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Sich im Guten trennen

Dass Kündigungen unangenehm, aber bisweilen unausweichlich sind, sei unbestritten. Doch entscheidend ist das Wie, wenn Sie vermeiden möchten, dass

  • der Entlassene in seinem Umfeld schlecht über Sie spricht oder Sie gar auf Internetportalen als Arbeitgeber mies bewertet,
  • die Entlassung bei den verbliebenen Mitarbeitern einen negativen Eindruck macht und sie demotiviert.

Kündigungen sind für alle Beteiligten höchst belastend. Für die Betroffenen sind sie oft ein Schock, und auch an den Kollegen gehen sie nicht spurlos vorüber. Jede Trennung hat Einfluss auf das Beziehungsgeflecht im Unternehmen. Mitarbeiter beobachten sehr genau, wie die Firmenleitung mit gekündigten oder freigesetzten Kollegen umgeht. Wird Wertschätzung ausgedrückt für das in der Vergangenheit gezeigte Engagement? Verhalten sich die Vorgesetzten souverän oder zeigen sie unterkühlte Sachlichkeit? Schieben sie fadenscheinige Gründe vor? Oder rechtfertigen sie die Trennungsmaßnahme mit unbegründeter Kritik an der scheidenden Person?

Sehr oft ist das Wie völlig inakzeptabel: Manchmal erfährt der Betroffene hintenherum von Kollegen, was ihm bevorsteht. Andere erhalten per E-Mail einen unpersönlichen Zweizeiler. Selbst Entlassungen per SMS hat es schon gegeben. So wird dem Betroffenen ein Abgang in Würde verwehrt und der Arbeitgeber kommt eiskalt und unmenschlich rüber. In eine solche Firma möchte keiner mehr zurück.

Fairness im Umgang mit Scheidenden sorgt dagegen automatisch für eine größere Loyalität der Bleibenden, insbesondere wenn diese mit dem Entlassenen freundschaftlich verbunden sind.

Wenn dem Mitarbeiter gekündigt wurde

Damit auf keiner Seite Groll zurückbleibt und sich die negativen Folgen in Grenzen halten, sollten Kündigungsgespräche gut vorbereitet und ausgiebig geübt werden. Denn sie sind die schwierigsten Gespräche, die eine Führungskraft zu bewältigen hat. Dabei sollte es nie so weit kommen, dass der Entlassene seinen Ausstieg als entwürdigend oder gar traumatisch erlebt.

Grundsätzlich gilt: Die betroffene Person erfährt es zuerst. Und: Das Gespräch wird unter vier Augen geführt, in aller Regel durch den unmittelbaren Vorgesetzten selbst. Unabdingbar ist ein blickgeschützter neutraler Ort, der vor Störungen sicher ist. Den Zeitpunkt wählt man am besten so, dass der Mitarbeiter danach nicht mehr zurück an seinen Arbeitsplatz muss und ausreichend Zeit hat, sich zu fangen. Hier gilt das Prinzip: Hart in der Sache, aber weich zu den Menschen.

Wenn der Mitarbeiter selbst gekündigt hat

Hat der Mitarbeiter gekündigt und nichts hat gefruchtet, um ihn für eine Weiterbeschäftigung zu begeistern, dann kommt es darauf an, das Beste aus der Situation zu machen. Bleiben Sie in guter Erinnerung. Bereiten Sie scheidenden Mitarbeitern einen schönen Abschied. Und lassen Sie eine Brücke stehen! Auf keinen Fall sollten diese schlechtgemacht oder zum Tabuthema erklärt werden.

Ein „Beautiful Exit” verläuft immer so, dass man sich hinterher noch in die Augen schauen und bei einem Bierchen über alte Zeiten plaudern kann. Behandeln Sie Ihre abwandernden Mitarbeiter also in jedem Fall fair. Was demnach absolut tabu sein sollte: angeblich verschlampte Austrittspapiere, schleppend bearbeitete Arbeitszeugnisse, Kommunikationssperren, Mobbing während der letzten Arbeitstage, Beschimpfungen und Beleidigungen, üble Nachrede. Bedanken Sie sich vielmehr für die zurückliegende Arbeitsbeziehung und wünschen Sie dem Mitarbeiter für die Zukunft viel Erfolg.

Vorbildliches Trennungsmanagement

Ein Unternehmer zeigte mir einmal das Abschiedsgeschenk für eine Top-Mitarbeiterin: eine elegante Ledermappe mit besonderem Inhalt. „Liebe Frau …“, stand im Begleitbrief, „zum Start an Ihrem neuen Arbeitsplatz wünschen wir Ihnen alles erdenklich Gute. Studien besagen allerdings, dass jedes vierte Arbeitsverhältnis in der Probezeit wieder gelöst wird, weil man nicht immer zueinander passt. Sollten Sie also das Gefühl haben, dass irgendetwas an Ihrer neuen Stelle nicht stimmt, dann kommen Sie bitte wieder zurück. Beiliegend finden Sie einen bereits vorbereiteten Arbeitsvertrag. Wir würden uns unglaublich freuen, Sie bald bei uns wiederzusehen.“ Es ist schon vorgekommen, dass solche rührenden Bemühungen doch noch Mitarbeiter zurückgelockt haben, die zunächst nicht zur Rückkehr bereit waren.

Vorbeugende Maßnahmen gegen Mitarbeiterschwund

Kein Mitarbeiter wirft von heute auf morgen das Handtuch. In der Regel gehen der Entscheidung, zu kündigen, reifliche Überlegungen und verborgene Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz voraus. Erfahrene Führungskräfte mit Gespür für die leisen Töne können ein drohendes Abwandern erkennen und agieren, bevor es zu spät ist. Warnsignale sind zum Beispiel kurzfristig genommene einzelne Urlaubstage, Nachlässigkeiten, Unkonzentriertheit, geringeres allgemeines Interesse am Firmengeschehen, reduziertes konkretes Engagement. Wer die Anzeichen richtig deutet, kann gefährdete Mitarbeiterbeziehungen womöglich noch rechtzeitig stabilisieren, bevor die Fachkraft sich verabschiedet.

Haben Sie einen leisen Verdacht? Dann gehen Sie auf den Mitarbeiter zu. Natürlich kann man nicht mit der Tür ins Haus fallen, vielmehr wird man versuchen, sachte vorzufühlen. Fragen Sie etwa: „Gibt es etwas, was Ihnen auf dem Herzen liegt, worüber wir unbedingt mal reden sollten?“ Ist die Antwort des Mitarbeiters ausweichend oder klingt sie wenig plausibel? Dann werden Sie hellwach! Beginnen Sie ein konstruktives Gespräch. Nur wenn man die wahren Ursachen für die Unzufriedenheit des Mitarbeiters kennt, kann man dem Schwund vorbeugen. Denn oft liegen diese nicht in rational erklärbaren, fachlichen Motiven, sondern in zwischenmenschlichen Konflikten oder anderen Defiziten, zum Beispiel, weil

  • Mitarbeiter sich im Team nicht wohlfühlen,
  • sie die Führung als miserabel empfinden,
  • ihnen die Anerkennung für ihre Anstrengungen fehlt,
  • sie sich weiterentwickeln möchten und sie dafür im bisherigen Betrieb keine Perspektiven sehen,
  • sie sich als Mitarbeiter nicht ausreichend wertgeschätzt fühlen.

Was Exit-Interviews bringen

Jeder, der geht, nimmt etwas mit und lässt etwas zurück: Erlebnisse, Eindrücke, Erfahrungen, Emotionen. Bevor ein Mitarbeiter die Tür für immer hinter sich schließt, hat er vielleicht den Wunsch, das eine oder andere Ihnen gegenüber auszusprechen. Wer geht, tut sich nun leichter, couragiert Klartext zu reden. Nutzen Sie diese Offenheit als Chance, um künftige Verluste zu vermeiden. Führen Sie ein strukturiertes Austrittsgespräch. Wichtig ist, das Exit-Interview erst dann zu führen, wenn der Mitarbeiter keinerlei negative Konsequenzen mehr befürchten muss, sodass er völlig frei seine Beweggründe für den Wechsel nennen kann. Das bedeutet, dass alle Austrittsformalitäten inklusive Arbeitszeugnis bereits erledigt sind.

Natürlich braucht auch die Arbeitgeberseite eine ganze Portion Mut, um fundierte Exit-Interviews zu führen. Denn es können ja unangenehme Dinge zur Sprache kommen. Andererseits kann man eine Menge lernen, wenn man kluge Fragen stellt. Erklären Sie dem Gehenden, dass das Gespräch freiwillig ist und dass es nicht dazu dient, ihn umzustimmen. Erläutern Sie den beiderseitigen Nutzen und zeigen Sie Wertschätzung. Rechtfertigen Sie sich nicht und verteidigen Sie niemanden, hören Sie einfach nur interessiert zu. Erfassen und analysieren Sie das Gesagte. Und dann: Ändern Sie etwas!

Gutes Trennungsmanagement lohnt sich

Aufschluss über die Unzufriedenheit mit dem Betriebsklima, den Arbeitsbedingungen oder dem Führungsverhalten des Vorgesetzten bringen zwar den ausscheidenden Mitarbeiter nicht zurück – zumindest nicht sofort. Sie können aber viel für die Bleibenden verbessern, einer weiteren Fluktuation entgegenwirken und so eine Menge Kosten sparen. In einem Exit-Interview können Sie außerdem viel darüber erfahren, wie man wettbewerbsfähig bleibt. Zudem können schlechte Mundpropaganda und negative Bewertungen auf Meinungsportalen abgewendet oder zumindest gemildert werden. Denn Fakt ist: Jeder austretende Mitarbeiter ist ein Botschafter des Unternehmens und kann viele Talente entweder daran hindern oder aber ermutigen, sich bei Ihnen zu bewerben.

Und jeder Ex-Mitarbeiter kann auch wieder fürs Team zurückgewonnen werden – vorausgesetzt, er hat die Trennung als fair erlebt. Wer Sie trotz allem in guter Erinnerung behält, schließt nicht grundsätzlich aus, wieder zu Ihnen zurückzukommen. Dann ist der Mitarbeiter nicht für immer verloren, sondern arbeitet nur gerade woanders. Und womöglich ist er dort, wo er gelandet ist, gar nicht glücklich. Also heißt es, sich im Guten zu trennen und in Verbindung zu bleiben. Es lohnt sich, denn oft ist es deutlich einfacher, verlorene Mitarbeiter zurückzuholen, als neue zu gewinnen. Zudem kosten Wiedereinstellungen nur etwa halb so viel wie Ersteinstellungen, denn sie schonen Ressourcen und sind vom Start weg effizienter.

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Wie man ein Exit-Interview führt

Von langen Fragebögen ist abzuraten. Sie sind zum einen für den Interviewten zeitraubend und mühsam und zum anderen besteht das Risiko, dass sie nicht die Informationen bekommen, auf die es ankommt. Bereiten Sie stattdessen einen kleinen Fragenkatalog vor. Ein neutraler Dritter führt das Gespräch dann am besten mündlich, formlos und frei. Hier einige Vorschläge, wie die Fragen formuliert sein können:

  • Aus welchem Hauptgrund sind Sie ursprünglich gekommen?
  • Was lief aus Ihrer Sicht während der Zeit bei uns richtig gut?
  • Was würden Sie schleunigst verändern oder verbessern?
  • Was wird Ihre positivste, was die negativste Erinnerung sein?
  • Welche Vorteile ergeben sich für Sie durch den Wechsel?
  • Was hätte passieren müssen, damit Sie hätten bleiben wollen?
  • Können Sie sich vorstellen, wieder zu uns zurückzukommen?
  • Was sollten wir Ihrem Nachfolger unbedingt mit auf den Weg geben?

buchtipp

Anne M. Schüller: Das Touchpoint-Unternehmen – Mitarbeiterführung in unserer neuen Businesswelt Gabal, März 2014, 368 S., 29,90 Euro ISBN: 978-3-86936-550-3 Auch als Hörbuch erhältlich

Autor

Anne M. Schüller (München) ist Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin ist Expertin für Touchpoint-Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. info@anneschueller.de, (0 89) 6 42 32 08, www.anneschueller.de