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Interview

Das organisierte Handwerk hat Wettbewerbsvorteile

Vergangenheit

SBZ: Zu Beginn Ihrer Tätigkeit befand sich die Geschäftsstelle des Fachverbands noch in Esslingen. Personell und vom Leistungsangebot her waren sie wesentlich kleiner aufgestellt. In der heutigen Form, mit Sitz in Stuttgart, entspricht der Verband einer umfangreichen Dienstleistungszentrale. Was war der Hauptantrieb für diese Entwicklung?

Dr. Hans-Balthas Klein: Der Fachverband hat in den vergangenen 30 Jahren die gleiche positive Entwicklung erlebt, die unsere gesamte Branche genommen hat. Die zunehmenden Anforderungen haben wir im Gleichschritt in unsere Arbeit aufgenommen, das spiegelt letztlich unser Wachstum wider. In seinem aktuellen Zustand verfügt der Verband über eine gute Qualität, was seine Beratungs-, Informations- und Dienstleistungsangebote betrifft. Das war unser Antrieb und ist gleichzeitig die Stärke unserer Tätigkeit.

SBZ: Das funktioniert aber nur mit einer gesunden Basis.

Dr. Klein: Die Verbandsarbeit war sicherlich kein Eigenläufer. Die Innungen und deren Betriebe haben erkannt, von einer erfolgreichen Verbandsarbeit profitieren alle Mitglieder. Das fördert die Bereitschaft, hinter dem Verband zu stehen, ihn zu tragen und letztendlich seine Tätigkeit zu unterstützen. Eine breite finanzielle Basis bietet beste Chancen, das Leistungsangebot permanent den entsprechenden Erfordernissen anzupassen.

SBZ: Und damit einhergehend die personelle Besetzung.

Dr. Klein: Am Anfang waren wir fünf oder sechs Beschäftigte. Im Verhältnis zu den Strukturen haben wir aber damals schon eine inhaltlich gute Verbandsarbeit geleistet. Heute beschäftigt der Fachverband ein Top-Team aus qualifizierten, motivierten und erfahrenen Mitarbeitern und Spezialisten, insgesamt rund 20 Personen. Das ist eine starke Entwicklung. Dieses Mehr an Leistungen haben sich unsere Mitglieder ausdrücklich gewünscht. Insofern waren wir dauerhaft in der Lage, Aktivitäten zu erweitern oder neue Angebote zu schaffen.

SBZ: Im Laufe Ihrer Tätigkeit haben Sie dabei mit vier Vorsitzenden zusammengearbeitet. Wer hat Sie am meisten geprägt?

Dr. Klein: Jeder auf seine spezielle Art. Das waren die vier Vorsitzenden Paul Schneider, Erwin Weller, Manfred Stather und Joachim Butz. Parallel dazu gab es zudem eine ganze Reihe anderer wichtiger Ehrenamtsträger, etwa die stellvertretenden Vorsitzenden. Jeder hat mir sehr geholfen und mich extrem unterstützt. Bei allen war das immer eine ganz tolle, vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Gegenwart

SBZ: Welchen Stellenwert genießt der Fachverband SHK heute in der baden-württembergischen Verbands- und Politiklandschaft?

Dr. Klein: Ich glaube, dass der Verband gut aufgestellt ist. Wir haben in Baden-Württemberg gegenüber der Politik und den Marktpartnern einen guten Ruf. Wir können nicht klagen, was die Wahrnehmung des Verbandes angeht. Ein Garant dafür war die Zusammenlegung der Verbände Württemberg-Nordbaden und Südbaden Anfang der 80er-Jahre. Das hat uns wesentlich schlagkräftiger gemacht: Ein Land, ein Branchenverband und demzufolge auch eine Position, die wir vertreten. Das trägt sicherlich dazu bei, dass wir hier über einen respektablen Grad der Anerkennung verfügen.

SBZ: Wie wirkt sich dieser Umstand im Detail aus?

Dr. Klein: Wir sind mit den Landtagsfraktionen und den für uns wichtigen Ministerien immer im Austausch. Wir haben ein gutes Verhältnis und begegnen uns auf Augenhöhe. Der Verband kann sich auch auf höchster politischer oder wirtschaftlicher Ebene positiv im Interesse seiner Mitglieder einbringen.

SBZ: Was kennzeichnet darüber hinaus einen erfolgreichen Verband?

Dr. Klein: Für Verbandsarbeit gibt es keine Kennziffern oder Planzahlen wie für gut geführte Wirtschaftsunternehmen. Ein Maßstab müsste vor allem sein, inwieweit es uns gelingt, den im Verband organisierten Handwerkern gegenüber den nichtorganisierten Betrieben dauerhafte Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Wir wissen ja seit der Strukturuntersuchung des Zentralverbands SHK auf Bundesebene im Jahr 2014, dass die organisierten Handwerker in eigentlich allen wesentlichen Bereichen im Schnitt besser abschneiden. Nimmt man das als Indikator, dann können wir sagen, dass unsere Berufsorganisation insgesamt eine erfolgreiche Verbandsarbeit geleistet hat und leistet.

SBZ: Also steht das Fachhandwerk in Baden-Württemberg ebenfalls gut da?

Dr. Klein: Die wirtschaftliche Situation der Betriebe, also auf Ertragssituation und Eigenkapital bezogen, hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. Aber wir sind weit davon entfernt, von befriedigenden oder guten Verhältnissen reden zu können. Ja, die Betriebe sind zwar zufrieden, aber das langfristige unternehmerische Denken, etwa in Faktoren wie Kapitalrendite, das ist sicherlich im Handwerk allgemein wie auch in unserem Bereich SHK nicht so ausgeprägt wie in der Wirtschaft insgesamt.

SBZ: Ist das eine Stellschraube für den Verband?

Dr. Klein: Es ist auf jeden Fall extrem wichtig, speziell das betriebswirtschaftliche Know-how in den Firmen zu verbessern. Es ist unsere Aufgabe, die Betriebe darauf hinzuweisen, welche Chancen und Möglichkeiten sie in der Optimierung im Bereich der Betriebsorganisation haben. Handwerkliche Qualität und technisches Know-how sind ja schon hoch. Aber entscheidend für ein erfolgreiches Bestehen ist eben nicht dieses technische Wissen alleine. Die Betriebe brauchen ja zunächst erst mal lukrative Aufträge. Und die müssen über alle Schritte hinweg durchkalkuliert werden, damit Deckungsbeitrag und Gewinn passen. Da sehe ich enormes Verbesserungspotenzial. Die Handwerker sollten sich also mehr als bisher mit dem Kern der Unternehmensführung auseinandersetzen.

SBZ: Gibt es ein Ereignis, das Sie als einen besonderen Erfolg verbuchen?

Dr. Klein: Ja. Ich freue mich riesig, dass es uns über all die Jahre gelungen ist, für den Fachverband Ehrenamtsträger zu finden, die Verantwortung übernommen haben. Das waren und sind Top-Leute, die uns mit ihren Ideen voranbringen und uns hervorragend repräsentieren. Zudem ist es uns immer gelungen, für diese Ehrenamtsträger auf Landesebene ein Arbeitsklima zu finden, in dem unsere Vertreter miteinander gut klarkamen. Das möchte ich ebenfalls als einen Erfolgsgarant für gute Verbandsarbeit hinzufügen: Top-Unternehmer, die mitwirken und die gleichzeitig das Miteinander gemeinschaftlich gestalten.

SBZ: Nimmt Baden-Württemberg da einen Vorbildcharakter ein?

Dr. Klein: Als strategischer Erfolgsfaktor für die Qualität und Leistungsfähigkeit der SHK- Berufsorganisation muss die Gewinnung von qualifizierten Unternehmern für das Ehrenamt forciert werden. Wir wollten immer die Besten der Besten für diese Positionen.

SBZ: Gibt es darüber hinaus Entwicklungen, die Sie als außergewöhnlich gelungen bezeichnen?

Dr. Klein: Dazu würde ich die Erfolgsstory der Fachmesse IFH/Intherm in Nürnberg zählen. Aus unserer Sicht stellt sie die Regionalmesse Nr. 1 in Deutschland dar.

SBZ: Das müssen Sie etwas genauer beschreiben.

Dr. Klein: Die SHK-Fachverbände Bayern und Baden-Württemberg hatten bis Ende der 70er-Jahre zwei eigenständige Fachmessen, Bayern in Nürnberg, wir in Ulm. Wir haben die beiden Messen Anfang der 80er-Jahre formal miteinander verbunden, nach einem regelmäßigen Standortwechsel zwischen Ulm und Nürnberg waren wir davon überzeugt, dass allein Nürnberg der bessere Standort der gemeinsamen Veranstaltung ist. Weil er zum Beispiel die bessere Infrastruktur bietet. Diese Entscheidung war die Basis dafür, dass sich die IFH zu einer Erfolgsstory entwickelt hat.

SBZ: Nach innen hin ist der Verband gut aufgestellt. Aber die Außenwahrnehmung des Berufs Anlagenmechaniker SHK an sich hat bundesweit stark an Attraktivität eingebüßt. Was ist zu tun?

Dr. Klein: Unsere Ausbildungsberufe haben aus der Sicht junger Menschen, deren Eltern und der Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen nicht den Stellenwert, der eigentlich angebracht wäre. Vor allem die Zukunftschancen und die Entwicklungsmöglichkeiten eines jeden Einzelnen sind zu wenig präsent. Wir dürfen hier nicht nachlassen, das Image der SHK-Branche aufzupolieren. Aber es nutzt überhaupt nichts, laufend neue Hochglanzprospekte zur Nachwuchswerbung herauszubringen. Wir müssen die Möglichkeiten jedem potenziellen Lehrling rüberbringen. Und dafür zählt zunächst einmal, dass jeder Betrieb ein positives Image vorleben muss. Das eigene Auftreten sollte positiv werben für die ganze Branche.

Zukunft

SBZ: Der Nachwuchsmangel ruft ja Kritiker auf den Plan, die der Meinung sind, das SHK-Handwerk wäre nicht mehr in der Lage, das hohe Auftragspotenzial zu bewältigen.

Dr. Klein: Der Behauptung, das Handwerk sei nicht in der Lage, die aktuellen Markterfordernisse abzudecken, stelle ich die Frage entgegen: Warum kommt jemand auf diesen Gedanken? Denn jedes Bad, das ein Kunde wünscht, wird nach wie vor gebaut. Jede Heizung wird nach wie vor installiert. Das wird auch in der Zukunft so sein, zumal wenn der Produktivitätsfortschritt einkalkuliert wird.

SBZ: Was möchten Sie zum Abschied der Berufsorganisation und anderen Verbänden mit auf den Weg geben?

Dr. Klein: Die SHK-Berufsorganisation muss auf allen Ebenen ihre wirtschaftliche Kompetenz deutlich ausbauen. Denn die Betriebe leben in erster Linie von einem ausreichenden Marktvolumen und von der Kundengewinnung bis hin zur Abrechnung von optimal gemanagten Aufträgen, die Geld bringen – nicht von technisch guten Handwerksleistungen. Der Markt und die Kunden müssen somit im Mittelpunkt stehen. Das heißt, die Berufsorganisation muss die Felder Wirtschaftspolitik und Marktentwicklung sowie Marketing noch besser bespielen.

SBZ: Und dabei Entwicklungsrichtungen aufzeigen?

Dr. Klein: Verbände sind nicht dann gut, wenn sie Nutzen aus anhaltenden Trends ziehen, denn dies ist keine besonders große Kunst. Sie sind dann gut, wenn sie frühzeitig Trendbrüche oder gar Neuland erkennen und ihre Organisation auf solche Situationen vorbereiten. Schon heute müssen wir gedanklich und konzeptionell am Prototyp des SHK-Handwerksbetriebs 2020 arbeiten – mit den Varianten Tätigkeitsgebiete, Mitarbeiterstärke und so weiter. Das heißt, wie muss sich ein Betrieb frühzeitig in der Betriebsorganisation, im Mitarbeiterprofil, im Marketing und dergleichen aufstellen? Wie kann er auch noch in fünf Jahren für den Unternehmer, für seine oftmals mitarbeitende Familie und für die Mitarbeiter eine fundierte Existenz im sich permanent ändernden Marktumfeld sicherstellen?

SBZ: Was möchten Sie den Handwerksbetrieben mit auf den Weg geben?

Dr. Klein: Sie sollten sich konzentrieren auf Tätigkeitsgebiete mit hoher Wertschöpfung, und das anbieten und umsetzen, was nicht jeder kann. Außerdem sollten sie nicht nur auf die gegenwärtige Wirtschaftslage schauen, sondern permanent die Zukunftsprobleme und Zukunftschancen sondieren und die Betriebe frühzeitig darauf ausrichten.

SBZ: Vielen Dank für das Gespräch

Info

Zwei mal ausgezeichnet

Der scheidende Hauptgeschäftsführer des Fachverbands SHK Baden-Württemberg, Dr. Hans-Balthas Klein, ist für sein jahrzehntelanges Wirken und seine Verdienste kürzlich mit zwei großen Ehrungen ausgezeichnet worden. Bei einem Festakt im Neuen Schloss in Stuttgart erhielt er das Bundesverdienstkreuz aus den Händen des Stellvertretenden Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Finanz- und Wirtschaftsminister Dr. Nils Schmid. Darüber hinaus wurde Dr. Klein vom Fachverband SHK Baden-Württemberg der Wilhelm-Braun-Preis verliehen. Die höchste Ehrung des Fachverbandes überreichte ihm sein Landesinnungsmeister Joachim Butz zur letzten Mitgliederversammlung.

Dr. Hans-Balthas Klein war von 1980 bis Ende 2015 Hauptgeschäftsführer. Der Fachverband vertritt 3700 mittelständisch strukturierte Fachbetriebe des Installations- und Heizungsbaus, der Klempnerei, des Ofen- und Luftheizungsbaus sowie des Behälter- und Apparatebaus. Der Handwerkssektor erwirtschaftete im Jahr 2014 einen Jahresumsatz von 5,3 Milliarden Euro und beschäftigte rund 47000 Mitarbeiter, davon 4000 Lehrlinge. Als Berufsorganisation vertritt der Fachverband die fachlichen und wirtschaftlichen Interessen der Mitgliedsbetriebe gegenüber Staat, Herstellern, Großhandel und Versorgungsunternehmen.