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Aus Fehlern wird man klug

Solange wir leben, machen wir Fehler. Wo gehobelt wird, fallen nicht nur die berühmten Späne, sondern es passieren auch Schnitzer und dadurch entstehen Konflikte. Diese mag keiner, trotzdem sind sie sehr wertvoll! Dazu eine kleine Schätzfrage. Wie oft erzählt wohl ein Kunde es in seinem Umfeld, wenn er a) zufrieden und b) begeistert und c) genervt von der Leistung des Handwerkers ist? Die Auflösung: Zufriedene Kunden bleiben meistens stumm, begeisterte Kunden (die mehr als erwartet und einen fühlbaren Zusatznutzen erlebt haben) geben ihr gutes Gefühl ca. zehnmal weiter. Genervte Kunden dagegen sind mit durchschnittlich 30 Meldungen die wahren Wortführer und machen die eifrigste Mundpropaganda von allen. Warum ist das so?

Wo bleibt Ihr Auge eher hängen? An einer Horror-Schlagzeile oder an der Überschrift einer guten Nachricht? Wir Menschen scheinen einen Hang zu Schreckensmeldungen zu haben. Tatsächlich merken wir uns Negatives zehnmal besser als Positives. Dies ist ein altes, wichtiges Überlebensprogramm und auch weit nach der Ära der Säbelzahntiger funktioniert unser Gehirn noch wie damals. Die negativen Erlebnisse haben sich bei uns im Gedächtnis eingebrannt, damit wir uns die Gefahr und auch die angewandte Überlebensstrategie einprägen und das nächste Mal gut vorbereitet sind. Kunden merken sich also negative Erfahrungen mit dem Handwerker maximal gut und wollen sich darüber auch in ihrem Umfeld austauschen.

Loyale Kunden trotz Reklamation

Wenn Sie es schaffen, eine negative, stressige Situation für den Kunden zu retten und zu einem guten Ende zu bringen, sind Ihnen seine Dankbarkeit und seine Loyalität sicher. Auch dies haben wir einem speziellen Areal im Gehirn zu verdanken und das sogenannte Reziprozitätsgesetz sorgt dafür, dass wir uns für eine erlebte Hilfe revanchieren möchten. Der Kunde tut dies in Form von Weiterempfehlungen und neuen Aufträgen. Eine erfolgreich gelöste Reklamation ist also das Beste, was Ihnen passieren kann. Aber dazu brauchen Sie eine Firmen- und Führungskultur, die dies ermöglicht.

Auch bei Fehlern, die passiert sind, kommt es darauf an, wie sie dem Kunden verkauft werden. Ablenkende Schuldzuweisungen wie „Das war wieder der Aufmesser, der macht oft solche Fehler!“ oder „Die im Verkauf haben einfach keine Ahnung!“ sind absolut tabu, denn sie wirken unprofessionell und hinterlassen den denkbar schlechtesten Eindruck. Der Kunde ist dann vollständig verunsichert, ob er seinen Auftrag der richtigen Firma erteilt hat.

Proaktiv Probleme lösen

Ist der Monteur beim Kunden und beschädigt beispielsweise eine Fliese oder ein Stück Wand, ist das richtige Verhalten entscheidend. Wenn Ihre Mitarbeiter souverän und klar dem Kunden gegenüber zu Fehlern stehen und proaktiv eine Lösung für ihn finden, schafft dies menschliches Verständnis und Vertrauen trotz des Fauxpas. Dafür muss der Mitarbeiter die Sicherheit haben, dass Sie als Führungskraft hinter ihm stehen. Dann wird er sich im Schadensfall ehrlich, offen und angstfrei verhalten. Er informiert den Kunden sofort persönlich über den Schaden oder das Problem, entschuldigt sich bei ihm und bietet umgehend eine Lösung an. So kann sich der Kunde darauf verlassen, dass die unangenehme Situation zu seiner Zufriedenheit gelöst wird. Bei allen kniffligen Situationen (Lieferung falsch, falsches Aufmaß etc.) kann der Mitarbeiter somit durch Ehrlichkeit und ein professionelles und engagiertes Lösungsverhalten beim Kunden punkten.

Wenn Ihre Mitarbeiter dagegen Angst haben, eigene Entscheidungen zu treffen, Verantwortung für ihr Tun zu übernehmen, wird diese Angst vor Fehlern ihr Potenzial beschneiden.

Konstruktive Fehlerkultur

Regelmäßige Mitarbeiterrunden (z. B. einmal die Woche) mit moderiertem Austausch helfen, diese Angst zu überwinden und Fehler konstruktiv zur Verbesserung zu nutzen: Was ist uns diese Woche gut gelungen? Woran lag es? Wo gab es Widerstände und Schwierigkeiten? Welche Fehler sind uns passiert? Wie können wir es konkret anders und besser machen? Was braucht es dazu? Was lernen wir daraus? Die Fehler, die einem Mitarbeiter passiert sind, können für alle wertvoll und interessant sein. Warum ist der Fehler passiert? Wie kann man diesen Fehler in Zukunft vermeiden?

Für Chefs gilt dabei folgender Grundsatz: Loben vor allen, Kritik unter vier Augen. Für den Mitarbeiter ist es wichtig zu erleben, dass er wegen eines Fehlers oder eines Schadens, den er verursacht hat, nicht fertiggemacht oder gemobbt wird. Wenn der Mitarbeiter erfährt, dass Offenheit und Ehrlichkeit geschätzt werden und er trotz des Fehlers noch respektiert wird, wird er offen sein für Verbesserungsvorschläge.

Niemand ist perfekt

Durch solche Besprechungen, die Fehler pragmatisch und sachlich unter die Lupe nehmen, wird die Auseinandersetzung mit schwierigen Situationen und Patzern mit der Zeit normal. Sie wird Teil des Arbeitsalltags und eine Routine, bei der es um konstruktive Lösungen geht und nicht um eine persönliche Demontage oder Herabsetzung. Für Sie als Führungskraft heißt das: Gehen Sie grundsätzlich davon aus, dass Mitarbeiter immer ihr Bestes geben. Wenn Sie diese Überzeugung und Erwartungshaltung vermitteln, werden sich die Mitarbeiter daran orientieren. Aus wissenschaftlichen Untersuchungen weiß man genau, dass sich die Haltung und Einschätzung, die Sie einem Mitarbeiter entgegenbringen, auf ihn und sein Handeln auswirken. Bestärke, was du von deinen Mitarbeitern sehen willst, lautet die Formel. Und seien Sie transparent und ehrlich, denn – Hand aufs Herz – auch Sie als Führungskraft sind nicht fehlerfrei!

Autor

Umberta Andrea Simonis ist Inhaberin der Simonis ServiceKultur und Spezialistin für Service- und Unternehmenskultur im Handwerk. www.simonis-servicekultur.de