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Heimvernetzung

Dolmetscher fürs Smarthouse

Auf der ISH 2001 war das Smarthouse des ZVSHK ein Publikumsmagnet. Schon damals ließ sich in vielen Details demonstrieren, wie die Haustechnik zusammenwirken kann, um beispielsweise Heizenergie zu sparen und/oder den Wohnkomfort zu steigern. Präsenzmelder und Einzelraumregelung beeinflussten die Kesseltemperatur oder die WC-Keramik nahm per Zuruf die für den Senior optimale Sitzhöhe ein. Nach zwölf Jahren Weiterentwicklung hat sich daran prinzipiell wenig verändert. Viele Systeme sind inzwischen zur Marktreife gekommen – wenn sie es damals nicht schon waren. „Was uns als Handwerk sehr stark beschäftigt, ist die Frage, welche neuen Dienst- und Serviceleistungen mit diesen neuen Produkten angeboten werden können.“ Andreas Müller, stellvertretender Hauptgeschäftsführer im ZVSHK, sieht das Fachhandwerk damals wie heute in der wichtigen Rolle eines Systemmittlers. Auf seine Frage antworteten die wichtigsten Hersteller der Heizungsindustrie sowie Vertreter der Wohnungswirtschaft und Anbieter für komfortable Regelungstechnik.

Kein gemeinsamer Standard – nur Schnittstellen

Etliche Statements aus der Heizungsindustrie machten deutlich, dass es keinen Schulterschluss für einen SHK-Standard in der Datenkommunikation gibt. Jeder Hersteller entwickelt offenbar seine Regelsysteme allein und richtet allenfalls Schnittstellen ein, die von Bussystemen wie z.B. KNX oder LON genutzt werden können, um eine Vernetzung mit anderen Komponenten der Haustechnik möglich zu machen.

Wer das möglich machen soll, ist für die SHK-Organisation keine Frage, lediglich das Wie. „Wir brauchen einheitliche Standards“, forderte Matthias Wagnitz, Referent für Heizungstechnik im ZVSHK. Er sieht ein erhebliches Marktpotenzial für das vernetzte Eigenheim, um – allein im Heizungsbereich – Energie einzusparen und dem gestiegenen Komfortanspruch gerecht zu werden. Allerdings sieht Wagnitz Schwierigkeiten. Zum einen für den Fachbetrieb, weil die Technik nicht automatisch zusammenpasst, sondern noch Dolmetscher braucht, zum anderen mangelt es häufig an einer selbsterklärenden Nutzeroberfläche. Auch in einem weiteren Punkt äußerte er die Erwartung des Handwerks: „Technische Entwicklungen sollten auf eine Zeitspanne von 30 Jahren angelegt sein.“ So könne der Handwerksbetrieb beispielsweise bei der Wartung und bei einer Ersatzteilbeschaffung typische Probleme deutlich verbessern.

Dr. Manfred Riedel hat als Entwickler eines Systems zur Home-Automation mit vielen verschiedenen Herstellern zu tun. Seine Erkenntnis: „Es gibt nicht einen Standard. Vielmehr bedarf es heterogener Systeme, die ­eine Vielzahl von Technologien beherrschen.“ Bedeutet dies für das Fachhandwerk, dass sich der Heizungs- oder Sanitärfachmann fit machen muss für die verschiedensten Insellösungen von Herstellern, um sie per Schnittstelle zu einer gemeinsamen Sprache zu verpflichten?

Rolf Meurer, Vizepräsident im Zentralverband der Elektro-Handwerke, bietet als Unternehmer Dienstleistungen für SHK und Elektro an. Er geht trotz Wirrwarr einzelner Herstellersysteme pragmatisch vor: „Ich will gar nicht die Details in der Blackbox einer Kesselsteuerung wissen, vielmehr will ich die Technik zu meinem Nutzen sinnvoll ansteuern können.“ Für ihn ist der qualifizierte Handwerksbetrieb in der entscheidenden Position, die Systemintegration zu übernehmen. Weiterbildung sei allerdings das Schlüsselwort. Er sieht das Bussystem KNX am besten geeignet, weil das Fachhandwerk mit diesem Standard im intelligenten Gebäude tausendfach vertraut sei.

Auf dem Weg zum Massenmarkt?

Groß sei der Bedarf für Smarthouse-Technologie nicht, äußerte sich Fabian Viehrig aus Sicht der Wohnungswirtschaft. Eine komplette Vernetzung sei auch nur im hochpreisigen Neubau realistisch. Einige Experten auf dem Symposium meinten, dass es für den Einsatz einer Home-Automation im Einfamilienhaus durchaus eine Akzeptanz gebe, wenn die ­Startinvestition bei etwa 3000 Euro liege. Doch in einer Diskussionsrunde zweifelte ein Teilnehmer: „Dann müssten mindestens 300 Euro pro Jahr an Heizkosten einzusparen sein – ist das überhaupt realistisch?“ Um Kosten zu reduzieren, ließe sich beispielsweise auch auf eine bauseits vorhandene LAN-Infrastruktur aufsetzen, war ein Argument von ZVSHK-Referent Matthias Wagnitz.

Der Endkunde mit Smartphone habe sich längst an Vielfalt und Nutzung von Apps gewöhnt und suche nach weiteren Möglichkeiten, argumentierte Rainer Dippel (Viessmann): „Wenn sich ein entsprechendes Angebot für das intelligente Haus via Smartphone oder Tablet nutzen lässt, kann dies zu einem großen Trend werden. Große Betriebe, die sowohl im SHK- als auch im Elektrobereich tätig sind, könnten die Ansprechpartner sein.“

Kein Refugium für Technik-Freaks

Für den Bundeswirtschaftsminister ist der Markt der Heimvernetzung kein Refugium für Technik-Freaks. Klar ist, dass im Jahr 2030 bereits 30% der Bevölkerung über 65 Jahre sein werden. Dank intelligenter Technik soll es ihnen möglich sein, unbegrenzt in den eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben. Doch dafür müssen Weichen gestellt werden. Im Ministerium ist der Arbeitskreis „Vernetztes Wohnen und mobiles Leben“ damit beauftragt, nach praktikablen Lösungen Ausschau zu halten.

Gemeinsam mit dem ZVSHK gab es dieses Symposium im Juni, eine weitere Zusammenarbeit ist vereinbart. Dr. Alexander Tettenborn, Referatsleiter im BMWi, zeigte eine Perspektive auf, die dem Fachhandwerk nicht unbekannt sein dürfte: „Wir brauchen Systemanbieter, die solche Dinge aus einer Hand bereitstellen. Teils sind die Stadtwerke dabei, hier als Komplettanbieter aufzutreten.“