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Es herrscht wieder Klarheit

Vergütung rückwirkend gekürzt

Seit Februar wurde über die neue Solarstromvergütung gestritten. Nach Inkrafttreten eines neuen Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Januar 2012 sollte dieses schon ab April wieder geändert werden. Medienberichte darüber verunsicherten Bauherren und Banken. Jetzt steht fest: Rückwirkend zum April sinken die Vergütungssätze für seitdem neu installierte Anlagen um 20 bis 30 %. Zusätzlich sinken sie nun seit Mai jeden Monat um 1 % – statt wie bisher ein- oder zweimal im Jahr in größeren Schritten.

Der monatliche Prozentsatz kann sich ab November ändern, abhängig von der Marktentwicklung. Je nach Photovoltaik-Zubau (gemessen ab Juli) könnte er dann auf bis zu 2,8 % steigen. Sollte der Zubau unter das Regierungsziel von jährlich 3,5 GW fallen, könnte er auch sinken oder gestoppt werden. Und bei entsprechend geringem Zubau soll die Vergütung sogar steigen.

Die Einteilung der Anlagen ändert sich

Die Größenklassen wurden ebenfalls geändert. Statt wie bisher bis 30k Wp Leistung geht die kleinste Vergütungsklasse nur noch bis 10 kWp. Von 10 bis 40 kWp wird eine neue Vergütungsklasse eingeführt. Die nächsthöhere Größenklasse beginnt bei 40 und reicht bis 1000 kWp.

Im April installierte Dachanlagen bis 10 kWp erhalten 19,50 Cent pro kWh statt zuvor 24,43 Cent. Ab 10 bis 40 Wp gelten 18,50 Cent und in der Klasse darüber bis 1000 kWp gelten 16,50 Cent. Wie bisher wird die Vergütung anteilig berechnet: Der Anlagenteil bis 10 kW erhält 19,50 Cent und der darüber hinausgehende Anlagenteil bis 40 kWp erhält 18,50 Cent und so weiter.

Wie bisher gilt auch in Zukunft: Der zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage aktuelle Vergütungssatz bleibt für diese Anlage über einen Zeitraum von 20 Kalenderjahren plus dem Inbetriebnahmejahr fest. Künftige Absenkungen betreffen immer die erst dann installierten Anlagen.

Neu ist, dass bei Anlagen ab 10 bis 1000 kWp nur noch ein Teil des Solarstroms voll vergütet wird, nämlich 90 % der erzeugten Menge. Wer den Rest nicht direkt verbraucht, sondern ins Netz einspeist, erhält nur den Börsenstrompreis von voraussichtlich weniger als 5 Cent. Die Leistungsgrenze von 10 kWp gilt hier nicht anteilig, sondern absolut. Diese Regelung gilt für neue Anlagen, die ab April 2012 in Betrieb gehen, wird aber erst ab dem Jahr 2014 angewandt.

Die bisherige Vergütung für den Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom gibt es für neue Anlagen nicht mehr. Bei den aktuellen Strompreisen für Endverbraucher von mindestens 19 bis 21 Cent (netto, d.h. ohne Umsatzsteuer) lohnt sich der Eigenverbrauch in vielen Fällen trotzdem bereits jetzt gegenüber der Einspeisevergütung von netto maximal 19,50 Cent.

Neue technische Vorgaben für die Fernregelbarkeit

Schon mehr als 5 % des deutschen Stromverbrauchs werden in diesem Jahr von der Sonne gedeckt. Die hohe Photovoltaikleistung von weit über einer Million Einspeisern ins hiesige Stromnetz macht es nötig, dass in Zukunft immer mehr Anlagen an der Stabilisierung von Spannung und Frequenz mitwirken, dem Netzmanagement. Schon die zu Jahresbeginn in Kraft getretene Gesetzesfassung regelt deshalb nicht nur die Vergütungssätze neuer Anlagen, sondern auch den Netzanschluss neu. Die Vorgaben sind nach Anlagengröße gestaffelt und betreffen auch kleinere Anlagen, zum Teil sogar bestehende.

Alle neuen Anlagen müssen vom Netzbetreiber abgeregelt werden können, um im Notfall das Netz vor Überlastung schützen zu können. Dafür muss ein zusätzlicher Signalempfänger installiert werden, der die Anlage vom Netz trennt oder dem Wechselrichter den Befehl zum schrittweisen Abregeln geben kann.

Anlagen bis 30 kWp Leistung können statt der Fernregelung wahlweise mit einem Wechselrichter ausgestattet werden, der höchstens 70 % der maximalen Solarleistung ins Netz einspeist. Diese technisch einfachere Variante führt jedoch zu Ertragseinbußen, die Experten auf bis zu 15 % beziffern. Und anders als bei der Fernabregelung erhält der Betreiber hierfür keinen finanziellen Ausgleich.

Kleine Anlagen, die vor 2012 in Betrieb gingen, müssen nicht umgerüstet werden. Vorgeschrieben ist die Nachrüstung allerdings für Anlagen von 30 bis 100 kWp, die nach 2008 in Betrieb gingen. Deren Betreiber haben dafür bis Ende 2013 Zeit, während alle alten Anlagen ab 100 kWp schon seit Mitte 2012 fernregelbar sein müssen. Die neuen Anlagen zwischen 30 und 100 kWp müssen die Vorgabe erst ab Januar 2013 erfüllen.

Für die Übergangszeit, bis alle Netzbetreiber in der Lage sind, diese Vorgaben auch umzusetzen, gibt ein Merkblatt der beiden zuständigen Bundesministerien Hinweise (Anwendungshinweis § 6 Absatz 2 EEG 2012, Link bei den SBZ-Extras). Der Betreiber muss allerdings von sich aus aktiv werden und prüfen, ob er betroffen ist und vom Netzbetreiber die notwendigen Auskünfte beschaffen. Nur wer die Vorgaben erfüllt, erhält die EEG-Vergütung. Wer das versäumt, müsste im schlimmsten Fall sogar mit Vergütungs-Rückforderungen vom Netzbetreiber rechnen.

Die Preisentwicklung für Anlagen hält nicht Schritt

In den letzten beiden Jahren folgte die Preisentwicklung der Anlagen weitgehend den Vergütungsabsenkungen. Nach Angaben des BSW sanken die Anlagenpreise allein von Ende 2010 bis Anfang 2012 um knapp 24 %, während gleichzeitig die Vergütung um 26 % verringert wurde. Die aktuellen Kürzungen von 25 bis 33 % im Zeitraum von April bis Oktober dieses Jahres dürften aber kaum durch entsprechende Preissenkungen der Lieferanten und Installateure bei den Anlagen auszugleichen sein.

Die von der Stiftung Warentest in einer Umfrage bei Anlagenbetreibern ermittelten Kosten für fertig installierte Anlagen bis 30 kWp zeigen sogar eine deutliche Verlangsamung des Trends sinkender Preise. Der Durchschnittspreis pro Kilowatt installierter Leistung lag im zweiten Quartal bei rund 1900 Euro. Kleine Anlagen bis 8 kWp kosteten gut 2000 Euro pro kWp und die etwas größeren bis 30 kWp knapp 1800 Euro.

Hinzu kommt: Gerade bei kleinen Anlagen schlagen die Betriebskosten anteilig immer stärker zu Buche, weil beispielsweise für Abrechnung, Wartung, Versicherung und Steuerberatung oft Mindestpauschalen zu zahlen sind. Dadurch schmelzen die erwartbaren Renditen kleinerer und mittlerer Photovol­taikanlagen auf wenige Prozent und taugen nicht mehr als Investitionsanreiz.

In der Stromwirtschaft als angemessen betrachtete und übliche zweistellige Renditen werden den Solarbetreibern nicht zugebilligt. Dabei wird ihnen nicht nur eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals vorenthalten, sondern auch eine Vergütung für den zeitlichen Aufwand, den es bedeutet, eine einzelne Photovoltaikanlage zu planen, zu beauftragen, im Betrieb zu überwachen und finanziell wie steuerlich korrekt abzurechnen.

So gehen beispielsweise alle Wirtschaftlichkeitsrechnungen selbstverständlich davon aus, dass der Betreiber die Anlage steuerlich als Gewerbebetrieb behandelt. Der dafür notwendige Aufwand mit Fiskus und Steuerberater taucht in der Kalkulation aber gar nicht auf. Ganz zu schweigen von dem zwar kleinen, aber eben nicht ganz auszuschließenden und schwer bezifferbaren Risiko, dass ein Hersteller Pfusch liefert oder pleite geht, bevor die Anlage ihre Abschreibungsdauer durchlaufen hat.

Die Qualität ist der ausschlaggebende Faktor

Wer in seiner Wirtschaftlichkeitsrechnung mit den Variablen spielt, stellt schnell fest, dass sich kleine Änderungen an einzelnen Stellschrauben über den langen Betrachtungszeitraum sehr stark auf das Ergebnis auswirken. Das Fazit kann eigentlich nur lauten: Für kleine Photovoltaikanlagen ist das Ausrechnen einer finanzmathematischen Rendite, womöglich noch mit Nachkommastellen, wenig sinnvoll. Entscheidend ist oft nicht einmal die Investitionssumme, sondern langfristig hohe Erträge bei niedrigen Betriebs- und Wartungskosten. Ein weiteres Plus in der Kalkulation ist der Eigenverbrauch des erzeugten Solarstroms. Bei Anlagen über 10 kWp Leistung wird dieser sogar unerlässlich, um den Einnahmeausfall aus dem nicht mehr voll vergüteten 10-Prozent-Anteil auszugleichen. Sonst wirkt diese neue Regelung im EEG wie eine zusätzliche Vergütungskürzung.

Beispielrenditen, die mit dem Solarrechner der Stiftung Warentest für den Inbetriebmonat August 2012 ermittelt wurden, sind in der Tabelle auf Seite 38 dargestellt. Auffallend ist, dass günstigere Einkaufspreise die Rendite kaum verbessern, aber höhere Betriebskosten die Rendite deutlich schmälern. Besonders positiv wirken sich Eigenverbrauch und hohe Erträge aus: Qualität und Leistungsfähigkeit ist also Trumpf, jedenfalls bei der langfristig kalkulierten Rentabilität.

INFO

Nachrüstpflicht für PV-Anlagen

Viele Betreiber werden in den nächsten Monaten Post von ihrem Netzbetreiber erhalten. Darin werden sie aufgefordert, einen Fragebogen auszufüllen und an ihren Netzbetreiber zurückzusenden. Kommt der Betreiber dieser Aufforderung nicht nach, verliert er so lange seinen Anspruch auf die Vergütung nach dem EEG. Erstmals greift damit der Gesetzgeber in die Rechtsansprüche von Altanlagenbetreibern ein.

Betroffen sind die meisten Anlagen mit einer Leistung ab 10 kWp, die vor 2012 installiert wurden. Damals wurden die Anlagen gemäß technischer Vorgaben so eingestellt, dass sie beim Anstieg der Netzfrequenz auf 50,2 Hertz alle gleichzeitig abschalten. Das war unproblematisch, solange nur wenige Photovoltaikanlagen am Netz waren. Inzwischen deckt aber Solarstrom mittags an einzelnen Tagen schon fast die Hälfte der Netzlast. Würden alle Anlagen gleichzeitig abschalten, droht ein großräumiger Strom-Blackout.

Damit es dazu nicht kommt, werden neue Wechselrichter schon seit letztem Jahr so eingestellt, dass sie die Einspeiseleistung kontinuierlich abregeln oder zu unterschiedlichen Schwellwerten der Netzfrequenz abschalten. Zusätzlich müssen nun über 300000 Altanlagen umgerüstet werden. In den meisten Fällen genügt es, die Werkseinstellungen der Wechselrichter zu verändern, durch Software-Updates oder manuelle Eingaben an den Geräten durch einen Fachmann vor Ort. Kosten entstehen dem Betreiber dadurch nicht, jedenfalls wenn er den Vorgaben des Netzbetreibers folgt. Auch Ertragseinbußen sind aufgrund der Umrüstung nicht zu erwarten. Die Kosten der Nachrüstaktion, die bis Ende 2014 abgeschlossen sein soll, werden aus den Netzentgelten und der EEG-Umlage getragen.

Übrigens: Falls ältere Geräte in betroffenen Anlagen aus technischen Gründen nicht umgerüstet werden können, müssen sie nicht ausgetauscht und durch völlig neue Geräte ersetzt werden. In solchen Fällen ist zunächst vorgesehen, auf die Nachrüstung zu verzichten.

Für technische Laien könnte das richtige Ausfüllen des Formulars Probleme bereiten. Es werden darin technische Angaben über die Installation der Anlage und die eingesetzten Wechselrichter verlangt. Betreiber können sich an ihren Installateur wenden, wenn sie mit dem Formular nicht zurechtkommen. Falls ihnen dabei Kosten entstehen, werden diese aber nicht erstattet. Einige Wechselrichterhersteller versprechen Hilfe über ihre Internetseiten oder Kundenhotlines.

Der Bundesverband Solarwirtschaft beantwortet die häufigsten Fragen auch unter:

Literatur

Solarstrom vom Dach

Thomas Seltmann, 224 Seiten, ISBN 978-3868510485, Stiftung Warentest, 29,90 Euro

Sinkende Kosten überzeugen immer mehr private und gewerbliche Anleger von einer Solarstromanlage. Allerdings gibt es einiges zu beachten: Zum Beispiel ändern sich Rechtsgrundlagen, Förderungen, Vergütungen und anderes. Hierfür will das Buch „Photovoltaik“ als umfangreicher und unabhängiger Ratgeber zur Seite stehen. Die dritte, aktualisierte Auflage wird voraussichtlich im Oktober erscheinen. Zusätzliche Infos und Updates werden auf der Internetseite zum Buch veröffentlicht:

Extras

Für die folgenden Themen haben wir für Sie bei den SBZ-Extras Links hinterlegt:

Anwendungshinweis § 6 Absatz 2 EEG 2012 zur Fernregelbarkeit von PV-Anlagen von den zuständigen Bundesministerien

Informationen für Anlagenbetreiber zum Einspeisemanagement ­gemäß dem neuen EEG 2012 vom Bundesverband Solarwirtschaft BSW

Preisindex für Solarmodule und Wechselrichter von Sologico

Renditerechner der Stiftung Warentest mit den neuen Vergütungssätzen

Detaillierte Listen zur aktuellen Solarstromvergütung vom Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV)

Was dürfen PV-Anlagen kosten, um gewünschte Renditen zu erzielen? Den Link zum Beitrag von Ulrich Keymer, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökonomie, finden Sie ebenfalls bei den SBZ-Extras.

Autor

Thomas Seltmann ist unabhängiger Experte für Photovoltaik und hält auch Vorträge zu den Themen dieses Beitrags, 12559 Berlin, ts@poliko.de, http://www.photovoltaikratgeber.info