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Wechselseitiger Verzicht auf Sicherheiten unwirksam!

Sachverhalt

Auftraggeber nutzen ihre Position als vertragsgebende Seite häufig auch dazu aus, die Sicherheitsabreden zu ihren Gunsten zu gestalten. Grundsätzlich ist es legitim und üblich, zur Absicherung vertraglicher und nachvertraglicher Ansprüche Sicherheiten zu vereinbaren. Auftraggeber verlangen Vertragserfüllungs- und Gewährleistungssicherheiten und Auftragnehmern steht ein gesetzlich verankertes Sicherheitsrecht aus den §§ 648 und 648a zur Seite. Der Unterschied zwischen den auftraggeberseitigen und auftragnehmerseitigen Sicherheitsrechten besteht darin, dass Auftraggeber ihre Ansprüche ausdrücklich durch vertragliche Vereinbarung absichern müssen, wohingegen Auftragnehmer sich auf das Gesetz berufen können. Eine Sicherheitsleistung zu ihren Gunsten geht also nicht verloren, wenn sie im Vertrag keine Erwähnung findet. Natürlich trägt der Auftraggeber das in der Rechtsperson des Auftragnehmers liegende Risiko von Verzögerungen, anderer Baustörungen, der Kündigung bzw. Insolvenz und hat deshalb ein nachvollziehbares Sicherheitsinteresse. Für Ansprüche zur Vertragserfüllung wird regelmäßig die Hereinreichung von Vertragserfüllungsbürgschaften in den Verträgen formuliert, welche dann nicht selten nach der Erfüllungsphase in Gewährleistungssicherheiten umgewidmet werden. Damit erlangt der Auftraggeber auf vertraglicher Basis eine lückenlose Absicherung. Das Verlangen einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ist gem. § 307 Abs.1 S. 1 BGB in AGB spätestens seit der BGH-Entscheidung vom 18.4.2002 – 7 ZR 192/01 unwirksam. Die Auftragnehmer haben – ohne dass das im Vertrag vereinbart werden muss – gesetzliche Sicherungsrechte zur Absicherung ihrer Vergütungen. Nun wird häufig versucht diesen Umstand auszuhebeln, indem vertraglich eben diese der Auftragnehmerseite zustehenden Rechte eingeschränkt oder ausgesetzt werden sollen. Ein solcher Fall lag auch der Entscheidung des OLG Hamm zugrunde, in dem ein Auftraggeber vertraglich mit dem Auftragnehmer vereinbart hatte, dass dieser seine gesetzlichen Rechte nur dann geltend machen könne, wenn er selbst Sicherheiten für den Auftraggeber böte. Der Auftraggeber sah sich auf der sicheren Seite, weil er annahm eine wirksame Sicherheitenregel für sich vereinbart zu haben und der Auftragnehmer war der Ansicht, dass eine derartige Verknüpfung rechtlich das Ziel verfolgte, ihn in seinen gesetzlichen Rechten einzuschränken.

Urteil

1. Nach § 648a Abs. 7 BGB ist auch die Verknüpfung der Rechte des Unternehmers mit Sicherungsrechten des Bestellers unwirksam. Dies gilt auch dann, wenn die Verknüpfung im Wege einer Individualvereinbarung erfolgt.

2. Unzulässig sind daher Abreden, nach denen der Unternehmer Sicherheit nur dann verlangen kann, wenn er dem Besteller Sicherheiten gewährt, ebenso wie die Vereinbarung des umgekehrten Falls, in dem die Parteien wechselseitig auf Sicherheiten verzichten. In beiden Fällen wird die Durchsetzung der Rechte des Unternehmers unzulässig erschwert (OLG Hamm, Beschluss vom 28.01.2011 – 19 U 155/10).

Praxistipp

Das Setzen von Bedingungen oder Einschränkungen für gesetzliche Auftragnehmersicherungsrechte geht regelmäßig schief. Derartige Klauseln sind unwirksam, was im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht einmal beanstandet werden muss. Auf seine gesetzlichen Rechte kann sich ein Auftragnehmer zu jeder Zeit berufen. Der § 648a BGB besagt, dass ein Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon vom Auftraggeber Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen verlangen kann. Dazu braucht er nur dem Auftraggeber zur Leistung der Sicherheit eine angemessene Frist einzuräumen und kann ankündigen, dass er nach dem Ablauf der Frist seine Leistung verweigere. Sicherheit kann bis zur Höhe des voraussichtlichen Vergütungsanspruchs, wie er sich aus dem Vertrag oder einem nachträglichen Zusatzauftrag ergibt, sowie wegen Nebenforderungen verlangt werden, heißt es in der BGB-Regelung. Nebenforderungen sind mit zehn Prozent des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen. Auch zur Form, in der Auftragnehmersicherheiten vom Auftraggeber zu erbringen sind, sagt der § 648a BGB etwas aus. Die Sicherheit kann auch durch eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder Kreditversicherers geleistet werden. Wenn ein Auftraggeber das Sicherheitsverlangen nicht ernst nimmt, drohen ihm erhebliche Nachteile. Das Kündigungsrecht des Auftragnehmers ist insofern eine scharfe Waffe, als er Schadenersatz vom Auftraggeber verlangen kann. Wird nicht ein höherer Schaden nachgewiesen, wird vermutet, dass der Schaden fünf Prozent der Vergütung beträgt. Für das Sicherheitsverlangen des Auftragnehmers gemäß § 648a BGB ist zu beachten, dass es keine Anwendung findet, wenn der Auftraggeber eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen oder eine natür­liche Person ist und die Bauarbeiten zur Herstellung oder Instandsetzung eines Einfamilienhauses mit oder ohne Einliegerwohnung ausführen lässt, ausgenommen, das Bauvorhaben wird durch einen zur Verfügung über die Finanzierungsmittel des Auftraggebers ermächtigten Baubetreuer begleitet. Und dann ist im § 648a BGB weiter zu lesen, dass von diesen Kernvorschriften abweichende Vereinbarungen unwirksam sind. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass eine unwirksame Sicherheitenabrede zum Verlust von Sicherheiten für den Auftraggeber führt und der Auftragnehmer in jedem Fall seine Rechte beanspruchen kann.