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VDI 4650 Blatt 1: Beschreibung des Verfahrens

Energetische Bewertung von Wärmepumpen

Die energetische Bewertung von Wärmepumpen kann nach verschiedenen Verfahren durchgeführt werden. Dazu gehören unter anderem die tabellarische Methode nach VDI 4650 [1] oder DIN 4701-10 [2] bzw. das Monatsbilanzverfahren nach DIN V 18 599 [3]. Die Verfahren nach VDI 4650 und DIN V 4701-10 haben gemeinsame Wurzeln.

Auf die VDI 4650 Blatt 1 (2009) [4] wird u. a. im MAP und im EWärmeG (Baden-Württemberg) Bezug genommen. Aufgrund des enthaltenen Handrechenverfahrens hat die Richtlinie eine große Bedeutung und weite Verbreitung bei Herstellern, Planungsbüros, Installateuren und auch bei Bauherren.

Allerdings ergab sich eine Notwendigkeit zur Überarbeitung der Verfahren zur energetischen Bewertung der Wärmepumpen – aus der technischen Weiterentwicklung der Wärmepumpen sowie der Aktualisierung der der Richtlinie zugrunde liegenden Prüfdaten und der verwendeten Datenbasis für Klimadaten (Testreferenzjahre). Nachfolgend wird die überarbeitete Richtlinie VDI 4650 Blatt 1 (2019 [5] und die zuvor erschienene Ausgabe 2016) vorgestellt.

Änderungsbedarf gegenüber 2009

Das in VDI 4650 (2009) enthaltene Rechenverfahren bezieht sich auf Prüfpunkte für Luft/Wasser-Wärmepumpen (A–7/W35, A2/W35 und A10/W35), wobei es den Prüfpunkt A10 seit der Einführung von DIN EN 14 511 [6] im Jahr 2004 nicht mehr gibt. Der Prüfpunkt A10/W35 resultierte noch aus der Vorgängernorm EN 255-2 [7].

Zur Ermittlung der Korrekturfaktoren Fϑ wird in VDI 4650 (2009) eine Referenz­wärmepumpe verwendet. Diese basiert auf einer Auswahl marktüblicher Wärmepumpen vor der Jahrtausendwende. Diese Datenbasis hat sich im Laufe der Jahre sowohl hinsichtlich der Verdichtertechnologie, verwendeter Kältemittel als auch zugrunde liegender Prüfpunkte (W50) geändert. Mit DIN EN 14 511 [6] ist der wasserseitige Prüfpunkt auf W45 und W55 verschoben worden und W50 existiert nicht mehr. Auch die Prüfbedingungen wurden verändert (z. B. eine Absenkung der Temperaturspreizung am Kondensator von 10 K auf 5 K), damit stimmen die noch existierenden Leistungsdaten bei W35 mit vorher ermittelten Werten nicht mehr überein.

In den letzten Jahren haben sich leistungsgeregelte Wärmepumpen gegen einstufige Wärmepumpen durchgesetzt. Außerdem sind Hocheffizienzumwälzpumpen mittlerweile der Standard. Beide Techniken wurden 2009 in VDI 4650 nicht abgebildet.

Die in den Korrekturfaktoren berücksichtigten Wetterdaten basierten auf Mittelwerten zwischen 1960 und 1990. 2010 wurden neue Test­referenzjahre veröffentlicht, die speziell für energetische Bewertungen (Energiebedarf, Behaglichkeit, Überschreitungshäufigkeiten) erarbeitet worden sind. Folgende Teilaufgaben galt es bei der Überarbeitung zu lösen:

  • Ermittlung neuer Referenzwärmepumpen (Verdichter, Kältemittel, neue Prüfpunkte) für die Quellen Luft, Wasser und Erdreich
  • Berücksichtigung leistungsgeregelter Wärmepumpen
  • Berücksichtigung von Erdreich-Wärme­übertragern mit Direktverdampfung
  • Änderung der in Bezug genommenen ­Wetterdaten
  • Ermittlung neuer Faktoren
  • Änderungen in der Berechnung der Trinkwassererwärmung
  • Neubearbeitung von Wasser/WasserWärmepumpen mit Zwischen-Wärme­übertragern
  • Grundzüge des Verfahrens (2019)

    VDI 4650 stellt für den Anwender ein einfaches Verfahren zur energetischen Bewertung von Wärmepumpen dar. Mithilfe von Faktoren werden einzelne Norm-Prüfpunkte nach DIN EN 14 511 für Luft/Wasser-, Sole/Wasser- und Wasser/Wasser-Wärmepumpen gewichtet und anschließend zur Jahresarbeitszahl zusammengefasst. Die Berechnung wird in vier Bereiche eingeteilt:

  • Raumheizung,
  • Trinkwassererwärmung,
  • Betrieb mit einem zweiten Wärmeerzeuger und
  • solare Unterstützung.
  • Nachdem die einzelnen Bereiche berechnet worden sind, erfolgt eine Zusammenfassung zur Gesamtjahresarbeitszahl entsprechend den energetischen Bedarfswerten.

    Raumheizung

    Die allgemeine Formel zur Ermittlung der Jahresarbeitszahl für die Raumheizung zeigt Gleichung 1. Die Klassen k ergeben sich:

  • bei Luft/Wasser-Wärmepumpen: k = 1 für A–7/W35; k = 2 für A2/W35 (korrigierter Prüfpunkt) und k = 3 für A7/W35.
  • bei Wasser/Wasser-Wärmepumpen: k = 1 für W10/W35; die anderen beiden Klassen entfallen
  • bei Sole/Wasser-Wärmepumpen: k = 1 für B0/W35; die anderen beiden Klassen entfallen
  • bei Direktverdampfer-Wärmepumpen: k = 1 für E4/W35, die anderen beiden Klassen entfallen
  • Folgende Einflüsse sind in den Faktoren enthalten und werden nachfolgend näher beschrieben. Die genaue rechnerische Bestimmung der einzelnen Faktoren erfolgt dann im zweiten Beitrag. Berücksichtigt werden:

  • das Betriebsverhalten der Wärmepumpe (prinzipielle Abhängigkeit der Leistungszahl von der Außen-, Erdreich- oder Grundwassertemperatur sowie der Vorlauftemperatur),
  • die Art der Wärmepumpe (einstufig oder leistungsgeregelt),
  • Systemunterschiede (projektspezifische Spreizung und Auslegungsvorlauf­temperatur),
  • konkrete Randbedingungen (standort­spezifische Normaußen-, Erdreich- oder Grundwassertemperaturen und deren Häufigkeitsverteilungen) sowie die
  • Bauart des Gebäudes in Form der Heizgrenztemperatur.
  • Leistungszahlen COP(*)Nk

    Die Leistungszahlen in Gleichung 1 resultieren aus Prüfstandmessungen nach DIN EN 14 511. Für Wasser/Wasser- und Sole/Wasser-Wärmepumpen werden die Leistungszahlen der Prüfpunkte unter den Randbedingungen W10/W35 bzw. B0/W35 verwendet. Für diese Wärmepumpen entfallen die Klassen 2 und 3.

    Für Luft/Wasser-Wärmepumpen werden die Leistungszahlen an den Messpunkten A7/W35, A2/W35 und A–7/W35 bestimmt. Es muss beachtet werden, ob bei den Prüfstandmessungen am Punkt A2/W35 im Mess-
    zyklus eine Abtauung berücksichtigt worden ist oder nicht. Aus diesem Grund wird für Gleichung 1 nicht die Leistungszahl COPN2, sondern eine korrigierte Leistungszahl COP*N2 verwendet.

    Die Korrektur hängt vom Abtauverfahren (Heißgasabtauung oder Kreislaufumkehr) ab und wird in einer Tabelle als Abschlagsdiffe­renz SAB angegeben. Wird die Abtauung bei der Prüfstandmessung berücksichtigt, ist die Abschlagsdifferenz null. Eine Angabe zu den Abtauverfahren und zur Berücksichtigung bei den Prüfwerten muss der Hersteller liefern.

    Korrekturfaktor Fϑ

    In der Prüfnorm DIN EN 14 511 ist eine Spreizung von 5 K für den Norm-Nennprüfpunkt (B0/W35, W10/W35 und A7/W35) festgelegt. An diesem Punkt wird der Massestrom bestimmt und für die anderen Prüfpunkte (z. B. A–7/W35 oder A2/W35) konstant gehalten. Das bedeutet, dass sich die Spreizung in Abhängigkeit zur Heizleistung der Wärmepumpe ändert.

    Eine größere Spreizung bei gleicher Vorlauftemperatur verbessert die Effizienz der Wärmepumpe, da der Kondensationsdruck abgesenkt werden kann. Um diesen Effekt zu berücksichtigen, wird der Korrekturfaktor Fϑ in Abhängigkeit der Spreizung am Auslegungspunkt der Anlage und bei der Norm-Nenn-
    prüfung bestimmt. Eine größere Auslegungsspreizung führt zu einem größeren Korrekturfaktor Fϑ.

    Korrekturfaktor FP

    Bei der Normprüfung wird auf der Quellenseite von Wasser/Wasser- und Sole/Wasser-Wärmepumpen nur die elektrische Pumpen­leistung berücksichtigt, die zur Überwindung des Verdampferdruckverlustes notwendig ist. In der Bilanzgrenze der VDI 4650 Blatt 1 ist jedoch die gesamte Wärmequelle ein­geschlossen.

    Um diese Differenz zu realen Installationen (Kollektorfeldern, Sonden) bei der energetischen Bewertung zu berücksichtigen, wird eine Korrektur zur Berücksichtigung der Wärmequellenpumpe mit dem Faktor FP vorgenommen. Dabei wird berücksichtigt, ob eine (ältere) Pumpe mit Asynchronmotor (FP = 1,075) oder eine Hocheffizienzpumpe (FP = 1,035) eingesetzt wird. Ist die konkret eingesetzte Pumpe bekannt, können auch deren Daten verwendet werden. Bei direktverdampfenden Systemen und Luft/Wasser-Wärmepumpen ist FP = 1.

    Korrekturfaktor Fϑ

    Der Korrekturfaktor Fϑ basiert auf dem Betrieb einer Referenzwärmepumpe in einem Wohngebäude. Für diese Kombination aus Anlage und Gebäude wurden folgende Eigenschaften variiert und sind als Parameter
    bei der Auswahl des Faktors Fϑ zu berücksichtigen:

  • Dauer der Heizperiode durch den Wärmedämmstandard in Form des Parameters Heizgrenze (10 °C, 12 °C und 15 °C) für Luft/Wasser-Wärmepumpen,
  • Regelungsart der Wärmepumpe (einstufig oder leistungsgeregelt),
  • Klimazone oder Erdreicheigenschaften am Ort der Anlagenerrichtung in Form des Parameters:
  • Erdreichnutzung zur Kühlung oder Regeneration durch Einspeisung solarer Erträge durch ein Anheben
    der minimalen Verdampfereintrittstemperatur um max. 1 K
  • Auslegung der Heizungsanlage in Form des Parameters maximale Vorlauftemperatur
  • Art der Wärmepumpe: Luft/Wasser-, Wasser/Wasser- oder Sole-Wasser- Wärmepumpe.
  • Da dieser Korrekturfaktor von sehr vielen Größen beeinflusst wird, wird seine Bestimmung in einem separaten Veröffentlichungsbeitrag dargestellt.

    Trinkwassererwärmung

    Die Trinkwassererwärmung wird in VDI 4650 (2016) für unterschiedliche Technologien berücksichtigt. Einerseits wird ein Rechenverfahren für Warmwasser-Wärmepumpen unter Verwendung der Prüfergebnisse nach DIN EN 16 147 angegeben. Andererseits wird ein Algorithmus für Wärmepumpen angegeben, die einen indirekt beheizten Trinkwasserspeicher durch hydraulische Umschaltung versorgen können.

    Bei letzteren Systemen wird – als Ergebnis von Praxisdaten – unterschieden, ob der Speicher über innen liegende Heizwasser-Rohrschlangen oder andere Bauformen (z. B. Speicherladesystem) verfügt und betrieben wird.

    Die allgemeine Berechnung der Jahresarbeitszahl zur Trinkwassererwärmung für Wärmepumpen, die nach der DIN EN 14 511 gemessen wurden, zeigt Gleichung 2. Die Auslegungstemperatur des Warmwassers im Referenzzustand wird in dieser Norm durch den Bezug zur DIN 1988-200 auf 50 °C festgelegt. Diese Mindesttemperatur gilt für Kleinanlagen ohne Zirkulationsleitungen und mit hohem Wasserdurchsatz durch den Speicher. In anderen Anlagen ist die Speichertemperatur anzu­heben (z. B. 60 °C) und der Faktor F1 aus den Tabellen der Richtlinie zu ermitteln.

    Warmwasser-Wärmepumpen, deren Leistungszahl nach DIN EN 16 147 gemessen wurde, weisen gegenüber der in Gleichung 3 festgelegten Bewertung eine vom allgemeinen Ansatz abweichende Bilanzgrenze auf. Diese besteht darin, dass die Messung der Leistungsaufnahme nach DIN EN 16 147 auch die Wärmeverluste des Speichers beinhaltet. Auf der Nutzenseite wird jedoch nur der Energieinhalt der gezapften Wassermenge berücksichtigt.

    Um diese Unterschiede zu bereinigen, können aus den Prüfdaten der DIN EN 16 147 die Speicherverluste herausgerechnet werden. Dazu sind aus der Messung die elektrische Leistungsaufnahme im Bereitschaftsbetrieb und das Zapfprofil zu ermitteln. Die in DIN EN 16 147 verwendete Bezugswassertemperatur wird mit dem Faktor F2 in der VDI 4650 auf 50 °C umgerechnet. Der Faktor F1 skaliert dann die konkrete Anwendung von 50 °C auf die Auslegungsspeichertemperatur.

    Der andere Weg, die Speicherverluste bei den Messungen nach DIN EN 14 511 zu berücksichtigen, ist aus einem Mangel an Daten in der Planungsphase nicht möglich und nicht sinnvoll. In der bisherigen Systematik der VDI 4650 wurden die Speicherverluste ebenfalls nicht berücksichtigt.

    Die Berechnung der Jahresarbeitszahl zur Trinkwassererwärmung mit Warmwasser-Wärmepumpen, die nach der DIN EN 16 147 gemessen wurden, zeigt Gleichung 3. Die Jahresarbeitszahl SCOPW ist sensitiv gegenüber der Leistungsaufnahme Pes. Sie korreliert mit dem Korrekturfaktor FSP und ist mit besonderer Sorgfalt zu behandeln. Insbesondere ist hier die elektrische Leistungsaufnahme anzusetzen und nicht, sofern angegeben, die thermische Verlustleistung des Speichers. Letztgenanntes würde zu unsinnig hohen Jahresarbeitszahlen führen.

    Betrieb mit zweitem ­Wärmeerzeuger

    Wärmepumpen werden monovalent, mono­energetisch oder bivalent betrieben. Sie dienen in allen drei Varianten hinsichtlich der energetischen Bewertung als Grundlastwärmeerzeuger.

    Eine monovalente Betriebsweise bedeutet, dass die Wärmepumpe den gesamten Energiebedarf zur Raumheizung und Warmwasserbereitung alleine deckt.

    Zur monoenergetischen Betriebsweise  gehört, dass neben der Wärmepumpe ein weiterer Wärmeerzeuger, der ebenfalls auf der Endenergie Strom basiert, eingesetzt werden kann. Oftmals wird hierunter ein elektrischer Zusatzheizstab verstanden.

    Eine bivalente Betriebsweise ist dadurch gekennzeichnet, dass neben der Wärmepumpe noch (mindestens) ein weiterer Wärmeerzeuger mit einer anderen Energieart zur Deckung eines Anteils des Energiebedarfs der Raumheizung und der Trinkwassererwärmung beiträgt. Das kann z. B. eine Kombination aus Wärmepumpe und Spitzenlast-Heizkessel sein.

    Bei der bivalenten Betriebsweise sind drei Betriebsarten möglich, die durch zwei Kenn­werte (Bivalenz- und Abschalttemperatur) beschrieben werden:

  • bivalent-parallel: Die Bivalenztemperatur beschreibt, ab welcher Temperatur der zweite Wärmeerzeuger zur Wärmepumpe hinzugeschaltet wird. Unterhalb der Bivalenztemperatur arbeitet die Wärmepumpe im Volllastbetrieb und der zweite Wärme­erzeuger ergänzt die fehlende Heizleistung. Eine Abschalttemperatur gibt es nicht.
  • bivalent-alternativ: Die Abschalttemperatur sagt aus, dass ab dieser Temperatur die Wärmepumpe abgeschaltet und der zweite Wärmeerzeuger zugeschaltet wird. Unterhalb der Abschalttemperatur arbeitet nur der zweite Wärmeerzeuger und übernimmt die gesamte Heizleistung. Eine Bivalenztemperatur gibt es nicht. Hinweis: Im Sprachgebrauch wird die Abschalttemperatur im bivalentalternativen Betrieb manchmal auch Bivalenztemperatur genannt. Das ist eigentlich nicht korrekt.
  • bivalent-teilparallel: Diese Betriebsart ist eine Kombination aus dem parallelen und dem alternativen Betrieb. Unterhalb der Bivalenztemperatur wird ein zweiter Wärmeerzeuger der Wärmepumpe zugeschaltet. Ab der Abschalttemperatur, die bei dieser Betriebsweise kleiner als die Bivalenztemperatur sein muss, schaltet die Wärmepumpe ab und der zweite Wärme­erzeuger übernimmt die gesamte Heizlast.
  • In Bild 2 ist die Abhängigkeit der maximalen Heizleistung der Luft-, Wasser- und Sole/Wasser-Wärmepumpen sowie der Gebäudeheizlast von der Außentemperatur dargestellt. Auf der Ordinate ist die jeweilige Heizleistung bzw. Heizlast auf die Auslegungsheizlast des Gebäudes bezogen und wird als Leistungsanteil ξ bezeichnet, siehe Gleichung 4. Bei der Auslegungsaußentemperatur ergibt sich somit für die Gebäudeheizlast 100 %, siehe Bild 2.

    Die Bivalenztemperatur ergibt sich in Bild 2 als Schnittpunkt der Gebäudeheizlastkennlinie und der maximalen Heizleistungskennlinie einer Wärmepumpe. Unterhalb der Bivalenztemperatur wird die fehlende Leistung von der maximalen Heizleistung der Wärmepumpe zur Gebäudeheizlast durch einen zweiten Wärmeerzeuger aufgewendet. Gewichtet man diese Leistungen mit der Häufigkeit der jeweiligen Außentemperatur, erhält man den energetischen Anteil des zweiten Wärmeerzeugers.

    Verschiebt man in Bild 2 die maximale Leistungskurve der Luft/Wasser-Wärmepumpe so, dass sie bei Auslegungstemperatur den gleichen Leistungsanteil wie eine Sole/Wasser- oder Wasser/Wasser-Wärmepumpe hat, ergibt sich für die Luft/Wasser-Wärmepumpe aufgrund der stärkeren Abhängigkeit zur Außentemperatur eine geringere Bivalenztemperatur und somit ein höherer Deckungsanteil der Luft/Wasser-Wärmepumpe gegenüber den anderen beiden Wärmepumpentypen.

    Der Leistungsanteil bei Auslegungstemperatur bestimmt über die Häufigkeitsverteilung der Außentemperatur, welcher energetische Deckungsanteil von der Wärmepumpe übernommen werden kann. Diese Deckungsanteile sind in VDI 4650 (2016) tabellarisch in Abhängigkeit des Leistungsanteils, des Wärmepumpentyps und der Betriebsweise angegeben. Bild 3 zeigt die Abhängigkeit als Kurven.

    Bild 2: Außentemperaturabhängigkeit der maximalen Heizleistungen der Luft/Wasser-, Wasser/Wasser- und Sole/Wasser-Wärmepumpe sowie der ­Gebäudeheizlast, Leistungsanteil ist die jeweilige Heizleistung und Heizlast bezogen auf die Auslegungsheizlast des Gebäudes.

    Bild: Werdin

    Bild 2: Außentemperaturabhängigkeit der maximalen Heizleistungen der Luft/Wasser-, Wasser/Wasser- und Sole/Wasser-Wärmepumpe sowie der ­Gebäudeheizlast, Leistungsanteil ist die jeweilige Heizleistung und Heizlast bezogen auf die Auslegungsheizlast des Gebäudes.
    Bild 3: Deckungsanteile der Wärmepumpe in Abhängigkeit des Leistungsanteils der Wärmepumpe von der Heizlast im Auslegungszustand.

    Bild: Werdin

    Bild 3: Deckungsanteile der Wärmepumpe in Abhängigkeit des Leistungsanteils der Wärmepumpe von der Heizlast im Auslegungszustand.

    Solare Unterstützung

    Die solare Unterstützung kann in Wärmepumpenheizungsanlagen unter verschiedenen Aspekten erfolgen. Eine Form ist die direkte Trinkwassererwärmung. Sie reduziert die Laufzeit und somit den absoluten Elektroenergiebedarf der Wärmepumpe. Bei Luft/Wasser-Wärmepumpen werden durch diese Art der Beheizung die effizienten Arbeitspunkte mit einer hohen Quellentemperatur (Korrelation zwischen solarer Einstrahlung und höherer Außentemperatur) nicht ausgenutzt.

    Dieser Umstand wird in der Berechnung so berücksichtigt, dass nicht die mittlere Jahresaußentemperatur zur Berechnung der Jahresarbeitszahl, sondern eine mittlere Heizperiodenaußentemperatur von 7 °C verwendet wird. Bei Sole/Wasser-Wärmepumpen hingegen wird die Regeneration des Erdreiches unterstützt, da keine Wärme entzogen wird.

    Analog zur direkten Trinkwassererwärmung wird auch die Heizungsunterstützung behandelt. Der Ansatz für beide solaren Unterstützungen ist gleich und wird in Gleichung 5 zusammengefasst betrachtet.

    Die Form der solaren Unterstützung durch unmittelbare Erhöhung der Wärmequellentemperatur (Solarkollektoren) wird aufgrund der Komplexität und vieler Einflussfaktoren (Einstrahlungsverhältnisse, Warmwasserbedarf im Sommer …) nicht berücksichtigt.

    Dient eine solarthermische Anlage der Regeneration des Erdreiches um Sonden, so wird angenommen, dass die mittlere Jahres­erdreichtemperatur um die Sonde herum über einen langfristigen Zeitraum langsamer auskühlt als ohne eine zusätzliche Regeneration. Aus diesem Grund kann im Falle einer solaren Regeneration eine um 1 K höhere minimale Soleeintrittstemperatur im Vergleich zur Regeneration ohne solare Unterstützung verwendet werden.

    Gesamtjahresarbeitszahl

    Die Gesamtjahresarbeitszahl berücksichtigt alle Anteile der Raumheizung und der Trinkwassererwärmung sowie die Deckungsanteile der Wärmepumpe und eines weiteren Wärmeerzeugers (monoenergetisch: elektrisch betriebener Zusatzheizstab, bivalent: zusätzlicher Wärmeerzeuger mit separat zu berechnender Jahresarbeitszahl).

    Die Gleichung 6 zur Bestimmung der Gesamtjahresarbeitszahl beinhaltet nur das monoenergetische System. Die Berechnung einer Gesamtjahresarbeitszahl für bivalente Anlagen mit unterschiedlichen Energieträgern ist nicht sinnvoll möglich. Hier kann eine primärenergetische Bewertung nach Kapitel 7 der Richtlinie vorgenommen werden.

    Exemplarische Variantenrechnungen

    Für die folgenden Variantenrechnungen wurde eine Fixed-Speed-Luft/Wasser-Wärmepum­pe mit den Leistungszahlen 2,95 (A–7/W35), 3,64 (A2/W35) und 4,36 (A7/W35) verwendet. Es wird untersucht, welchen Einfluss

  • die Auslegungsvorlauftemperatur,
  • die Auslegungsspreizung,
  • die Heizgrenze (Wärmedämmstandard) des Gebäudes,
  • die Auslegungsaußentemperatur des Gebäudes,
  • der Leistungsanteil der Wärmepumpe an der Heizlast bei Auslegungsaußentemperatur (monovalenter Betrieb),
  • die Regelung der Wärmepumpe (Fixed Speed oder leistungsgeregelt) und
  • die Varianz des Verhältnisses der Wärme für die Trinkwassererwärmung zur Gesamtwärmebereitstellung
  • auf die Jahresarbeitszahl haben.

    Bild 4: Abhängigkeit der ­Jahresarbeitszahl von der Ausle­gungsvorlauf­temperatur des Heizsystems.

    Bild: Werdin

    Bild 4: Abhängigkeit der ­Jahresarbeitszahl von der Ausle­gungsvorlauf­temperatur des Heizsystems.
    Bild 5: Abhängigkeit der Jahresarbeitszahl von der Heizgrenze und der Auslegungsaußentemperatur.

    Bild: Werdin

    Bild 5: Abhängigkeit der Jahresarbeitszahl von der Heizgrenze und der Auslegungsaußentemperatur.

    Auslegungsvorlauftemperatur

    In Bild 4 ist die Abhängigkeit der Jahresarbeitszahl von der Auslegungsvorlauftemperatur des Heizsystems dargestellt. Als Variationsparameter wurde die Spreizung verwendet. Alle anderen Parameter blieben konstant. Im vorgestellten Beispiel beträgt die Heizgrenze 12 °C. Zu erkennen ist: Die Jahresarbeitszahl und damit die Effizienz von Wärmepumpensystemen nimmt mit geringerer Auslegungsvorlauftemperatur zu. Eine höhere Auslegungsspreizung erhöht die Effizienz.

    Heizgrenze

    In Bild 5 ist die Abhängigkeit der Jahresarbeitszahl von der Heizgrenze (Wärmedämmstandard) und der Auslegungsaußentempe­ratur der Lage des Gebäudes dargestellt. Alle anderen Parameter, z. B. Auslegungsvorlauftemperatur und -spreizung, blieben gleich. In der Praxis ist es durchaus möglich, dass ein Gebäude mit höherer Heizgrenze eine höhere Auslegungsvorlauftemperatur aufweisen wird. Jedoch soll an dieser Stelle die Sensitivität der Ergebnisse gegenüber einem Parameter ­betrachtet werden.

    Die Klimadaten sind für einen Standort, an dem das Gebäude und die Wärmepumpenanlage errichtet werden sollen, fest vorgegeben. An dieser Stelle soll der Einfluss der Klimadaten auf ein identisches Haus mit gleicher Wärmepumpenanlage gezeigt werden. Bild 5 zeigt: Der Dämmstandard des Gebäudes und die Klimadaten des Standortes haben einen großen Einfluss auf die Effizienz der Wärmepumpe. Die Effizienz der Wärmepumpe steigt mit geringerem Dämmstandard und mit höherer Auslegungs­außentemperatur.

    Bild 6: Einfluss des Leistungsanteils der Wärmepumpe an der Gebäudeheizlast im Auslegungszustand auf die Jahresarbeitszahl.

    Bild: Werdin

    Bild 6: Einfluss des Leistungsanteils der Wärmepumpe an der Gebäudeheizlast im Auslegungszustand auf die Jahresarbeitszahl.
    Bild 7: Einfluss der Regelart (fixed-speed oder leistungsgeregelt) auf die Abhängigkeit der Jahresarbeitszahl von der Auslegungsvorlauftemperatur.

    Bild: Werdin

    Bild 7: Einfluss der Regelart (fixed-speed oder leistungsgeregelt) auf die Abhängigkeit der Jahresarbeitszahl von der Auslegungsvorlauftemperatur.

    Leistungsanteil der Wärmepumpe

    Die Abhängigkeit der Jahresarbeitszahl vom Leistungsanteil der Wärmepumpe an der Gebäudeheizlast im Auslegungszustand ist in Bild 6 dargestellt. Dabei werden paralleler und alternativer Betrieb unterschieden.

    Die Wärmepumpe wird im alternativen Betrieb unterhalb des Abschaltpunktes nicht mehr betrieben. Bei monoenergetischen Systemen wird dann die Heizung von elektrischer Endenergie übernommen. Die Jahresarbeitszahl sinkt somit im alternativen Betrieb deutlich stärker mit abnehmendem Leistungsanteil als im parallelen Betrieb. Bild 6 verdeutlicht: Je geringer der Leistungsanteil der Wärmepumpe im Auslegungszustand ist, desto schlechter ist die Gesamtenergieeffizienz in monoenergetischen Systemen.

    Regelart der Wärmepumpe

    In Bild 7 ist die Abhängigkeit der Jahresarbeitszahl von der Auslegungsvorlauftemperatur analog zu Bild 4, jedoch mit dem Parameter Regelart dargestellt. Für diesen Vergleich wurden die gleichen COP-Werte für die Fixed-Speed- und die leistungsgeregelte Wärme­pumpe an den entsprechenden Prüfpunkten verwendet.

    In der Praxis können die Leistungszahlen an den gleichen Prüfpunkten abweichen. Am Prüfpunkt A–7/W35 arbeiten beide Geräte nahe der Volllast. Hier wird der COP der leistungs­geregelten Wärmepumpe aufgrund der Inverterverluste geringer sein als der COP der Fixed-Speed-Wärmepumpe.

    An den anderen beiden Prüfpunkten (A2/W35 und A7/W35) kehren sich die Verhält­nisse möglicherweise um, da die leistungs­geregelten Wärmepumpen hier einen Vorteil durch die geringere erforderliche Leistung von Verdampfer und Verflüssiger im Teillastbetrieb generieren.

    In der Realanlage erreicht die leistungsgeregelte Wärmepumpe eine bessere Adaption der Vorlauftemperatur an die Heizkurve. Sie arbeitet daher im Teillastbereich mit geringerem Temperaturhub und, für kleine Heizlasten, mit günstigeren Taktverhältnissen. Die Auswertung in Bild 7 zeigt: Der Einsatz einer leistungsgeregelten Wärmepumpe gegenüber einer Fixed-Speed-Wärmepumpe verbessert die Jahresarbeitszahl im Durchschnitt um ca. 0,2 COP-Punkte (ca. 5 %).

    Trinkwasserwärmeanteil

    Durch die Verringerung der Transmissionswärmeverluste der Gebäude erlangt die Trinkwassererwärmung (TWE) in Wohngebäuden bei der Gesamtwärmebereitstellung einen höheren Stellenwert. Da die TWE durch die höhere Vorlauftemperatur in der Regel mit einer geringeren Jahresarbeitszahl als die Raumheizung verknüpft ist, führt ein höherer Wärmeanteil der TWE zu einer Reduzierung der Gesamtjahresarbeitszahl der Wärmepumpe.

    Für eine Heizungsanlage mit einer Auslegungsvorlauftemperatur für die Raumheizung von 45 °C und 35 °C sowie monovalenter Auslegung ist in Bild 8 dargestellt, welche Ein­flüsse ein höherer Trinkwasserwärmeanteil an der Gesamtnutzenergie der Wärmepumpe und die Speichertemperatur auf die Jahresarbeitszahl haben.

    Bild 8 verdeutlicht: Die Auslegungsvorlauftemperatur der Raumheizung und die Speichertemperatur beeinflussen die Steilheit der Abhängigkeit der Gesamtjahresarbeitszahl vom Trinkwasseranteil am Gesamtheizwärmebedarf. Eine höhere Gesamtjahresarbeitszahl wird mit geringerer Speichertemperatur, geringerem Anteil der Trinkwassererwärmung an der Gesamtheizwärme und einer geringeren Auslegungsvorlauftemperatur der Raumheizung erreicht.

    Teil 2 von „Energetische Bewertung von Wärmepumpen“ erläutert die detaillierten Berechnungshintergründe zu den Faktoren näher und ist als vertiefende Ergänzung auf www.sbz-online.de verfügbar
    (www.bit.ly/3bVLeoV).

    Bild 8: Einfluss des Anteils der Trinkwassererwärmung am Gesamtheizwärmebedarf einer Wärmepumpe, der Speichertemperatur und der Auslegungsvorlauftemperatur der Raumheizung auf die Gesamtjahresarbeitszahl.

    Bild: Werdin

    Bild 8: Einfluss des Anteils der Trinkwassererwärmung am Gesamtheizwärmebedarf einer Wärmepumpe, der Speichertemperatur und der Auslegungsvorlauftemperatur der Raumheizung auf die Gesamtjahresarbeitszahl.

    Literatur

    [1] VDI 4650 Berechnung der Jahresarbeitszahl von Wärmepumpenanlagen – Elektrowärmepumpen zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung. Berlin: Beuth-Verlag, alle Jahrgänge

    [2] DIN V 4701-10 Energetische Bewertung heiz- und raumlufttechnischer Anlagen, Teil 10: Heizung, Trinkwassererwärmung, Lüftung. Berlin: Beuth Verlag, August 2003

    [3] DIN V 18 599-5 Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primär-
    energiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung – Teil 5: Endenergiebedarf von Heizsystemen. Berlin: Beuth Verlag, Oktober 2016; ersetzt durch die Ausgabe September 2018

    [4] VDI 4650 Berechnung der Jahresarbeitszahl von Wärmepumpenanlagen – Elektrowärmepumpen zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung. Berlin: Beuth Verlag, 2009

    [5] VDI 4650 Blatt 1 Berechnung der Jahresarbeitszahl von Wärmepumpenanlagen – Elektrowärmepumpen zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung. Berlin: Beuth Verlag, 2019, und Berichtigung Juni 2020

    [6] DIN EN 14 511-2 Luftkonditionierer, Flüssigkeitskühlsätze und Wärmepumpen für die Raumbeheizung und -kühlung und Prozess-Kühler mit elektrisch angetriebenen Verdichtern – Teil 2: Prüfbedingungen. Berlin: Beuth Verlag, Juli 2004 (zurückgezogen); ersetzt durch Ausgabe Juli 2019 als Berichtigung zur Ausgabe Mai 2018

    [7] EN 255-2 Luftkonditionierer, Flüssigkeitskühlsätze und Wärmepumpen mit elektrisch angetriebenen ­Verdichtern – Heizen. Berlin: Beuth Verlag, Juli 1997 (zurück­gezogen)

    Autoren

    Prof. Dr.-Ing. Heiko Werdin
    Professur Gebäudesystemtechnik im Studiengang Gebäudesystemtechnik, Fakultät Maschinenbau an der HTW – Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden

    Bild: Werdin

    Dipl.-Ing. Uwe Marx
    Abteilung VC-P – Standardization & Association Management bei der Vaillant GmbH, 42859 Remscheid

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