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Und wie Sie sich verteidigen können

Warum Marketing Krieg ist

Der Zwang zur permanenten Anpassung an die Wünsche der Kunden ist uralt. Allerdings wird dabei oft übersehen, dass dieser Anpassungsprozess fast ausschließlich auf der qualitativen Ebene und weniger auf der quantitativen Ebene geführt wird. Die Qualität der erfüllten Wünsche und der damit verbundene Nutzen für den Kunden sind entscheidend. Im Zeitalter des Crowdsourcing, der offenen Kommunikation und der uneingeschränkten Konsum-Wahlfreiheit haben die Kunden sich mittlerweile ein Mitspracherecht erkämpft. Sie bestimmen mehr und mehr, was Unternehmen bieten müssen.

Dieser ebenso alte wie neue Wettbewerb ist nicht olympisch, sondern mörderisch, weil die Letzten nicht nur verlieren, sondern eliminiert werden. Die Verlierer gehen in die Insolvenz. Mitleid kennen weder Wettbewerber noch Kunden. Damit wird deutlich, dass Marketing mehr als Erfolg oder Misserfolg ist, sondern über das Überleben entscheidet.

Die Lösung ist relativ einfach und bereits mehrfach von mir beschrieben: fragen, auswerten, handeln! Diese Erkenntnis hat sich bei vielen Großunternehmen durchgesetzt. Sie befragen Kunden nach ihren Wünschen und Erwartungen direkt oder indirekt und versuchen die Vorstellungen ihrer Zielgruppen so weit wie möglich zu erfüllen. Dort, wo es möglich ist, lassen die Pioniere die Kunden die Produkte bereits selbst gestalten.

Mittel- und insbesondere Kleinbetriebe stehen dieser Partnerschaft mit den Kunden ablehnend gegenüber. Ihnen fällt es schwer, den Kunden als Beratungspartner zu akzeptieren. Sie sehen in den Fragen zu den möglichen Optimierungen der eigenen Angebote das Eingeständnis unternehmerischer Inkompetenz und nicht die Chance, die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern.

Strategie, Taktik und operative Maßnahmen

Im Krieg wie im Marketing werden die Begriffe Strategie, Taktik und operative Maßnahmen identisch eingesetzt:

  • Strategie ist die vernetzte Planung der Maßnahmen, die zur Erreichung des Zieles notwendig sind.
  • Taktik bedeutet die Planung der richtigen Mittel zum richtigen Zeitpunkt.
  • Die operativen Maßnahmen setzen die strategischen und taktischen Planungen in konkrete Aktivitäten um.

In der Unternehmensrealität heißt das: Am Anfang muss immer ein konkretes Ziel stehen. Ist dieses nicht vorhanden, gibt es keine zielorientierten Handlungen und Verhaltensweisen. Es können keine Synergien entstehen, sondern jeder arbeitet und verhält sich so, wie er es für richtig hält. In anderen Worten kann man auch sagen, dass viele Köche den Brei verderben.

Beispiel für ein Unternehmen ohne Vermarktungsstrategie

Das Unternehmen A hat kein Ziel und keine Strategie formuliert. Die Werbung ist ohne Konzept. In den Werbemitteln wird beschrieben, was man macht, und ab und zu wird mal ein Sonderangebot vorgestellt. Das Ergebnis ist, dass das Image des Unternehmens unterer Durchschnitt ist. Es unterscheidet sich vom Wettbewerb nur durch den Namen.

Die Mitarbeiter können keine Identität und kein Wir-Gefühl entwickeln, weil ihnen kein konkretes Ziel vorgegeben wird. Entsprechend distanziert sind ihre Beziehungen zum Unternehmen. Da es auch keine Verhaltensregeln gibt, verhält sich jeder Mitarbeiter nach Lust und Laune gegenüber den Kunden. In der Praxis sieht das dann etwa so aus: Die Werbung ist austauschbar. Der Slogan lautet so ungefähr „Alfred Egal – Ihr Partner für alles und nichts“. Mögliche Interessenten finden keinen konkreten Grund für eine Kontaktaufnahme. Vorgaben und Regeln für den Erstkontakt mit Kunden gibt es nicht. Der Anrufer wird nicht befragt, sondern erhält die Antwort: „Dazu kann ich nichts sagen, das macht nur der Chef. Rufen Sie später, am besten heute Abend, noch einmal an.“ Beratungen scheitern oft, weil der Inhaber dem Interessenten vermittelt, dass er wenig Ahnung hat. Statt die Vor- und Nachteile der verschiedenen Lösungen verständlich zu erklären, wird der eigene Standpunkt stur vertreten.

Die Angebote sind kurz und bündig und bestehen aus Standardformulierungen. Auf Nachfragen wird unwillig reagiert. Die Arbeiten werden ordentlich ausgeführt, aber der Kontakt zu den Kunden ist nicht besonders freundlich. Und wenn ein Mitarbeiter morgens mit dem linken Bein aufgestanden ist, bekommt das der Kunde auch schon mal zu spüren. Bei Nachfragen zu den Arbeiten wird auf den Chef verwiesen. Die Bereitschaft zur sofortigen Lösung eines Problems ist nicht vorhanden, weil keine Eigenverantwortung übernommen wird. Eine Endabnahme erfolgt nicht. Ist die Arbeit abgeschlossen, wird der Kunde kurz mündlich informiert und die Baustelle verlassen. Die Rechnung enthält kein Wort des Dankes oder die Bitte um Weiterempfehlung und an ausstehende Beträge wird nicht erinnert, sondern es kommt sofort eine Mahnung.

Auch einfache Strategien können zielführend sein

Unternehmen B hat wie Betrieb A nichts Besonderes zu bieten, aber der Inhaber erkannte, dass sein Erfolg wesentlich größer sein würde, wenn alle Beteiligten gemeinsam an einem Strick ziehen, also gemeinsam ein Ziel verfolgen. Da er sich durch seine fachlichen Leistungen nicht unterscheiden konnte, beschloss er, sich über Service zu profilieren.

Das Ziel formulierte er so: „Unser Service soll so gut sein, dass die Kunden uns mit Begeisterung empfehlen. Die Qualität unserer Arbeit und die der Empfehlungen soll so gut sein, dass wir nicht über den Preis verkaufen müssen.“ Aus diesem Ziel leitete er folgende Strategie ab: „Jeder direkte oder indirekte Kontakt (Werbung) ist so zu gestalten, dass der Kunde erkennt, dass wir alles tun, um seine Wünsche und Vorstellungen in der Zusammenarbeit mit uns 110-prozentig zu erfüllen.“ Mit dieser Zielvorgabe haben die Mitarbeiter eindeutige (verpflichtende) Vorgaben sowohl für die Arbeitsergebnisse als auch für ihr Verhalten gegenüber Interessenten und Kunden. Da sie diese Zielvorgabe als richtig anerkennen, können sie sich mit dem Unternehmen und den Leistungen identifizieren und sie offensiv vertreten.

Die taktischen Maßnahmen bespricht er mit seinen Mitarbeitern, damit diese die Vorgaben für ihr Verhalten gegenüber Kunden mitbestimmen können. Im Einzelnen wurden folgende Verhaltensmaßregeln aufgestellt:

  • Der Erstkontakt zum Unternehmen erfolgt entweder medial über Werbemittel (Internet, Firmenfahrzeug, Anzeige) oder durch persönliche Kontaktaufnahme. In der Werbung wird der Interessent via Schlagzeile über die Zielvorstellung des Unternehmens wie folgt informiert: „Wir garantieren, dass Sie mit uns zufrieden sein werden. Alfred Mustermann.“
  • Die persönliche Kontaktaufnahme wird weiterführend so gestaltet, dass der Kunde sofort erkennt, dass die Unterneh­mensaussage konkret umgesetzt wird. Daher wird, wenn der Kunde im Gespräch den Grund seiner Kontaktaufnahme formuliert hat, sofort nach seinen Vorstellungen und Wünschen gefragt, die er mit unserer Antwort verbindet. Sinnvoll ist es, die dazu notwendigen Fragen verbindlich vorzuformulieren, damit immer der gleiche, positive Ablauf garantiert ist.
  • Beratungsphase: Wenn der Kunde eine Beratung wünscht, steht am Anfang immer die genaue Ermittlung der Wünsche und Vorstellungen, die er mit der Realisierung verbindet. Gleichzeitig wird erfragt, ob Alternativvorschläge und ergänzende Arbeiten erwünscht sind.
  • Das Angebot ist ausführlich und detailliert. Am Ende steht immer, dass alles getan wird, damit er 110-prozentig zufrieden ist.
  • Vor Arbeitsbeginn erhält der Kunde eine Information, wann begonnen wird, wer die Arbeit ausführt und wann die Arbeit etwa fertig ist, wenn alles planmäßig verläuft. Die Arbeit selbst wird so perfekt wie möglich ausgeführt. Mögliche Behinderungen oder Schmutz-und Lärmbelästigungen werden so gering wie möglich gehalten. Am Ende wird der Auftraggeber zur Endabnahme eingeladen. Dabei wird gefragt, ob er voll und ganz zufrieden ist und ob noch irgendetwas zu seiner Zufriedenheit getan werden kann.
  • Die Rechnung ist detailliert, sodass der Empfänger diese leicht kontrollieren kann. Ergänzend enthält sie einen Hinweis, dass bei evtl. Beanstandungen oder Änderungswünschen der Betrieb selbstverständlich zu Ergänzungen bereit ist. Ferner wird in der Rechnung ein Dank für das Vertrauen ausgesprochen. Zusätzlich enthält die Rechnung noch die Bitte um Weiterempfehlung mit der Ankündigung einer „Belohnung“.

Strategie, Taktik, operative Maßnahmen sind keine professoralen Beschreibungen, sondern in der Praxis klare und einfache Begriffe für eine systematische und methodische Vorgehensweise zur Steigerung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit. Wer sich dieser Erkenntnis verweigert, wird spätestens in Krisenzeiten erkennen, dass er zu den ersten Verlierern gehört.

Bitte lesen Sie hierzu auch das ergänzende Interview auf der nächsten Seite.

Spotlight

Checkliste Strategieplanung

Die folgenden Teilprozesse sind auf eine einheitliche Firmenstrategie auszurichten:

Erstkontakt über Werbung, Internet oder das Firmenfahrzeug

Persönliche Kontaktaufnahme, die dem Kunden gleich auch die Unternehmensaussagen vermittelt

Beratungsphase, Ermittlung der Kundenwünsche, Alternativen

Angebot mit Darstellung der Leitsätze des Handwerksunternehmens

Auftragsausführung, entprechende Einweisung der Mitarbeiter

Rechnung mit Dank für den Auftrag und der Bitte um Weiterempfehlung

Die Qualität der erfüllten Wünsche und der damit verbundene Nutzen für den Kunden sind entscheidend. Dieser ebenso alte wie neue Wettbewerb um die Gunst der Kunden ist nicht olympisch, sondern ­mörderisch, weil die Letzten nicht nur verlieren, sondern eliminiert werden.

Kleineren Betrieben fällt es in der Regel schwer, den Kunden als Beratungspartner zu akzeptieren. Sie sehen hier tendenziell die Gefahr ­eines Ein­geständnisses ­unternehmerischer ­Inkompetenz und nicht die Chance, die eigene Leistungsfähigkeit mithilfe der Kunden zu steigern.

Auch wenn ein Unter­nehmen nichts Außergewöhnliches zu bieten hat, ist sein Erfolg wesentlich größer, wenn alle ­Mitarbeiter gemeinsame ­Ziele ­verfolgen. Ein heraus­ragender Service könnte zum Beispiel ein Ansatzpunkt für die ­Entwicklung einer neuen Marketing­strategie werden.

Abheben vom Wettbewerb

Gezielt Marktnischen finden ▪ Die Beispiele aus dem Fachbeitrag z­eigen auf, wie sich Handwerker differenzieren können. Doch wie ­lassen sich ­geeignete Nischen finden?

SBZ: Sie verkaufen uns hier Marketing als Krieg. Heute muss man wohl etwas krass werden, um die geschätzte Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen. Bis zu welchem Maß meinen Sie das denn ernst?

Borchardt: Die Formulierung „Marketing ist Krieg“ ist sicherlich sehr martialisch. Inhaltlich identisch, aber weniger aggressiv formuliert, muss gesagt werden, dass Marketing ein Überlebenskampf ist, bei dem auf Dauer nur die Besseren überleben werden. Dabei bezieht sich „besser“ auf fünf entscheidende Fakten:

  • Der Betrieb muss bekannt sein. Anbieter, die man nicht kennt, können auch nicht berücksichtigt werden.
  • Jeder Auftraggeber erwartet, dass die von ihm zu vergebende Arbeit so gut wie möglich ausgeführt wird. Um diese Erwartung des Kunden zu erfüllen, muss der Anbieter möglichst genau und detailliert wissen, was der Kunde will. Wer das nicht berücksichtigt, kann nie ein maßgeschneidertes Angebot entwickeln.
  • Qualität ist absolute Pflicht, egal wie hoch der Preis ist. Kein Kunde akzeptiert Einsparungen zu Lasten der Qualität, auch wenn er günstig einkaufen will.
  • Jeder Kunde will gut behandelt werden, denn er bezahlt.
  • Last but not least, der Kunde erwartet Zuverlässigkeit. Viele Inhaber unterschätzen diesen Punkt. Sie glauben, wenn nicht alles so abläuft wie versprochen, fällt das unter Toleranz. Für den Kunden bedeutet das jedoch, dass er den Zusagen nicht glauben kann, und damit ist die wichtigste Basis, das Vertrauen, für eine dauerhafte Zusammenarbeit verloren.

SBZ: Sie haben das Crowdsourcing als wichtigen Ansatzpunkt in Ihrem Text dargestellt. Allerdings haben das bislang wohl vor allem Konzerne umgesetzt. Wie können Handwerker dieses Thema anpacken?

Borchardt: Crowdsourcing ist die Einbindung der Kunden durch Kundenbefragung. Und das gibt es schon so lange, wie Handwerk, Handel und Dienstleistung existieren. Inhaber, die ihre Kunden nie befragen, sind betriebsblind. Sie wissen zwar aufgrund ihrer Erfahrungen ganz allgemein, was gut und richtig ist, aber von den Details haben sie keine Ahnung. Deshalb werden sie auch nie wirklich gut. Wissen Sie, wie Ihre Kunden über jeden einzelnen Mitarbeiter denken und wie sie ihn einschätzen? Ein mir bekanntes und besonders erfolgreiches Ingenieurbüro befragt seine Kunden nach jedem Auftrag, wie sie den oder die Mitarbeiter, die am Auftrag beteiligt waren, beurteilen. Jeder Mitarbeiter, der nicht mit sehr gut oder gut beurteilt wurde, wird bei Folgearbeiten dort nicht wieder eingesetzt. Gleichzeitig erfährt der Inhaber, wo sein(e) Mitarbeiter Defizite haben, die behoben werden müssen. Fragen Sie Ihre Kunden, was sie sich wie vorstellen. Sie werden überrascht sein, was Sie alles nicht wissen. Das sage ich auch aus meiner eigenen Erfahrung.

SBZ: Anhand von zwei exemplarischen Handwerksbetrieben stellen Sie unternehmerische Strategien dar. Einer der Betriebe profiliert sich als Serviceführer, um Kundenempfehlungen zu generieren. Sehen Sie andere Möglichkeiten für solche Strategien, die weitere Handwerker in diesem Ort besetzen könnten?

Borchardt: Wenn sich ein Betrieb differenzieren will, stehen ihm zwei grundsätzliche Wege offen: Formal durch Text, Bild und Farbe sowie durch besondere inhaltliche Angebote. Der dritte Weg, Differenzierung durch Qualität, ist fast immer besetzt, weil es in jeder Region einen oder mehrere Betriebe gibt, die sich durch besondere Qualität auszeichnen. Die beiden anderen Wege bieten jeweils für sich viele Möglichkeiten, sich zu differenzieren.

Der formale Weg eignet sich vor allem für Handwerker, die zu einem extrovertierten, vielleicht sogar aggressiven Marktauftritt stehen können. Offensive und schreierische Werbung widerstrebt aber vielen Handwerkern. Sie wollen sich auch nicht mit Bemerkungen ihrer Kollegen auseinandersetzen wie: „Der muss es ja nötig haben.“

Der zweite Weg bietet viele Möglichkeiten durch die Teilbesetzung einer Nische. Das ist ebenso einfach wie gefahrlos. Beispiel: Ein SHK-Betrieb will sich von seinen Wettbewerbern unterscheiden. Da er das Risiko möglichst gering halten will, entscheidet er sich, neben seinem Standardangebot eine Spezialleistung wie z.B. Heizungsoptimierung, Holzheizung, Leckortung, Solar oder Energieeinsparung anzubieten. Die Leistungsfelder sind vielfältig, sie sind aber abhängig vom Wettbewerbsumfeld.

Eine derartige Strategie ist einfach und gefahrlos, weil keine Stamm- und Standardkunden verloren gehen, aber neue aufgrund des Spezialangebotes gewonnen werden. Wenn sich die Nische als tragfähig erweist, ist die Voraussetzung für eine Gesamt-Spezialisierung gegeben. Die Entscheidung, welches Fachgebiet zusätzlich beworben/belegt wird, ist abhängig von dem wahrscheinlichen Nachfragevolumen.

SBZ: Herzlichen Dank für Ihre interessanten Ausführungen.