Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
14. Deutscher Klempnertag in Würzburg

Aufs Können vertrauen

Das Meinungsbild zwischen den Handwerksunternehmern konnte kaum unterschiedlicher sein: Während Spenglermeister Heinz Lummel, Senior-Chef eines global agierenden Unternehmens, wahrlich beeindruckende Referenzobjekte auf der Leinwand Revue passieren ließ und weltweit für Prestige-Objekte angesprochen wird, wurde andererseits am Saal-Mikrofon das Klagelied angestimmt. Die schwankende Auftragslage sei kaum berechenbar, man könne saisonweise den Mitarbeiterstab nicht halten, um über die Runden zu kommen, meldete sich ein gestandener Praktiker zu Wort. Demgegenüber nannte Heinz Lummel eine Fülle von Möglichkeiten, die sich nicht nur an Dach und Fassade ergeben würden. Auch für den Innenausbau könne man überzeugende Lösungen in Metall Architekten und Bauherren nahe bringen und damit die Auftragslage deutlich verbessern.

Wie günstig sich derzeit die Rahmenbedingungen für innovative Klempnerbetriebe entwickelten, unterstrich ZVSHK-Präsident Bruno Schliefke in seiner Eröffnungsrede. Ein grundlegender Wandel vollziehe sich durch alle SHK-Handwerke hindurch. Vom Fachmann für Metalldächer werde schon jetzt – und in Zukunft noch wesentlich stärker – ein großes Potenzial in der Energieberatung und in verschiedensten Dienstleistungen erwartet. Deshalb vollziehe sich eine Spezialisierung unter den Betrieben.

Klempner, Spengler und Flaschner in Deutschland seien mit unter den Gewinnern dieser Entwicklungen. „Denn die Metallverarbeitung am Gebäude liegt im Trend und ist Partner und Wegbegleiter einer innovativen Architektur“, begründete Schliefke. Dies bedeute auch, dass man zukünftig in der zeitgemäßen Baukunst auf Energieeinsparung und Energieeffizienz ausgerichtet sein werde. Und diese Ziele könne man nur durch das Know-how und die Kreativität der spezialisierten Fachbetriebe erreichen. Er appellierte an die Praktiker im Saal, „stärker auf das eigene Können zu vertrauen und dies im Erfahrungsaustausch mit Architekten und Bauherren noch deutlicher zu machen“.

EnEV-Theorie contra mängelfreies Werk

Was nütze es, wenn der rechnerische Nachweis für einen bestimmten Aufbau der Gebäudehülle mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) konform gehe, die Langzeitbeständigkeit jedoch in Frage zu stellen sei? Zwischenfragen solcher Art waren das Salz in der Suppe auf dem Klempnertag. Sie bestätigten in der Diskussion zur energieoptimierten Gebäudehülle einmal mehr, wie wichtig es ist, dass Architekt oder Fachplaner vom Handwerks­unternehmer beraten werden. Nur durch den Erfahrungsschatz des Praktikers sei es möglich, das Machbare in Verbindung mit diesem oder jenem Metall auszuloten. Typische Schäden, wie sie beispielsweise durch Diffusion ausgelöst werden können, ließen sich dadurch vermeiden.

Der ZVSHK hat zum Themenschwerpunkt „Energieoptimierte Gebäudehülle“ eine neue Fachinformation in Bearbeitung, die etwa Mitte dieses Jahres fertig gestellt sein wird.

Was vom Gesetzgeber zukünftig als machbar angesehen wird, schilderte Andreas Müller, Geschäftsführer Technik im ZVSHK, mit einem Ausblick auf die sich vermutlich Anfang 2009 weiter verschärfende EnEV. Flankierend dazu lässt die DIN 4108 verschiedene Möglichkeiten der bauphysikalisch richtigen Gebäudeoptimierung zu.

In die Zukunft mit „Klempnergie“?

Wie sich die metallische Ge­bäudehülle multifunktional für ein zeitgemäßes Energiekonzept nutzen lässt, machte der Gebäudeenergieberater Markus Patschke deutlich und favorisierte dabei die Wärme- und Stromerzeugung an der Gebäudehülle. Mit dem Kunstwort „Klempnergie“ wies er in die Zukunft. „Viel kann bewegt werden, wenn Klempner und Heizungsbauer ihr Spartenwissen gezielt zusammentragen“, war seine Aussage.

Solare Gewinne über ein Lüftungskonzept, das mit Hilfe einer Metallfassade erreicht werden kann, zeigte Robert Seidemann (Solarwall, Göttingen) auf. Vor allem große Gewerbebetriebe und Hallen können von dieser Art der thermischen Solarenergie profitieren. „Es bedarf nicht einmal direkter Sonneneinstrahlung“, machte Seidemann deutlich, „um verwertbare Energie­erträge aus einer gelochten Fassade erzielen zu können.

Hohe Kunst – einfach im Detail

Als Einstimmung auf die Ver­leihung des „Architekturpreises 2008 Metalldächer und Fassaden“ (siehe separater Beitrag ab Seite 46) zeigten Altmeister Heinz Lummel sowie Architekt Dominik Dreiner in verschiedenen Objektbeschreibungen, zu welchen Höchstleistungen die Klempnertechnik fähig ist. Praktiker und Architekt beteuerten getrennt voneinander, dass selbst sehr kompliziert erscheinende Top-Leistungen an Dach und Fassade letztlich auf einfache Teile und Funktionen reduzierbar seien. Man müsse nur „die passenden Ideen entwickeln können und sich trauen, so etwa zu machen.“ Mit diesen Thesen überließen sie das Publikum seinem Staunen.

Lohnenswerte Wagnisse

Wie dies im Detail aussehen kann, „wenn man sich was traut“, erläuterten die Praktiker Johannes Binder (Ingolstadt) und Peter Neß (Berlin). Licht und Schatten wurden dabei nicht verschwiegen. So könne das Scheitern eines hochanspruchsvollen Objektes auch das Aus der Firma bedeuten, war sich Binder in schlaflosen Nächten bewusst geworden. Hartnäckigkeit und einen langen Atem über zwei Jahre hinweg seien für Neß nötig gewesen, um letztlich jenen anspruchsvollen Auftrag zu bekommen. Beide stimmten darin überein, dass der Erfolg ihrer Referenzobjekte lohnenswert war. Sie machten ihren Fachkollegen im Saal Mut, angesichts von ungenauen Ausschreibungen und in Zeiten eines Preisdumpings auf ihre Erfahrung und ihr Können zu vertrauen. Sich in der Beratungsfunktion zu empfehlen, sei die beste Visitenkarte. In den sich anschließenden Wortmeldungen kam allerdings auch deutlich heraus, dass damit nicht gemeint sein könne, Planungs­arbeit zum Nulltarif hinzunehmen, falls der Auftrag dann letztlich einem Billiganbieter zugeschoben werde.

Praxiserfahrung oder rechnerischer Nachweis?

Das Thema „Sind Stürme noch berechenbar?“ und die neue DIN 1055-4 mit ihren Auswirkungen auf die Verlegepraxis provozierte weitere Diskussionen. Sind es nun 10,8 oder 12,5 Hafte pro Quadratmeter oder bestimmen die Erfahrung des Praktikers die Anzahl? Eine typische Frage, die von den Experten auf dem Podium nicht einfach zu beantworten war, denn die tatsächlichen Auszugswerte seien letztlich entscheidend. Eine exakte statische Berechnung kann auch als Alternative zu den pauschalen Normangaben gelten.

Was die Mitgliedsbetriebe bereits vormerken sollten: Neues zu den Klempnerfachregeln wird voraussichtlich Ende April als kostenpflichtige Ergänzungslieferung verfügbar sein. Der ZVSHK wird die registrierten Abonnenten der Klempnerfachregeln (ab 2003) automatisch informieren.

Vor dem Schaden klug werden

Mit der Frage „Sind die Auswirkungen der Stürme noch berechenbar?“ beschäftigte sich Bernd Konrath vom Aachener Institut für Industrieaerodynamik. Vor dem Hintergrund der Schadensfälle, die Kyrill und Co. in die Schlagzeilen gebracht haben, wusste er anschaulich darzustellen, was Windkräfte an Dach und Fassade anzurichten vermögen. Auch hatte er im Auftrag des ZVSHK für die Klempnertechnik wichtige Windlastuntersuchungen durchgeführt. „Die höchsten Windbelastungen sind nicht nur in Küstenregionen zu beobachten“, verdeutlichte Konrath, „sondern durchaus auch in Citylagen im Umfeld sehr hoher Gebäude.“

Die Entwicklung bei den Versicherern prognostizierte Matthias Frank (Signal Iduna). Demnach werde man in absehbarer Zeit nach Großschadenspotenzialen Ausschau halten und beispielsweise Betreiber von Metalldächern und -fassaden zu einem Risikomanagement drängen. ­Dies werde dem Dienstleistungskonzept der Klempnerbetriebe durchaus Chancen eröffnen, um ihre beratende Tätigkeit auszubauen.

Den juristischen Dschungel rund um Gutachten und ihre Anfechtbarkeit lichtete Rechtsanwalt Rainer Blaschke (Fachverband SHK Bayern). Detailliert schilderte er wichtige Punkte bei diesen oft leidigen Auseinandersetzungen, die ein Handwerksbetrieb wissen sollte.

Für den gelernten Klempner Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, war Würzburg ein „Heimspiel“. In seinem Statement signalisierte er unmissverständlich, dass er „da oben in Berlin“ mit anpackt und die Zukunft auch für die Klempner günstig gestaltet. Seine Worte kamen gut an bei den Praktikern: „Auf das Handwerk ist Verlass. Wir machen nicht nur gute Vorschläge, wir sorgen auch dafür, dass diese beim Verbraucher ankommen und die Bundesregierung ihre Ziele erreicht.“ Will man mehr?TD