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Schallschutz bei Abwassersystemen

Nur Schallschutzprüfberichte nach DIN 4109 sind relevant

Mit Prüfberichten und Aussagen auf Basis der DIN EN 14366 verhält es sich ähnlich wie mit dem genormten Durchschnittsverbrauch moderner Kraftfahrzeuge. Der „Normverbrauch“ wird entweder unter Idealbedingungen auf dem Motorenprüfstand oder in gewissen Fahrzyklen, die bestenfalls ansatzweise praxisgerecht sind, ermittelt. Die Angaben dienen lediglich als Wert für einen genormten Vergleich des Kraftstoffverbrauchs unterschiedlicher Modelle und Hersteller. Wie hoch der Verbrauch im realen Straßenverkehr ist, kann damit nur eingeschränkt bestimmt werden, da er von vielen Faktoren abhängig ist, wie Geschwindigkeit, Lang- oder Kurzstrecke, Zuladung und Fahrverhalten, Bereifung und Reifendruck. So kommen unter realistischen Bedingungen 20 bis 30 % Mehrverbrauch hinzu.

Analog dazu legt die DIN EN 14366 lediglich ein Verfahren fest, mit dem in Abwasser- und Regenwasserinstallationen entstandener Luft- und Körperschall unter Laborbedingungen gemessen werden kann. Er ist aber nur auf Abwasser-Rohrleitungssysteme und deren Teile, jedoch nicht auf die eigentlichen Abwasserquellen, wie Waschräume, Toiletten und Badewannen oder alle aktiven Elemente (Waschbecken), anwendbar. Somit können die erhaltenen Ergebnisse lediglich für den Vergleich von Produkten und Werkstoffen verwendet werden und zur ­Einschätzung des Verhaltens von Abwassersystemen in einem Gebäude unter bestimmten Bedingungen dienen. DIN EN 14366 liefert jedoch kein normiertes Verfahren zur Berechnung der akustischen Eigenschaften der Installa­tionen. Die Norm liefert eher rein theoretische Werte.

Gebäude müssen einen Schallschutz aufweisen, der ihrer Nutzung entspricht. In DIN 4019 sind Anforderungen an den Schallschutz im Hochbau festgelegt.

Bild: DTS

Gebäude müssen einen Schallschutz aufweisen, der ihrer Nutzung entspricht. In DIN 4019 sind Anforderungen an den Schallschutz im Hochbau festgelegt.

Rechtliche Stellung der DIN 4109

Mindestanforderungen an den Schallschutz werden jedoch verbindlich eingefordert. Die dafür notwendigen, bauordnungsrechtlichen Grundlagen sind in DIN 4109-1 definiert. Die Norm gilt zum Schutz von Aufenthaltsräumen unter anderem gegen Geräusche aus haustechnischen Anlagen und ist – anders als DIN EN 14366 – eine als Verwaltungsvorschrift bekannt gemachte Technische Baubestimmung (VV TB), die für das Schutzziel nach § 15 Abs. 2 MBO1) respektive der jeweiligen Landesbauordnung beachtet werden muss: Das Bauordnungsrecht fordert einen schallschutztechnischen Eignungsnachweis nach DIN 4109-2. Daraus folgt für die Bauaufgabe Sanitärinstallation, dass alle geräuscheverursachenden Einflussgrößen im Zusammenspiel, also Geräuschentwicklungen aus Trink- und Abwasserinstallation ­gemeinsam, zu betrachten sind.

Schallschutz ist eine werkvertraglich geschuldete Leistung. Das bedeutet: die Herstellung einer Sanitärinstallation als funktionierendes Gesamtwerk, das aus einer Vielzahl einzelner Komponenten hergestellt wird. Das fertige Produkt ist mit dem Baukörper fest verbunden. Daraus lässt sich ableiten, dass die Schallschutzanforderungen durch die funktionale Gesamtheit – und nicht durch einzelne Komponenten, wie Abwasserrohrleitungen oder einen UP-Spülkasten – zu erfüllen sind.

Grundsätzliches zur DIN 4109

Gebäude müssen einen Schallschutz aufweisen, der ihrer Nutzung entspricht. Diese Forderung der Musterbauordnung (MBO) wird über die (Muster-)Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmung (VV TB bzw. MVV TB) in DIN 4109-1 konkretisiert. Sie enthält Mindestanforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung von Bauteilen, an haustechnische Anlagen sowie an Armaturen und Geräte der Wasserinstallation. Werden die in dieser Norm aufgeführten Grundsätze und Ausführungsanweisungen beachtet, ist davon auszugehen, dass der nach dem Bauordnungsrecht erforderliche Mindestschallschutz eingehalten wird. DIN 4109 besteht aus folgenden Teilen:

  • Teil 1: Mindestanforderungen
  • Teil 2: Rechnerische Nachweise der Erfüllung der Anforderungen
  • Teil 31 bis Teil 36: Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkataloge)
  • Teil 4: Bauakustische Prüfungen
  • Teil 5: Erhöhte Anforderungen.
  • Mindestanforderungen in DIN 4109-1

    Die kennzeichnende und maßgebende Größe für die Anforderungen an die Installationsgeräusche ist der A-bewertete Schalldruckpegel. Für Wohn- und Schlafräume müssen mindestens < 30 dB(A) und für Unterrichts- und Arbeitsräume < 35 dB(A) eingehalten werden. Die aktuelle Rechtsprechung zeigt allerdings, dass dieser Mindeststandard oft als ungenügend beurteilt wird und ein erhöhter Schallschutz im Wohnungsbau anzusetzen ist. Anforderungen an einen erhöhten Schallschutz finden sich in DIN 4109-5.

    DIN 4109-2 enthält in Anlehnung an die Normenreihe DIN EN 12354 „Bauakustik – Berechnung der akustischen Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften“ Berechnungsverfahren zum Nachweis des geforderten Schallschutzes und verwendet die Kenn- und Bauteildaten aus Bauteilkatalogen (DIN 4109, Teil 31 bis 36). In DIN 4109-36 „Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Gebäudetechnische Anlagen“ stößt man auf die Prüfergebnisse von Abwasserleitungen nach DIN EN 14366.

    Damit wird die normative Konstruktion erkennbar: Geräusche von Abwasserleitungen auf Basis der DIN EN 14366 sind lediglich Eingangs- und Rechengrößen für die Berechnungsverfahren nach DIN 4109-2 oder DIN EN 12354-5 „Installationsgeräusche“. Alternativ können gesamte Bauaufgaben mit der Geräuschquelle Abwasserleitung nach den bauakustischen Prüfverfahren in DIN 4109-4 bewertet werden.

    DIN 4109 bringt eindeutig zum Ausdruck, dass Trink- und Abwasserinstallationen nur gemeinsam zu bewerten sind, also beispielsweise auch Füllgeräusche im UP-Spülkasten oder das Ablaufgeräusch durch die WC-Keramik. Im Prinzip alles, was Geräusche verursacht, eben auch das Abwassersystem.

    DIN EN 14366 (linke Darstellung) legt lediglich ein Verfahren fest, mit dem in Abwasser- und Regenwasserinstallationen entstandener Luft- und Körperschall unter Laborbedingungen gemessen werden kann. Das Bauordnungsrecht fordert jedoch einen schallschutztechnischen Eignungsnachweis nach DIN 4109. Das bedeutet für die Bauaufgabe Sanitärinstallation (rechts), dass alle geräuscheverursachenden Einflussgrößen im Zusammenspiel, also Geräuschentwicklungen aus Trink- und Abwasserinstallation gemeinsam, zu betrachten sind.

    Bild: Gerhard Lorbeer, Berlin

    DIN EN 14366 (linke Darstellung) legt lediglich ein Verfahren fest, mit dem in Abwasser- und Regenwasserinstallationen entstandener Luft- und Körperschall unter Laborbedingungen gemessen werden kann. Das Bauordnungsrecht fordert jedoch einen schallschutztechnischen Eignungsnachweis nach DIN 4109. Das bedeutet für die Bauaufgabe Sanitärinstallation (rechts), dass alle geräuscheverursachenden Einflussgrößen im Zusammenspiel, also Geräuschentwicklungen aus Trink- und Abwasserinstallation gemeinsam, zu betrachten sind.

    DIN EN 14366

    Prüfergebnisse nach DIN EN 14366 bewerten hingegen nur den Schalldruckpegel einer gleichmäßig konstanten Strömung in einer Fallleitung. Sie dienen lediglich als Eingangsgrößen für bauakustische Berechnungsverfahren. Als bauordnungsrechtlicher Eignungsnachweis können sie nicht verwendet werden. Das bringt auch die novellierte DIN EN 14366 in wenigen Sätzen zum Ausdruck.

    

    Änderung zum „Anwendungsbereich“

    Bisher: „Die erhaltenen Ergebnisse können für den Vergleich von Produkten und Werkstoffen verwendet werden. Er kann zur Einschätzung des Verhaltens von Abwassersystemen in einem Gebäude unter bestimmten Bedingungen dienen. Diese Norm liefert jedoch kein normiertes Verfahren zur Berechnung der akustischen Eigenschaften solcher Installationen in einem Gebäude.“

    Neu: „Die erhaltenen Ergebnisse können für den Vergleich von Produkten und Werkstoffen verwendet werden, können aber nicht als Werte verwendet werden, die vor Ort in Gebäuden erhalten wurden; Vor-Ort-Werte werden mithilfe der in EN 12354-5:2009, 5.5 beschriebenen Verfahrensweise prognostiziert, die Labordaten in Felddaten umwandelt, indem angenommen wird, dass die Vor-Ort-Installation genau der im Prüfbericht beschriebenen entspricht.“

    Änderung in „Normative Verweisungen“

    In die novellierte DIN EN 14366 wurde „EN 12354-5:2009, Bauakustik – Berechnung der akustischen Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften – Teil 5: EN 12354-5 (Installationsgeräusche)“ als Literaturhinweis aufgenommen.

    Änderung zu Abschnitt 13 „Prüfbericht“

    „Der Prüfbericht muss eine Verweisung auf die Tatsache enthalten, dass die Prüfergebnisse nur für den im Prüfbericht beschriebenen Prüfgegenstand gelten und nicht zur Schätzung des durch die gleiche Installation vor Ort erzeugten Schalldruckpegels angewendet werden können; Vor-Ort-Werte können mithilfe der in EN 12354-5:2009, 5.5, beschriebenen Verfahrensweise prognostiziert werden, die Labordaten in Felddaten umwandelt.“

    Fazit

    (Bestehende) ­Schallschutzprüfberichte für Abwassersysteme auf Basis von DIN EN 14366 können den bauordnungsrechtlich geforderten und damit auch werkvertraglich geschuldeten schallschutztechnischen Eignungsnachweis nicht erbringen. Die novellierte DIN EN 14366 stellt klar, dass die auf ihrer Basis erhaltenen Ergebnisse nicht auf Vor-Ort-Situationen übertragbar sind. Und eine Umwandlung in Felddaten ist nur möglich, wenn die Vor-Ort-Installation genau dem im Prüfbericht beschriebenen Aufbau entspricht. Damit existiert endlich Klarheit für TGA-Planer und SHK-Fachbetriebe, die schon immer einen Schallschutz nach DIN 4109 geschuldet haben: Nur mit Prüfergebnissen auf Basis von DIN 4109 kann der bauordnungsrechtlich geschuldete schallschutztechnische Eignungsnachweis erbracht werden. 

    Ergebnisse nach DIN 4109 und nach DIN EN 14366 sind nicht vergleichbar. Bei DIN 4109 (rechte Darstellung) wird die komplette Bauaufgabe mit allen geräuscheverursachenden Einflussgrößen der Sanitärinstallation gemessen. Bei DIN EN 14366 (links) wird nur die Fallleitung als Geräuschquelle herangezogen. Es fehlen die Trinkwasser-Installation, Sanitärapparate, Spülkasten mit Füllgeräusch und die Geräusche der WC-Spülung.

    Bild: DTS

    Ergebnisse nach DIN 4109 und nach DIN EN 14366 sind nicht vergleichbar. Bei DIN 4109 (rechte Darstellung) wird die komplette Bauaufgabe mit allen geräuscheverursachenden Einflussgrößen der Sanitärinstallation gemessen. Bei DIN EN 14366 (links) wird nur die Fallleitung als Geräuschquelle herangezogen. Es fehlen die Trinkwasser-Installation, Sanitärapparate, Spülkasten mit Füllgeräusch und die Geräusche der WC-Spülung.

    Info

    Schallschutz erfordert Sorgfalt

    Entspannung, Erholung, Komfort, Ruhe und ein gewisses Mindestmaß an Privatsphäre sind wesentliche Grundbedürfnisse, die Bewohner an ihr Zuhause haben. ­Besonders der Schallschutz, als Schild vor äußeren und inneren Geräuschen, ist von erheblicher Bedeutung für die Wohn- und damit die Lebensqualität. In DIN 4019 „Schallschutz im Hochbau“ sind Anforderungen an den Schallschutz festgelegt. ­Außerdem ist das Verfahren zum Nachweis des geforderten Schallschutzes geregelt.

    Geräusche aus haustechnischen Anlagen sind äußerst vielfältig. Zu möglichen Lärmquellen zählen die Heizungsanlage, Abwasser- und Trinkwasserleitungen und Sanitärelemente sowie andere sanitäre Einrichtungen (Badewannen, Duschwannen etc.).

    Im Neubau müssen bereits Decken, ­Wände und Durchführungen so ­dimensioniert werden, dass die später ­hinzukommenden Versorgungs- und ­Entwässerungsleitungen gut integriert werden können, um für eine möglichst ­geräuscharme Installation zu sorgen. Viele Faktoren greifen dabei ineinander und ­machen den guten Schallschutz aus.

    Doch jeder noch so kleine direkte, punktuelle Kontakt eines Installationsgegenstandes mit dem Baukörper ist bereits ­eine Schallbrücke und in der Lage, alle mit noch so großem Material- und Arbeits­aufwand erstellten Schallschutzmaßnahmen zunichtezumachen. Schon deshalb kann eine gesamtheitliche akustische ­Bewertung allein auf Basis eines Abwasser­systems nicht erbracht werden.

    Info

    Unterschied zwischen Luft- und Körperschall

    Bei Luftschall wird das Geräusch durch die Luft übertragen. Breitet sich der Schall hauptsächlich über den Baukörper, Anlagen und Installationen aus, spricht man vom Körperschall. Luftschall tritt in der Gebäudetechnik in erster Linie bei Abwassersystemen auf. Seiner Ausbreitung wird durch Masse – mit dickwandigen Rohrleitungen – entgegengewirkt.

    Doch auch bei der Abwasserinstallation kann durch Schallbrücken – wenn die Rohre ohne Dämmung mit dem Baukörper in Berührung kommen oder durch eine mangelhaft ausgeführte Befestigung – Körperschall entstehen. Körperschallübertragungen (Schallbrücken) können physikalisch nicht komplett vermieden werden. Es lassen sich jedoch gute Ergebnisse erzielen, indem die haustechnischen Installationen vom Baukörper akustisch entkoppelt werden. Das kann mit verschiedenen technischen Lösungen erreicht werden.

    Autor

    Dietmar Stump
    ist Baufachjournalist und Inhaber des ­Pressebüros DTS in 67551 Worms.

    Bild: DTS

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