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Dimensionierung von Trinkwasserleitungen

Worauf es wirklich ankommt

SBZ: Die Neufassung der DIN 1988-300 hat für viel Wirbel in der Branche gesorgt. Wie erklären Sie sich die emotionalen Diskus­sionen über die Zeta-Werte?

Rickmann: Zielsetzung der laufenden Normungsarbeit ist es, den Wasserinhalt einer Trinkwasserinstallation zu verringern und die Funktionalität zu verbessern, um so der Forderung der Trinkwasserhygiene nach einem „schlanken Trinkwasser-Installationssystem“ entsprechen zu können. Die Verringerung der Rohrdurchmesser, insbesondere in den Teilstrecken der Hauptverteilung, wird deshalb in der Normungsarbeit angestrebt.

Die Regeln für die Ermittlung der Rohrdurchmesser in DIN 1988-3 basieren noch auf Verbindungstechniken mit Muffenfittingen. Mit Einführung der Verbundrohre werden aber auch Fittinge verwendet, die in das Rohr eingesteckt werden, ohne dass es zuvor aufgeweitet wurde. Durch den in das Rohrende eingesteckten Stützkörper des Fittings wird der Strömungsquerschnitt je nach System mehr oder weniger stark eingeschnürt. Je geringer der Durchmesser der Rohrleitung umso größer ist die Einschnürung durch den Stützkörper eines Steckfittings und damit auch der daraus resultierende Druckverlust.

Unter Bezug auf die laufende Normungsarbeit gibt es mehrfach veröffentlichte Aussagen, dass sich künftig die Installationen um ein bis zwei Dimensionen bzw. der Wasser­inhalt um 10 bis 30 % unterscheiden werden, je nachdem welche Verbindungstechnik verwendet wurde. Es ist richtig, dass der Druckverlust in den Verbindern unterschiedlich sein kann und dass die Normung diesen Unterschied durch eine differenzierte Berechnung der Druckverluste künftig berücksichtigen wird. Die Grundlagen für eine leistungsfähige differenzierte Druckverlustberechnung werden derzeit in dem betreffenden Arbeitsausschuss erarbeitet. Abgestimmte Ergebnisse hierzu liegen noch nicht vor.

SBZ: Die Diskussionen haben die Branche verunsichert. Was würden Sie dem Fachhandwerker oder Planer raten, welchen Aussagen er Glauben schenken darf.

Rickmann: Es ist bedauerlich, dass unfertige Teilaspekte aus der Normungsarbeit so offensiv in der Marktauseinandersetzung verwendet werden. Das muss zwangsläufig zu einer Verunsicherung bei den Anwendern führen. Für Sicherheit können nur vergleichende Rohrnetzberechnungen sorgen. Mit den meisten im Markt befindlichen Software-Programmen zur Dimensionierung von Trinkwasserinstallationen lassen sich solche Vergleiche von jedem Anwender erstellen. In fachgerecht geplanten und gebauten Trinkwasserinstallationen werden sich nach meinen Erkenntnissen Durchmesserunterschiede zwischen den jeweiligen Systemen nur in wenigen Teilstrecken des ungünstigsten Fließweges ergeben und nicht das gesamte Rohrnetz umfassen.

SBZ: Vielfach wurde der Anschein erweckt, dass Zeta-Werte Verursacher von zu groß dimensionierten Trinkwasserversorgungsanlagen seien. Entspricht das der Realität?

Rickmann: Eine Rohrnetzberechnung gemäß DIN 1988-3 kann vereinfachend oder differenziert durchgeführt werden. Im ersten Fall wird der Anteil der Einzelwiderstands-Druckverluste prozentual vom Druckverlust in der geraden Rohrleitung abgeschätzt. Im zweiten Fall wird mit Zeta-Werten gerechnet, die sich in der Regel an denen von Muffenfittingen orientieren. Nur wenige Hersteller verwenden bisher systemspezifische Zeta-Werte. Die daraus resultierenden Fehler in der Druckverlustberechnung werden derzeit ignoriert. Nennenswerte Unterschiede zwischen den Systemen ergeben sich bei dieser branchenüblichen Vorgehensweise bisher nicht.

SBZ:Welche Auswirkungen wird die neue DIN 1988-300 auf das verarbeitende Handwerk haben?

Rickmann: Die rechnerischen Nachweise für Trinkwasserinstallationen werden mit der überarbeiteten Norm systemspezifischer durchgeführt. Das betrifft das Rohrleitungssystem mit seinen Einzelkomponenten, aber auch Entnahmearmaturen, Wasserzähler und Apparate. Ein Wechsel des Rohrleitungssystems oder von Komponenten nach durchgeführter Planung wird dadurch erschwert und erfordert zumindest in größeren Trinkwasser­installationen einen neuen rechnerischen Nachweis. Da die Berechnungsregeln der DIN 1988-3 aus den Grundlagen der Strömungstechnik entwickelt wurden, besteht hier kein Anlass für Veränderungen. Die Art und Weise, wie Rohrnetze in der Trinkwasserinstallation zu berechnen sind, wird sich daher nicht ändern.

SBZ: Herr Prof. Rickmann, vielen Dank für Ihre Erläuterungen und das Gespräch.