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Schritt für Schritt zur barrierefreien Website

Die Zeit ist abgelaufen: Am 28. Juni 2025 ist die EU-Richtlinie zur digitalen Barrierefreiheit (European Accessibility Act – EAA) in Kraft getreten. Diese verpflichtet die Mitgliedsstaaten, den Onlinehandel barrierefrei zu gestalten. Denn digitale Teilhabe zählt zu den zentralen Rechten von Menschen mit Behinderungen, die sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergeben. In Deutschland wird die Richtlinie durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) umgesetzt, das private Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Produkte und Dienstleistungen auf digitale Barrierefreiheit zu prüfen und an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen.

„Es ist an der Zeit, digitale Barrieren abzubauen – zumal es in einem Jahr keine Ausreden mehr gibt“, betont Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch, die sich für die Belange von Menschen mit Behinderungen einsetzt. Viele Unternehmen würden immer noch in Kauf nehmen, dass sie potenzielle Kundinnen und Kunden ausschließen, wenn sie ihre Webseiten nicht barrierefrei gestalten. „Es liegt auch in ihrem eigenen Interesse, dies zu ändern“, so Marx. „Von einem einfachen und komfortablen Zugang zu Webseiten profitieren alle.“

Nur Kleinstunternehmen sind von der Neuregelung nicht betroffen: Wer weniger als zehn Mitarbeitende beschäftigt und eine Bilanzsumme von maximal zwei Millionen Euro hat, muss die Vorgaben nicht umsetzen, erklärt Christian Reuter, Referatsleiter im Bereich Organisation und Recht beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Zudem seien Detailfragen bislang noch ungeklärt. So sei noch zu klären, wie die Barrierefreiheit konkret technisch umgesetzt werden müsse, so Reuter. Hier müssten die Standards und weitere Informationen der Bundesfachstelle für Barrierefreiheit abgewartet werden.

Unabhängig davon sollte aber die Umsetzung einer barrierefreien Website für jedes Unternehmen von zentraler Bedeutung sein, betont Frank Schieback vom Mittelstandsnetzwerk Sellwerk. „Eine barrierefreie Website trägt maßgeblich zur Inklusion von Millionen Menschen mit Behinderungen bei, indem sie ihnen einen einfachen und komfortablen Zugang zu digitalen Inhalten ermöglicht.“ Die Umsetzung der neuen Vorgaben ist also nicht nur eine rechtliche Pflicht, sondern kann auch dazu beitragen, die Kundenzufriedenheit zu verbessern, weil mehr Menschen Zugang zu digitalen Angeboten erhalten. „Für kleine und mittlere Betriebe bedeutet das: Eine Bestandsaufnahme ist bereits heute besser als morgen“, betont Schieback. Digitale Barrierefreiheit herzustellen, ist dabei gar nicht so kompliziert. In zehn einfachen Schritten lässt sich jede Unternehmenswebsite problemlos barrierefrei gestalten.

Barrierefreiheits-Check machen

Wie barrierearm ist die Website schon jetzt? Das gilt es im ersten Schritt herauszufinden – um dann zu erkennen, wo noch nachgearbeitet werden muss. Hilfreich ist ein Praxistest mit Personen, die die Website aus der Perspektive eingeschränkter Nutzerinnen und Nutzer beurteilen. Diese Aufgabe können auch spezialisierte Agenturen wie etwa Eye-Able übernehmen. Parallel kann man Tools wie etwa die kostenlose Software Wave einsetzen, um Defizite wie schlechten Kontrast, zu kleine Schrift, fehlende Alternativtexte und andere technische Mängel zu identifizieren.

Webseite responsiv machen

Eine schicke Website auf dem Desktop-PC sieht mobil auf dem Smartphone oder Tablet oft wie eine Baustelle aus – oder umgekehrt. Screenreader können solche Seiten in vielen Fällen nicht richtig wiedergeben. Responsives Webdesign ist eine Technik, mit der sich die Internetseite dynamisch an verschiedene Bildschirmgrößen und (mobile) Endgeräte anpassen kann. Wer das gewährleistet, legt den Grundstein für einen nutzerfreundlichen Auftritt im Web und die Navigierbarkeit für Screenreader-Nutzer. Wichtig dabei ist, auch daran zu denken, dynamische Inhalte für Screen­reader zugänglich zu machen.

Tastaturnavigation gewährleisten

Eine gute Webseite kann mit der Maus, der Tastatur und dem Finger bedient werden. Wichtig mit Blick auf Barrierefreiheit ist es, dass die Internetseite vollständig über die Tastatur navigierbar ist, damit auch Benutzer ohne Maus oder Touchscreen zugreifen können. Dazu müssen alle interaktiven Elemente wie Schaltflächen und Links mit der Tastatur erreichbar und bedienbar sein. Hier hapert es bei vielen Webseiten noch, hat ein Test der Aktion Mensch gezeigt: „Viele Webseiten haben keinen sichtbaren Tastaturfokus“, so Aktion-Mensch-Sprecherin Christina Marx. „Dies erschwert es Nutzerinnen und Nutzern mit eingeschränktem Sehvermögen zu erkennen, welches Element sie gerade ausgewählt haben.“

Cookie-Bestätigung barrierefrei machen

Die allgegenwärtigen Cookie-Banner sind vielen Internetnutzern aus Komfortgründen ein Dorn im Auge. Für Menschen mit Beeinträchtigungen stellen eingeblendete Inhalte wie Banner oder Cookie-Overlays eine echte Hürde dar, weil sie den Hauptinhalt der Webseite verdecken und sich meist nicht ohne Weiteres schließen lassen. Zudem sind sie oft nicht tastatureingabefähig und bleiben für Screenreader-Nutzer unsichtbar. Cookie-Banner sollten so abgeändert werden, dass sie jederzeit sichtbar und anklickbar sind.

Alternativtexte für Bilder einbinden

Bilder sind wichtig, denn sie lassen eine Internetseite lebendig wirken. Doch wenn ein Nutzer sie nicht sehen kann, fehlt ihm mitunter eine zentrale Information. Daher sollten alle Bilder mit Alternativtexten versehen werden, die dem Nutzer quasi das Bild vorlesen und erklären, was dort zu sehen ist. In den gängigen Homepage-Baukästen lassen die Bild-Alternativtexte sich über das Alt-Tag hinzufügen. Damit können Screenreader sie vorlesen und den Inhalt an sehbehinderte Nutzer weitergeben. Das Alt-Tag ist auch nützlich, wenn etwa Smartphone-Nutzer Bilder aus Geschwindigkeitsgründen ausblenden oder um Datenvolumen zu sparen.

Farbschema, Kontrast und Schriftgröße optimieren

Hier ein lila Rahmen, dort eine grüne Schattierung: Farben sind ein wichtiges visuelles Gestaltungsmittel. Menschen mit Sehbeeinträchtigung können Farben oder Kontraste jedoch oft nicht wahrnehmen. Ist der Farbkontrast zwischen Schrift und Hintergrund oder zwischen grafischen Elementen zu gering, haben Nutzer mit eingeschränktem Sehvermögen Schwierigkeiten. Das kommt häufiger vor, als man denkt: In Europa haben zehn Prozent aller Männer eine Rot-Grün-Schwäche. Man sollte daher sicherstellen, dass Texte und Grafiken ausreichenden Kontrast aufweisen.

Und was die Schriftart und Schriftgröße betrifft, ist es hilfreich, Schriften ohne Verzierungen zu verwenden und eine gut und leicht lesbare Schriftgröße auszuwählen, die der Nutzer anpassen kann.

Formulare zugänglich gestalten

Ob es nun um das Kontaktformular geht oder um Bestell- und Buchungsvorgänge: Sämtliche Eingabeformulare auf der Website sollten auf ihre Barrierefreiheit hin überprüft werden. Sichergestellt sein sollte dabei insbesondere, dass alle Formularfelder eindeutig beschriftet sind. Sinnvoll sind auch Hilfstexte, wie die Felder auszufüllen sind. Und Fehlermeldungen sollten verständlich sein, damit Benutzer Eingabefehler einfach korrigieren können.

Textalternativen für Multimedia-Inhalte anbieten

Interaktive Inhalte wie Videos, Bildergalerien, Audioinhalte oder Webcasts werten jede Webseite auf. Um sie allen zugänglich zu machen, ist aber ein wenig Nachbearbeitung notwendig: Untertitel und Transkriptionen sind hilfreiche Elemente. Blinde Menschen wiederum profitieren bei Videos von einer zusätzlichen Audioausgabe mit ausführlichem Sprechertext. Alternativ sollte zumindest eine Zusammenfassung in Textform angeboten werden, um niemanden auszuschließen und jedem Besucher der Webseite zu vermitteln, dass ihm alle Informationen zur Verfügung stehen.

Verständliche Sprache verwenden

Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit: Texte auf der Website sollten klar und leicht verständlich sein. Auf Fachjargon und allzu komplexe Begriffe sollte man verzichten – beziehungsweise diese dann näher erläutern, sodass sie auch fachfremde Nutzerinnen und Nutzer verstehen.

Bewusstsein im Team schaffen

Auch im Zeitalter von künstlicher Intelligenz wird der Inhalt von Webseiten größtenteils von Menschen erstellt. Und diese sollten demzufolge für das Thema Barrierefreiheit sensibilisiert sein – und ein Bewusstsein dafür haben, welche Bedeutung eine barrierefreie Website für das Unternehmen hat. CZY

  • Am 28. Juni 2025 ist der European Accessibility Act in Kraft getreten. Unternehmen müssen digitale Barrierefreiheit umsetzen, um Menschen mit Behinderungen Teilhabe zu sichern.
  • Nur Kleinstunternehmen sind von der Pflicht ausgenommen. Viele Details sind noch ungeklärt, doch Standards werden von der Bundesfachstelle für ­Barrierefreiheit erwartet.
  • Barrierefreie Webseiten steigern nicht nur Inklusion, sondern auch Kundenzufriedenheit. Schon ein Check, responsives Design und Tastaturnavigation bringen große Fortschritte.
  • Hilfreich sind Alternativtexte, guter Kontrast, zugängliche Formulare, Untertitel für Videos, einfache Sprache und ein sensibilisiertes Team für digitale Barrierefreiheit.
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