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3. VDS-Badforum: Aus Trends Märkte machen

Orientierung in stürmischen Zeiten

Knapp 100 Branchenvertreter aus Handwerk, Handel und Industrie sowie ­Vertreter aus Markt- und Meinungsforschung nutzten die laut Veranstalter „besonders in stürmischen Zeiten wichtige Orientierungsmöglichkeit“. Dabei sorgten vier Referenten aus unterschiedlichen Bereichen für ein breites Meinungs- und Informationsspektrum. Das zentrale Thema der ganztägigen Analysen, Prognosen, Diskussionen und Vorschläge: „Trends zu Märkten machen“. Mit einer guten Nachricht konnte VDS-Geschäftsführer und Moderator Jens J. Wischmann gleich zu Beginn aufwarten. Basis dafür war eine von dem Branchen-Dachverband spontan initiierte Forsa-Erhebung (SBZ 23/08). Das Resultat der für die Bundesbürger ab 18 Jahre repräsentativen Erhebung: Die Deutschen lassen sich bei ihren Investitionsplanungen in Haus und Wohnung von den gravierenden Finanzmarkt-Turbulenzen überwiegend nicht verunsichern und wollen investieren.

Nullwachstum des Bruttoinlandsproduktes

In seiner offiziellen Begrüßung warnte Dr. Rolf-Eugen König auch die Sanitärbranche davor, „in Panik zu verfallen“. Gerade deshalb war der Blick nach vorn und auf die Märkte von morgen „selten so wichtig wie heute“, erläuterte der stellvertretende Vorsitzende der Dachorganisation von Industrie, Fachgroßhandel und Fachhandwerk, Ziel und Intention des Badforums. Für Prof. Bert Rürup steht mit Blick auf die gesamte deutsche Wirtschaft fest: „Der Abschwung wird sich im Jahre 2009 fortsetzen.“ Im Einzelnen nannte der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung noch einmal die Eckdaten der jüngsten Projektion für das kommende Jahr: „Nullwachstum oder sogar leicht darunter“ des Bruttoinlandsproduktes, Anstieg der registrierten Arbeitslosen auf durchschnittlich 3,3 Millionen (nach 3,27 Mio. in diesem Jahr), rückläufige Inflation. Dies sehe der Sachverständigenrat als das „wahrscheinlichste Szenario“ an. Rürup räumte jedoch ein, dass die Prognose derzeit mit großer Unsicherheit behaftet sei. Die schlechteren gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen erstreckten sich natürlich auch auf die Bauwirtschaft. Allerdings sei dieser Sektor nach dem massiven Schrumpfungsprozess seit Mitte der 90-er Jahre aktuell ein eher stabilisierender Faktor. Das gelte primär für den Wirtschafts- und Gewerbebau, aber auch für öffentliche Bauinvestoren. Der Wohnungsbau hingegen habe die Streichung der Eigenheimzulage „noch nicht verkraftet“. 2009 erwartet Rürup eine gewisse Entspannung. Vor dem Hintergrund der „besonderen Schärfe und Tiefe der gesamtwirtschaftlichen Störungen“ seien deutliche Impulse zur Stärkung der Binnennachfrage nötig. Von ihr hänge die weitere Entwicklung entscheidend ab, da auf absehbare Zeit kaum mit nennenswerten außenwirtschaftlichen Effekten zu rechnen sei. Eine Lockerung der Zinspolitik sei ein wichtiges geeignetes Mittel, da sie schnell greife. Und wie hat sich die Sanitärbranche in dieser schwierigen Großwetterlage zu positionieren? Originalton Rürup: „Sie sollte sich jenseits der kurzfristig nicht rosigen konjunkturellen Perspektiven mehr als in der Vergangenheit auf eine zunehmende Polarisierung der Nachfrage in ein Hochpreis- und ein Niedrigpreissegment einstellen. Das erfordert besonders eine Modularisierung der angebotenen Produkte und Leistungen im unteren Preissegment.“

Unmut und Ängste dominieren

Das Hauptthema des Badforums beleuchtete Prof. Manfred Güllner aus der Sicht der So­zial- und Marktforschung. Gesellschaftliche Trends, erklärte der Gründer und Geschäftsführer des Forsa-Institutes, entwickeln sich nicht „aus heiterem Himmel“, sondern seien stets Folge bestimmter Rahmenbedingungen und Konstellationen. Sie müssten bei allen Aktivitäten und Kampagnen berücksichtigt werden, die darauf zielen, das Verhalten von Menschen zu beeinflussen.

Die aktuellen Rahmenbedingungen in Deutschland bezeichnete Güllner als „sehr stark von Unmut und Ängsten geprägt“. Die noch nicht konkret fassbaren Auswirkungen der Finanz- und Bankenkrise würden von der Bevölkerung derzeit sogar als größeres Problem eingeschätzt als die Bedrohung der Arbeitsplätze. Daraus resultiere die Gefahr einer „nachhaltig gedämpften Kauflust“ der Deutschen. Weit verbreitet sei zudem der Unmut über das personelle und programmatische Angebot im politischen Sektor. Das gelte vor allem für die beiden großen Parteien. Am Beispiel ihres „anhaltenden Vertrauensverlustes“ könne man im Übrigen ablesen, welche Konsequenzen es habe, die „Befindlichkeit der Menschen“ nicht (mehr) angemessen zu integrieren. Natürlich könne die Sozial- und Marktforschung nicht jeden Trend und jede künftige Entwicklung exakt prognostizieren. Sie sei aber, richtig eingesetzt, in der Lage, „Gefahrenmomente und Stolpersteine“ aufzuzeigen bzw. auf geplante Maßnahmen „korrigierend und optimierend“ einzuwirken.

Bad als Wettbewerbsfaktor bei der Vermietung wird stärker

Prof. Volker Eichener hat keinen Zweifel daran, dass „das Bad heute das wichtigste qualitätsbestimmende Merkmal einer Wohnung ist“. Der Rektor der EBZ Business School in Bochum untermauerte diesen „Mutmacher“ mit den Resultaten einer für den Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen bei 1500 Haushalten durchgeführten Repräsentativerhebung. Danach wollen 92% der Deutschen „nicht nur duschen, sondern sich auch wohlfühlen“. Über drei Viertel wünsch­ten sich ein Gäste-WC und 42 % ein Zweitbad. Mehr als die Hälfte sage, dass das Badezimmer so groß wie möglich sein solle. Aber: „Wunsch und Wirklichkeit fallen drastisch auseinander.“ Etwa 75 % der Bundesbürger seien mit ihren Bädern mehr oder minder unzufrieden.

All das erfordere ein Umdenken bei Eigen­tümern und Vermietern von Wohnraum. So gehe es bei Senioren um ausreichende Bewegungsflächen im Bad, während sich z.B. die wachsende Zahl jüngerer Singles durchaus mehr Fläche und damit größere Bäder leisten könne. Insgesamt zwinge das zunehmende Überangebot von Wohnungen Vermieter und Verkäufer dazu, die Qualität der Objekte zu steigern, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Um diese Marktchancen zu nutzen, sieht Eichener auch die Sanitärprofis im Obligo. So gehe es im stark an Bedeutung gewinnenden Modernisierungssektor bei selbstnutzenden Eigentümern um Renovierungen zum Festpreis – Wohnungsunternehmen wiederum seien auf preiswerte Modernisierungslösun­gen angewiesen, um auch einkommensschwachen Mietern moderne Bäder anbieten zu können. Das verlange „effiziente, unkonventionelle Lösungen“. Schließlich müsse die Sanitärbranche beiden Gruppen praxisnahe Anregungen sowie kompetente Beratung bieten. Der Experte: „Sie müssen den Leuten zeigen, wie Technik, Wirtschaftlichkeit, Design und Wellness optimal zu realisieren sind.“

Für die Branche positive Trends verstärken

Zum Abschluss des Berliner Dialogforums schilderte Sven Wollner mit Blick auf das Veranstaltungsthema Einfluss und Möglichkeiten der Kommunikation. Zunächst kommt es, betonte der für die Kommunikation der MediaCom-Gruppe in Deutschland verantwortliche Agenturprofi, darauf an, „langlebige Trends von kurzfristigen Hypes“ zu unterscheiden. Generell könne die Kommunikation zwar keine Trends schaffen, sie aber sinnvoll verstärken. Dabei müsse man die permanente Reizüberflutung der Verbraucher berücksichtigen. Konsumenten seien heute 2 Millionen Werbekontakten pro Jahr und 6000 pro Tag ausgesetzt. Anders formuliert: alle zehn Sekunden eine Werbebotschaft. 1985 „reichten“ dafür noch 200 Sekunden. Der Markenindustrie empfahl Wollner die Beachtung einer Basisregel, nach der „die Leute keine Produkte, sondern Geschichten kaufen“. Unverzichtbar sei zudem, dass das Markenversprechen am „Point of Sale“ auch eingehalten werde. Der Medienprofi ging auch auf die VDS-Aktion „Tag des Bades“ ein und ermutigte die Sanitärbranche dieses Instrument weiterzuentwickeln. Erfolgreiche Kommunikation braucht ihre Zeit“, resümierte Wollner – und verwies u.a. auf den Muttertag, den es in Deutschland schon seit 1922 gebe und der auch Anlaufzeit benötigt habe.

Das Badforum konnte zwar keine Patentrezepte für das Verhalten in der Krise liefern, lieferte aber insbesondere durch die Ausführungen von Prof. Rürup tiefe Einblicke in die wirtschaftliche Gesamtentwicklung. Bei diesem interessanten Informationsmix war es denn auch nicht verwunderlich, dass die Tagungsteilnehmer im Nachgang der Referate die Gelegenheit zur Diskussion mit den Referenten und auch untereinander nutzten. Somit dürfte sich die Reise zum 3. VDS-Badforum nach Berlin mehr als gelohnt haben.

VDS mit neuem Vorstand

Wechsel an der Spitze

Einen Tag nach dem VDS-Badforum fand ebenfalls in Berlin die Mitgliederversammlung der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft statt. Auf der Tagesordnung der Dachorganisation von Industrie, Fachgroßhandel und Fachhandwerk standen u.a. die Wahlen des Vorstandes. Zum neuen VDS-Präsident wurde Andreas Dornbracht gewählt, der Fritz-Wilhelm Pahl in diesem Amt ablöst. Stellvertretender Vorsitzender ist nun ZVSHK-Vorstandsmitglied Manfred Stather, der in der VDS die Nachfolge von ZVSHK-Präsident Bruno Schliefke antritt. Ebenfalls neu im Vorstand ist Hartmut Dalheimer, Präsident des Industrieforums Sanitär. Als Vertreter des Großhandels berief die Mitgliederversammlung erneut den DGH-Vorsitzenden Dr. Rolf-Eugen König in das Gremium. Einen ausführlichen Bericht über die VDS-Mitgliederversammlung finden Sie in der nächsten SBZ.