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Umfrage

Energiewende und Versorgungssicherheit: Es ist noch viel zu tun!

Bild: Innung SHK Berlin

Um es gleich vorwegzunehmen: Die Politik muss verstehen, dass mehr Fachkräfte in der SHK-Branche benötigt werden, um die Ziele der Energiewende zu erreichen. Auf Bundesebene formulieren die Klimavorgaben, dass bis 2030 sechs Millionen Wärmepumpen einzubauen sind. Bis 2024 soll jede neue Heizung bis zu 65 % aus erneuerbaren Energien betrieben werden; bis zu 80 % bis 2030. Auf der Grundlage der mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizungssysteme in Wohngebäuden ergäbe sich für Berlin daraus eine Größenordnung von etwa 70 000 bis zum Jahr 2030 zu installierenden Wärmepumpen, und das bei einem Bestand von aktuell schätzungsweise 6000 bis 8000.

Bild: Innung SHK Berlin

Berlin hat sich das Ziel gesetzt, bis spätestens 2045 klimaneutral zu werden. Über die gesetzlichen Vorgaben des Bundes hinaus will das Land Berlin seine Anstrengungen verstärken, um bis 2045 eine Reduktion seiner CO2-Emissionen um 95 % zu erreichen. Die rechtliche Grundlage dazu stellt das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz dar. Das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) bis zum Jahr 2030 ist das zentrale Umsetzungsinstrument der Berliner Energie- und Klimaschutzpolitik für alle Handlungsfelder. Der Masterplan Solarcity beschreibt darüber hinaus den Weg zur Klimaneutralität. Ab 2023 sollen alle Neubauten in Berlin mit Photovoltaik oder Solarthermie versehen werden. Das gilt gleichermaßen bei Erneuerungen und Instandsetzungen von Bestandsdachflächen.

Die Innung SHK Berlin hat unmittelbar nach Verabschiedung des Koalitionsvertrages in den regionalen und überregionalen Leitmedien dazu Stellung bezogen, vor allem in Bezug auf die Machbarkeit der Wärmestrategien. Ohne ausreichend vorhandenes und geschultes Fachpersonal aus dem SHK-Handwerk werden die Klimaschutzziele schwer erreichbar sein. Auf Ebene des Zentralverbandes verwies Präsident Michael Hilpert auf eine Fachkräftelücke von 60 000 Monteuren bis 2030. Für Berlin entspräche das einer Zahl von mehr als 2000 Fachkräften, wobei es sich dabei eher um eine zurückhaltende Schätzung handelt.

Umfrage zur aktuellen Situation

Ausgehend von diesen politischen, personellen und logistischen Rahmenbedingungen entschloss sich die Innung im Januar 2022 zu einer großangelegten Umfrage unter den Berliner SHK-Betrieben. Ziel war, einerseits einen Überblick über die aktuelle Expertise der Betriebe zu gewinnen. Die Innung wollte mit einer Bestandsaufnahme in Erfahrung bringen, wie die Betriebe derzeit darauf vorbereitet sind, wie ihre Haltung dazu ist und welcher Nachqualifizierungsbedarf besteht bezüglich des Themas erneuerbare Energien. Es ging dabei um technisch-fachliche Kompetenzen, aber auch um Beratungskompetenzen gegenüber Kunden, nicht zuletzt in Bezug auf bestehende Fördermöglichkeiten. Andererseits diente die Befragung als Weckruf, um Betrieben ihre Schlüsselrolle in der Energiewende deutlich zu machen, die Chance zur Erschließung neuer Geschäftsfelder zu vermitteln, aber auch für den betrieblichen Anpassungsdruck zu sensibilisieren.

Es handelte sich um eine Onlinebefragung via Fragebogen, die für den Zeitraum von zehn Tagen freigeschaltet war. 212 Betriebe (Mitglieder und Nichtmitglieder) beteiligten sich an der Umfrage. Damit erreichte die Innung eine hohe Mobilisierungsquote. Als wesentliche Ergebnisse der Befragung sind festzuhalten:

  • Knapp die Hälfte der Betriebe verfügt bisher über keine Erfahrungen mit Wärmepumpen und nur knapp 41 % bereits seit mehr als fünf Jahren.
  • Der Anteil derjenigen, die bisher mehr als zehn Wärmepumpen im Neubau installiert haben, liegt unter einem Fünftel. Knapp 53 % haben bisher noch keine eigenen praktischen Kenntnisse. Selbst viele der Betriebe, die angeben, bereits seit mehr als fünf Jahren über Erfahrungen mit Wärmepumpen zu verfügen, haben diese noch nicht in hohen Stückzahlen eingesetzt. In der Altbausanierung liegt der Anteil der Betriebe, die bisher keine Wärmepumpen verbaut haben, nochmals knapp 10 % höher bei etwa 62 % und die Anzahl der Betriebe, die über diesbezügliche Praxiserfahrungen mit zehn oder mehr Anlagen verfügen, ist nur noch halb so groß wie im Neubau.
  • Bei den übrigen erneuerbaren Energien sind die praktischen Erfahrungen der Betriebe mit Ausnahme von solarthermischen Anlagen (ca. zwei Drittel) nochmals geringer. Schlusslicht bildet die Brennstoffzelle. Fast 20 % können insgesamt bei keiner Technologie praktische Erfahrungen vorweisen.
  • Insgesamt setzen 40 % der Unternehmen erneuerbare Energieheizsysteme im Neubau ein. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass ein nicht unerheblicher Teil der Unternehmen (knapp 28 %) lediglich in der Altbausanierung tätig ist. Dort liegt der Anteil der eingesetzten erneuerbaren Technologien bei ca. 46 %, wobei die Verteilung nach eingebauten Stückzahlen deutlich vom Neubau ­divergiert.
  • Qualifizierungsbedarf

    Den Themen hydraulischer Abgleich und Auslegung von Heizflächen kommt eine wachsende Bedeutung zu. 35 % geben jedoch tatsächlich an, keinen Schulungsbedarf für sich zu sehen. Für einige Technologien und bestehende Schulungsformate der Innung liegt der Prozentsatz sogar signifikant höher.

    Ungeachtet der Selbsteinschätzung der Berliner Betriebe erkennt die Innung einen erheblichen Unterstützungs- und Nachqualifizierungsbedarf. Das SHK-Handwerk wird nicht umhinkommen, sich den Marktentwicklungen und politischen Vorgaben zu stellen und sich mit den Themen Solarenergie, Elektrifizierung und Wärmepumpen zu beschäftigen. Die Innung SHK Berlin hat diesen Bedarf schon vor längerer Zeit erkannt und Schulungsangebote zu Heizflächenauslegungen und zum hydraulischen Abgleich, zur Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten im SHK-Handwerk, zu Wärmepumpen und anderen Sachkundelehrgängen durchgeführt. In Planung sind Schulungen zur Sachkunde bei der Montage von Photovoltaikanlagen, Qualifizierungsmaßnahmen für SHK-Meister zur Teileintragung (§ 7a HwO) in der Handwerksrolle für Elektrotechnik sowie einem auf das Kältemittel Propan angepassten Sachkundelehrgang Kategorie 1 für Tätigkeiten an Kälte- und Klimaanlagen und Wärmepumpen und ein Lehrgang zur Fachkraft für Solartechnik.

    Weitergehende Unterstützungsangebote

    Der Förderdschungel in Sachen erneuerbare Energien wirkt selbst für Fachleute zunehmend undurchdringlich. Die Innung sieht es deshalb als eine ihrer wesentlichen Aufgaben an, die Unternehmen im Sinne einer hohen Beratungskompetenz gegenüber den Endkunden zu unterstützen und über die sich ständig verändernden Rechts-, Verordnungs- und Förderbedingungen zu informieren.

    Dachdecker, Klempner, Elektrotechniker, Schornsteinfeger und SHKler werden absehbar sehr viel enger als bisher zusammenarbeiten. In Kooperation mit den entsprechenden Innungen werden wir künftig die gewerkeübergreifende Zusammenarbeit und die Bildung entsprechender Arbeitsgemeinschaften unterstützen. Ein erstes Fachbetriebe-­Matching wird noch im ersten Halbjahr 2022 stattfinden.

    Sanierung im Altbau, da ist jede Lösung individuell zu überprüfen und anzupassen. Ein Ergebnis unserer Umfrage war auch, dass die Betriebe nicht nur den Schulungsbedarf sehen, sondern ebenso den Erfahrungsaustausch untereinander suchen. Auch diesem Interesse unserer Unternehmen werden wir verstärkt nachkommen und einen entsprechenden Rahmen und passende Formate dazu bereitstellen.

    Fazit

    Lebenslanges Lernen ist in Zeiten der Energiewende für unsere Branche wichtiger denn je. Spezialisierung und Diversifizierung werden als Betriebsstrategien an Bedeutung gewinnen. Das SHK-Handwerk ist Teil der klimapolitischen Lösung. Klimaschutz und Energiewende gehen mit einer Stärkung dualer Ausbildung und systematischer Qualifizierung von Fachkräften zusammen. Die Innung als Interessenvertretung möchte den Betrieben den Weg dafür ebnen. „Energiewende und Versorgungssicherheit – wir sehen das SHK-Handwerk als Teil der Lösung. Die Zeitenwende bedeutet auch für uns einen Paradigmenwechsel, eine nicht mehr umkehrbare Entwicklung. Dafür erarbeiten wir Lösungen: verstärkte und gezielte Ansprache von Jugendlichen, ein passgenaues Fort- und Weiterbildungsangebot in unserem Kompetenzzentrum und in unserer Verbandsorganisation, neue und branchenübergreifende Kooperationen“, sagt Andreas Koch-Martin, Geschäftsführer der Innung SHK Berlin.