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Komplexität demotiviert Nutzer

Die Betreiber und Nutzer von Gebäudeautomationssystemen großer Liegenschaften haben – was Planung, Aufbau, Bedienung und Systempflege anbelangt – oftmals ganz andere Vorstellungen als die Hersteller, so der Eindruck des Chronisten, der die sehr praxisorientierte GLT-Anwendertagung vom 7. bis 9. Oktober auf dem KfW-Campus in Frankfurt am Main erstmals besuchte. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um eine Fachtagung der Anwender von GLT-Systemen, die von den Mitgliedern für die Mitglieder des GLT-Anwenderkreises organisiert wird. Turnusgemäß wurde die Tagung in diesem Jahr von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Frankfurt am Main ausgerichtet.

Da sich die Rolle der Hersteller bei dieser Veranstaltung weitgehend auf die begleitende Ausstellung beschränkt, spielen Interessen eventueller Sponsoren eine eher untergeordnete Rolle. Allgemeiner Tenor der Veranstaltung: Das von der Gebäudeautomations-Industrie favorisierte BACnet-Protokoll gilt inzwischen als Kostentreiber, da die viel zitierte Offenheit in der Realität so nicht erreicht wird und Systemänderungen und Erweiterungen mit viel Aufwand verbunden sind. Auch die Vielzahl an Standards und Protokollen und die daraus resultierende Komplexität der Systeme bremse die Entwicklung und führe zu Frust beim Bedienpersonal.

TCP/IP anstatt Protokoll-Wirrwarr

Warum kommen die Automatisierung von Gebäuden und das Internet der Dinge so schleppend voran? Die Antwort scheint aus Sicht von Prof. Dr. Dirk Timmermann, Fakultät für Informatik und Elektrotechnik (IET) der Universität Rostock, relativ einfach zu sein. Die Automationsbranche sei selbst daran schuld, beziehungsweise die unzähligen Protokolle und Standards, die an den Turmbau zu Babel erinnern. Insbesondere bei der Konzeption von Smart Homes sei es wichtig, auf vorhandene preisgünstige Lösungen zurückzugreifen, beispielsweise auf das Internetprotokoll TCP/IP. Allerdings gebe es hier noch Nachholbedarf bei Sicherheit und Datenschutz. „Optimieren Sie das Vorhandene, planen Sie keine eigene Systemarchitektur und legen Sie Wert auf geringen Datenverkehr“, rät Timmermann. Auch bei den in der TGA- und ELT-Branche üblichen Standard-Protokollen sei Sicherheit und Datenschutz nicht immer gewährleistet. Mit Blick auf die vergleichsweise hohen Lebenszykluskosten eines Automationssystems sollten vermehrt Open-Source-Lösungen in Betracht gezogen werden, denn, so Timmermann: „Die Smart-X-Industrie hat kein Interesse, ein System 20 Jahre lang zu pflegen.“ Und: „Bei vielen Protokollen entsteht der Eindruck, dass es hier in erster Linie um Marktabschottung geht.“ Der Begriff Smart-X, der sich in der letzten Zeit eingebürgert hat, steht für Smarthome, Smart Building u.s.w. – eben für alles, was vernetzt ist.

Ein wichtiges Entscheidungskriterium für eine Smart-X-Anwendung sei die einfache Integration zusätzlicher Aktoren und Sensoren in ein vorhandenes System. Aktuell sei dazu meist noch die Hilfe eines Experten notwendig. Ziel künftiger Smart-X-Systeme müsse sein, die Geräte und Sensoren per Knopfdruck oder mittels Smartphone-App ohne die Hilfe einer zentralen Instanz anzumelden. Fazit von Timmermann: „Als übergreifender Standard ist TCP/IP so effizient wie ein spezialisiertes Protokoll.“ Der Vorteil sei, dass es vollständig dezentral konzipierbar und damit auch ausfallsicher ist.

EnEV 2014 begünstigt Gebäudeautomation

Auch wenn die Betreiber und Nutzer von den Vorzügen eines Gebäudeautomationssystems aktuell wenig überzeugt sind – siehe Kasten Podiumsdiskussion – dürfte die ab Januar 2016 gültige verschärfte EnEV 2014 den Markt für GA-/GLT-Systeme weiter beflügeln. Neu ist, dass ab diesem Zeitpunkt auch der Automationsgrad gebäudetechnischer Anlagen in die Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs mit einfließt, egal ob der Nutzer mit seinem Automatisierungssystem zurechtkommt oder nicht. Prof. Dr.-Ing. Manfred Krödel, Fachgebiet Gebäudeautomation/Gebäudetechnik/Datenverarbeitung, Fachhochschule Rosenheim, legt den TGA- und MSR-Planern nahe, sich intensiver mit den Auswirkungen der EnEV 2014 auseinanderzusetzen, denn das Thema induziere einen hohen Beratungsbedarf. Die Bewertungsgrundlagen dazu sind fixiert in DIN V 18599 „Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutzen-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung“, die Bewertung der Gebäudeautomation (Teil 11) ist größtenteils in EN 15232 „Energieeffizienz von Gebäuden – Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement“ dokumentiert.

Das Institut für Gebäudetechnologie bietet – so Krödel – eine Online-Schnellbewertung über das mögliche Energieeinsparpotenzial durch zusätzliche Automatisierungsfunktionen an.

Gigantischer Aufwand für das Energiemanagement

Glaubt man den bunten Prospekten der GA-Hersteller, dann entstehen zwischen Gebäudeautomations- (GA) und Energiemanagementsystemen (EM) kaum Schnittstellenverluste. Dass die Zusammenarbeit in der Praxis aus den verschiedensten Gründen nur in den wenigsten Fällen funktioniert, verdeutlichten Bernd Walther und Robert Langermann in ihrem Vortrag über das Energiemanagement auf dem KfW-Campus am Standort Frankfurt am Main. Dabei muss man vorausschicken, dass der gewachsene Campus sich wie ein Forschungslabor für innovative Gebäudekonzepte präsentiert. Dazu zählen unter anderem:

  • Nahwärmeverbund für Kälte und Wärme,
  • Kreislaufverbund-WRG-System,
  • freie Kühlung,
  • Erdwärmetauscher,
  • Auftriebslüftung,
  • Nutzung der Hauptwindrichtung zur natürlichen Belüftung eines vorhandenen Campusgebäudes,
  • Bauteilaktivierung für die Heizung und Kühlung,
  • sonnenstandsabhängige Steuerung der Jalousien,
  • präsenzabhängige Steuerung und Regelung der Raumfunktionen,
  • tageslichtabhängige Regelung der Beleuchtung,
  • Videoüberwachung, Sicherheitstechnik und Zutrittskontrolle,
  • Strom-Tankstelle,
  • intelligente Aufzugssteuerung.

Aktuell arbeiten sich 40 GA-Server und 3460 Controller an 419 169 physikalischen und virtuellen Datenpunkten ab, dargestellt durch 6141 Prozessbilder. Hinzu kommen ein Energiemonitoringsystem mit 2614 Datenpunkten sowie 747 Zähler, davon sind 492 auf die Gebäudeautomation aufgeschaltet. Die Anfänge des Energiemonitorings bei der KfW gehen auf das Forschungsprogramm „Energieoptimierter Neubau“ zurück. Beispielsweise wurde der Neubau der Ostarkade mit Unterstützung der Universität Karlsruhe von 2007 bis 2011 wissenschaftlich untersucht. Seither begleiten Wissenschaftler und Fachplaner die Bauabteilung der KfW bei der Implementierung von Energiemonitoring-Projekten. Zu den wichtigsten Erfahrungen und Erkenntnissen zählen:

  • Daten aus der GA können zum großen Teil auch für das EM genutzt werden.
  • Ein automatisiertes Zahlenmanagement ist aufwendig in Bezug auf Aufschaltung und eindeutige Kennzeichnung.
  • Der Zeitaufwand für die Auswertung der großen Datenmengen ist enorm.
  • Die durch das öffentliche Vergabewesen vorgegebene wiederkehrende Ausschreibung der Gebäudedienstleistungen wirkt sich kontraproduktiv auf eine kontinuierliche Analyse und Optimierung der Anlagen aus.
  • Schwachstelle war die interne Datenauswertung durch die externe Betreibergesellschaft aufgrund fehlender Qualifikation und fehlenden Fachwissens.

Diese Erkenntnisse führten zu einer organisatorischen Neuausrichtung des technischen Gebäudemanagements der KfW-Liegenschaft mit einer eigens geschaffenen Stelle eines Energiemanagers. Gleichzeitig wurde das Energiemonitoring neu strukturiert, die Anzahl der Zähler und Messstellen erweitert und der Fokus stärker auf Energieeffizienz gelegt. Wichtigste Neuerung ist die automatisierte Messwerterfassung sowie eine neue Energiemanagement-Software, die in das GA-Netzwerk eingebunden sind. Die neue Software erlaubt jetzt Soll-Ist-Vergleiche zur Optimierung von Prozessen, beispielsweise bei der Kälteerzeugung. Im Tageslastgang konnten hiermit durchschnittlich 50 kW an elektrischer Leistung eingespart werden. Als weitere Schritte zur Energieeinsparung sind geplant:

  • Ausbau der Detailanalyse auf Anlagenebene,
  • Visualisierung der Energieflüsse in der Darstellungsart „Sankeydiagramm“,
  • automatisierte Berichterstellung,
  • Festlegung von Verbrauchsgrenzwerten mit Alarmierung,
  • Verknüpfung der Systeme Energiemanagement und Gebäudeautomation zur Beeinflussung der Anlagenfahrweise wie Lastabwurf, Flexibilisierung und Regelenergie.

Robert Langermann zum Schluss: „Die automatisierte Messwerterfassung ist der Schlüssel zum Energiemanagement. Allerdings ist die Implementierung eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Inzwischen kennen wir jeden Zähler mit Vornamen.“

Neue GLT-Aufgaben durch die Energiewende

Die Zeiten, als Hausmeister im Rahmen einer halbtägigen Fortbildung zum „Fahrleiter der GLT“ ernannt werden konnten, scheint mit dem Fortschreiten der Energiewende und der damit verbundenen Verzahnung mit den energiewirtschaftlichen Fragestellungen endgültig vorbei zu sein. Diesen Eindruck bestätigte Frank Benz, Bereichsleiter Vertrieb Geschäftskunden, Mainova AG, Frankfurt am Main, in seinem Vortrag über die Auswirkungen der Energiewende auf den Strommarkt und die Vertragspreise. Die gute Nachricht für die Gebäudenutzer: Am Spotmarkt sinken die Monatsdurchschnittspreise für Strom (Baseload) kontinuierlich. Die schlechte Nachricht: Strom wird deshalb für die meisten Endverbraucher nicht unbedingt billiger, da die Stromabgaben steigen und ebenso die Kosten für die Netzstabilität, sprich für die Frequenzerhaltung und für die Spannungshaltung. Für Strom-Großabnehmer scheint die klassische Vollversorgung mit Strom zu festen Lieferpreisen und festen Lieferzeiträumen bereits ein Auslaufmodell zu sein. Wirtschaftlicher sei künftig die Index-basierende Strombeschaffung, so Benz, wobei zwischen konstanten und zeitlich variablen Beschaffungsmengen unterschieden werde.

Benz geht davon aus, dass künftig die Qualität des Stromes, sprich der Herkunftsnachweis von Strom, beispielsweise aus Kraft-Wärme-Kopplung oder erneuerbaren Energien, eine stärkere Rolle spielen wird. Von günstigeren Stromkosten profitieren dabei Abnehmer, die ihre gebäudetechnischen Anlagen netzdienlich betreiben, das heißt ihren Stromverbrauch mit Stromangeboten koordinieren beziehungsweise Zu- und Abschaltpotenziale ihrer Anlagen ausweisen, um so auch zur Stabilisierung der Netze beizutragen. Da die Stadtwerke mit den sogenannten Commodities (Verkauf von Strom, Wärme, Wasser nach Mengen) langfristig kaum mehr Geld verdienen, werden derzeit von vielen Anbietern neue Dienstleistungs- und Preismodelle ausgearbeitet. Mainova bietet hierzu unter anderem sogenannte Mieterstrommodelle an, wie beispielsweise die Stromlieferung aus Bestands-BHKW an acht Mietparteien im Frankfurter Wohnkomplex Kronthaler Straße. Noch einen Schritt weiter geht die Mainova im Aktiv-Stadthaus Speicherstraße. Bei diesem Mieterstromprojekt sollen künftig 74 Wohneinheiten mit Strom aus PV-Anlagen und Stromspeichern versorgt werden. Eine Besonderheit hierbei sind sogenannte Freimengen an Strom und Wärme für die einzelnen Mieter sowie ein dem Gebäude zugeordnetes Carsharing (book & drive). Mainova betreibt die Erzeugungsanlagen, also Dach-PV, Fassaden-PV und Wärmepumpe vor Ort und vermarktet den Strom aus den vor Ort installierten PV-Anlagen direkt an die Mieter über ein dezentrales Mietermodell.

Big Data eröffnet neue Geschäftsmodelle

An der Sinnhaftigkeit von Big Data scheiden sich die Geister: Die einen halten die Verarbeitung von Massenkundendaten zur Erstellung von Kundenprofilen für einen Haufen Mist, wie beispielsweise der scheidende Vorsitzende des Vorstands und kaufmännische Direktor der Stadtwerke Hannover, Michael G. Feist (auf dem 10. Deutschen Energiekongress in München), für andere ist Data Mining das Geschäft der Zukunft mit ungeahnten Möglichkeiten zur Verbesserung von Energieeffizienz, Produktivität und Einkommen. Daniel Schulz, Big-Data-Spezialist vom Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme sieht im Internet der Dinge und den daraus generierbaren Daten einen Milliardenmarkt, der den Immobilienmarkt und damit auch die gebäudetechnischen Gewerke erfassen wird. Zur Unterstützung der Wirtschaft bei der Auswertung von Massendaten haben 26 Fraunhofer-Institute ihre Kompetenz zu einer Big Data Factory gebündelt. Diese Allianz will Unternehmen bei der Umsetzung von Big-Data-Strategien begleiten und gleichzeitig Fach- bzw. Führungskräfte zu Data Scientists ausbilden. Ein Beispiel aus der Praxis sei das Geschäftsmodell von Rolls Royce, die Wartungskosten von Flugzeug-Triebwerken nach Flugstunden und nicht mehr nach Ersatzteilen abzurechnen. Dazu sei die Turbine mit rund 3000 Sensoren ausgestattet worden, um die Flugbetriebsdaten aufzuarbeiten und zu analysieren. Andere aktuelle Big-Data-Projekte seien die Telematik im Automobil, der Google-Raumthermostat Nest, die CO2-neutrale Ökostadt Masdar City im Emirat Abu Dhabi und das Building Genome Projekt „New York City“. Beim letztgenannten Projekt wurden die Daten von 30 000 gewerblichen Gebäuden analysiert und auf Energiekosten-Einsparpotenziale ausgewertet. Ergebnis: Nur durch die Senkung bzw. Anhebung der Gebäudetemperatur von 1 K im Winter bzw. im Sommer könnten in New York jährlich 145 Millionen USD an Energiekosten eingespart werden. Weitere 227 Millionen USD Einsparung pro Jahr könnten durch neue, thermisch verbesserte Fenster und 10 Millionen USD durch den Wechsel von Öl- zu Gasheizkesseln eingespart werden. Ob solche Berechnungen per Big-Data-Algorithmen wirklich zu neuen Erkenntnissen führen, darf beim jetzigen Kenntnisstand bezweifelt werden. 6 bis 7 % Energieeinsparung pro K Temperaturanpassung ist selbst für Endverbraucher nichts Neues.

In Deutschland soll das Projekt MONALIsa, ausführlich „Automatisiertes Monitoring, Alarming und Visualisieren von Sensordaten der technischen Gebäudeausrüstung zur Erschließung niedrig investiver Energiesparpotenziale“ den Blick über die richtige Fahrweise von Gebäuden und deren technische Anlagen erweitern. Für dieses Projekt hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung die Fraunhofer-Gesellschaft beauftragt. Ziel der Big-Data-Allianz ist auch hier, eher schon bekannte Schwachstellen im Gebäudebetrieb durch eine zusätzliche, in das Energie- und Gebäudemanagement integrierte Big-Data-Architektur zu verfeinern. Erste MONALIsa-Projekte sind das Umweltbundesamt in Dessau und das Bundesministerium für Gesundheit in Bonn. Man darf gespannt sein, welche neuen Einsichten Big-Data-Analysen zum energieeffizienten Betrieb eines Gebäudes bringen. Viel spannender wird sein, inwieweit die Beschäftigten dieser Gebäude sich dem Diktat einer Big-Data-Analyse und der daraus folgenden Gebäudebetriebs-Strategie unterordnen und welche Profile sonst noch aus den Megadaten generiert werden. Erste Erfahrungen zeigen, dass mit der Analyse der Sensordaten nicht nur Gebäude besser kennengelernt werden, sondern auch die Muster und Gewohnheiten der jeweiligen Nutzer.

Übertragen auf Städte oder Stadtteile könnte Data Mining zu ganz neuen Erkenntnissen führen, beispielsweise über das Image von Wohnbebauungen, Straßen, Siedlungen oder Stadtteilen. US-Portale wie blockavenue screenen bereits heute unter anderem die Sicherheitslage und damit auch das soziale Gefüge einer Wohnbebauung oder eines Stadtteils. In New York werden inzwischen sogar Obdachlose fotografiert, typisiert und per Pin im Stadtplan markiert. (App-Download NYC-Map-The-Homeless and enjoy it on your iPhone, iPad and iPod touch) Wohin der Datensammelwahn führt, lässt sich schon jetzt erahnen.

Hersteller zu Daten schonenden Geräten verpflichtet

Smart Home, Smart Building, Smart City, Smart-X – der Smart-Hype macht das Leben nicht nur bequemer, sondern für alle Beteiligte auch indiskreter. Dr. Christian Ritzer von der international tätigen Rechtsanwaltskanzlei Norton Rose Fulbright weist auf die Tücken und Gefahren eines unkritischen Einsatzes smarter Lösungen im Gebäudebetrieb hin. So müssen laut geplanter EU-Datenschutzgrundverordnung die Hersteller von technischen Geräten künftig bereits bei der Herstellung darauf achten, dass die Geräte datenschonend ausgestattet sind. Das heißt, dass sie nur so viele Daten generieren, wie für ihre Funktion notwendig sind. Ritzer weiter: Der Datenschutz rund um Gebäude und gebäudetechnische Anlagen sollte aus datenschutzrechtlichen Gründen Teil der Planung sein. Dies gelte insbesondere für Gebäudeautomationssysteme und Data Mining aus Gebäudedaten, die nur zweckgebunden und nicht zur Gewinnung personenbezogener Daten oder Profile verwendet werden dürfen. Ritzer warnt vor zu eifrigem Datensammeln: „Jede Datenerhebung in Büro- und Zweckgebäuden ist in der Regel rechtfertigungsbedürftig.“ Dazu zählen beispielsweise automatisierte Zeiterfassungssysteme oder personenbezogene Aufzugssteuerungen (Chipkarten), deren Datenerfassung und Datennutzung mit dem Betriebsrat abzustimmen seien. So könnten beispielsweise aus den Daten eines mit Chipkarte betätigten Aufzugs personenbezogene Produktivitätsprofile erstellt werden. Es sei geplant, im Zuge der Umsetzung der kommenden EU-Datenschutzgrundverordnung die Position einer „verantwortlichen Stelle“ für die Speicherung von gebäudetechnischen und personenbezogenen Daten vorzuschreiben. In jedem Fall müsse künftig nachprüfbar sein, wer für die Daten verantwortlich und unter welchen Voraussetzungen die Verwendung personenbezogener Daten möglich ist. Auch die Verarbeitung von Daten durch externe Gebäudebetreiber oder beauftragte Wartungsunternehmen unterliege dem (europäischen) Datenschutz. Das sei insofern wichtig, da international tätige Unternehmen ihre Kundendaten inklusive Daten aus Wartungsarbeiten oft auf Server in den USA überspielen. Das Risiko des Missbrauchs von Daten steige, je stärker gebäudetechnische Systeme in IT-Infrastrukturen eingebunden und je mehr Daten zusammengeführt werden, so Ritzer. Dadurch wachse auch die Gefahr, dass über die sich rasch entwickelnde Big-Data-Technologie Nutzerprofile erstellt werden, aus denen Präferenzen der allgemeinen Lebensführung, des Verbraucherverhaltens oder von Anwesenheitszeiten ausgelesen werden können. Auch der Verkauf von Daten an Dritte und deren Nutzung für kriminelle Zwecke müsse einkalkuliert werden.

Fazit

Bestehende Gebäudeautomations-Anwendungen geraten zunehmend an ihre Grenzen. Ursache sind neben höheren Anforderungen an Sicherheit und Datenschutz auch der Wunsch nach Koppelung von Gebäudeautomations- und Energiemanagementsystemen sowie die Implementierung von netzdienlichen Betriebsweisen, um in den Genuss von günstigeren Energietarifen zu kommen. Unüberhörbar ist die Kritik, dass die Vielzahl der Busprotokolle die Entwicklung hemmt beziehungsweise die Erhaltungskosten in die Höhe treibt. Forderungen nach einfacheren und damit preisgünstigeren Systemen auf der Basis des Internetprotokolls TCP/IP werden lauter. Eher nüchtern werden aktuell die Möglichkeiten gesehen, mittels Data Mining zusätzliche Erlöse zu erwirtschaften, da die Auswirkungen der geplanten EU-Datenschutzgrundverordnung noch nicht abzuschätzen sind.

Info

Podiumskiskussion

Für die einen ist das Internet der Dinge (Internet of Things, IOT) die logische Konsequenz, Geräte und Anlagen unkompliziert zu vernetzen mit dem Ziel, Komfort und Energieeffizienz zu verbessern und komplexe Funktionen zu vereinfachen. Für die Skeptiker steckt hinter dem vermeintlichen Fortschritt eine unberechenbare Datenkrake, die auf Schritt und Tritt Daten nicht nur sammelt und aufbereitet, sondern auch mit bereits vorhandenen Daten abgleicht, um daraus verkaufbare Datensätze über Personen, Produkte, Gebäude, Liegenschaften, Straßenzüge, Stadtteile, Städte etc. zu generieren. Wie immer lockt das große Geld. Zumindest die Gebäudeautomations-Branche scheint die Tücken des Marktes erkannt zu haben und übt sich in Sachen IOT in Zurückhaltung, berichteten die VDI-Nachrichten in ihrer Ausgabe 15/2014 im Vorfeld der Light+Building 2014.

In der Podiumsdiskussion unter Leitung von Prof. Dr. Manfred Büchel (VDI), Westfälische Hochschule, Gelsenkirchen, Labor für Gebäudeautomation, über die Zukunft der GLT zeigte sich, dass die Gebäudeautomationssysteme trotz soliden Wachstums bei der Kundschaft an Popularität verloren haben. Büchel zitierte eine Umfrage unter den 11 000 Mitgliedern der VDI-Gesellschaft „Bauen und Gebäudetechnik“ vom August 2015. Auf die Frage, „Ist Gebäudeautomation für Nutzer leicht verständlich und bedienbar?“ antworteten rund 70 % mit „nein“ und etwa 15 % mit „weiß nicht“. Entsprechend nüchtern fallen auch die Antworten zur Akzeptanz der GLT durch den Nutzer aus: Nur 30 % der Befragten akzeptieren eine GLT, 70 % stimmen mit „nein“ oder „weiß nicht“. Auch gegenüber vollständig vernetzten und damit hoch automatisierten Gebäuden herrscht Skepsis: Nur 30 % der Befragten halten eine vollständige Vernetzung für besser. Die Ursachen der kritischen Haltung der Betreiber von GLT-Systemen sind vielfältig, aber aus Sicht der Diskussionsteilnehmer nachvollziehbar. Eine Auswahl an Äußerungen zu diesem Thema:

  • Die Planer wollen sich mit ihrer GLT-Planung selbst verwirklichen, ohne Rücksicht auf den Betreiber bzw. Nutzer (<b>Ruedi Brunner</b>, ETH Zürich).
  • Die Funktionsprüfung der GLT ist oft nicht ausreichend (<b>Holger Wallmeier</b>, Siganet).
  • Die Rolle des Nutzers beim Betrieb von GLT-Systemen wird unterschätzt, dieser ist oft überfordert (<b>Jörg Deitermann</b>, Hermes Systeme).
  • Komplexität der Bedienung ist zu gro&szlig; im Vergleich zur Bedienoberfläche eines Smart Phones oder eines Smart Pads (<b>Martin Hardenfels</b>, Wago).
  • GLT-Systeme produzieren zu viele Informationen auf einmal, weniger wäre mehr (Brunner).
  • Die Systempflege ist aufwendig, insbesondere wenn weitere Aktorik und Sensorik eingepflegt werden muss (<b>Prof. Dirk Timmermann</b>, Uni Rostock).
  • BACnet passt nicht immer zu unserer Management-Schnittstelle. Unsere Leute sind damit schlichtweg überfordert und müssen sich weiterbilden ohne Ende (Brunner).
  • Die Nutzer wissen nicht, was sie mit hochintegrierten GLT-Systemen machen sollen (Diskussionsbeitrag eines Zuhörers).

Einig waren sich die GLT-Fachleute darin, dass künftige Gebäudeautomationssysteme ähnlich einfach zu konfigurieren sein sollten wie Smart-Home-Systeme. Es müssten auch nicht immer komplexe BACnet-Lösungen sein, denn oft seien einfachere Systeme viel wirkungsvoller, da man sie ohne Spezialausbildung betreiben könne. Interessant war, dass das allgegenwärtige Thema „Internet of Things“ in dieser Diskussion praktisch keine Rolle spielte.

Autor

Wolfgang Schmid ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, 80751 München, wsm@tele2.de