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Wo geht’s lang?

Chefs glauben, dass Führung bei einem geringen Personalstand nicht ganz so wichtig ist, weil bisher alles automatisch läuft und sich noch kein Mitarbeiter über mangelnde Führung beschwert. Aber: Chefs, die sehr stark ins Tagesgeschäft eingebunden sind, haben kaum noch Gelegenheit, aktiv zu führen.

Dabei muss Führung nicht spürbar sein, so wie eine Injektion am besten ist, wenn der Patient sie gar nicht spürt. Besondere Aufmerksamkeit verdienten neu eingestelltes Personal oder Mitarbeiter ausländischer Herkunft, denen zum Beispiel die Sprache oder die Anpassung an hiesige Gepflogenheiten noch Schwierigkeiten bereiten. Führung ist eine nicht delegierbare Aufgabe und lohnt sich auch in Handwerksunternehmen mit nur wenigen Mitarbeitern.

Wenn Kunden wie Könige behandelt werden, darf das nicht zulasten der Mitarbeiter gehen. Sie sind genauso wie die Kundschaft das Kapital des Handwerksbetriebs. Ohne motiviertes Personal können anspruchsvolle Kundenwünsche nicht realisiert werden. Es gibt unterschiedliche Führungsstile:

  • Autoritär: Der Vorgesetzte entscheidet, ordnet an, setzt auch Zwangsmittel ein.
  • Teamorientiert: Der Vorgesetzte sorgt für ein funktionierendes Team.
  • Motivierend: Motivation und Ziele stehen im Mittelpunkt.
  • Delegierend: Grundsatz ist die Delegation von Aufgaben und Verantwortung.
  • Kooperativ: Arbeitsgruppen arbeiten autonom, der Vorgesetzte koordiniert.

Im Folgenden nehmen wir die situative Führung und die autoritäre Führung genauer unter die Lupe und Vergleichen beide Stile.

Der situative Führungsstil

Jeder Mitarbeiter ist nur so gut, wie er geführt wird. Im „situativen Führungsstil“ als Fortsetzung des „kooperativen Führungsstils“, erhält jeder Mitarbeiter eine auf seine Situation und seine fachlichen sowie sozialen Fähigkeiten angepasste Führung. Fachkompetenz, Entwicklungsstand und Persönlichkeit des einzelnen Mitarbeiters werden bei situativer Führung so weit wie möglich berücksichtigt. Merkmal ist der individuelle Bezug auf den einzelnen Mitarbeiter im Gegensatz zu anderen Führungsstilen, die pauschal vorgeben, was zu tun ist, ohne die Situation des Einzelnen zu bedenken.

Situativ führen erfordert große Flexibilität der Führungskraft. Es ist nicht leicht, in der Hektik des Alltags jeden Mitarbeiter in seiner Individualität anzunehmen, sich in seine Situation einzufühlen, seine Perspektive einzunehmen. Situative Führung wird nicht nur von allen anerkannt, sondern ist deutlich erwünscht, gerade in kleineren Betrieben. Ergebnis der situativen Führung ist die Loyalität der Mitarbeiter zur Firma und das Vertrauen zum „Boss“. In der Praxis kann der „situative Führungsstil“ oft nicht in Reinform, also zu 100 %, angewendet werden, sondern im Mix mit Elementen der autoritären Führung.

Notwendiger Beitrag für den Betriebserfolg

Im Idealfall sind die Mitarbeiter von der Führung begeistert, sie sehen ihren Chef nicht mehr als Vorgesetzten, sondern als Teil des Teams, der seine Mannschaft coacht. Dadurch entsteht beim Einzelnen die Bereitschaft, private Interessen auch mal zurückzustellen und Mehrarbeit ohne Frust zu leisten. Situativ führen heißt nicht, nur auf harmonisches Miteinander zu achten, ein Betrieb ist kein Streichelzoo, Kuschel-Management wird von Mitarbeitern kritisch betrachtet und sogar abgelehnt. Mitarbeiter wollen das Gefühl haben, dass sie einen für den Betriebserfolg notwendigen Beitrag erbringen.

Zehn Leitbilder (siehe Grafik) zeigen die totale Kehrtwende vom autoritären zum situativen Führungsstil. Wer selbst in einem autoritären Stil gelernt und gearbeitet hat, sich unterordnen musste, wird es als Führungskraft nicht leicht haben, sich umzustellen. Eine der schwierigen Anforderungen bei der Umstellung ist es, die Mitarbeiter in Entscheidungen bei der Arbeitseinteilung und Planung einzubinden. Das kostet viel Zeit, es kommt zu Diskussionen und der Chef gibt die Verantwortung teilweise aus der Hand, wenn er das Team in Entscheidungen einbindet.

Beteiligung suchen statt Alleingänge zu unternehmen

Zur erfolgreichen Führung gehört es, besser keinen Alleingang zu unternehmen, Mitarbeiter möglichst oft zu beteiligen, ihnen Verantwortung zu übertragen. Richtig motiviert ist, wer sagt: „Ich freue mich auf meine Arbeit, ich freue mich auf Herausforderungen.“ Je mehr sich der Mitarbeiter als Teil der Firma fühlt, desto größer sein Engagement. Zufriedene Mitarbeiter unterscheiden sich von begeisterten Mitarbeitern. Wer begeistert ist, geht bis an seine Leistungsgrenze und arbeitet, als wäre er selbst der Chef. Gute Personalführung führt zu Mitarbeiterbindung (Retention) und reduziert die Fluktuationsrate. Motivierte Mitarbeiter entwickeln Eigeninitiative, Engagement, Schwung und Begeisterung. Sie sind motiviert, wenn sie von sich aus den „Antrieb“ zeigen, die Arbeitsziele möglichst gut zu erreichen.

Die vorgegebenen Tages- oder Wochenziele realisiert der Chef gemeinsam mit seinen Leuten. Jeder hat bei der Planung und täglichen Einteilung der Arbeit ein Mitspracherecht, die endgültige Entscheidung trifft der Chef selbst, denn schließlich trägt er die Verantwortung. Zu seinem Führungsverhalten gehört es, auf die individuellen Eigenarten des einzelnen Mitarbeiters einzugehen, einen gewissen Spielraum zu lassen.

Autoritäre Führung

Der autoritäre Führungsstil ist bis auf wenige Ausnahmen zum Scheitern verurteilt. Für den autoritären Vorgesetzten sind Mitarbeiter reine Vollzugsorgane, die sich unterordnen müssen. Wer sein Team unter Druck setzt, erzeugt Gegendruck oder Gleichgültigkeit. Der autoritäre Chef hat immer das letzte Wort und tut sich schwer, eine andere Meinung zuzulassen. Widerspruch wird in der Regel nicht geduldet.

Bemerkenswert: Der autoritäre Führungsstil wird in manchen Betrieben bis heute in leicht ausgeprägter Form praktiziert, weil der Chef keine andere Führung kennt oder anwenden kann. Und man hört immer wieder die Meinung: „Mit meinen Leuten muss ich so reden, die verstehen nichts anderes und können sich unter situativer Führung auch nichts vorstellen.“ Unzufriedene Mitarbeiter beklagen mangelhaften Führungsstil nicht beim Chef direkt, sie reden privat darüber und nützen dem Erscheinungsbild des Betriebs dadurch in keiner Weise.

Die innere Stimme: „Ich muss jetzt X erledigen“, hat mit Druck und autoritärer Führung zu tun, weniger mit Eigenmotivation. Förderlich ist die Einstellung: „Ich will jetzt X tun, weil es für den Betrieb (und für mich) einen Sinn macht.“ Der Mitarbeiter muss sich nicht anstrengen, er will es. Bei innerer Motivation findet er selbst einen Grund, sich Mühe zu geben, etwas aus innerem Antrieb zu tun. Freude an der Arbeit und Lust auf Leistung sind die Antreiber.

Das Wir-Gefühl

Situative Führung wirkt sich durch Identifikation des Personals mit dem Betrieb positiv auf das Betriebsklima aus. Zu den Aufgaben der Führungskraft gehört es, die Mannschaft mal zum Essen einzuladen oder sich auf einem regionalen Volksfest zu treffen, eine Sportveranstaltung zu besuchen oder mit dem Team einen Grillabend zu planen. Das zeigt Wertschätzung und stärkt das „Wir-Gefühl“. Manchmal sind gerade die kleinen Dinge wichtig für die Motivation des Einzelnen, z. B. die Gratulation zum Geburtstag eines Mitarbeiters.

Autor

Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher ist Fachautor und Referent. Er lebt in Heidelberg.

Telefon (0 62 21) 80 48 82

rolf.leicher@t-online.de