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Das Fundament für mehr Effizienz

Geschätzt 15 Prozent des deutschen Strombedarfs gehen für Kühlleistungen drauf. Gerade bei modernen Bauten, die vorrangig auf Glas und Beton setzen, stellt sich im Sommer die Frage, wie die Wärme auf einem behaglichen Niveau gehalten werden kann – möglichst energieeffizient. Ein Mehrfamilienhaus in Berlin-Charlottenburg nutzt dafür zum Beispiel eine komplexe Methode. Es löst den Widerspruch aus optischer Gestaltung und effizientem Heiz- und Kühlbetrieb mit einer Kombination aus zwei Geothermie-Wärmepumpen und BHKW. Die Bodenplatte dient als Wärme- oder Kältespeicher für Spitzenlasten des im KfW-70-Standard errichteten Hauses.

Die 50 Wohnungen auf einer Gesamtfläche von 4680 m² werden von zwei Wärmepumpensystemen und einem gasgetriebenen Blockheizkraftwerk versorgt. Solarthermie wurde nicht in Betracht gezogen, da das Dachgeschoss für Maisonetten vorgesehen war.

Zu dem vom Berliner Unternehmen Geo-En entwickelten System gehören 16 knapp 100 m tiefe Erdsonden mit Doppel-U-Form. Im Charlottenburger Grund herrschen im Winter rund 7 °C, die mittels der Wärmepumpen für die Fußbodenheizung auf 35 °C gehoben werden. Gespeist wird darüber hinaus ein Boiler für die Warmwasserversorgung des Gebäudes. Im Sommer wird der Prozess umgekehrt. Die überschüssige Wärme aus dem Haus wird in den Boden zurückgeleitet und wärmt ihn wieder auf rund 11 °C auf. Wie kühl es in jeder Wohnung sein soll, kann jeder Bewohner selbst regeln. Der Strom für diese Wärmepumpe mit 29 kW kommt von einem Blockheizkraftwerk. Dessen Abwärme wird auch zur Brauchwassererwärmung eingesetzt.

Rohrschlangen auf zwei Ebenen

Das zweite Geothermie-System nutzt die 70 cm starke Bodenplatte als leistungsfähigen Zwischenspeicher für hohe Kühllasten. Diese Wärmepumpe verfügt über eine Nennleistung von 44 kW. Die Rohrschlangen und Messketten zur Überwachung der Temperatur wurden direkt auf der Sauberkeitsschicht aufgebracht. Die darauf gegossene Betonplatte dient heute als Tiefgarage. Diese Speicherebene liegt auf dem gesamten 1334 m² großen Fundament. Pionierarbeit leistete Geo-En bei der Kaskadierung der aktivierten Gründungsbauteile und der Geothermie sowie bei der Kombination einer Erdwärmepumpe mit dem Blockheizkraftwerk. Die Geothermie deckt zum Null-Tarif die komplette Kühlleistung des Hauses ab, die allein 84 MWh jährlich ausmacht (wenn man den Wärmepumpen-Strom außen vorlässt). In jeder Geschossdecke befinden sich zwei Ebenen mit Rohrschlangen – eine im unteren Bereich für die Kühlung, die andere im oberen Bereich für Fußbodenheizung.

Für die Heizleistung sorgen sowohl beide Geothermie-Anlagen als auch das BHKW. Der Gesamtbedarf aller Wohnungen liegt bei 247 MWh. 152 MWh oder 62 Prozent deckt die Geothermieanlage ab, den Rest das gasbetriebene Blockheizkraftwerk, das auf 54 Prozent Wärme- und 34 Prozent Stromerzeugung (23 kW thermisch und 15 kW elektrisch) ausgelegt ist. Zur Anlage gehören noch zwei je 4000 l fassende Warmwasserspeicher. Einer dient der Brauchwassertopladung und einer für dessen Vorwärmung. Die Planung umfasste sechs Monate und wurde durch eine Computer-Simulationen unterstützt. Das ermöglichte eine weitere Modifizierung bis hin zum Einbau. Geo-En wird für zwei Jahre den gesamten Komplex überwachen.

Betriebskosten im Blick

Ob sich die komplexe Anlage finanziell lohnt, wird die erste Jahresbilanz beweisen. Die Entwickler rechnen mit einem Primärenergieverbrauch von 27 kWh/m² und Jahr, was etwa 3 Cent je kWh für Kälte und Wärme entspricht. Eine konventionelle Gas-Klimaanlagen-Kombination hätte 80 kWh/m² und damit bei den derzeitigen Berliner Gaspreisen 9 Cent je kWh benötigt, zuzüglich den Stromkosten für die Kühlung. Hochgerechnet wären das rund 8000 Euro Mehrkosten jährlich oder 160 Euro je Wohnung. Bei der konventionellen Lösung hätte es einer bis zu 150-kW-großen Kältemaschine bedurft. Außerdem wären die aktuellen Vorgaben der EnEV aufgrund des hohen fossilen Anteils im Berliner Strommix kaum einzuhalten gewesen.

Info

Das Projekt im Detail

Die Kerndaten zum neuen Wohngebäude in Berlin-Charlottenburg mit einer Kombination aus BHKW und Wärmepumpen zum Heizen und Kühlen. 

Autor

Frank Urbansky ist freier Journalist und Mitglied der Energieblogger, 04158 Leipzig, Telefon (01 71) 5 25 32 79, urbansky@enwipo.de

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