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Vermeidung von Korrosionsschäden und Steinbildung — Teil 2

Wenn kalkhaltiges Wasser die Rohre angreift

Das Wasserversorgungsunternehmen hat dafür Sorge zu tragen, dass sich die Hausanschlussleitung bis zur Armatur nach dem Wasserzähler in einem hygienisch einwandfreien Zustand befindet (DVGW-Arbeitsblätter W 404 und W 291 [12, 13]). Vor der Inbetriebnahme der Trinkwasser-Installation ist Folgendes durchzuführen:

• Einbau eines Feinfilters (DIN EN 13443-1 [14]),

• Prüfen auf Verschließen der Anschlüsse und Leitungen (DIN 1988-2),

• Demontage empfindlicher Regel- und Sanitärarmaturen (Schutz vor Druckstößen und Wasserschlag),

• Erstbefüllung der Leitung mit filtriertem Trinkwasser,

• vollständige Entlüftung,

• Dichtheitsprüfung nach DIN 1988-2 (Prüfdruck 1,5facher Betriebsdruck),

• Spülen der Rohrleitung nach DIN 1988-2 oder nach den Kriterien des ZVSHK [15], unmittelbar nach der Dichtheitsprüfung.

Wenn zwischen der Spülung und der Inbetriebnahme längere Stillstandzeiten zu erwarten sind, sollte die Trinkwasser-Anlage vollständig befüllt stehen gelassen werden. Unmittelbar vor der Inbetriebnahme ist das Stagnationswasser auszutauschen. Zur Vermeidung von mikrobiellen Kontaminationen kann in besonderen Fällen dem Füllwasser eine geringe Menge Desinfektionsmittel zugesetzt werden. Gegebenenfalls sind bei längeren Stillstandszeiten, z.B. über mehrere Monate, die Desinfektionsmittel-Konzentrationen zu überprüfen und zu korrigieren. Solche Desinfektionsmaßnahmen sind mit dem Hersteller der Rohrleitungen, Armaturen und sonstiger Bauteile abzustimmen. Insgesamt kann durch Desinfektionsmaßnahmen die Korrosionswahrscheinlichkeit erhöht sein. Wenn die Trinkwasser-Anlage aus technischen Gründen nicht befüllt bleiben kann (z.B. bei Frostgefahr), so sollte auf die Erstbefüllung mit Trinkwasser vor der Dichtigkeitsprüfung verzichtet werden. Stattdessen sollte die Prüfung mit ölfreier Druckluft oder inerten Gasen (z.B. Stickstoff) durchgeführt werden [16].

Betrieb der Trinkwasser-Anlage

Um eine Beeinträchtigung der Trinkwasserbeschaffenheit (Bild 1) zu vermeiden, ist die Trinkwasser-Installation bestimmungsgemäß und mit ausreichendem Durchfluss zu betreiben. Außerdem sollte die Anlage regelmäßig überwacht und gewartet werden. Die Angaben in DIN 1988-8 sind zu beachten. Sollten Korrosionsschäden aufgetreten sein, ist zu überprüfen, ob weitere Schäden durch eine Behandlung des Trinkwassers vermieden werden können. Korrosionsschutzmaßnahmen können erforderlich werden bei:

• Umstellung auf eine andere Wasserqualität im Versorgungsgebiet,

• Verteilung von Wässern unterschiedlicher Beschaffenheit [11],

• falscher Werkstoffauswahl.

Bei der Auswahl der Maßnahmen der Wasserbehandlung sind Werkstoffe, Wasserbeschaffenheit, Art der Installation und die Betriebsbedingungen zu berücksichtigen. Der Erfolg der Wasseraufbereitung kann nach DIN 50934 [17] geprüft werden. Es ist in allen Fällen sicherzustellen, dass es durch die Behandlung des Trinkwassers zu hygienischen Beeinträchtigungen der Wasserbeschaffenheit und technischen Mängeln bei der Funktion der Trinkwasser-Installation kommt. Die Dosierung von Chemikalien zum Korrosionsschutz (Korrosionsinhibitoren) hat so zu erfolgen, dass eine Verteilung in der gesamten zu schützenden Installation erfolgt. Chemikalien und Geräte müssen DIN 19635 entsprechen [18]. Die Dosierstoffe müssen nach der Trinkwasserverordnung zugelassen sein [19]. Kathodischer Korrosionsschutz in Trinkwasser-Installationen wird nur bei Speicherwassererwärmern eingesetzt. Bei Planung, Installation, Betrieb und Wartung sind die Angaben der Hersteller zu beachten.

Verminderung der Steinbildung

Die Neigung eines Trinkwassers zur Ausscheidung von Calciumcarbonat (Kalk, Steinbildung) nimmt mit steigender Temperatur sowie mit zunehmenden Konzentrationen an Calcium- und Hydrogencarbonat-Ionen zu. Zu Störungen kommt es daher vorwiegend in Trinkwasser-Installationen, in denen warmes, härteres Wasser verteilt wird. Das Ausmaß der Steinbildung kann durch die Art der Trinkwassererwärmung und die Betriebsbedingungen (Temperatur) beeinflusst werden. Aus hygienischen Gründen (Legionellen-Prophylaxe) ist man gezwungen, eine Temperaturuntergrenze einzuhalten bzw. zu überschreiten. Es lassen sich keine exakten Grenzen hinsichtlich der Calciumcarbonat-Abscheidung und der Wassertemperatur angeben, bei der keine Störungen auftreten. Aus praktischen Erfahrungen und Untersuchungen kann eine Calcitabscheidekapazität von ca. 25 bis 30mg/L CaCO3 toleriert werden [20]. Aus Bild 2 kann abhängig von der Säurekapazität des Trinkwassers die Temperatur entnommen werden, bei denen dieser Wert überschritten wird, d.h. Maßnahmen zu Verminderung der Steinbildung empfehlenswert sind. Das Wasser entspricht dem theoretisch ungünstigsten Fall gleicher äquivalenter Calcium- und Hydrogencarbonat-Ionen-Konzentrationen (Calcium-Hydrogencarbonat-Typ). In Bild 3 sind die Wasserbehandlungsmaßnahmen für Trinkwassererwärmer abhängig von der Calcium-Konzentration des Kaltwassers und der mittleren Warmwassertemperatur (Reglertemperatur) nach [3] aufgeführt. Als Maßnahmen zur Verminderung von Steinbildung kommen in Betracht:

• Dosierung von Polyphosphaten,

• Teil-Enthärtung,

• Stabilisierung durch Kalkschutzgeräte.

Alle Behandlungsmaßnahmen haben im Kaltwasserzulauf zum Trinkwassererwärmer zu erfolgen, nicht am Eintritt des Trinkwassers in die Trinkwasser-Installation am Wasserzähler. Die Dosierung von Polyphosphaten beeinflusst die Bildung von Calciumcarbonat-Kristallen, sodass die Härtebildner gelöst oder fein verteilt ausfallen (Schlammbildung). Durch die komplexbildenden Eigenschaften der Polyphosphate nimmt die Löslichkeit an Schwermetallen erheblich zu. Vielfach kommt es zu Überschreitungen der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung. Polyphosphate hydrolysieren in Abhängigkeit von Temperatur und Zeit zu Orthophosphaten, wodurch ihre stabilisierende Wirkung abnimmt. Dagegen kann die korrosionsschützende Wirkung zunehmen. Die Dosieranlagen haben den Normen [14] zu entsprechen. Die Produkte müssen nach der Trinkwasserverordnung zugelassen sein. Bei der Teilenthärtung werden mit Ionenaustauschern die Calcium-Ionen des Trinkwassers gegen Natrium-Ionen ausgetauscht und damit die Steinbildung vermindert. Die Ausführung und der Betrieb von Enthärtungsanlagen hat den Normen und Regelwerken zu entsprechen [21, 22]. Die Anforderungen der Trinkwasserverordnung an die Wasserstoffionen-Konzentration (pH-Wert) sind einzuhalten. Kalkschutzgeräte, die nach physikalischen oder physikalisch-chemischen Verfahren arbeiten, können die Steinbildung vermindern. Die Geräte müssen nach DVGWArbeitsblatt W 512 [23] geprüft und den Anforderungen des DVGW-Arbeitsblattes W510 entsprechen [24]. In jüngerer Zeit werden Kalkschutzgeräte verwendet, die nach Membran-Verfahren arbeiten. Die Membranen haben die Anforderungen der KTW-Empfehlungen [25] und des DVGW-Arbeitsblattes W 270 [26] zu erfüllen.

Schäden durch Außenkorrosion

Schäden durch Außenkorrosion treten dann bevorzugt auf, wenn Wasser zur Metall­oberfläche hinzutreten kann [27]. Erdverlegte Stahlrohrleitungen sind durch Umhüllungen zu schützen. Praxisüblich sind normgerechte Umhüllungen aus Polyethylen, Bitumen, Epoxidharz und Polyurethan-Teer. Für im Erdboden verlegte Rohrleitungen aus duktilem Gusseisen werden Polyethylen- und Zementmörtel-Umhüllungen, Zink-Überzüge mit Deckbeschichtung, Bitumenbeschichtungen sowie Polyethylen-Folien­umhüllungen verwendet. Die Anwendungsempfehlungen der Normen und Regelwerke sind zu beachten. Bei Kupferrohrleitungen für Erdverlegung ist zur Vermeidung von Elementbildung mit anderen metallischen Werkstoffen eine Umhüllung mit Kunststoffen vorzusehen [27]. Die Rohrleitungen erhalten normalerweise werksseitig Kunststoffummantelungen, für die besondere Anforderungen an Porenfreiheit, spezifischen Umhüllungswiderstand, Eindruckwiderstand, Schlagbeständigkeit, Reißdehnung und Reißfestigkeit zu erfüllen sind. Um eine Elementbildung mit Fremdkathoden (z.B. Stahlbetonfundamente) zu vermeiden, sind in elektrisch durchgehend leitend verbundene erdverlegte metallische Leitungen bei Einführung in das Gebäude und vor Austritt aus dem Gebäude jeweils Isolierstücke einzubauen.

Nachträglicher Korrosionsschutz

Für den nachträglichen Korrosionsschutz erdverlegter Rohrleitungen, Verbinder und Armaturen werden Korrosionsschutzbinden und Schrumpfschläuche verwendet. Dabei sind die jeweilige Belastungsklasse, DIN-Normen, DVGW-Arbeitsblätter und Angaben der Hersteller zu beachten. Rohrleitungen, die außen und im Freien verlegt werden, sind insbesondere bei Vorliegen von korrosiven Medien, wie Ammoniak, Schwefelwasserstoff und salzhaltigen Medien zum Korrosionsschutz mit Umhüllungen zu versehen. Außerdem sind sie gegen Frosteinwirkung zu isolieren. Dies gilt auch sinngemäß für frei verlegte Rohrleitungen in Gebäuden. Rohrleitungen in Gebäuden sollten nicht über längere Zeit mit Feuchtigkeit in Berührung kommen. Wenn Gebäudeteile bestimmungsgemäß feucht sind, ist eine wassersperrende Feuchtigkeitsisolierung der Rohrleitungen, Armaturen und Bauteile vorzunehmen. Wechselstrom führt in Anwesenheit von Feuchtigkeit zu einem verstärkten Korrosionsangriff der Außenoberfläche. Werden schmelztauchverzinkte Stahlrohre, Verbinder oder sonstige Bauteile auf Betondecken verlegt, ist auf eine vollständige Betonumhüllung zu achten. Außerdem ist zusätzlich zwischen Betonboden und Stahlrohr eine etwa 1 m breite Sperrfolie anzuordnen. Korrosionsschäden können auftreten:

• wenn die Rohre unmittelbar auf der Wärmedammplatte verlegt werden,

• bei Einbetten der Rohre in Sand,

• bei Verwendung von Kunststoff- oder Holztragekonstruktionen anstelle von Stahlblechkörpern oder Beton (örtlich fehlende Passivierung),

• fehlende oder unzureichende Abdichtung kreuzender Dehnungsfugen gegen Wasserzutritt.

Des Weiteren können Korrosionsschäden durch Kontakt bzw. Umhüllung mit neutralen und schwach saueren Baustoffen, wie Gips, Sand, Holz, auftreten. Insbesondere durch Gips entstehen auf Stahlrohren örtliche Angriffstellen mit dicken Rostinkrustierungen und späterem Wanddurchbruch. Das Anheften von Rohren z.B. in Mauerschlitzen mit Gips und Einputzen mit Kalkmörtel ist nicht zulässig. Bei Berührung mit feuchtem Sand oder Holz können Stahlrohre großflächig korrodieren (Bild 4). Dämmstoffe und Umhüllungen für Kupferwerkstoffe müssen nitritfrei sein. Der Gehalt an Ammoniak ist auf 0,2% (m/m) begrenzt. Für Rohre aus nichtrostendem Stahl dürfen nur Dämmstoffe bzw. Umhüllungen verwendet werden, deren Gehalt an wasserlöslichem Chlorid unter 0,02% (m/m) beträgt. Dämmstoffe und Umhüllungen müssen vor Durchnässung geschützt sein. Durch den Dämmstoff selbst erfährt das eindringende Wasser keine Veränderung. Bei Rohrleitungen aus unlegierten Eisenwerkstoffen verhindert das Wasser jedoch eine Passivierung des Werkstoffs. Unter dem durchfeuchteten Dämmstoff (Anode) findet dann verstärkte Korrosion statt (Bild 5). Werden Rohrleitungen in Bodenkanälen verlegt, so ist bauseits sicherzustellen, dass kein Wasser in die Kanäle eindringen kann. Die üblicherweise auftretende Baufeuchte führt normalerweise nicht zu Korrosionsschäden. In allen Fällen, in denen ein Korrosionsschutz durch Beschichtungen erforderlich ist, müssen diese dickschichtig, poren- und verletzungsfrei aufgebracht werden.

Die in der DIN 1988-7 enthaltenen Hinweise und Anforderungen sollen Schäden durch Korrosion an metallischen Werkstoffen und Störungen durch Steinbildung in Trinkwasser-Installationen innerhalb und außerhalb von Gebäuden vermeiden. Außerdem soll durch entsprechende Maßnahmen einer Veränderung der Trinkwasserbeschaffenheit entgegengewirkt werden. Durch die Norm sollen dem Installateur und Planer alle notwendigen Hinweise zu einer korrosionsschutzgerechten Anlagenplanung, zur Werkstoffauswahl, Installationsausführung, Inbetriebnahme und zum Betrieb dieser Anlagen gegeben werden.

Literatur

[12] DVGW-Arbeitsblatt W 404 Wasseranschlussleitungen

[13] DVGW-Arbeitsblatt W 291 Reinigung und Desinfektion von Wasserverteilungsanlagen

[14] DIN EN 13443-1, Anlagen zur Behandlung von Trinkwasser innerhalb von Gebäuden – Mechanisch wirkende Filter, Teil 1

[15] ZVSHK-Merkblatt „Hinweise zur Durchführung von Spülverfahren für Trinkwasser-Installationen“

[16] ZVSHK-Merkblatt „Durchführung einer Druckprüfung mit ölfreier Druckluft oder inerten Gasen für Trinkwasser-Installationen nach DIN 1988 (TRWI)“

[17] DIN 50934; Korrosion der Metalle – Verfahren zur Beurteilung der Wirksamkeit von Wasserbehandlungsverfahren zum Korrosionsschutz, Teile 1 bis 4

[18] DIN 19635; Dosiergeräte zu Behandlung von Trinkwasser – Anforderungen, Prüfung, Betrieb; Technische Regel des DVGW

[19] Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren gemäß Trinkwasserverordnung 2001

[20] Nissing, W.: unveröffentlicht

[21] DIN 19636; Enthärtungsanlagen (Kationenaustauscher) in der Trinkwasser-Installation – Anforderungen, Prüfungen; Technische Regel des DVGW

[22] E DIN EN 14743; Anlagen zur Behandlung von Trinkwasser innerhalb von Gebäuden – Enthärter– Anforderungen an Ausführung und Sicherheit, Prüfung

[23] DVGW-W 510; Kalkschutzgeräte zum Einsatz in Trinkwasser-Installationen Anforderungen und Prüfungen

[24] DVGW-W 512; Verfahren zur Beurteilung der Wirksamkeit von Wasserbehandlungsanlagen zur Verminderung der Steinbildung

[25] KTW-Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes

[26] DVGW-Arbeitsblatt W 270; Vermehrung von Mikroorganismen auf Materialien für den Trinkwasserbereich; Prüfung und Bewertung Dezember 1990

[27] DIN 50929; Korrosion der Metalle – Korrosion metallischer Werkstoffe bei äußerer Korrosionsbelastung, Teil 1 bis 3

Weitere Informationen

Unser Autor Dipl.-Ing. Werner Nissing referierte zu diesem Thema beim 1. Deutschen Forum Innenraumhygiene Mitte Oktober 2007 in Bochum. Nissing ist seit 1967 bei der Gelsenwasser AG zuständig für Wasseraufbereitung und Korrosion. Seit über 25 Jahren arbeitet er in nationalen und internationalen Gremien mit wie DIN, DVGW, VDI, GFKORR und CEN, Telefon (01 75) 1 55 84 99, E-Mail: w_ nissing@t-online.de

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