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Tücken der Trinkwasserverordnung

Haftungsrisiken absichern

Die zuletzt im Jahr 2012 überarbeitete Trinkwasserverordnung (TrinkwV) ist bekanntlich das „Grundgesetz“ zur Sicherung der hohen Qualität des Trinkwassers in Deutschland. Es handelt sich um eine verbindliche Vorschrift des öffentlichen Rechts mit Gültigkeit für jedermann. Zusammen mit den neuen Technischen Regeln für die Trinkwasserinstallation (TRWI) definieren die Vorschriften deutlich höhere Anforderungen und Sorgfaltspflichten bei Planung, Ausschreibung sowie Ausführung von Installationen, aber auch für das Betreiben von Trinkwasseranlagen. Dazu kommen neue Aufgabenfelder für Installateurunternehmen. Parallel zu den Haftungsfragen gewinnen die Fragen eines effektiven und nachhaltigen Versicherungsschutzes an Bedeutung.

Risiko und Haftungsfelder

Das Risiko, dem sich der Installateur nebeneinander zivilrechtlichen, ordnungsrechtlichen und gegebenenfalls sogar strafrechtlichen Haftungstatbeständen ausgesetzt sieht, ergibt sich aus dem komplexen Schutzziel des geltenden Rechts bei der Trinkwasserinstallation. Es geht in erster Linie um die menschliche Gesundheit, die vor nachteiligen Einflüssen, die sich aus der Verunreinigung von Wasser ergeben könnte, geschützt werden müsse (§ 1 der TrinkwV). Die Rechtsprechung verfolgt seit den letzten Jahren den Trend zur Verschärfung der Haftung bei Hygiene- und ­Gesundheitsbeeinträchtigungen. Hygiene sei grundsätzlich regelbar und gehöre deshalb in den Bereich der beherrschbaren Risiken (BGH, Az: VI ZR 158/06; VI ZR 118/06). Nachfolgend soll insbesondere auf die Folgen der zivilrechtlichen Haftung eingegangen werden. Hier kommen zwei Hauptkomplexe infrage: das deliktische Handeln und die Sachmängelhaftung aus dem Werkvertragsrecht.

Haftungsfeld: Delikt

Das BGB sieht in § 280 vor: „Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen…“ Aber selbst wenn zwischen den Handelnden nicht einmal ein Vertrag besteht, kommt eine zivilrechtliche Haftung für schuldhaftes Handeln in Betracht. Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet, so das BGB in § 823.

Beispiele: Eine Patientin zieht sich in einem schlafmedizinischen Zentrum eine Legionellen-Pneumonie zu. Ursache sind Mängel in der Trinkwasseranlage. Der Gebäudeeigentümer wird erfolgreich auf Schmerzensgeld und Schadenersatz verklagt (LG Dortmund, Urteil vom 01.09.2010 – Az:4 O 167/09). Oder:

Ein Vermieter lässt die Trinkwasseranlage nicht warten. Es entstehen Krankheitskeime, die Gesundheit eines Mieters wird beeinträchtigt und der Vermieter hat Schmerzensgeld zu zahlen (LG Saarbrücken, Urteil vom 11.12.2009 – Az:10 S 26/08).

Haftungsansprüche von Betroffenen werden sich zunächst erst einmal an den Betreiber von Anlagen richten. Allerdings wird die Haftung an Installateurbetriebe weitergegeben, wenn Anlass zur Annahme besteht, dass die Schadensituation durch ihr Tun oder Unterlassen begründet wurde.

Haftungsfeld: Werkvertrag

An dieser Stelle wird dann zugleich die Sachmängelhaftung aus den Werkverträgen tangiert. Bei allen Eingriffen in die Gebäudesubstanz werden die Leistungen der ausführenden Unternehmer nach den Gewährleistungsvorschriften zur gesetzlichen und vertraglich bestimmten Sachmängelfreiheit beurteilt. Die TrinkwV, die novellierten europarechtlichen Installationsnormen, aber auch die Merkblätter und Technischen Hinweise der Fachverbände und regelsetzenden Einrichtungen sind Mindestvorgaben für Werkverträge, die auch ohne ausdrückliche Bezugnahme verbindlicher Vertragsbestandteil sind (vgl. Urteil des OLG Köln vom 14.02.2008 – Az:12 U 121/03 oder LG Berlin, Urteil vom 02.06.2008 – Az: 67 S 26/07).

Die Folge der Verletzungen dieser Vorschriften sind Ansprüche auf Nacherfüllung oder Nachbesserung zur Erreichung des vertraglich geschuldeten Bausolls und daneben ggf. Ansprüche auf Schadenersatz. Denkbar ist, dass ein Auftraggeber nicht nur die Beseitigung des Mangels fordern kann, sondern, sofern er z.B. als Vermieter aufgrund einer fehlerhaften Installation einen Mietmangel mit entsprechenden Mietminderungen gegen sich gelten lassen muss, auch diesen Schaden gegenüber dem Installateur geltend macht. Auch den Hotel-Fall mag man sich nicht vorstellen, bei dem nach Feststellung einer installationsbedingten Legionelleninfektion der Betrieb einige Wochen eingestellt werden musste und die Schadenersatzforderungen des Hotelbetreibers an die Installa­tionsfirma weit über das hinausging, was diese als Werklohn aus dem Vertrag erzielt hatte.

Haftungsfeld: Hinweise, ­Aufklärung und Beratung

Die Ausführung von Trinkwasserinstallationsarbeiten gehört in den Bereich der gefahrgeneigten Handwerke. Hierbei geht es um Arbeiten, bei deren unsachgemäßer Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter zu befürchten sind. Deshalb verbinden sich mit dieser Tätigkeit gesteigerte Hinweis- und Aufklärungspflichten für den Installateur, deren rechtliche Grundlage in dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben des BGB verankert ist.

Urteil: Dass die Planung und Objektüberwachung dem vom Bauherrn beauftragten Architekt obliegen, enthebt eine Baufirma nicht der Verpflichtung, auf unzulängliche Vorarbeiten und offen zutage liegende Planungs- und sonstige Fehler hinzuweisen und insoweit Bedenken anzumelden. Nach Abwägung der Verursachungsbeiträge wurde hier der Baufirma ein Drittel der Haftung aufgebürdet (OLG Koblenz, Beschluss vom 24.04.2012 – 5 U 843/11).

Kommen dem Unternehmer Bedenken in den Sinn, wenn er Probleme in der Bausituation sieht, Planungen Fehler aufweisen oder ihm bestimmte Baustoffe, Materialien, Anlagenteile etc. vorgeschrieben werden, muss er sie äußern. Dazu verpflichtet ihn das BGB und, sofern die VOB/B Vertragsgrundlage geworden ist, auch explizit der § 4 Abs. 3 der VOB/B. Unterlässt er diese Aufklärung, ist er in der Haftung für etwaige Mängel, die aus der Verwendung der Planung, Vorleistungen Dritter oder vorgeschriebener Materialien, Bauteile etc. entstehen.

Urteil: Setzt ein Fachingenieur bei kritischer Wasserqualität für die Trinkwasserversorgung verzinkte Stahlrohre ein, obwohl der Bauherr eine risikolose Planung gewünscht hat, ist dies ein Planungsfehler. Der Bauherr müsse in einem solchen Fall auf die ungünstige Zusammensetzung des Trinkwassers hinweisen. Der Planer muss zudem klarstellen, dass bei einer solchen kritischen Wasserqualität – vor allem im Warmwasserbereich – der Einsatz von feuerverzinktem Stahl wegen der möglichen Korrosion nicht geeignet sei. Unterlasse er einen solchen Hinweis, mache er sich schadenersatzpflichtig (OLG München, Urteil vom 12.10.2010 – Az: 9 U 2368/07).

Die Erfüllung seiner Hinweis-, Aufklärungs- und Beratungspflichten sollte der Installateur sorgfältig dokumentieren, damit ein späterer Beweis möglich wird und versicherungsrechtlich keine Ausschlusstatbestände geschaffen werden.

Haftungsfeld: neue Aufgabenfelder

Haftungsrisiken für Installateure lauern allerdings auch in Bereichen, die im Zuge der Erweiterung ihrer Tätigkeitsfelder entstehen. Hier gilt es nicht nur, sich fachlich perfekt auf die Übernahme neuer Aufgaben vorzubereiten, sondern auch den entsprechenden Versicherungsschutz zu erweitern. Mit der Trinkwasserverordnung sind neue Begriffe eingeführt worden. Die Untersuchungspflicht und die Gefährdungsanalyse sind zwar grundsätzlich von den Betreibern sicherzustellen, allerdings können hier auch Installationsfirmen eingebunden sein, die aus dieser Tätigkeit ein wesentlich höheres Haftungsrisiko tragen. Die Untersuchungspflicht der Trinkwasserverordnung besteht für gewerbliche Anlagen ab dem 31.12.2013 im Drei-Jahreszyklus und zielt auf den Ausschluss einer Kontamination mit Legionellen, schon bevor eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit entsteht. Die Gefährdungsanalyse wird als eine Maßnahme bei Überschreitung des technischen Maßnahmewertes gem. Trinkwasserverordnung erforderlich.

Versicherungsschutz checken

Die steigenden Anforderungen im Bereich der Trinkwasserinstallation erfordern eine Überprüfung und ggf. die Anpassung der Betriebshaftpflichtversicherung. Wer das verpasst, läuft Gefahr, dass Risikobereiche entweder gar nicht oder zu gering erfasst sind und Versicherungen nicht zahlen. Eine Überprüfung des Versicherungsschutzes ist aber auch noch aus einem anderen Grund sinnvoll. Oft sind SHK-Firmen auch zu teuer versichert. Ein Check zur Optimierung der Versicherungen auf der Basis des Haftpflichtorientierungsrahmens der SHK-Organisation, die Innungsbetriebe kostenfrei über ihre Verbände erhalten, ist deshalb zu empfehlen.

Für den SHK-Betrieb besteht neben der reinen Tätigkeit an den Anlagen auch das Risiko der Beratungshaftung gegenüber dem Anlagenbetreiber, resultierend aus der Erstinstallation, der Gewährleistung oder im Rahmen ­eines Wartungsvertrags. Er ist somit Teil der Haftungskette. Zu betrachten sind aus versicherungstechnischer Sicht die folgenden Themenkreise, die maßgeblich für ausreichenden Versicherungsschutz sind. Ein zentrales Moment jeder Betriebshaftpflichtversicherung ist die zugrunde liegende Betriebsbeschreibung. Diese definiert, für welche Tätigkeiten grundsätzlich Versicherungsschutz besteht. Auch wenn die Gefährdungsanalyse sicherlich dem Berufsbild des Sanitär-Heizung-Klima-Betriebes zuzuordnen ist, sollte zwingend eine Klarstellung in der Betriebshaftpflichtversicherung erfolgen. Optimal ist hierbei eine klarstellende Klausel, die die Tätigkeiten, die aus den §§ 14, 15 und 16 (7) der Trinkwasserverordnung erwachsen, eindeutig in den Versicherungsschutz einbezieht.

Nachdem diese Hürde genommen ist, müssen die verschiedenen Schadenarten betrachtet werden. In der Betriebshaftpflichtversicherung wird zwischen Personen-, Sach- und mitversicherten Vermögensschäden ­unterschieden. Für die Personen- und Sachschäden besteht, nach Klarstellung des Tätigkeitsfeldes wie oben beschrieben, Versicherungsschutz im Rahmen des Vertrages. Allerdings muss für den Bereich der Sachschäden in jedem Fall die Mitversicherung sogenannter „Tätigkeits-/Bearbeitungsschäden“ vertraglich verankert sein, da ansonsten unzureichender Versicherungsschutz für ggf. zu Schaden gekommene Installationen besteht.

Problematisch gestaltet sich die Mitversicherung sogenannter Vermögensschäden. Das sind Schäden, denen kein Personen- oder Sachschaden vorausgegangen ist. Derartige Schäden sind bei den Untersuchungs- und Bewertungsarbeiten im Rahmen der Trinkwasserverordnung durchaus denkbar. Muss z.B. eine Klinik oder ein Hotel aufgrund eines Legionellenbefundes geschlossen werden (ohne Sach- oder Personenschaden) wird für diesen reinen Vermögensschaden selbstverständlich nach Mithaftenden gesucht.

In branchenüblichen Bedingungen, die nicht auf die besonderen Bedürfnisse von Sanitär-Heizung-Klima-Betrieben abgestimmt sind, gelten u.a. Vermögensschäden durch geleistete Arbeiten als ausgeschlossen. Schon hierdurch verliert der Betrieb somit seinen Versicherungsschutz für Vermögensschäden. Zusätzlich sind Vermögensschäden aus prüfender oder gutachterlicher Tätigkeit auch in ausgereiften Versicherungskonzepten für Sanitär- Heizung-Klima-Betriebe ausgeschlossen. Die Tätigkeiten, die sich im Zusammenhang mit der Gefährdungsanalyse ergeben, sind jedoch durchaus von diesem Ausschluss betroffen, sodass sich, selbst bei Mitversicherung von Vermögensschäden aus geleisteter Arbeit, erneut eine Lücke im Versicherungsschutz ergeben kann. Um lückenlosen Versicherungsschutz für die Tätigkeiten rund um die Gefährdungsanalyse zu gewährleisten, müssen also folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Aufnahme des Tätigkeitsfeldes in die Betriebsbeschreibung bzw. im Optimum Klarstellung des Versicherungsschutzes im Rahmen einer Vertragserweiterung,
  • unlimitierte Mitversicherung von Bearbeitungs-/Tätigkeitsschäden,
  • Mitversicherung von Vermögensschäden durch geleistete Arbeit,
  • Mitversicherung von Vermögensschäden aus prüfender oder gutachterlicher Tätigkeit im Zusammenhang mit den Arbeiten im Rahmen der Gefährdungsanalyse mit einer Deckungssumme von mind. 250000,00 Euro.

Fazit

Aus den neuen Anforderungen der Trinkwasserverordnung ergeben sich neue Tätigkeits- und Verantwortungsbereiche für die Installateurunternehmen. Insbesondere die Hinweis-, Aufklärungs-, Prüfungs- und Dokumentationspflichten der Installateure wachsen. Durch die Komplexität und Spezifik haustechnischer Trinkwasserinstallationen geht hier leicht der Überblick verloren. Nicht beachtete Risikobereiche, fehlende Dokumentationen oder Bedenkenanmeldungen, unterlassene Baubehinderungsanzeigen und die Verletzung von Prüf- und Hinweispflichten beschäftigen die Gerichte kontinuierlich. Damit einher gehen dann sogleich auch Fragen des Versicherungsschutzes. Die Praxis zeigt, dass viele SHK-Firmen hier deutliche Defizite haben, die durchaus existenzbedrohlich sein können.

Autoren

Rechtsanwalt Dr. jur. Hans-Michael Dimanski ist Partner der RA-Kanzlei Dr. Dimanski, Kalkbrenner & Schermaul in 39104 Magdeburg, Telefon (03 91) 53 55 96-16, Telefax (03 91) 53 55 96-13, https://www.ra-dp.de/

Achim Fischer-­Erdsiek ist Geschäftsführer der Dr. Schmidt & Erdsiek Versicherungsmakler KG in 30427 Minden, Telefon (05 71) 8 88 03-45, Telefax (05 71) 8 88 03-43, https://www.helmsauer-gruppe.de/