Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Sachverhalt — Urteil — Praxistipp

Hier wird Ihnen geholfen!

In dieser Kolumne gibt das SBZ-Expertenteam Lebenshilfe zu rechtlichen Fragen und Problemen der täglichen Praxis. Dr. jur. Hans-Michael Dimanski, Falk Kalkbrenner und Veit Schermaul (v. l.) stellen aktuelle Urteile vor und vermitteln Handlungstipps.

Innungsmitglieder erhalten über ihre Verbandsorganisation viele wichtige Formulare und Musterschreiben, die für den korrekten rechtlichen Schriftverkehr notwendig sind.

Wenn Sie Fragen oder Anregungen für die Behandlung von baurechtlichen Themen in der SBZ haben, wenden Sie sich bitte an

Dr. Dimanski & Partner

Telefon (03 91) 53 55 96 16

E-Mail: recht@sbz-online.de

Vergütung von Nachtragsleistungen

Sachverhalt

Für einen Heizungsbauer wurde ausstehender Restwerklohn eingeklagt. Der Kläger hatte Pauschalaufträge komplett erbracht und mit einer Schlussrechnung zusätzliche Forderungen für Nachtragsleistungen geltend gemacht. Immerhin ging es um über 160 000 Euro. Dem Begehren des Klägers wurde durch die Beklagte entgegnet, dass die Leistungen weder ordnungsgemäß dargelegt noch schlüssig abgerechnet worden sind.

Die Beklagte Auftraggeberin wies nach, dass ein Anspruch auf Vergütung zusätzlicher Leistungen nur besteht, wenn der Anspruch angekündigt und ein prüfbares Angebot abgegeben wurde, bevor mit der Ausführung der Leistung begonnen wird. Der Kläger hat jedoch für keine der geforderten Nachtragsleistungen ein prüfbares Angebot vorgelegt. Der Kläger hatte nicht dargetan, dass bestimmte Zusatzleistungen von der Beklagten gefordert wurden. Auch eine nachträgliche Anerkennung durch die Beklagte war nicht erfolgt.

Urteil

1. Bezüglich zusätzlicher Leistungen, die in einem Bauvertrag nicht vorgesehen sind, besteht ein Anspruch auf Vergütung nur dann, wenn der Anspruch angekündigt und ein prüfbares Angebot abgegeben wird, bevor mit der Ausführung der Leistung begonnen wird.

2. Eine konkludente Annahme der Nachtragsleistungen durch Entgegennahme der Arbeiten kommt nur in Betracht, wenn der Unternehmer dem Besteller zuvor ein Nachtragsangebot unterbreitet hat (OLG Frankfurt, Urteil vom 1.10.2010 – 19 U 209/09).

Praxistipp

Die vertraglichen und rechtlichen Anforderungen an die erfolgreiche Durchsetzung von Nachträgen beginnen mit einem sorgfältigen Vertragscheck. Das Leistungsverzeichnis bzw. das vertragsgegenständliche Angebot ist der Dreh- und Angelpunkt für die Bewertung des Leistungssolls und demzufolge der „Einstieg“ für die Begründung von Nachträgen. Besondere Aufmerksamkeit verlangt der Check zu einem Pauschalvertrag. Ohne eine detaillierte Leistungsbeschreibung wird ein erfolgreiches Nachtragsmanagement sehr schwierig werden. Sodann ist die Dokumentation von Vertrags- oder Projektabweichungen wichtig.

Ausgehend von den Bauberichten oder aber anderen möglichst dokumentierten Anordnungen wären dann die Änderungen zu den geplanten bzw. vertraglich vereinbarten Abläufen herauszuarbeiten und dem Auftraggeber mitzuteilen. Die schriftliche Information entweder zur Bestätigung etwaig mündlich erteilter Zusatzaufträge oder zu notwendigen Zusatzarbeiten mit einem preislich bestimmten Nachtragsangebot und einer Fristsetzung zur Rückäußerung sollte als „Muss“ im Nachtragsmanagement angesehen werden. Schließlich ist auch auf die ordnungsgemäße Abrechnung der Nachträge zu achten.

Während es sich beim BGB-Vertrag bei einem Nachtrag rechtlich gesehen um ein neues Vertragsverhältnis handelt, dass auch separat abgerechnet werden kann, werden Nachträge im Rahmen eines VOB/B-Vertrages zum Ursprungsvertrag zugehörig, in die Vertragsabrechnung integriert. Vielfach wird hier versäumt, in der Abrechnung besonders kenntlich zu machen, was Gegenstand des Hauptauftrages war und was zusätzlich abgerechnet wird. Dies fordert aber die Vorschrift des §14 Nr. 1 Satz 4 VOB/B.

Diese Regelung ist deshalb gerechtfertigt, weil die „Zusätzlichen“ bzw. geänderten Leistungen im ursprünglichen Leistungsumfang nicht enthalten waren und dementsprechend auch nicht mit den Vertragspreisen abgegolten sind. Es ist deshalb notwendig, dass der prüfende Bauherr bzw. sein Bevollmächtigter eben auch aus der Abrechnung ersehen können, wo die abgerechnete Leistung vom ursprünglichen Auftrag nach Art und Umfang abweicht. Versäumnisse führen zur Nichtprüfbarkeit der Abrechnung und lösen damit keine Fälligkeit aus.

Anspruch aus § 648a BGB bei Mängeln und vor Abnahme

Sachverhalt

Dass der § 648 a BGB ein scharfes Schwert ist, wusste ein Handwerker, der für ein Bauträgerunternehmen Installa­tionsleistungen erbrachte. Wie so oft, stritt man sich über Restwerklohn. Der Handwerker forderte von der Auftraggeberin ergebnislos die Stellung von Sicherheiten.

Die beklagte Auftraggeberin brachte vor, die geschuldeten Werkleistungen der Klägerin seien teilweise noch nicht vollständig erbracht, teilweise nicht abgenommen und fällig und/oder teilweise mit Mängeln behaftet, weshalb ihr ein Schaden entstanden sei. Zudem beanstandet sie teilweise die Höhe der Forderungen, da Einbehalte nicht berücksichtigt worden seien. Schließlich, so behauptet die Beklagte, hätten die Parteien im Vorfeld der Beauftragung über das Thema Sicherheiten gesprochen und im Rahmen der Verhandlungen über den Bauvertrag vereinbart, gegenseitig für die gesamte Geschäftsbeziehung auf Sicherheiten zu verzichten. Zwar sei ihr, der Beklagten, bewusst, dass die Rechte nach § 648 a BGB nach Abs. 7 dieser Vorschriften nicht wirksam ausgeschlossen werden könnten, doch halte sie das klageweise Vorgehen vor dem Hintergrund der getroffenen Absprache für treuwidrig.

Urteil

1. Der Auftragnehmer hat gemäß § 648a BGB gegenüber dem Auftraggeber einen isoliert einklagbaren Anspruch auf Sicherheit für eine vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung.

2. Vom Auftraggeber behauptete angebliche Mängel oder eine angebliche Treuwidrigkeit des Sicherheitsverlangens beeinträchtigen diesen Anspruch nicht (LG Hagen, Urteil vom 27.07.2010 – 21 O 83/10).

Praxistipp

Ein Auftragnehmer kann von einem gewerblichen Auftraggeber Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch offene Vergütung zuzüglich eines Zuschlages von 10 % in dem beantragten und zuerkannten Umfang beanspruchen. Es ist dabei unerheblich, ob die einzelnen Werkleistungen der Klägerin jeweils abgenommen und/oder teilweise mit Mängeln behaftet sind. Gegenansprüche können Sicherheitsverlangen nicht aushebeln und bleiben unberücksichtigt, sofern diese nicht rechtskräftig festgestellt sind. Zugleich stellt § 648 a Abs. 1 BGB klar, dass Sicherheit nach dieser Vorschrift nicht nur für die bisher vom Auftragnehmer erbrachten, sondern auch für alle von ihm nach dem Vertrag noch zu erbringenden Leistungen einschließlich aller etwaiger auch nach Kündigung noch zustehender Vergütungsansprüche beanspruchen kann. Daraus folgt: etwaige vertragliche Einbehalte für die Höhe der Sicherheit nach § 648 a BGB sind ohne Belang.

Auf den § 648a BGB kann nicht wirksam verzichtet werden. Dies wäre nach § 648 a Abs. 7 BGB unwirksam. Vor diesem Hintergrund wäre entgegen der Auffassung eines Auftraggebers das Verlangen der Klägerin nach Sicherheit schließlich auch nicht etwa treuwidrig im Sinne von § 242 BGB und unzulässig.

Duldungspflicht des Mieters bei Heizungsmodernisierung

Sachverhalt

Eine Vermieterin verklagte ihren Mieter. Das Gebäude, in dem sich die Wohnung befand, hatte mehr als fünf Wohneinheiten. Die Wohneinheiten wurden mindestens seit den 70er-Jahren mit Nachtspeicheröfen beheizt. Die Nachtspeicheröfen sollten durch eine Zentralheizung ersetzt werden, wobei als Brennstoffe sowohl Erdgas als auch Holzpellets dienen sollen. Die Umstellung der Wärmeversorgung kündigte die Klägerin den Beklagten an. Zu einer Einigung der Parteien über die Durchführung der Baumaßnahmen kam es nicht. Die beklagte Mietpartei war der Auffassung, die geplante Umstellung der Wärmeversorgung führe zu höheren Heizkosten. Darüber hinaus habe der Einbau der Heizkörper eine Einbuße von Wohnfläche zur Folge. Die Beklagte trug vor, die Klägerin könne die vorhandenen Nachtspeicheröfen durch neue ersetzen, die dann ohne zeitliche Beschränkung weiterbetrieben werden dürften.

Die Vermieterin war der Ansicht, die geplante Umstellung der Wärmeversorgung führe insbesondere zu erheblichen Energieeinsparungen. Darüber hinaus ergebe sich eine Duldungspflicht der Mieter deshalb, weil die Klägerin die Nachtspeicheröfen aufgrund § 10a EnEV spätestens bis zum Jahre 2019 ausbauen und durch ein anderes Heizsystem ersetzen müsse.

Urteil

Das Gericht sah das ebenso. Die Duldungspflicht des Mieters bei der Ersetzung veralteter Heizungssysteme durch eine Zentralheizung ergibt sich bei Gebäuden mit mehr als fünf Wohnungen bereits aus § 242 BGB i.V.m. § 10a EnEV (2009). Dies gilt auch dann, wenn damit eine Erhöhung der Heizungskosten verbunden ist. Der Ersatz alter durch neue Nachtspeicheröfen kann der Vermieterin nicht vorgeschrieben werden. Denn Geräte, die ab dem 1. Januar 1990 aufgestellt oder eingebaut wurden bzw. werden, müssen spätestens nach Ablauf von 30 Jahren ab dem Aufstell- oder Einbaudatum außer Betrieb genommen werden, § 10a Abs. 2 S.2 EnEV 2009. Deshalb macht es wirtschaftlich für die Klägerin keinen Sinn, die vorhandenen Nachtspeicheröfen durch neue zu ersetzen. Im Übrigen würde sie dem Sinn und Zweck der EnEV 2009 und dem Willen des Gesetzgebers – die schrittweise Außerbetriebsetzung von elektrischen Speicherheizsystemen – zuwider handeln (AG Frankfurt/Main, Urteil vom 6.5.2010 - 33 C 4250/09 – 26).

Praxistipp

Die EnEV 2009 sieht vor, dass elektrische Speicherheizsysteme schrittweise außer Betrieb genommen werden müssen. Dies gilt nach § 10a Abs. 1 EnEV 2009 dann, wenn wie hier das Wohngebäude aus mehr als fünf Wohneinheiten besteht und die Raumwärme ausschließlich durch elektrische Speicherheizsysteme erzeugt wird. Nach § 10a Abs. 2 S. 1 EnEV 2009 dürfen Nachspeicherheizungen, die vor dem 1. Januar 1990 aufgestellt wurden, ab Januar 2020 nicht mehr betrieben werden. Folglich dürfen die in der streitgegenständlichen Liegenschaft und demnach auch in der Wohnung der Beklagten vorhandenen Nachtspeicheröfen ab dem 1.Januar 2020 nicht mehr betrieben werden. Die Klägerin handelt also vorausschauend und wirtschaftlich sinnvoll, wenn sie die alten Nachtspeicheröfen jetzt entfernt und die Wärmeversorgung auf eine Zent­ralheizung umstellt.