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Gegenwart und Zukunft im Blick

Zum Auftakt des Verbandstages analysierte der Vorsitzende Joachim Butz die momentane Situation im SHK-Handwerk – und dies gewohnt humorvoll: „Am Bodensee als dem größten europäischen Trinkwasserspeicher kann ich zusammenfassen: Die Umsätze sprudeln und die Auftragsbücher vieler Mitgliedsbetriebe quellen über.“ Besonders erfreulich nannte er die Tatsache, dass es gelungen sei, die Beschäftigtenzahl weiter zu erhöhen – das gelte für Fachkräfte ebenso wie für Lehrlinge.

Blick in die Kristallkugel: die künftige SHK-Welt

Weitblick wünschte sich in diesem Zusammenhang Fachverband-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Becker von den SHK-Betrieben. Angesichts der guten Auftragslage treibe ihn die Sorge um, dass einige Betriebe den Blick auf die Zukunft versäumten. „Nehmen Sie sich die Zeit, sich mit künftigen Herausforderungen auseinanderzusetzen“, appellierte Becker. Als Stichworte nannte er neben den Megatrends Digitalisierung, Energiewende und demografischer Wandel überdies die Wirtschaftlichkeit der Aufträge, die Stundenverrechnungssätze, die eigene Betriebsorganisation und neue Arbeitstechniken sowie das sogenannte Building Information Modeling (BIM). Bei dieser Methode arbeiten alle am Bau beteiligten Gewerke softwaregestützt gemeinsam an einem Projekt – basierend auf digitalen Bauwerkinformationsmodellen.

Dass die Berufsorganisation sich ihrerseits nicht nur mit kurz-, sondern vor allem mit mittel- und langfristigen Konsequenzen der Klima- und Energiepolitik auseinandersetzt, machte Joachim Butz den Delegierten in seinen Ausführungen deutlich.

Der Klimaschutzplan 2050 werde nicht nur die gesamte Branche verändern, sondern auch die eingesetzten Techniken erforderten ein Umdenken: „Eines der wichtigsten Ziele ist die Dekarbonisierung, die völlige Abkehr von fossilen Energieträgern. Bis zum Jahr 2030 zählt die Öl- oder Gasbrennwerttechnik in Kombination mit erneuerbaren Energien als eine Übergangstechnologie. Langfristig sollen nur noch Heizsysteme auf Basis erneuerbarer Energie eingebaut werden. Wir werden uns daher verstärkt mit dem Einsatz von Wärmepumpen in Verbindung mit Photovoltaikanlagen zur Stromversorgung auseinandersetzen müssen, wie auch mit den sogenannten Quartierslösungen.“ Desweiteren nannte Butz synthetisches Gas mittels Power-to-Gas-Technologie eine „klimaneutrale Alternative“.

Von Fakten zu Zukunftsszenarien

Harte Fakten präsentierte zum Auftakt des ersten Fachtagungsteils Markus Weik. Der Fachverband-Referatsleiter Organisation und Verwaltung zeigte anhand von Umsatzzahlen, Auftragsreichweiten, der Preisentwicklung, der Zahl der Beschäftigten und Lehrlinge sowie der Betriebszahlen die aktuelle wirtschaftliche Situation auf. Er ging dabei auf spezielle Marktentwicklungen ein und sprach die derzeitigen Mega-Trends an: den Klimaschutzplan 2050 und die Digitalisierung. Ist mein Betrieb zukunftsfähig aufgestellt? – das sei die entscheidende Frage, die sich jeder SHK-Unternehmer im Zuge dieser Entwicklungen stellen sollte, so der Referent.

Albrecht Oesterle nahm die Teilnehmer mit auf eine Zeitreise zu einem SHK-Betrieb im Jahr 2030. Der Referatsleiter Betriebswirtschaft stellte dabei die Frage, wie sich die SHK-Branche allgemein und die SHK-Handwerksbetriebe im Speziellen in den kommenden Jahren verändern werden vor dem Hintergrund der Digitalisierung, den neuen Kunden-Generationen Y und Z und den wandelnden politischen Rahmenbedingungen wie beispielsweise den Konsequenzen des Klimaschutzplans.

Digitalisierung als Chance zur Betriebsoptimierung

„Die Digitalisierung bietet den SHK-Betrieben eine Vielzahl an Möglichkeiten, ihre betrieblichen Prozesse und Kundenbeziehungen zu optimieren“, so Oesterle. Natürlich sei sie für die Mehrzahl der SHK-Betriebe eine enorme Herausforderung. „Letztlich stellt sich nicht mehr die Frage ob, sondern wer den Kunden in der digitalen Welt am besten und kompetentesten erreicht“, prognostizierte der Betriebswirtschaftler. Doch neben dem Mega-Trend Digitalisierung sei auch entscheidend, wie sich die Gesellschaft verändere. „Nur wenn wir die Einstellungen und Erwartungen der aktuellen und künftigen Generationen, respektive Kunden, kennen, haben wir die Chance, entsprechend zu agieren.“ Desgleichen müsse die Rolle als Arbeitgeber überdacht werden.

Für jeden Interaktionsbereich im SHK-Betrieb skizzierte Oesterle die Prozesse, die sich ändern werden. Sein Resümee: „Ein potenzieller Schlüssel zum strategischen Erfolg kann für viele Betriebe sein, sich zu spezialisieren. Ohne Kooperationen wird es für den Durchschnittsbetrieb künftig nicht mehr möglich sein, das gesamte SHK-Spektrum professionell bedienen zu können.“

Fallstricke bei der Arbeitnehmerüberlassung

Worauf SHK-Unternehmer als Arbeitgeber achten müssen, wenn sie sich beispielsweise bei Personaldienstleistern Anlagenmechaniker-SHK oder Bürofachkräfte für eine begrenzte Zeit „leihen“, erläuterte Matthias Bergmann, Rechtsassessor beim Fachverband. Mit dem Inkrafttreten der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zum 1. April 2017 gelte es, einige Fallstricke zu vermeiden. „Insbesondere bei der Dauer der Höchstüberlassung von 18 Monaten sollten Sie als Unternehmer die rechtmäßige Zählweise kennen, um nicht im Falle des Überschreitens mit einem Bußgeld belangt zu werden. Zumal daraus ein gesetzlich entstandenes Arbeitsverhältnis zum Leiharbeiter resultieren kann.“

Umweltminister Franz Untersteller zu Gast

Der Klimaschutzplan als auch das Erneuerbare-Wärme-Gesetz Baden-Württemberg waren die zentralen Themen einer Podiumsdiskussion am zweiten Veranstaltungstag, zu deren Auftakt der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller einen Impulsvortrag hielt.

Darin machte der Minister die Schwerpunkte in den nächsten Jahren deutlich: „Die Klimaschutzziele sind ambitioniert und die Maßnahmen geschehen daher nicht im Schlafwagentempo. Wir benötigen grundlegende Veränderungen in allen Sektoren.“

Mit Blick auf das gescheiterte Gebäudeenergiegesetz und die Entwicklung in einigen Bundesländern warnte der Umweltminister: „Wer jetzt die Bremse zieht, muss später Gas geben, um letztendlich nicht mit einschneidenden ordnungspolitischen Maßnahmen agieren zu müssen.“

Daher setze er sich für eine ambitionierte und vernünftige Klima- und Umweltpolitik ein, bei der die Bürger „mitgenommen“ werden. „Hier spielen Sie eine Schlüsselrolle“, wandte er sich an die SHK-Unternehmer im Saal. „Sie sind die Experten, haben Zutritt zu den Gebäuden und den Kontakt zu Ihren Kunden.“ Bezogen auf das Erneuerbare-Wärme-Gesetz appellierte Untersteller: „Benennen Sie bei der Kundenberatung nicht nur Probleme, zeigen Sie Lösungen auf. Wir haben gemeinsam mit dem Handwerk eine Vielzahl an Erfüllungsoptionen entwickelt, die gilt es, zu nutzen.“ So sei der Sanierungsfahrplan inzwischen ein „Exportschlager“. Im Hinblick auf die anstehende Evaluierung des EWärme-Gesetzes versprach der Minister Anpassungen, wenn tatsächlich entsprechender Bedarf nachgewiesen werde.

Podiumsdiskussion mit Politik,Handwerk und Industrie

Im Anschluss an das Impulsreferat moderierte der SBZ-Chefredakteur Dennis Jäger eine Diskussionsrunde zwischen Minister Untersteller, dem Fachverband-Vorsitzenden Joachim Butz, dem SHK-Unternehmer Frank Jäger aus Karlsruhe und dem Vizepräsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) Uwe Glock.

Anknüpfend an Unterstellers Aussagen zur Evaluierung des EWärme-Gesetzes bat der Fachverband-Vorsitzende Joachim Butz um Unterstützung: „Es ist in der Tat so, dass unsere Installateure und Heizungsbauer im Kundengespräch die Überbringer der schlechten Botschaft sind. Wir wünschen uns daher eine Motivationskampagne des Landes.“ Hausbesitzer sollten für eine Sanierung der Heizungsanlage sensibilisiert und auf das EWärmeG hingewiesen werden. Wichtig wären dabei praktische Beispiele ausgeführter Heizungssanierungen. In der Praxis ergäben sich zudem erhebliche Probleme in größeren Mehrfamilienhäusern mit einer Heizleistung über 50 kW und einer Gasheizung. Daher solle die bisherige Grenze von 50 kW für die Anerkennung von Biogas, aber auch Bioöl gestrichen werden.

Reparieren statt neu kaufen

Uwe Glock sah in der Tatsache, dass der Ersatzteilbedarf für Heizungen in Baden-Württemberg stark angestiegen ist, einen Beweis dafür, dass das Gesetz bisher wenig zur Aufhebung des Sanierungsstaus beigetragen habe. Die Kunden ließen ihre Heizungsanlage eher reparieren als in neue Technik zu investieren, um nicht die Anforderungen des EWärme-Gesetzes erfüllen zu müssen. Im Hinblick auf die Umsetzung der Klimaschutzziele sprach sich Glock dafür aus, technologieoffen zu agieren. „Die Maßnahmen müssen darüber hinaus sozialverträglich und wirtschaftlich umgesetzt werden können.“

Die Zukunft der Gebäudeheizung vor dem Hintergrund des Klimaschutzplans 2050 mochte auch der Minister nicht auf ein Thema reduziert sehen. „Warum denken wir vereinzelt und nicht an Wärmenetze und Quartierslösungen?“ Vorsitzender Butz betonte in diesem Zusammenhang, dass der Grundsatz „Effizienz zuerst“ beachtet werden müsse. Die SHK-Berufsorganisation spreche sich eindeutig für eine „Evolution“ aus, für eine schrittweise Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien in Kombination mit effizienter Heiztechnik. Wie zuvor der BDH-Vizepräsident Glock unterstrich Butz: „Dabei ist Technologieoffenheit unabdingbar.“ Er nannte neben dem grünen Strom als weitere Optionen synthetisches Gas und Heizöl, wie auch Biogas und Wasserstoff, aber auch den CO2-neutralen Brennstoff Holz.

„Wir brauchen in Zukunft die eierlegende Wollmilchsau“, formulierte Frank Jäger die Anforderungen, die an die Betriebe in Zukunft gestellt werden. „Unsere Mitarbeiter müssen Heizungsbauer, Servicetechniker, Elektriker und Kältetechniker in einer Person sein.“ In den abschließenden Statements auf die Frage „Schaffen wir es, die Ziele des Klimaschutzplans zu erreichen?“ betonte der Fachverband-Vorsitzende Butz daran anknüpfend, dass auch bildungspolitisch auf die veränderten Herausforderungen reagiert werden müsse. Obendrein erfordere die Energiewende Information, Mitwirkung und Akzeptanz.

Die Heizung heute und in Zukunft

Einen Blick auf die zukünftige Heiz- und Lüftungstechnik aus Sicht der Hersteller warf Andreas Lücke, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Heizungsindustrie (BDH). Dabei beleuchtete er die Chancen der verschiedenen Techniken von Wärmepumpentechnik, von einer Kombination von Wärmepumpe mit Photovoltaik und Speicher, von Holz-Zentralheizungen mit Pellets oder Hackschnitzeln und der Brennstoffzellenheizung. Seine Prognose: „Ein all electric wird im Wärmemarkt nicht möglich sein“. Die Strategie zur Erreichung der Klimaschutzziele müsse eine Kombination aus Anlagenmodernisierung und Absenkung des Wärmebedarfs, beispielsweise durch Dämmung, sein. Um die Ziele zu erreichen, sei eine steuerliche Förderung unabdingbar. Mit Blick auf den geplanten Förderstopp für Heizungen mit fossilen Energieträgern sagte Lücke: „Wir sehen anhand der Zahlen einen Siegeszug der Brennwerttechnik – wer hier die Förderung stoppt, macht einen Fehler.“

Den Fokus auf die digitale Heizung legte anschließend Carsten Kuhlmann vom BDH. „Unsere Aufgabe ist es, mit digitalen Produkten und Dienstleistungen sowohl im Neubau als auch im Bestand Effizienzpotenziale zu heben“, so Kuhlmann. Bisher sei stets lamentiert worden, eine Heizung zu verkaufen sei nicht so „sexy“ wie ein Auto oder ein neues Bad. Nun habe man doch genau das, was die Kunden erwarten: „Die neue bunte Welt der Apps“. Je mehr die Konnektivität wachse, desto weiter „öffnen sich Tore für Anbieter digitaler Komponenten“.

Was erwartet der Kunde von einer digitalen Heizung? Pflicht sind nach Aussagen Kuhlmanns Bedienmöglichkeiten per App und Informationen über kritische Betriebszustände mobil und in Echtzeit. Sozusagen die Kür stellten automatisierte Einsparmöglichkeiten und Optionen zur Auswertung dar. Für das Handwerk habe dies Konsequenzen: Der SHK-Profi müsse digital so fit sein wie sein Kunde und jederzeit Hilfestellungen aus der Ferne leisten können. „Nutzen Sie die Chancen, ihr Wartungsgeschäft aufzuwerten und Geschäftsmodelle perspektivisch aufzubauen, die bisher nicht möglich waren“, appellierte der Experte.

Gremienarbeit und Rahmenprogramm

Neben der Fachtagung als Kür hatten die Delegierten auch noch die Pflichtaufgabe in der Mitgliederversammlung die Zukunft der Berufsorganisation zu gestalten. Hier galt es, neue Mitglieder für diverse Ausschüsse zu wählen, ausgeschiedene Obermeister zu verabschieden und sich mit Haushaltsthemen auseinanderzusetzen. Fachlich wurde die neue Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) behandelt, die Konsequenzen für das Handwerk, die sich aus der Luftqualitätsverordnung Stuttgart ergeben, sowie der Ausbau von Wärmenetzen und kalten Nahwärmenetzen.

Wer neben all der Gremienarbeit und den Fachthemen noch Muße fand, nutzte den Festabend unter dem Motto „Ein Sommernachtstraum“ oder die Schiffsrundfahrt auf dem Bodensee, um die Seele baumeln zu lassen. Passend zum Bodensee als dem größten Trinkwasserspeicher Europas war die Ausstellung des Zentralverbandes SHK zu dem internationalen Plakatwettbewerb „Wasser ist Leben“ im Kursaal zu sehen. So war wirklich für jeden Gusto etwas geboten. Über die Highlights der öffentlichen Mitgliederversammlung zum Verbandstag 2017 wird in der nächsten Ausgabe der SBZ berichtet.

Mit einer Fülle an Impulsen im Gepäck reisten die Teilnehmer des diesjährigen Verbandstages zurück in ihre Innungsgebiete, nicht ohne die Einladung von Obermeister Michael Scholz entgegen zu nehmen. Der Obermeister der SHK-Innung Ludwigsburg lud ein zu einem Wiedersehen in der Barockstadt, wo vom 15. bis 16. Juni 2018 der 72. Verbandstag des Fachverbands SHK Baden-Württemberg ausgerichtet wird.

Referenten

Der Fachverbandsvorsitzende Joachim Butz : „Der Klimaschutzplan wird unsere Branche grundlegend verändern.“
Hauptgeschäftsführer Wolfgang Becker : „Verlassen Sie auch einmal das Job-Hamsterrad, um Ihren Blick auf zukünftige Herausforderungen richten zu können.“
Alfred Keller , Obermeister der SHK-Innung Bodenseekreis: „Wir brauchen eine höhere Wertschätzung unserer Arbeit durch die Gesellschaft.“
Markus Weik : „Im 1. Quartal 2017 gab es ein Umsatzplus von 7,3 %, wobei andere Handwerksbereiche identische Wachstumsimpulse melden.“
Albrecht Oesterle : „Betriebe müssen sich in ihrer Region zu einer Arbeitgebermarke entwickeln.“

 - Alle Bilder: FV SHK BW - © Alle Bilder: FV SHK BW
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Matthias Bergmann : „Die erheblichen Konsequenzen zeigen, dass es sich lohnt, die Zeitdauer der Entleihung im Auge zu behalten.“

Referenten

Umweltminister Franz Untersteller : „Das Gebäudeenergiegesetz wäre so wichtig gewesen.“
BDH-Geschäfstführer Andreas Lücke : „Haben wir eine Zukunft oder sind wir ein Auslaufmodell?“
Carsten Kuhlmann (BDH): „Die Digitalisierung bedroht Sie nicht, verstehen Sie sie als Chance. Je positiver Sie damit umgehen, desto größer wird Ihr Profit.“
BDH-Vizepräsident Uwe Glock : „Technologieoffenheit ist unabdingbar.“

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Handwerksunternehmer Frank Jäger : „Unsere Mitarbeiter müssen Heizungsbauer, Servicetechniker, Elektriker und Kältetechniker in einer Person sein.“

Tipp

Bilder zum Verbandstag

Impressionen zum Verbandstag finden sind online einsehbar unter

www.fvshkbw.de