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Verbrennungswärme in Niedrigenergiehäusern genutzt

Wohnungslüftung und Kachelofen in Kombination

Viele Hausbesitzer schätzen die angenehme Wärme eines Kachelofens im Wohnzimmer. Aber in den heutigen Niedrigenergie- oder gar Passivhäusern ist der Wärmebedarf für die Beheizung so gering, dass die vom Kachelofen erzeugte Wärme nach kurzer Zeit zur Überhitzung des direkt beheizten Wohnbereichs führt. Die Nutzer öffnen dann die Fenster, um die überschüssige Wärme abzuführen. Diese Lösung des Überhitzungsproblems ist allerdings energetisch unbefriedigend, da wertvolle Heizenergie „zum Fenster hinaus“ gelüftet wird. Niedrigenergiehäuser haben zunehmend und Passivhäuser eigentlich immer eine Lüftungsanlage, die bei Passivhäusern meist auch der Beheizung dient. Eine Fensterlüftung wirkt kontraproduktiv, sie stört die auf das Gebäude eingestellte mechanische Lüftung.

Basierend auf diesen Überlegungen wurde ein raumluftunabhängiger Speicherofen (Keramikspeichersystem Plain der Jasba-Ofenkachel GmbH, Gebrauchsmuster erteilt unter Nr. 20 2008 008 855.0, Anmeldung zum europäischen Patent unter Nr. 09401020.4 – 1266) im Wärmeverbund mit einer Wohnungslüftungsanlage entwickelt. Herzstück der Anlage ist ein vom DIBt für den raumluftunabhängigen Betrieb zugelassener Speicherofen.

Parallel dazu wird eine zentrale Zuluft-/Abluftanlage mit einem handelsüblichen Gerät zur kontrollierten Wohnungslüftung betrieben. Die Wärmerückgewinnung erfolgt hierbei über einen Plattenwärmeübertrager, der einen Teil der in der Abluft enthaltenen Wärmeenergie zurückgewinnt und dem Zuluftstrom zuführt.

Die vom Ofen gewärmte Luft geht in die Wärmerückgewinnung

Die neuartige Idee steckt nun darin, die überschüssige Wärme des raumluftunabhängigen Speicherofens nicht wie früher direkt – also mit allen unvermeidlichen Verschmutzungen – in benachbarte Räume zu leiten, sondern als Abluft dem Lüftungsgerät zuzuführen. Hierzu wird der raumluftunabhängige Speicherofen mit einem Luftaufsatz versehen, durch den ein Teil der Raumluft geleitet und der Abluft aus der übrigen Wohnung beigemischt wird.

Dadurch erhöht sich die Ablufttemperatur auf deutlich über die Raumtemperatur und damit auch die Zulufttemperatur in der Lüftungsanlage. Diese steigt so weit an, dass praktisch eine Luftheizung entsteht. Das Ergebnis stellt bei Niedrigenergiehäusern eine Zusatzheizung dar, bei Passivhäusern kann eine darüber hinausgehende Heizung unter Umständen sogar vollkommen entfallen.

Um eine unbehagliche Überhitzung der Zulufttemperatur zu vermeiden, wurde eine Regeleinrichtung entwickelt, die automatisch den Anteil der Ofenluft an der Abluft der Lüftungsanlage drosselt. Eine daran angepasste Regelung der Ofenfeuerung ist ebenfalls möglich. Im folgenden wurde anhand von Messungen in einem Versuchsgebäude überprüft, ob die dargestellte Zusatzheizung in der Praxis funktioniert.

Entwicklung des Messaufbaus in einem älteren Wohngebäude

Bei dem zur Verfügung stehenden Versuchsgebäude handelt es sich um ein Fertighaus in Holztafelbauart auf massivem Keller, Baujahr 1966. Dieses ist nicht vergleichbar mit Niedrigenergie- oder Passivhäusern, die Gebäudehülle entspricht unverändert dem Stand der 1960er Jahre. In diesem Gebäude wurde eine Messanlage installiert, mit der nicht nur die Temperaturen am raumluftunabhängigen Speicherofen und an der Lüftungsanlage, sondern auch in jedem beheizten Raum des EG und DG gemessen werden konnten.

Abweichend von der ursprünglichen Planung wurde die Anlage nach der Erstinstallation der Messanlage noch um einen Wärmeabsorber in Form umlaufender Wellrohre erweitert. Diese sind in ein Metallgeflecht direkt auf der Ofenoberfläche eingebettet. Dabei strömt die Ofenluft für die Lüftungsanlage zwischen dieser Rohrschicht und dem Keramikmantel. Ebenfalls wurde ein Pufferspeicher für die Warmwasserheizung installiert, um die durch den Speicherofen erzeugte Überschusswärme im Wohn- und Essbereich zu reduzieren. Erreicht die Ofenlufttemperatur 60 °C, springt die Pumpe an.

Ergänzend zu den o.g. Temperaturmessungen wurden an drei Stellen mit einem Flügelrad-Anemometer Volumenstrommessungen durchgeführt, und zwar während des Betriebes der Lüftungsanlage:

  • in der Zuluft
  • in der Gesamt-Abluft
  • in der Ofenluft

Messungen bei verschiedenen Außentemperaturen

Da das nicht genutzte Versuchsgebäude außerhalb der Messzeiten unbeheizt war, wurde vor Beginn der Messungen am 20. und 21.10.2009 die vorhandene Warmwasserheizung zur Aufheizung des Gebäudes genutzt. Auf diese Weise sollte erreicht werden, dass die folgenden Messungen in einem möglichst stationären Anlagenbetrieb durchgeführt werden konnten.

An den drei folgenden Messtagen wurde die Lüftungsanlage per Schaltuhr von 9:50 bis 22:00 Uhr betrieben, um die Auskühlung des Hauses in der Nacht ohne Nachheizung der Zuluft zu vermindern. Tagsüber ergab sich dann folgendes Bild: Nach dem Einschalten arbeitete die Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlage zunächst ohne Ofenwärme. Erst bei Erreichen der Ofenlufttemperatur von 60 °C arbeitete sie im Wärmeverbund mit dem Kachelspeicherofen.

Dabei zeigte sich, dass trotz der zweitägigen Aufheizphase mit der Warmwasserheizung die hohe Speichermasse des Kachelspeicherofens beim ersten Anheizen am ersten Heiztag im Wärmeverbund zu einer nur zögerlichen Erwärmung der Zuluft führte – ein Effekt, der sich an den Folgetagen deutlich verringerte. Die Ablufttemperatur lag während der Heizzeit relativ konstant bei im Mittel 21,3 °C. Entsprechend der Rückwärmezahl des Plattenwärmeübertragers stieg mit der Zulufttemperatur erwartungsgemäß auch die Fortlufttemperatur.

Am dritten Heiztag zeigte sich, dass fehlendes Auflegen von Holz im Kachelspeicherofen zu einer deutlichen Absenkung der Abgas- und Ofenlufttemperatur und damit auch der Zulufttemperatur führte. Betrachtet man aber die Raumlufttemperaturen, so ist auf Grund der Wärmespeicherfähigkeit des Versuchsgebäudes außer im vom Kachelofen direkt beheizten Wohnzimmer praktisch keine Auswirkung auf die Temperatur feststellbar.

Beispielhaft ergibt sich für den 2. Heiztag eine auf die Außenluftseite bezogene Rückwärmezahl bezogen auf die Abluft der Räume vor Zumischen der Ofenluft zu 1,29. Durch Temperaturübertragung aus dem Ofen ergibt sich somit ein überhöhter Wert größer als 1, d.h. der Kachelspeicherofen wirkt wie eine Nachheizung im Lüftungsgerät.

Messungen bei Temperaturen unter 0 °C

Am 16.12.2009 wurden während der abendlichen Messzeit Außenlufttemperaturen deutlich unter 0 °C gemessen. Es wurde der Kachelspeicherofen unter Volllast parallel zu der in allen Räumen wirksamen Warmwasserheizung betrieben. Die Heizkörper wurden per Thermostatventil auf Stufe 2 heruntergeregelt. Dabei stellten sich die in Bild 4 dargestellten Temperaturen ein.

Ebenfalls am 16.12.2009 wurden die Volumenströme am Lüftungsgerät gemessen. Dabei ergab sich

  • ein Zuluft-Volumenstrom von 310 m³/h,
  • ein Abluft-Volumenstrom von 295 m³/h
  • ein Ofenluft-Volumenstrom von 80 m³/h.

Hinweis: Im Automatikbetrieb (Tagbetrieb) arbeitet die Wohnungslüftungsanlage in der Regel mit einer geringen Luftmenge in der Leistungsstufe 2. Um zur Beheizung der ­Räume möglichst viel Wärme mit moderater Zulufttemperatur in die Räume zu bringen, wurde hier die serienmäßig in der Steuerung der Lüftungsanlage vorhandene Betriebsart „Entfeuchtung“ genutzt, um die Anlage bei Heizbetrieb mit Wärme aus dem Ofen in die maximale Leistungsstufe 3 zu schalten.

Aus den in Bild 5 zusammengestellten Strömen und Temperaturen berechnet sich die gesamte Heizleistung von Wohnungslüftungsanlage und Speicherofen im Wärmeverbund zu 3,2 kW. Hinweis: Die Lüftungsanlage wurde in diesem Versuchsgebäude mangels Bewohnung (mit entsprechender Feuchteproduktion durch Menschen, wie z.B. beim Kochen oder Duschen) immer im trockenen Bereich, also ohne Kondensation und damit ohne Nutzung von Kondensationswärme auf der Abluftseite der Wärmerückgewinnung, gefahren.

Zusammenfassung und Ausblick in die Praxis

Es wurde die Idee entwickelt, die überschüssige Wärme eines raumluftunabhängigen Speicherofens als Abluft einem Lüftungsgerät zuzuführen. Der raumluftunabhängige Speicherofen wurde mit einem Luftaufsatz versehen, durch den ein Teil der Raumluft geleitet und der Abluft aus der übrigen Wohnung beigemischt wird, wodurch sich die Ablufttemperatur auf deutlich über die Raumtemperatur erhöht. Damit steigt auch die Zulufttemperatur in der Lüftungsanlage so weit an, dass praktisch eine Luftheizung entsteht. Anhand von Messungen in einem Versuchsgebäude konnte bestätigt werden, dass dieses Konzept in der Praxis funktioniert: An einem kalten Wintertag konnte eine gesamte Heizleistung von Wohnungslüftungsanlage und Speicherofen im Wärmeverbund von 3,2 kW ermittelt werden.

Für dieses Anlagenkonzept „Raumluftunabhängiger Speicherofen im Wärmeverbund mit Wohnungslüftungsanlage“ ergeben sich verschiedene Einsatzmöglichkeiten. In Niedrigenergiehäusern wie auch in älteren Bestandsgebäuden (sofern in diesen eine Lüftungsanlage nachgerüstet werden kann und soll) ist eine Ergänzung der Warmwasserheizung möglich. Deren Wärmeabgabe wird durch richtig eingestellte Thermostatventile bei hohem Wärmeangebot aus dem Kachelspeicherofen heruntergeregelt.

Darüber hinaus ist wie im Versuchsgebäude ein Wärmeabsorber im raumluftunabhängigen Speicherofen möglich, dessen erwärmtes Wasser einem (auch für Solarthermie nutzbaren) Pufferspeicher zugeführt werden kann.

Im Passivhaus kann die Warmwasserheizung entfallen

In Passivhäusern kann auf eine konventionelle Warmwasserheizung verzichtet und der geringe verbleibende Wärmebedarf statt durch die heute übliche Abluftwärmepumpe durch den raumluftunabhängigen Speicherofen gedeckt werden. Dabei muss allerdings ein verminderter Komfort in Kauf genommen werden: Ohne Holzauflage im Kachelspeicherofen wird keine Wärme erzeugt. Insbesondere für die Trinkwassererwärmung ist in diesem Fall ein ausreichend dimensionierter Pufferspeicher unumgänglich, damit auch an Wintertagen morgens vor dem Anheizen des Kachelspeicherofens geduscht werden kann.Sinnvoll bei beiden Konzepten sind Gebäude mit ausreichender Speichermasse, da der Kachelspeicherofen in der Regel intermittierend, also im Wechsel zwischen Betrieb und Stillstand, betrieben wird. Je höher die Speichermasse des Gebäudes ist, desto weniger Auswirkungen hat dieser Betrieb auf die Raumtemperaturen im Gebäude.

Extras

Den ausführlichen Bericht (17 Seiten) mit Formeln und Tabellen stellen wir Ihnen als PDF-Datei auf unserer Internetseite zum Download zur Verfügung:

https://www.sbz-online.de/tags/extras-zum-heft

Autoren

Prof. Dr.-Ing. Helmut Marquardt, Institut für Weiter­bildung und Bau­prüfung an der Hochschule 21, 21614 Buxtehude, marquardt@hs21.de, http://www.fhbuxtehude.de/buxtehude/marquardt

Walter Mertens, Meister im Kachelofen- und Luftheizungsbau, diverse Entwicklungen und Patente, Mertens Kachelöfen und ­Fliesen GmbH, Winsen/Luhe

Dipl.-Ing. (FH) Harald Ruland i.R., vormals tätig für ­Jasba Ofenkachel GmbH, 56235 Ransbach-Baumbach, ­info@­jasba-ofenkachel.de