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Öffentliche Mitgliederversammlung und Fachtagung

Verbandstag in Balingen

Am Freitag, dem 23. Mai, konnte der Vorsitzende Joachim Butz Persönlichkeiten aus Politik, Handel und Industrie zur öffentlichen Mitgliederversammlung begrüßen. Sie wartete mit einem außergewöhnlich fesselnden Festreferat von Prof. Dr. Peter Nieschmidt auf, für das allein sich bereits der Besuch des Verbandstages gelohnt hat. Der emeritierte Prof. für Politologie präsentierte sich als außergewöhnlicher Rhetoriker und brachte den Besuchern das Thema „Arbeiten und Führen unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen“ nahe. Nieschmidt sprach über Tradition und Zukunft und hielt den Anwesenden den Spiegel vor. War Arbeit früher notwendiges Übel, Dienstbarkeit oder rücksichtslose (Selbst-)Disziplinierung, so sollte sie heute auch Selbstentfaltung, Kreativität und Lebenssinn bedeuten. „Wenn Führung das in der Arbeitswelt nicht zu ermöglichen vermag, darf man sich dort über Lustlosigkeit oder gar innere Kündigung nicht wundern.“ Arbeit (die eigene wie die des Mitarbeiters) müsse als Selbstentfaltung verstanden und erlebt werden und stelle ganz andere Anforderungen an das Führungsverhalten eines Vorgesetzten. Arbeit dürfe nicht länger ein bedauerliches Übel nur um des Geldverdienens sein. Den Weg hierzu und was es zu beachten gilt, skizzierte Prof. Dr. Peter Nieschmidt anschaulich.

Der Schlüsselrolle bei der ­Energiewende gerecht werden

In einem Grundsatzreferat nutzte der Verbandsvorsitzende Joachim Butz die Gelegenheit, die Standpunkte und Forderungen der SHK-Handwerke der Öffentlichkeit näherzubringen. „Wenn die Energiewende gelingen soll, dann muss der Einsatz energieeffizienter Technik forciert und der Anteil der erneuer­baren Energien in der Gebäudetechnik gesteigert werden“, forderte er. Butz mahnte in seiner Rede bei der öffentlichen Mitgliederversammlung in der Stadthalle Balingen das halbherzige Angehen der Energiewende an. Die Diskussion fokussiere auf den Strommarkt, obwohl 85% des Endenergieverbrauchs von Gebäuden der Heizung und der Warmwasserbereitung zuzuordnen seien. Vor Gästen aus Politik, Wirtschaft und Branche forderte er daher „klare steuerliche Anreize in die Breite“ und einen Impuls der Landesregierung in Form einer Abwrackprämie für alte Heizkessel, um den Austausch ineffizienter Anlagen zu fördern. Im Zuge dessen sprach sich der Fachverbandsvorsitzende für die Beibehaltung der steuerlichen Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen „ab dem ersten ­Euro“ aus.

Über 250 kommunale Eingriffe

Kritisch sieht der Wirtschaftsverband die zunehmende Zahl an kommunalen Anschluss- und Benutzungszwängen in örtlichen Baugebieten, häufig verbunden mit Verbrennungsverboten. „Wir befürchten angesichts der Forcierung von Nah- und Fernwärme für die Gebäudeheizung einen Rückfall in Monopolstrukturen“, sagte Butz. Derartige kommunale Eingriffe seien in Baden-Württemberg mit rund 250 Fällen im Vergleich zum Bundesgebiet mit insgesamt 1000 überdurchschnittlich häufig. „Der Anschluss an ein Wärmenetz muss im Sinne unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung durch die Betreiber auf freiwilliger ­Basis erfolgen können.“

Die Rote Karte gab es von der Berufsorganisation auch für die geplante Änderung des Paragrafen 102 der Gemeindeordnung, die den Kommunen die wirtschaftliche Betätigung erleichtert. „Mit der Novellierung wird ein Verdrängungswettbewerb ausgelöst, der handwerkliche Arbeits- und Ausbildungsplätze gefährdet“, rügte der Vorsitzende und forderte „einen freien chancengleichen Marktzugang für das Handwerk“.

Plus bei Umsatz und Lehrlingen

Ein positives Fazit konnte Butz im Hinblick auf das vergangene Geschäftsjahr ziehen. Neben einem Umsatzplus von 1,5 %, konnten nach fünf Jahren rückläufiger Entwicklung erstmals wieder steigende Lehrlingszahlen vermeldet werden. „Dennoch sind aktuell landesweit 2100 Lehrstellen unbesetzt“, bedauerte der Vorsitzende und präsentierte ein Bündel an Maßnahmen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen: die klassische duale Ausbildung und die Berufsschulen als Partner stärken, die Berufsorientierung im Bildungsplan der Gemeinschaftsschule verankern, die finanzielle Unterstützung von Landesfachklassen durch das Land erhöhen sowie die Beteiligung der gesamten Branche an der Nachwuchsgewinnung. „Schluss mit der überzogenen Akademisierungswelle“ forderte der Verbandsvorsitzende in Anbetracht der Tatsache, dass mittlerweile 45 % der Schüler aufs Gymnasium strömen. Im Koalitionsvertrag der grün-roten Landesregierung seien gar 50% Akademiker gefordert. All dies habe zur Folge, dass SHK-Gesellen bereits in den Top10 der Mangelberufe gelistet seien und Gesellen mit ­dua­ler Ausbildung rarer als Akademiker sind.

„Dabei sind die Zukunftschancen im SHK-Handwerk prima“, attestierte Butz. Nicht nur der Bereich Heizung und erneuerbare Energien, auch Themen wie Trinkwasser­hygiene, Komfortwünsche sowie Wellness- und Gesundheitstrends ließen die Innungsfachbetriebe das weitere Jahr zuversichtlich angehen. Die öffentliche Mitgliederversammlung war willkommener Anlass, Personen, die sich mit ihrem Einsatz in der Berufsorganisation verdient gemacht haben, zu ­ehren. Die silberne Nadel des Fachverbandes erhielten Kurt Heidmann von der Innung SHK Stuttgart-Böblingen und Joachim Rembold von der ­Innung SHK Aalen.

Umfassendes Fachprogramm

Zum Programm gehörten auch die sechs ­Referate im Rahmen der Fachtagung „SHK-Infos und aktuelle Trends“. Hauptgeschäftsführer Hans-Balthas Klein ging auf die wirtschaftliche Situation ein. 5,2 Milliarden Euro Umsatz hat der SHK-Handwerksbereich in Baden-Württemberg mit seinen rund 46000 Beschäftigten im vergangenen Jahr erzielt. Das Umsatzplus von 1,5% sei umso höher zu bewerten, weil das gesamte Ausbaugewerbe einen Rückgang von –2,1% zu verzeichnen hätte. Der Elektrobereich habe gar einen Rückgang von –9,1% zu beklagen. Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes stellte fest, dass trotz gut gefüllter Auftragsbücher nicht immer marktgerechte Preise erzielt worden seien. Grund dafür sind offensichtlich die Stagnation im Heizungsmarkt und die zögerliche, abwartende Haltung der Immobilienbesitzer wegen der unsicheren Lage im Bereich steuerlicher Regelungen und Förderungen.

Mitarbeiter finden und binden

Gute Mitarbeiter zu finden und langfristig an das Unternehmen zu binden, wird in Anbetracht der demografischen Entwicklung immer wichtiger. Hubert Verständig vom Beratungsunternehmen shk-aktiv aus Steinach stellte dazu einen ganzen Strauß von in der Praxis bereits erprobten Maßnahmen vor. Wichtig sei es hier, mehrere Wege parallel zu beschreiten und sich nicht auf ein Instrument der Akquise zu verlassen. „Der Wettbewerb um geeignete Mitarbeiter wird sich weiter verschärfen und in einigen Regionen Deutschlands werden für die Vermittlung von Gesellen Kopfprämien im vierstelligen Bereich bezahlt. Deshalb sollte sich jeder Betrieb intensiv auch mit den Möglichkeiten ­einer Effizienzsteigerung im Betrieb beschäftigen. Einen erheblichen Effekt für mehr produktive Stunden bringe auch die Prozess­optimierung, die in seiner Beratungspraxis in der Regel 5 bis 15% ausmache. Um wirtschaftlich gut da zu stehen, muss ein Monteur mindestens 140000 Euro Umsatz pro Jahr bringen, 180000 bezeichnet er als „ok“. Spitzenbetriebe würden es auf 300000 bis 320000 Euro bringen, verdeutlichte Verständig das Optimierungspotenzial.

Barrierefrei – das Zukunftsthema

Zu den Chancen und Möglichkeiten rund um das Thema barrierefreie Bäder und Gesundheitseffekte im Bad referierte Jens Wischmann. „Das Geschäftsfeld ist angesichts des demografischen Wandels das Zukunftsthema der Branche“, stufte der Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft die Wichtigkeit ein. Zur Erschließung bedürfe es jedoch kundengerechter Ansprache, Beratung und Planungskompetenz. Neben handfesten Tipps verwies er auf das Informations- und Weiterbildungsangebot der VDS, über das man sich auch auf http://www.sanitaerwirt schaft.de informieren kann.

Gefahren beim erhöhten Schallschutz

Aktuelles zum Schallschutz kam von Bernd ­Ishorst vom Informationszentrum Entwässerungstechnik Guss e.V. Während die Anforderungen der Schallschutznorm DIN 4109 bei sachgemäßer Installation in der Regel eingehalten werden können, warnte Ishorst davor, Verträge nach VDI 4100 „Schallschutz im Hochbau – Wohnungen – Beurteilung und Vorschläge für erhöhten Schallschutz“ zu ­unterschreiben. Die im Oktober 2012 aktualisierte Fassung enthält – in Ergänzung zu den Mindestanforderungen an die Schalldämmung nach DIN 4109 – Empfehlungen für einen erhöhten Schallschutz.

Wird erhöhter Schallschutz nach VDI 4100 werksvertraglich dennoch vereinbart, muss dieser bereits bei der Planung des Gebäudes und der gebäudetechnischen Anlagen berücksichtigt werden. Bereits bei der Planung sollte stets ein Sachverständiger für Schallschutz hinzugezogen werden. Dies gilt insbesondere für die Schallschutzstufen SSt II und SSt III gegenüber fremden Wohnungen sowie bei verbessertem Schallschutz innerhalb von Wohnungen nach den Schallschutzstufen SSt EB I und SSt EB II.

Der erhöhte Schallschutz für die gebäudetechnischen Anlagen ist grundsätzlich nur im Zusammenspiel zwischen akustisch günstiger Bau- und Installationstechnik realisierbar. Schlechte Bautechnik, wie durch akustisch ungünstige Grundrisse und unzureichende Decken- und Wandkonstruktionen, kann durch moderne Installationstechnik nicht ausgeglichen werden, warnte der Referent.

Einen Einblick in die raschen Entwicklungen und Visionen rund um die Smart-House-Technologien gab Mathias Wagnitz. Dabei wurde deutlich, dass dort künftig Anwend­ungen kommen werden, die wir heute noch nicht erahnen können. Bereits jetzt erfordert die Einbindung verschiedener Anwendungen einen Systemintegrator. Und die Zahl der Partner, mit der sich ein SHK-Betrieb auseinandersetzen muss, steigt erheblich, war sich der ZVSHK-Referent sicher. „Die Heimvernetzung wird auch die SHK-Welt verändern, aber zur Zeit gibt es mehr Fragen als Antworten“, bewertete Wagnitz die aktuelle Situation.

Höhere Freigrenzen im neuen Steuerrecht

Über Änderungen im aktuellen Steuerrecht berichtete Steuerberater Dr. Eberhard Kern. Zuwendungen des Arbeitgebers anlässlich ­einer Betriebsveranstaltung (Betriebsausflug, Weihnachtsfeier usw.) führen erst bei Überschreiten einer Freigrenze von 110 Euro je Person zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Hinsichtlich der Berechnung dieser Freigrenze hat der Bundesfinanzhof aktuell zwei steuerzahlerfreundliche Entscheidungen getroffen, die neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Um die Kosten je Mitarbeiter ermitteln zu können, sind im ersten Schritt die Gesamtkosten der Veranstaltung festzustellen. In diese Gesamtkosten sind nur noch solche Aufwendungen des Arbeitgebers einzubeziehen, „die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen“. Dies sind nur Leistungen, die die Teilnehmer unmittelbar konsumieren können (z.B. Speisen, Getränke und Musikdarbietungen). Kosten für die Ausgestaltung der Feierlichkeiten (z.B. Miete für den Veranstaltungsraum oder Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters) bewirken bei den Teilnehmern dagegen keinen unmittelbaren Wertzugang. Sie bleiben daher bei der Gesamtkostenermittlung grundsätzlich außer Betracht. Dies gilt beispielsweise auch für Zeltmiete und Reisekosten. Neu ist auch, dass den Arbeitnehmern der auf die Familienangehörigen entfallende Aufwand bei der Berechnung, ob die Freigrenze überschritten ist, grundsätzlich nicht zuzurechnen ist. Des Weiteren informierte Dr. Kern zu den Themen „Reisekostenrecht und Umsatzsteuer bei Gutschriften und Bauleistungen“. Hier gebe es grundlegende Änderungen, mit der sich jeder Betrieb beschäftigen sollte.

Über die Ergebnisse der Delegiertenversammlung berichten wir in der nächsten SBZ. Ein gelungener Festabend mit Showprogramm rundete den Verbandstag ab. Für die Tagungsteilnehmer entpuppte sich der Verbandstag einmal mehr zu einer erstklassigen Informationsveranstaltung. DS