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Versorgungslücken durch Effizienz kompensieren

Arbeitszahlen verdoppeln

Die Schweiz plant bis zum Jahr 2034 den Ausstieg aus der Kernkraft und rechnet in Folge mit einer Stromlücke von mehr als 20 % . Ziel einer neuen Energiestrategie (ES2050) ist eine weitgehend autonome und wirtschaftliche Stromversorgung, bei der die fossile Stromproduktion auf ein Minimum reduziert werden soll. Der zusätzliche Strombedarf durch die steigende Elektrifizierung der Wirtschaft und den Wandel der Heizungsstrukturen von fossilen zu regenerativen Wärmeerzeugern sowie elektrisch angetriebenen Wärmepumpen soll unter anderem durch Effi­zienzmaßnahmen kompensiert werden. Ziel bis 2050 sei eine Jahresarbeitszahl bei Luft/Wasser-Wärmepumpen von 7,0 und bei Sole/Wasser-Wärmepumpen von 8,0.

Wärmepumpensysteme ganzheitlich optimieren

Die Wärmepumpe darf künftig nicht mehr ausschließlich als Ersatz für einen konventionellen Wärmeerzeuger angesehen werden, sondern als Teil eines Gesamtsystems mit Schnittstellen zum Gebäude, zum Wärmeverteilsystem, zum Stromnetz, zur Energieerzeugung (konventionell, Photovoltaik), zu unterschiedlichen saisonalen Wärmeangeboten und Wärmesenken, zur Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) und zu verfahrenstechnischen Prozessen. Stephan Renz, Leiter Forschungsprogramm Wärmepumpen und Kälte des Bundesamtes für Energie in Bern, sieht im gebäudeinternen Abgleich von Temperaturangeboten aus thermischen Solaranlagen und dem Stromangebot aus Photovoltaik- und KWK-Anlagen im Zusammenhang mit der thermischen Speicherung zusätzliche Möglichkeiten, Wärmepumpen je nach Verfügbarkeit von preiswertem Netzstrom sowie KWK- bzw. PV-Stromangeboten intelligent zu betreiben. Wärmepumpenanlagen und deren Peripherie ließen sich so zu einer Art Stromspeicher ausbauen.

Vorrangiges Ziel sei deshalb die Entwicklung hocheffizienter Wärmepumpen, die nicht nur im Auslegungspunkt gute Ergebnisse liefern, sondern das ganze Jahr nahe am Optimum arbeiten. Renz nennt technische Ziele für die künftigen Forschungsprojekte, die gleichermaßen für Wärmepumpen als auch für Kälteanlagen gelten. Zunächst müsse der Gütegrad der Maschinen von heute etwa 50 % auf 65 bis 70 % erhöht werden. Der Gütegrad ist das Verhältnis von COP-Werten realer Prozesse und idealisierter Prozesse ohne Verluste durch Reibung und Wärmeübertragung – der Thermodynamiker nennt das auch reversible, also umkehrbare, Prozesse. Ansatzpunkte sind die Reduktion der Kältemittelüberhitzung, die Nutzung der Drosselenergie, insbesondere bei CO2-Kältemaschinen und die Minimierung der Reibungseffekte und der Temperaturdifferenzen von Kältekreisläufen. Verbesserungsfähig sei auch die regelungstechnische Koordination der Angebots- und Nachfrageseite unter Einbeziehung von Speichertechnologien und Speicherstrategien und damit die Einbindung der Wärmepumpen in additive Energiesysteme wie Solarthermie, PV-Strom, KWK-Anlagen und Speicher.

Weitere interessante Felder für Forschung und Entwicklung sind Hochtemperatursysteme (80 bis 180 °C), um individuelle Wärme- und Abkühlprozesse zu unterstützen. Auch bei großen Anlagen für Fernwärme, Prozesswärme und Prozesskälte sieht Renz Optimierungspotenziale. Hierzu sei eine Verbesserung der nationalen und internationalen Zusammenarbeit sowohl seitens der Hochschulen als auch der Industrie wünschenswert.

Niederhubanlagen ereichen COP-Werte bis zu 15

Bei Wärmepumpen für die Gebäudeheizung sind heute schon COP-Werte von 9 erreichbar, bei Gebäudekühlsystemen mit niedrigem Temperaturhub und optimierten Rückkühlsystemen sogar COP-Werte von 15. Diese Erkenntnisse stammen aus dem Forschungsprojekt „Verdoppelung der Jahresarbeitszahl von Klimakälteanlagen durch Ausnutzung eines kleinen Temperaturhubs“ des Bundesamtes für Energie aus dem Jahr 2006, die jetzt experimentell untersucht werden. Der Schlüssel zu hocheffizienten Wärmepumpen und Klimakälteanlagen ist nach Erkenntnissen von Prof. Dr. Beat Wellig, Hochschule Luzern, die konsequente Umsetzung von Niederhub-Temperatursystemen für Heizen und Kühlen. Standardgeräte arbeiten mit Temperaturhüben von 30 bis 60 K, obwohl beispielsweise zum Heizen mit einer Erdwärmesondenanlage ein Temperaturhub von rund 20 K ausreichen würde. Entsprechend optimierte Gebäudekühlsysteme kämen sogar mit 10 K Temperaturhub aus, so Wellig. Wärmepumpen und Klimakälteanlagen müssten deshalb in viel stärkerem Maße auf Niedertemperatur-Heizsysteme bzw. Hochtemperatur-Kühlsysteme abgestimmt werden. Dies erfordere jedoch neue Denkansätze sowohl bei der Auswahl der Komponenten als auch bei der Optimierung des Gesamtsystems. Dazu zählen der Kältemittel-Verdichter (keine Scroll-Verdichter), die Dimensionierung des für solche Niederhub-Maschinen obligatorischen elektronischen Expansionsventils und die Wahl des Kältemittels. Ziel sei, die Druckverluste in den Kältemittelleitungen und Armaturen zu minimieren. Auch müssten Verdampfer und Kondensator genauer auf den Niederhub-Betrieb abgestimmt werden.

Beim Bau einer Niederhub-Anlage mit Hubkolbenverdichter stellte sich im Rahmen des Forschungsprojekts heraus, dass derzeit keine geeigneten Kompressoren für den Betrieb mit kleinen Temperaturhüben und kleinen Druckverhältnissen am Markt sind. Besser geeignet seien kleine Turboverdichter, da diese ölfrei arbeiten. Marktgängige Turboverdichter seien jedoch derzeit nur in Größen von über 150 kW Heizleistung verfügbar. Um die Entwicklung von Niederhub-Anlagen vor­anzutreiben, wurde in Zusammenarbeit mit der Celeroton AG, Zürich, und der ETH Zürich der Prototyp eines Radial-Turboverdichters (Kältemittel Butan, R600) mit einer elektrischen Leistungsaufnahme von 1,5 kW bei einer thermischen Leistung von etwa 10 kW realisiert. Experimentelle Untersuchungen zeigten, dass damit bislang unerreichbar ­hohe Gütegrade möglich sind mit einem COP beim Heizen von 9,2 und einem Gütegrad von 59,6 % . Eine für Kühlen ausgelegte Anlage erreichte einen COP von 13,4 bei einem Gütegrad von 58,6 % . Entscheidend für die hohe Energieeffizienz sei, so Wellig, die Abstimmung des Geräts mit dem Heiz- bzw. Kühlsystem sowie die Optimierung der Hilfsaggregate. Die Ergebnisse sind so überzeugend, dass die Entwicklung zusammen mit der BS2 AG, Schlieren-Zürich, fortgesetzt werden soll.

Interessante Entwicklungen bei natürlichen Kältemitteln

Die Wärmepumpen- und Klimabranche kommt nicht umhin, sich mehr um den Einsatz von natürlichen Kältemitteln zu kümmern. So lautet das Resümee von Raphael Gerber, CTA AG, Klimakältewärme, Münsingen. Viele Hürden seien hausgemacht, Havarien bei Anlagen mit natürlichen Kältemitteln würden oftmals dramatisiert. Das größte Hemmnis beim Einsatz natürlicher Kältemittel sei der Ausbildungsstand von Planern und Installateuren sowie die eingeschränkte Verfügbarkeit von Komponenten. Für fluorierte Kältemittel drohen Verwendungsverbote sowie die Verteuerung durch Steuern und Re­cyc­linggebühren. Allerdings gebe es auch bei den natürlichen Stoffen kein Allerweltskältemittel, das alle Bereiche abdecke. Die Probleme wie Brennbarkeit, hohe Drücke und Toxizität seien nun mal Realität. Dennoch sieht Gerber bei den natürlichen Kältemitteln eher Chancen als Risiken, insbesondere unter den Gesichtspunkten Wirtschaftlichkeit, Verfügbarkeit, Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit. Im Fokus stehe auch das Kältemittel Wasser, da in diesem Bereich vielversprechende Entwicklungen mit Turboverdichtern in Gang gekommen seien. Auch dem Kältemittel CO2 attestiert Gerber ein sehr hohes Entwicklungspotenzial. Bei gewerblichen Kälteanlagen mittlerer und großer Leistungen gelten CO2-Anlagen in der Schweiz als Stand der Technik. Mehrere hundert Anlagen seien hier bereits installiert. Europaweit seien – Stand Anfang 2012 – rund 1200 Lebensmittelmärkte mit transkritischen CO2-Kälteanlagen in Betrieb. Auch hierzu leiste die Schweiz wichtige Entwicklungsarbeiten, beispielsweise mit einem CO2-Erdwärmerohr, einer CO2-Wärmepumpe, einem ölfrei arbeitenden Turboverdichter sowie der Integration einer Expansionsmaschine in ein CO2-Kältesystem. Nicht zu übersehen sei die Erfolgsgeschichte der in Japan populären Ecocute CO2-Wärmepumpe zur Trinkwassererwärmung. Mehr als zwei Millionen Einheiten davon sind weltweit bereits in Betrieb.

Wichtig bei Kälteanlagen mit brennbaren Kohlenwasserstoffen als Kältemittel sei die Minimierung der Kältemittelfüllmenge, beispielsweise durch den Einsatz von Microchannel-Wärmeübertragern. Inzwischen ­gäbe es weltweit mehrere Millionen Fahrzeuge, deren Klimaanlagen mit Kohlenwasserstoff gefüllt sind. Hinzu kämen etwa 500 Millionen Haushaltskühlgeräte mit Kohlenwasserstoffen als Kältemittel. Chinesische Hersteller wie Gree, Midea und Haier hätten ihre Produktions­linien mit einer Kapazität von mehreren 100000 Kleinklimageräten pro Jahr bereits auf das Kältemittel Propan umgestellt.

Unterhalb 5 kg Kältemittel pro Gerät sei der sicherheitstechnische Aufwand bei brennbaren Kältemitteln gut beherrschbar. Allerdings müsse der kältetechnische Teil in einem belüfteten Gehäuse installiert sein. Bei Anlagen mit dem Kältemittel Ammoniak (NH3) gäbe es bereits Aggregate, die mit einer Füllung von unter 0,1 kg pro kW Kälteleistung auskommen; es seien sogar spezifische Kältemittelfüllmengen unter 0,01 kg/kW Kälteleistung möglich, sagt Gerber. Damit könne NH3 auch in Bereichen eingesetzt werden, die bisher für konventionelle NH3-Kältetechnik tabu waren, zum Beispiel in Hotels. Eine NH3-Kleinwärmepumpe sei in der Schweiz bereits in Entwicklung.

Lernen von den besten Wärmepumpenanlagen

Woran liegt es, dass manche Wärmepumpenanlagen sehr hohe Jahresarbeitszahlen erzielen, andere dagegen energetisch abfallen? Sicher ist, dass die Ursache in den wenigsten Fällen beim Wärmepumpengerät liegt, sondern im Zusammenspiel von Wärmepumpe, Wärmeverteilsystem und Gebäude. Kriterien für Best-Practice-Wärmepumpensysteme werden derzeit im Rahmen des IEA-Wärmepumpenprogramms Annex 37 festgelegt, international ausgearbeitet und demnächst als Best-Prac­tice-Katalog mit Empfehlungen an die Fachbranche veröffentlicht.

Im Rahmen des nationalen Projektes der Schweiz wurden zehn Wärmepumpenanlagen mit Erdwärmesonden, eine Anlage mit Erdkollektor und fünf Anlagen mit Außenluft als Wärmequelle analysiert. Die Luft/Wasser-Anlagen erreichten eine durchschnittliche Jahresarbeitszahl (JAZ) von 3,45 und die Sole/Wasser-Anlagen eine JAZ von 4,87 – gemessen ohne Trinkwassererwärmung (TWE). Mit TWE-Berücksichtigung liegt die JAZ bei den Sole/Wasser-Anlagen um 16,3 % , bei den Außenluft/Wasser-Anlagen um 7,3 % niedriger. Peter Hubacher, Hubacher Engineering, Engelburg, auch bekannt als Schweizer Wärmepumpendoktor, stellte bei seinen Messungen fest, dass selbst Best-Practice-Anlagen noch Potenzial für Verbesserungen haben. Typisch sei eine oftmals zu hohe Heiztemperatur, obwohl durch die energetische Qualität der Gebäudehülle niedrigere Vorlauftemperaturen möglich gewesen wären. Im Anschluss zu diesem Artikel folgt noch ein Interview mit Peter Hubacher.

Optimiertes Teillastverhalten verbessert die JAZ

Bei den vielen Erkenntnissen rund um die Entwicklung von Wärmepumpengeräten sowie bei der Dimensionierung und Anlagenkonzeption stellt sich dem Beobachter die Frage, warum viele dieser seit langem bekannten Schwachstellen von der Industrie nur schleppend umgesetzt werden. So verdeutlichte das FAWA-Programm (Feldanalyse von Wärmepumpenanlagen) des Bundesamtes für Energie aus den Jahren 1996 bis 2003, dass installierte Luft/Wasser-Wärmepumpen im Durchschnitt nur auf eine Jahresarbeitszahl von 2,6 kommen (gemessen ohne Speicher). Auch die im Jahr 2011 vorgestellte Studie des Fraunhofer-Instituts ISE, Freiburg, an ausgeführten Anlagen bestätigt mit einer durchschnittlichen JAZ von 2,95 (inklusive TWE) die offensichtlichen Know-how-Defizite bei der Dimensionierung, Montage und Regelung.

Umso interessanter sind die Untersuchungen von Lukas Gasser, André Brun und Beat Wellig von der Hochschule Luzern über den JAZ-Zuwachs leistungsgeregelter Wärmepumpen, der bei Luft/Wasser-Wärmepumpen um 70 % und bei Sole/Wasser-Wärmepumpen um 5 bis 10 % höher liegt als bei Ein/Aus-geregelten Wärmepumpengeräten. Das beachtliche Potenzial für Effizienzsteigerungen liegt nach Auffassung der Autoren verschiedener Studien in der intelligenten Verknüpfung drehzahlregelbarer Kältekompressoren, Ventilatoren und Pumpen. Voraussetzung sei allerdings, dass die Regelkurve die Diskrepanz zwischen der steigenden Heizleistung bei steigenden Heiztemperaturen und den diametral entgegengesetzten Wärmequellentemperaturen ausgleicht. Wegen der speziellen Charakteristika von Kompressoren und Ventilatoren bei Teillast und Volllast bedarf es einer genauen Abstimmung der Komponenten für Luft/Wasser-Wärmepumpen. Im Rahmen des Projektes „WEXA – Exergie-Analyse zur Effizienzsteigerung von Luft/Wasser-Wärmepumpen“ stellte sich heraus, dass mit den heute zur Verfügung stehenden Komponenten eine kontinuierliche Leistungsregelung nur bis zu einer Außentemperatur von etwa 0 °C sinnvoll ist. Bei höheren Außentemperaturen bringt die Ein/AusRegelung bessere COP-Werte.

Bei einem leistungsgeregelten Luft/Wasser-Wärmepumpen-Prototyp mit Inverter-­Scroll-Verdichter mit Kältemittel-Dampfeinspritzung wurden, bezogen auf eine Außentemperatur von –10 °C, folgende Jahres­arbeitszahlen (inklusive Abtauenergie) gemessen:

  • Minergiegebäude: JAZ = 4,41 bei einem 30/25 °C-Heizsystem
  • hochwertig sanierter Altbau: JAZ = 4,40 bei einem 41/35 °C-Heizsystem
  • sanierter Altbau: JAZ = 3,79 bei einem 46/38 °C- Heizsystem

Gasser betonte mehrfach, dass bei sanierten Altbauten das Energieeinsparpotenzial leistungsgeregelter Luft/Wasser-Wärmepumpen besonders hoch sei.

Integrierte Systeme für Null-Energiehäuser

Ab 2021 müssen Neubauten laut EU-Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie (EPBD) den Standard „Nearly Zero Energy Building“ (NZEB) aufweisen. Das bedeutet, dass „Gebäude sich ganzjährig möglichst selbst mit Wärme sowie mit einem angemessenen Anteil Strom versorgen“, so die Definition der Konferenz der kantonalen Energiedirektoren (EnDK) der Schweiz. Obwohl es sich hierbei formal um ein Niedrigst-Energiegebäude handelt, werde das EU-Ziel auch mit „Netto-Null-Energie-Gebäude“ interpretiert, so Prof. Dr. Carsten Wemhöner, Hochschule für Technik, Rapperswil. Auch wenn noch keine präzise Definition des Standards und der Systemgrenzen für die Netto-Null-Bewertung vorliege, zeichne sich ab, dass mit Einführung dieses Energiestandards die Wärmepumpe das dominante Heiz- und Kühlsystem sein werde. Die Auswertung von 200 nach Minergie-A-Standard zertifizierten Gebäuden in der Schweiz – Wärmekennzahl 0 kWh/m2 a – nach Heizsystemen ergab, dass 80 % der zertifizierten Häuser mit Wärmepumpen und PV-Modulen ausgerüstet sind.

Im Rahmen des Wärmepumpenprogramms der Internationalen Energieagentur (IEA) soll nun im Projekt Annex 40 untersucht werden, welche Wärmepumpenlösung für Netto-Null-Energie-Gebäude in den teilnehmenden Ländern (Japan, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz und USA) schon eingesetzt sind und welche Anforderungen künftig an solche Systeme gestellt werden.

Folgende Entwicklungspotenziale sind von den teilnehmenden Ländern bereits definiert:

  • Integration von Wärmepumpen mit solaren Technologien in die Gebäudehülle
  • Systemauslegung unter den Randbedingungen der Netto-Null-Energie-Bilanz
  • Regelungsverfahren im Zusammenspiel und der Optimierung des „Load Match“ (Charakteristik von Bedarf und Erzeugung)
  • direkte elektrische Kopplung von PV und Wärmepumpe (denkbar ist beispielsweise eine Gleichstrom-Klein-Wärmepumpe)
  • Leistungsbereich und Leistungsregelung von Wärmepumpen
  • angepasster Temperaturhub
  • Einsatz natürlicher Kältemittel
  • effizienter Warmwasserbetrieb mit solarem Deckungsanteil
  • Mehrquellensysteme zur Nutzung des saisonal am besten verfügbaren Quellentemperaturniveaus

Wie eine integrierte Wärmepumpen-Systemlösung künftig aussehen könnte, verdeutlicht eine vom US-amerikanischen Oak Ridge National Laboratory entwickelte Erdreich/Luft-Wärmepumpe mit integriertem Luftbehandlungsgerät, Wärmerückgewinnung, Luftentfeuchtung und Trinkwassererwärmung. Durch den Einsatz leistungsgeregelter Komponenten und die Integration mehrerer Funktionen könnten Einsparpotenziale von rund 50 % gegenüber der marktverfügbaren Standardtechnologie erreicht werden, so Wemhöner.

Solargestützte Systeme werden favorisiert

Speziell optimierte Wärmepumpen-Heizsysteme für Nahezu-Null-Energie-Gebäude sind am Markt derzeit noch nicht von der Stange zu haben. Jean-Christophe Hadorn, Base Consultants S.A., Genf, und Leiter Schweiz des IEA-Programms Solar Heating and Cooling TASK 44 sowie des Heat Pump Program Annex 38 räumt ein, dass der Markt auf die künftigen Herausforderungen der europäischen Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie praktisch noch nicht reagiert hat. Als Leitlinie für die Entwicklung von Wärmepumpensystemen für Nahezu-Null-Energie-Gebäude im Leistungsbereich von 5 bis 20 kW Nennwärmeleistung definiert TASK 44/Annex 38 vier Gattungen von Wärmepumpensystemen. Beim parallelen Konzept arbeiten Wärmepumpe und Solarthermieanlagen separat; beide Systeme sind über einen Wärmespeicher miteinander verbunden. Beim seriellen Konzept liefern Solarthermiekollektoren Wärme an den Verdampfer der Wärmepumpe. Genutzt wird sowohl die solare Strahlungswärme als auch die Umgebungswärme. Das regenerative Konzept sieht vor, dass im Sommer Wärme aus der Solarthermieanlage in den Erdwärmespeicher (Erdwärmesonde, Erdwärmekollektor) eingespeichert wird. Dieses Konzept eignet sich insbesondere für Anlagen mit eher knapp bemessenen Erdwärmesonden. Damit lassen sich diese regenerieren und Energie auf Vorrat einspeichern. Beim komplexen Konzept schließlich wird solare Wärme aus den Kollektoren in einem Pufferspeicher als primäre Wärmequelle für die Wärmepumpe zwischengespeichert. Dadurch steht der Wärmepumpe eine Wärmequelle mit vergleichsweise hohem Temperaturniveau zur Verfügung. Reicht die Temperatur nicht aus, kann auf die Erdwärmesonde umgeschaltet werden.

Aktuell erfolgt im Rahmen des IEA-Programms die messtechnische Auswertung von 37 Anlagen. Alle Ergebnisse stehen seit Ende 2013 zur Verfügung. Ein Handbuch soll 2014 erscheinen. Weitere Informationen unter http://www.task44.iea-shc.org

Gute Komponenten machen noch kein gutes System

Wie sehr es bei Solar-Wärmepumpenanlagen mit Kombispeichern auf hydraulische Details, Platzierung von Temperaturfühlern und Regelungsstrategien ankommt, verdeutlichen Untersuchungen an der Hochschule für Technik, Rapperswil. Dr. Michel Haller und sein Team fanden aufgrund von Labormessungen sowie Simulationsrechnungen heraus, dass bei einer Wärmepumpenanlage aus ein und denselben Komponenten – einmal mit ungünstiger Hydraulik und Regelungsstrategie und einmal mit optimalen Verknüpfungen – der Stromverbrauch um bis zu 47 % abweichen kann. Entscheidend für eine hohe Anlageneffizienz seien eine ausreichende Distanz zwischen dem Warmwassersensor und der Raumwärmezone des Kombispeichers, eine klare Trennung der Speicherzonen „Trinkwassererwärmung“ und „Raumwärme“ sowie eine gute Speicherschaltung.

Zu den typischen Problemen in Kombispeichern zählt die Verfrachtung von Energie aus der Trinkwarmwasserzone mit etwa 50 °C in die Heizzone mit etwa 35°C. Dadurch müsse die Wärmepumpe unnötig hohe Temperaturen aufbringen, die zu einem schlechteren COP führen, so Haller. Seine Empfehlungen:

  • der Abstand des Temperatursensors Warmwasserzone zur Raumwärmezone soll mindestens 20 cm betragen; Schichtungsverhalten des Kombispeichers beachten
  • Speicheranschluss des Rücklaufs zur Wärmepumpe im Warmwasserbetrieb oberhalb der Raumwärmezone ansetzen. Prüfen, ob es nicht sinnvoller ist, den Speicher bei Betrieb der Wärmepumpe im Raumwärmemodus ganz zu umgehen
  • hohe Fließgeschwindigkeiten durch Beladevolumenströme vermeiden
  • bei modulierenden Wärmepumpen und Raumheizsystemen mit garantiertem Mindestdurchfluss den Speicher hydraulisch umfahren. Speicher nur bei Nutzung von Solarwärme oder zur Verlängerung der Wärmepumpen-Laufzeiten aktivieren.

Kombination mit PVT-Kollektor bietet höchste Erträge

Die künftigen Null- oder Plus-Energiehäuser werden unzweifelhaft durch eine Kombina­tion aus Wärmepumpe, Solarthermie, Photovoltaik, ggf. auch Eisspeicher, Erdwärmesonden oder Erdregister temperiert. Welches Systemkonzept für welchen Gebäudedämmstandard geeignet ist, wurde im Rahmen des Projektes SOFAWA (Kombination von Solarthermie, Photovoltaik und Wärmepumpen) an der Fachhochschule Nordwestschweiz, Institut Energie am Bau, Muttenz, von Prof. Dr. Thomas Afjei und Team simuliert.

Untersucht wurden sechs Wärmeversorgungssysteme mit solarer Wärme- und Stromversorgung. Das Vergleichsobjekt ist ein Einfamilienhaus in den drei Dämmklassen 15, 45 und 100 kWh/m2a. Aus den detailliert vorliegenden Ergebnissen zieht Prof. Afjei folgende Schlussfolgerungen:

  • eine parallele Wärmeerzeugung mit solarthermischen Kollektoren und einer Wärmepumpe kann den Strombedarf der Wärmepumpe bei steigendem solarthermischen Anteil minimieren. Das System lässt sich effizient und technisch robust umsetzen
  • die Kombination von Wärmepumpe und Photovoltaik ist technisch einfach und flexibel umsetzbar. Der Strombezug aus dem Netz lässt sich bei optimierter PV-Stromnutzung deutlich senken
  • die Kombination Wärmepumpe und PVT-Kollektor erzielt den höchsten Energie­ertrag pro Quadratmeter Kollektorfläche. Gegenüber einer rein solarthermischen Systemlösung wird ein zusätzlicher sommerlicher PV-Stromüberschuss erzielt.

Eine Simulationsrechnung mit einem Solar-Eis-System, nicht abgedeckten Absorbern und Sole/Wasser-Wärmepumpe für die vorgenannten Dämmklassen 15/45/100 kWh/m2a, ergab folgendes Bild: Das Solar-Eis-System eignet sich nicht für Ein- und Zweifamilienhäuser mit sehr niedrigem Heizwärmebedarf. Das mag auch daran liegen, dass es derzeit noch kein passendes Wärmepumpengerät gibt. Die simulierte 6 kW-Wärmepumpe war um den Faktor 2 bis 3 zu groß (JAZ = 3,73). Auch war der Anteil der Hilfsenergien für Pumpen vergleichsweise hoch. Die höchste JAZ wurde für das Gebäude mit dem spezifischen Heizwärmebedarf von 45 kWh/m2a erzielt (JAZ = 4,23). Bei Gebäuden mit 100 kWh/m2a Heizwärmebedarf führte eine höhere Vorlauftemperatur (Annahme Bestandsgebäude) zu einer Verschlechterung der JAZ (4,02).

Fazit

Wärmepumpen spielen bei der Umsetzung der Energiewende eine maßgebliche Rolle. Forschungsprojekte in der Schweiz deuten darauf hin, dass noch signifikante Effizienz­reserven bei Wärmepumpen vorhanden sind, insbesondere bei Luft/Wasser-Wärmepumpen. Mit dem Umbau der Stromnetze ergeben sich wirtschaftlich interessante Schnittstellen zum öffentlichen Netz, aber auch zu PV-Anlagen, die einen „intelligenten“ Betrieb der Wärmepumpe zulassen. Mit der Einführung von Nahezu-Null-Energie-Gebäuden bedarf es neuer Wärmepumpengeräte kleiner Leistung, die solarthermische, photovoltaische und geothermische Energieangebote gleichermaßen nutzen können. Wesentliche Effizienzverbesserungen bei Wärmepumpen sind durch die Einführung von leistungsgeregelten Niederhub-Wärmepumpen sowie von Mini-Turboverdichtern zu erwarten.

Auf der Kältemittelseite gewinnen die natürlichen Stoffe weiter an Bedeutung, zumal der Wechsel von synthetischen zu natürlichen Kältemitteln meist auch mit einem Effizienzzuwachs verbunden ist. Wichtig bei künftigen Wärmepumpenkonzepten ist die Minimierung der Kältemittelfüllmenge, egal ob es sich um synthetische (Kostensteigerung) oder natürliche Kältemittel (Sicherheitsaspekt) handelt. Als sogenanntes „reifes Wärmepumpenland“ nimmt die Schweiz bei der Entwicklung innovativer Wärmepumpen- und Kälteanlagenkonzepte eine Führungs­rolle ein. Die Best-Practice-Initiative der Schweizer hat deshalb auch für deutsche TGA-Fachplaner, SHK-Fachbetriebe, Kältefachfirmen und HLK-Anlagenbauer eine Vorbildfunktion.

Lesen Sie zu diesem Beitrag auch das folgende Interview mit Peter Hubacher.

Info

Wärmepumpenmärkte

Aktuell sind in der Schweiz mehr als 200000 Wärmepumpenanlagen installiert. Allein in den letzten fünf Jahren kamen jährlich rund 20000 Einheiten hinzu, Tendenz gleichbleibend stabil. Zum Vergleich: In Deutschland wurden 2012 nahezu 60000 Heizwärmepumpen und über 10000 Brauchwasserwärmepumpen installiert. Der Bestand liegt bei etwa 500000 Anlagen, Stand Ende 2012. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl (Deutschland etwa 80 Millionen, die Schweiz rund 8 Millionen) zählt Deutschland mit 6,25 Anlagen je 1000 Einwohner eher noch zu den Wärmepumpen-Schwellenländern; die Schweiz mit 15 Anlagen je 1000 Einwohner dagegen zu den sogenannten reifen Wärmepumpenländern.

Autor

Wolfgang Schmid ist Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, 80751 München, wsm@tele2.de

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