, kann dies wiederum zum vollständigen Ausfall der Steuerarmatur und damit zur vollständigen Wasserunterbrechung führen.

Schmutzpartikel können in Löschwasserleitungen in erheblich größerem Ausmaß auftreten, als dies von der Trinkwasserinstallation bekannt ist. Durch die lange Verweilzeit des Löschwassers im Leitungssystem und der damit verbundenen Korrosion treten insbesondere bei feuerverzinkten Eisenwerkstoffen erhebliche Korrosionsprodukte bzw. Inkrustationen auf, die sich bei der Wasserentnahme lösen können. Zusätzlich werden Schmutzpartikel über die Hausanschlussleitung eingetragen. Im Brandfall treten hohe Strömungsgeschwindigkeiten in der Hausanschlussleitung auf. Dadurch kommt es häufig, besonders bei älteren öffentlichen Versorgungsleitungen, zu einem massiven Schmutzeintrag in das Löschwasserleitungssystem.

Regelkonforme Ausführungen

Bei der Fachplanung und Ausführung einer Löschwasserversorgung muss die maximale Versorgungsdruckgrenze von 8 bar unter allen Betriebsbedingungen sichergestellt werden. Der Grenzwert darf bei der Wasserentnahme von einem Wandhydranten zu Beginn des Löscheinsatzes mit 24 l/min bis zur maximalen Wasserentnahme von z.B. 600 l/min nicht überschritten werden.

Der Klassiker

Der aufwendige Klassiker, der zum Beispiel in der Trinkwasserversorgung nach DIN 1988-500 üblicherweise Anwendung findet, geht von der Aufteilung der Gebäude in Druck­zonen aus. Diese werden dann von je einer einzelnen, redundanten Druckerhöhungsanlage mit einer eigenen Steigleitung versorgt. An diesen Aufbau der Löschwasserversorgung, werden zusätzliche technische Anforderungen gestellt. Durch den erheblichen Platzbedarf am Aufstellungsort und im Installationsschacht, der geforderten Redundanz aller Mess-, Stell- und Regelglieder und der Notwendigkeit mindestens einer zweiten Steigleitung, handelt es sich um ein sehr aufwendiges Verfahren, das in der Praxis nur bedingt Anwendung findet.

Praktische Lösungen

In der Praxis umsetzbare Lösungen gliedern sich nach drei Einsatzbereichen:

  • Hochhäuser mit einem Betriebspunkt < 8 bar
  • Hochhäuser mit Betriebspunkt> 8 bar
  • größere Gebäude bzw. Liegenschaften mit verzweigten Netzen und mehr als 50 Wandhydranten

Hochhäuser mit Betriebspunkt < 8 bar: Zu der Gruppe zählen Gebäude, die nach Baugesetz geringfügig über dem Schwellenwert von 22 m Anlegeleiterhöhe liegen und somit nach dem Gesetz ein Hochhaus sind. Die geodätische Gebäudehöhe, gemessen vom Aufstellungsort der Druckerhöhung bis zum hydraulisch ungünstigsten Wand­hydranten beträgt ca. 30 m bzw. erfordert ­einen Betriebspunkt der Pumpe von < 8 bar.

Bei diesen Anlagen ist lediglich zu gewährleisten, dass am Hydranten bei geringerer Abnahmemenge, z.B. 24 l/min, der Förderdruck der Pumpe nicht über 8 bar steigt. Realisiert wird dies auf zwei Arten: Die feste Drehzahlregelung oder die Überströmtechnik (CR-Regelung). Die Drehzahlregelung erfolgt über einen Frequenzumrichter, der energetische Vorteil ist jedoch bei einer Löschwasseranlage kaum relevant. Bei der eher klassischen Variante der CR-Regelung wird über einen Pumpenbypass eine definierte Wassermenge im Kreislauf geleitet.

Hochhäuser mit Betriebspunkt> 8 bar: Diese Gebäude haben eine geodätische ­Höhe vom Aufstellungsort der Druckerhöhungsanlage bis zum hydraulisch ungünstigsten Wandhydranten von über 30 m bzw. erfordern einen Betriebspunkt der Pumpen>8bar.

Bei der nachfolgenden Betrachtung der Technologien findet der baurechtliche Grundsatz Anwendung, dass in einem Gebäude nur zu einem Zeitpunkt an einer Stelle von einem Brandereignis auszugehen ist. Dies kann dann unter Zuhilfenahme von bis zu drei Wandhydranten bekämpft werden (z.B. Brandbekämpfung in der 22., 23. und 24. Etage). Die zeitgleiche Brandbekämpfung an unterschiedlichen Orten innerhalb eines Gebäudes ist nicht zu berücksichtigen.

Auch bei Hochhäusern mit einem Betriebspunkt> 8 bar kommt die Technologie der Drehzahlregelung oder CR-Regelung zum Einsatz. Diese unterscheiden sich zur Ausführung in kleinen Hochhäusern mit einem Betriebspunkt < 8 bar lediglich dadurch, dass der notwendige Betriebsdruck in mehreren Hauptdruckstufen bereitgestellt werden kann. Hierzu ist es notwendig, dass mindestens ein Teil der Wandhydranten mit Grenztastern ausgestattet ist. Grenztaster sind kleine Schaltelemente, die beim Öffnen des Wandhydranten oder bei Betätigung des Schlauchanschlussventils ein Signal abgeben. Hierbei ist das elektrische Leitungssystem nach DIN 14462 dauerhaft auf Kurzschluss, Kabelbruch und Auslösung zu überwachen.

Durch eine elektrische Einteilung des Gebäudes in mehrere Gruppen, z.B. jeweils acht Etagen, kann die Druckerhöhungslage beim Auslösen der Grenztaster dann individuelle Betriebspunkte bereitstellen. Wird beispielhaft ein Wandhydrant in der 20. Etage betätigt, stellt die Pumpe einen Versorgungsdruck von 12 bar zur Verfügung. Wird hingegen ein Wandhydrant in der Tiefgarage ausgelöst, wird nur ein Versorgungsdruck von 5 bar aufgebaut.

Voraussetzung für diese richtungsweisende Lösung ist, dass neben dem schnellen Druckaufbau auch ein sicherer Druckabbau unabhängig von der Leitungsnetzgröße innerhalb von 2,5s erfolgt. Um unzulässige Drücke sicherzustellen, ist die vorstehende Reaktionszeit nach GEP-Werksnorm mit einem Sicherheitsfaktor belegt. Dieser ergibt sich aus der kleinsten notwendigen Zeitspanne, um ein Schlauchanschlussventil zu öffnen und den angeschlossenen formstabilen Schlauch zu füllen.

Große Hochhäuser und größere Liegenschaften mit verzweigten Netzen erfordern neben der standortspezifischen Betriebspunktzuordnung der Pumpe in Abhängigkeit der geodätischen Höhe auch eine ­automatische Überwachung der Löschwasserhydranten bzw. Brandschutzanlage. Liegenschaften bzw. Gebäude in dieser Gruppe sind im Allgemeinen dadurch gekennzeichnet, dass durch verzweigte Netze mehr als 50 Hydranten mit Löschwasser über größere Dis­tanzen zu versorgen sind.

Hier findet das Realdruckverfahren Anwendung. Ein spezielles elektronisches Bussystem mit unbegrenzter Leitungslänge und zugesicherten Reaktionszeiten < 1 s ermöglicht es, hunderte im gesamten Objekt verteilte Hydrantenanlagen zu überwachen und den notwendigen standortspezifischen Hydranten-Fließdruck hydraulisch wie elektrisch mit nur einem Leitungssystem zur Verfügung zu stellen.

Mit diesem System werden in einem der höchsten Gebäude Deutschlands, der Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt, rund 200 Wandhydranten mit nur einer Steigleitung pro Gebäude gesichert und mit nur einer Pumpe zuzüglich Reservepumpe sicher versorgt. Beispielhaft ist auch das Rhön-Klinikum: Das gesamte Areal erstreckt sich über mehrere Hektar Grundfläche. Auf dieser befinden sich neben Verwaltungsgebäuden, Bettenhäusern, Hochhäuser und andere Objekte, die mit Löschwasser zu versorgen sind. Eine klassische Lösung hätte die Versorgung über mehrere Druckerhöhungsanlagen im gesamten Gelände zur Folge. Durch die Verwendung des Realdruckverfahrens kann mit nur einer Pumpen- und Leitungsanlage die gesamte Löschwasserversorgung einschließlich der Außenhydranten sichergestellt werden.

INFO

Wissenswertes in Kürze

Nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik und den Landesbaugesetzen bzw. -verordnungen sind Fließdrücke über 8 bar an den Löschwasserentnahme­stellen auszuschließen.

Wird eine bestehende Löschwasseranlage vom Trink­wassernetz getrennt, existiert bezüglich der 8-bar-Druckbegrenzung kein Bestandsschutz.

Druckminderer in der Löschwasserversorgung können den Personen- und Sachschutz gefährden, weil die Armaturen durch eingetragenen Schmutz und Partikel versagen können.

Auf Basis einer Pumpen-Drehzahl- oder Überströmregelung lassen sich sichere, kostengünstige und regelkonforme Lösungen auch im Bestand realisieren.

Literatur

  • DIN 14462 Löschwassereinrichtungen &ndash; Planung und Einbau von ­Wandhydrantenanlagen und Löschwasserleitungen, April 2009.
  • Muster-Richtlinie über den Bau und Betrieb von Hochhäusern (Muster-Hochhaus-Richtlinie &ndash; MHHR)
  • Erläuterungen der Fachkommission Bauaufsicht zur Muster-Hochhaus-­Richtlinie
  • DIN 1988-5 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen (TRWI) &ndash; Teil 5: Druckerhöhung und Druckminderung; Technische Regel des DVGW, ­Dezember 1988
  • DIN 1988-600 (Entwurf) Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen &ndash; Teil 600: Trinkwasser-Installationen in Verbindung mit Feuerlösch- und Brandschutzanlagen; Technische Regel des DVGW, Dezember 2010, ersetzt DIN 1988-6, Mai 2002
  • DIN EN 12845 Ortsfeste Brandbekämpfungsanlagen &ndash; Automatische Sprinkleranlagen &ndash; Planung, Installation und Instandhaltung, Juli 2009
  • DIN 1988-500 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen &ndash; Teil 500: Druckerhöhungsanlagen mit drehzahlgeregelten Pumpen; Technische Regel des DVGW, Oktober 2010
  • Musterbauordnung (MBO), Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom Oktober 2008.

Autor

Enrico Götsch ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Fachgebiet Sanitärtechnik mit den Schwerpunkten Betriebs- und Löschwasserversorgung. Zudem ist er Mitglied in den Normenausschüssen DIN 1988, DIN 1989 und DIN 14462 sowie Geschäftsführer von GEP Industrie-Systeme, 08297 Zwönitz, E-Mail: info@gep-h2o.de, http://www.gep-h2o.de