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Wärmewende

Wasser­stoff­ in der Haus­installation anwenden: Was ist möglich?

Yingyaipumi - stock.adobe.com

Welche Chancen, Grenzen und Herausforderungen sind mit dem Thema Wasserstoff beim Einsatz in der Gebäudetechnik verbunden? Erste Antworten darauf gab es bei einem Fachpressegespräch, das der Kupferverband zusammen mit der Gütegemeinschaft Kupferrohr in Maria Laach durchgeführt hat. Drei Referenten lieferten Einblicke in verschiedene Aspekte der Wasserstofftechnologie.

Dr. Klaus Ockenfeld vom Kupferverband: „Einer von vielen Aspekten zur erfolgreichen Umsetzung der nationalen Wasserstoff-Strategie ist die Sicherstellung der Materialverträglichkeit entlang der gesamten Gas-Kontakt-Infrastruktur. Zu berücksichtigen sind dabei neben Neubauten auch Bestandsanlagen im Bereich von Gasherstellung, -bevorratung, -transport und -verbrennung.“

Denn Reinwasserstoff und Gasgemische interagieren unter Umständen unterschiedlich mit den verwendeten Werkstoffen in Industriebetrieben aber auch Wohngebäuden. Zur Beurteilung des Materialverhaltens unter Wasserstoffeinfluss ist es laut Kupferverband deshalb unumgänglich,
● die grundlegenden Mechanismen der Wasserstoffaufnahme,
● die Wirkung von Wasserstoff auf die mechanischen Eigenschaften sowie
● die dedizierte Wasserstoffanalyse und Wasserstoff spezifische Werkstoffprüfung zu verstehen und anzuwenden.

Vertieftes Verständnis der Wasserstoffeffekte nötig

Jens Jürgensen von der Ruhr-Universität Bochum konnte dazu aktuelle Forschungsergebnisse liefern: „Die Anwendung von Wasserstoff in metallischen Strukturen erfordert ein vertieftes Verständnis der Schädigungsmechanismen. Unsere aktuellen Forschungsergebnisse zeigen, dass eine anwendungsgerechte mechanische Prüfung entscheidend ist, um die Sicherheit und Langlebigkeit dieser Strukturen zu gewährleisten.“

Dies liegt darin begründet, dass Wasserstoff in Metallen versprödend wirken und somit die mechanischen Eigenschaften in kritischem Maße beeinträchtigen kann. Das betrifft viele Bereiche der Technik, die vor der Herausforderung stehen, wasserstoffresistente Bauteile und Komponenten zu konstruieren.

Dazu erläuterte Jürgensen weiter: „Wasserstoff-Anwendungen sind häufig mit hohem Druck (Pipeline: 70 – 100 bar, Druckspeicher: bis 1000 bar) und/oder hoher Temperatur (Brennkammer in Gasturbinen bis 1000 °C) verbunden. Bei derartigen Bedingungen kommt die Masse an Werkstoffen an die Belastungsgrenze, da der Mechanismus der Wasserstoffversprödung die mechanischen Kennwerte so stark beeinflussen kann, dass das Risiko eines vorzeitigen Bauteilversagens besteht. Je nach Werkstoff reichen bereits sehr geringe Wasserstoffgehalte im Bereich weniger ppm (parts per million), um zu einer signifikanten Verschlechterung der mechanischen Kennwerte zu führen. Dabei sind die zu Grunde liegenden metallphysikalischen Effekte noch immer Gegenstand der Forschung.“ Klar sei allerdings, so Jürgensen weiter, dass die Untersuchung der Effekte von Wasserstoff in Metallen spezifische Methoden erfordert.

Kupferwerkstoffe zeigen vielversprechende Eigenschaften

Um den Einfluss von Wasserstoff auf Kupferwerkstoffe zu untersuchen, hat der Kupferverband in Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum, Lehrgebiet Werkstoffprüfung, speziell für Kupferlegierungen ein umfangreiches Testprogramm entwickelt, das an unterschiedlichen Kupferlegierungen durchführt wurde.

Danach können ausscheidungshärtende Kupferlegierungen Festigkeiten erreichen, die mit hochfesten Stählen vergleichbar sind, aber so gut wie keine Versprödungseffekte bei H2-Exposition zeigen. Jürgensen zusammenfassend: „Kupferwerkstoffe bieten damit Möglichkeiten als Konstruktionswerkstoffe mit hoher Festigkeit sowie als Funktionswerkstoffe mit den kupferspezifischen Eigenschaften der hohen Korrosionsbeständigkeit, hohen Leitfähigkeit, Nichtmagnetisierbarkeit etc. für H2-Anwendungen genutzt zu werden.“

„Insbesondere in der Hausinstallation ist damit ein absolut zuverlässiger Nachweis für eine problemlose Einsatzbarkeit von Kupferlegierungen gegeben,“ kommentiert Roland Müller, Vorsitzender der Gütegemeinschaft Kupferrohr, die Untersuchungsergebnisse.

Chancen für das Handwerk

Andreas Braun, Vertreter des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), betonte die Bedeutung der Wasserstoffintegration im Handwerk: „Die Nutzung von Wasserstoff in der häuslichen Gasversorgung eröffnet dem Handwerk vielfältige Chancen. Wir stehen jedoch auch vor Herausforderungen, die es gemeinsam zu bewältigen gilt. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Industrie und Handwerk ist dabei entscheidend.“

Wasserstoff kann über das bestehende Gasverteilnetz direkt in eine Gasheizung eingespeist werden. Dabei ist in der H2-Strategie der Bundesregierung die ausschließliche Verwendung von Grünem Wasserstoff vorgesehen. Bislang ist in Deutschland eine Beimischung von 10 % Wasserstoff im Erdgasnetz zugelassen. Eine Erhöhung auf 20 % wird derzeit in verschiedenen Feldtests untersucht. Gas-Brennwertgeräte der neuesten Generation sind bereits heute dafür zertifiziert. Sogar eine Nutzung von 100 % Wasserstoff für die Wärmeversorgung ist möglich. Erste 100 %-Wasserstoff-Heizgerät befinden sich derzeit in der Testphase. Um diese Geräte einzusetzen, müssen jedoch Gasnetze für reinen Wasserstoff zur Verfügung stehen. Das ist aktuell nicht der Fall.

„Bei uns laufen bereits eine Vielzahl von Projekten zum Wasserstoffeinsatz. Eine Umrüstung auf Wasserstoff ist danach im Gasverteilnetz betriebssicher möglich. Eine Vielzahl weiterer, innovativer Projekte für klimaneutrale Wärme ist auf dem Weg,“ so Braun. „Damit die diesbezüglichen Maßnahmen der Gaswirtschaft, der Heizungsindustrie und des Fachhandwerks möglich sind, fordern wir von der Bundesregierung gleichwohl Rahmenbedingungen, welche die Nachfrage nach klimaneutralen Gasen unterstützen.“

In Deutschland gibt es etwa 14 Mio. Gas-Heizkessel. Wenn diese mit Wasserstoff laufen würden, könnte dies eine effiziente Möglichkeit sein, den CO2-Ausstoß zu verringern. Laut DVGW würde eine Erhöhung des Wasserstoffanteils von 10 % auf 20 % eine CO2-Einsparung von 6,5 Mio. Tonnen bewirken.  

Ist Wasserstoff immer die Lösung?

Die fehlenden Gasnetze für reinen Wasserstoff waren auch ein Thema beim „H2-Mix Projekt“ in Erftstadt, in dem die GVG Rhein-Erft und Rheinische NETZGesellschaft (RNG) gemeinsam mit dem TÜV Rheinland erstmals Wasserstoff zur Wärmeversorgung eingesetzt hat. Bei diesem Pilotprojekt wurden 20 % Wasserstoff in bestehende Gasnetze eingespeist.

Mario Reimbold von TÜV Rheinland Energy teilte seine Erfahrungen aus dem Projekt mit den Teilnehmern: „In Erftstadt haben wir wertvolle Erfahrungen gesammelt, die uns wichtige Erkenntnisse für die Umsetzung von Wasserstoffprojekten liefern. Die enge Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinden und Industriepartnern ist essenziell, um nachhaltige und sichere Lösungen zu entwickeln.“

Das Wasserstoff-Erdgas-Gemisch wurde sowohl in Privathaushalten als auch im Gewerbe in zwei Heizperioden zur Wärmeversorgung eingesetzt. „Alle beteiligten 100 Kundenanlagen sind mit der Wasserstoffbeimischung im vollautomatischen Betrieb einwandfrei gelaufen. Es hat weder Probleme bei der Verbrennung, noch Undichtigkeiten in den Leitungen oder den Armaturen gegeben,“ erläuterte Reimbold das positive Ergebnis des Feldversuchs. „Da Wasserstoff im Vergleich zu Erdgas rückstandslos verbrennt, haben sich außerdem die Abgaswerte (CO2, CO, NOx) der Kundenanlagen deutlich verbessert.“  

Dennoch wird das Projekt nicht fortgesetzt. Warum? „Unter den aktuellen Bedingungen ist das Projekt leider nicht wirtschaftlich und auch nicht klimaschonend“, führt der TÜV-Experte aus. „Für den Test wurde regelmäßig so genannter ‚grauer‘ Wasserstoff, ein Abfallprodukt des benachbarten Chemieparks Hürth-Knapsack, in Wasserstoff-Flaschen per Lkw nach Erftstadt gebracht und dort mittels der Anlage in das Gasnetz eingespeist. Ohne den Einsatz von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien über ein Wasserstoffverteilnetz macht die Umstellung keinen Sinn.“ Gegen die Nutzung spricht laut TÜV auch, dass ein sehr hoher Bedarf an Wasserstoff zugrunde liegt. Gleichzeitig sei die Energiebilanz im Vergleich zur Wärmepumpe schlechter

Ein positives Ergebnis konnte jedoch aus dem Projekt gezogen werden:  Die bereits existierende Gasleitungsinfrastruktur kann ohne große Anpassungen für den Transport von Wasserstoff genutzt werden und somit einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Energiewende- und Klimaziele leisten.

Fazit

Wasserstoff ist für Kupferwerkstoffe kein Problem, aber die Einsatzmöglichkeiten für Wasserstoff als Energieträger sind noch zu beschränkt.

Ein Einsatz von Wasserstoff als Energieversorger in naher Zukunft scheint jedoch noch unrealistisch: Laut Bundesnetzagentur ist eine Beimischung von Wasserstoff im Gasnetz im großen Stil unwahrscheinlich. Ein Ausbau der Gasnetze für den Wasserstofftransport in Wohngebieten erscheint danach wirtschaftlich weniger sinnvoll als die notwendige Modernisierung des Stromnetzes. Die Zeit wird zeigen, ob die Wärmepumpe nicht doch die bessere Wahl ist.

Einig waren sich die Experten beim Fachpressegespräch des Kupferverbandes und der Gütegemeinschaft Kupferrohr auf jeden Fall über einen Punkt: sowohl das Handwerk als auch Energieversorger und die Kupferbranche sind auf den Einsatz von Wasserstoff gut vorbereitet.

Quelle: Kupferverband / fl