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Kleiner Aufkleber,
große Fragen

Jäger: Seit Jahresbeginn 2017 besteht für Schornsteinfeger die Pflicht zur Kennzeichnung von Heizgeräten, die bereits mehr als 15 Jahre ihren Dienst tun. Der Altanlagenlabel genannte Aufkleber dürfte beim Verbraucher so beliebt sein wie der Kuckuck vom Gerichtsvollzieher. Das SHK-Handwerk jedenfalls hat sich im vergangenen Jahr zurückgehalten, obwohl die Möglichkeit bestand, das Label freiwillig beim Kunden anzubringen. Schade, oder?

von Oelhafen: Etwas nicht zu tun, kann auch ein Ziel sein. Die Verknüpfung mit den eigenen Geschäftsinteressen war wohl so naheliegend, dass viele mit negativen Folgen gerechnet haben. Ich glaube, dass es Selbstvertrauen braucht und ein starkes Band zwischen Kunde und Handwerker, um das Etikett anzubringen, wenn bereits eine schlechte Einordnung des Wärmeerzeugers absehbar ist. Wer will sich schon beim Kunden unbeliebt machen?

Jäger: Moment mal. Das Altanlagenlabel wurde doch als probates Mittel zur Profilierung angepriesen: „Sieh her Kunde, deine Heizung ist ein Energieverschwender. Aber ich habe eine Lösung für dich.“ Das klingt für mich nach einer 1A-Eintrittskarte, um die eigene Beratungsqualität zur energetischen Modernisierung auszuspielen. Der kleine Aufkleber schiebt das Thema Energieeffizienz doch auch optisch an.

von Oelhafen: Ja schon. Aber eigentlich geht das Label nicht weit genug. Ich halte es für bedenklich, dass eine Überprüfung der Heizungsanlage auf die tatsächlichen Werte überhaupt nicht vorgesehen ist, um das Kennzeichen auszustellen. Kriterien für die Einstufung sind bloß Baujahr und Energieträger. Der energetische Zustand des Hauses und der Leitungen wird nicht abgefragt, über die Effizienz der Anlage keine Aussage getroffen.

Jäger: Was du als Schwachpunkt siehst, sehe ich als Vorteil. Das ist doch eine gute Gelegenheit, mit Kunden über die Optimierung der Heizung ins Gespräch zu kommen. Wer Themen wie hydraulischer Abgleich und Heizungspumpentausch anschneidet und Förderungen ins Spiel bringt, hat den Auftrag doch schon fast in der Tasche.

von Oelhafen: Aber nur, wenn es gelingt, den Kunden das Gefühl zu vermitteln, dass sie nicht bloß ein passiver Part sind, der das ganze Geschehen um das Nachlabeln seiner alten Anlage über sich ergehen lassen muss. Sie müssen unbedingt aktiv in das Geschehen mit eingebunden werden. Wer bloß mit dem Holzhammer winkt, wird nicht weit kommen. Zumal mit Anbringen des Labels noch keine Verpflichtung zur Modernisierung einhergeht.

Jäger: Oh ja, das stimmt. Die Notwendigkeit zur Reduzierung der Energieverbräuche und zum effizienteren Nutzen der vorhandenen Ressourcen ist zwar jedem Verbraucher bewusst, aber der Prozess muss ja bitteschön nicht am eigenen Portmonee ansetzen.

von Oelhafen: Unsere Branche hat da eigentlich einen großen Wettbewerbsvorteil, weil wir die Technik zur Energiewende beherrschen. Aber wir sollten schon aufpassen, wie wir uns da präsentieren. Statt von Millionen veralteter Kessel zu sprechen, würde ich eher sagen: Millionen Chancen zur Erneuerung. Die Autoindustrie meckert ja auch nicht die Besitzer älterer Kfz-Modelle an, um den Absatz anzukurbeln.

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