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Neue Modelle für Mieterstrom

Wohnungsunternehmen, die bislang in die Energiewende investieren sowie beispielsweise eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf den Dächern ihrer Gebäude installieren und den Strom an ihre Mieter verkaufen wollten, mussten mit einem erheblichen Aufwand innerhalb einer rechtlichen Grauzone rechnen. Dieser Aufwand rechtfertigte höchstens vom ideellen, aber nicht vom finanziellen Standpunkt her eine Investition.

Mit Inkrafttreten des Mieterstromgesetzes im Jahr 2017 kam aufgrund der zusätzlichen Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Form des sogenannten Mieterstromzuschlags endlich Schwung in den Markt. Was jedoch blieb, war ein bürokratischer Aufwand mit durchaus erheblichen Fallstricken, der Wohnungsunternehmen immer noch davon abhält, sich in der prinzipiell attraktiven Mieterstromwelt zu engagieren. Denn letztendlich wird ein Vermieter rechtlich zum Energieversorger, wenn er Strom an seine Mieter liefert.

„Genau dort setzt unsere neue Kooperation an“, erläutert Sebastian Albert, Leiter Produkt- und Dienstleistungsmanagement bei Vaillant Deutschland. „Denn hierbei übernimmt Prosumergy als Energiedienstleister die Planung und energiewirtschaftliche Abwicklung für den Vermieter. Dabei wird ausschließlich Prosumergy zum Stromlieferanten. Der Clou dabei: Je nach Modell fallen für das Wohnungsunternehmen keine Kosten an. Dafür werden aber zusätzliche Einnahmen generiert, gleichzeitig die Gebäude aufgewertet und den Mietern wird eine zusätzliche Serviceleistung zur Stabilisierung der Nebenkosten geboten.“

Wie stellen sich diese Modelle der Zusammenarbeit mit den Wohnungsunternehmen im Einzelnen dar?

Modell 1: Stromabkauf

Hierbei investieren Wohnungsunternehmen und/oder Eigentümergemeinschaften in die Stromerzeugungs- sowie ggf. Speichertechnologie und wollen diese selbst betreiben. Der selbst erzeugte PV-Strom wird direkt von den Hausbewohnern verwendet oder – wenn mehr Strom erzeugt als benötigt oder gespeichert werden kann – in das öffentliche Stromnetz eingespeist.

Dabei wird die Strommenge, die im Haus direkt von den Mietern genutzt wird, dem Anlagenbetreiber durch den Energiedienstleister abgekauft und an die Mieter weiterveräußert. Für den Anlagenbetreiber ist der Preis je kWh höher als die Einspeisevergütung in das öffentliche Stromnetz. Der Mieter spart gegenüber dem örtlichen Grundversorgungstarif mindestens 10 %.

Der Energiedienstleister wird zum Vollversorger für die Mieter und beliefert diese mit Ökostrom aus dem Netz, wenn die hauseigene PV-Anlage nicht ausreichend Strom produziert. Alle Hausbewohner haben jedoch generell weiterhin die freie Wahl des Stromanbieters.

„In diesem Modell erledigt der Investor relativ viel selbst, so beispielsweise den Betrieb sowie Service und Wartung der PV-Anlage“, so Daniel Netter, Geschäftsführer der Prosumergy GmbH aus Kassel. „Interessant ist dies zum einen für private Investoren und Energiegenossenschaften, aber auch Wohnungsunternehmen, die z. B. über ein eigenes Technikunternehmen bereits mehrere PV-Anlagen betreiben oder den PV-Anlagenbetrieb einfach im eigenen Haus halten wollen.“

Neben den Einnahmen durch den Stromverkauf an den Energiedienstleister erhält der Anlagenbetreiber von diesem eine jährliche Bonuszahlung je Mieter, der jeweils Stromkunde ist. „Hierbei handelt es sich um eine Bonuszahlung an das Wohnungsunternehmen für die Unterstützung bei der Ansprache und Akquisition der Mieter“, informiert Netter dazu. Darüber hinaus erhält der Anlagenbetreiber den gesetzlich festgelegten Mieterstromzuschlag.

Modell 2: Anlagenmiete

Einen umfangreicheren Service bietet das PV-Anlagenpachtmodell, welches die von professionellen Wohnungsunternehmen am häufigsten gewählte Variante darstellt. Das Wohnungsunternehmen investiert hierbei wiederum in die PV-Technik, überträgt den Betrieb der Anlage aber in Verpachtung an Prosumergy. Der Energiedienstleister kümmert sich insofern auch um die Fernüberwachung und den Betrieb. Die Vermietung der PV-Anlage stellt dabei in der Regel eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung einer Betriebsvorrichtung dar.

Das Wohnungsunternehmen hat in diesem Modell ausschließlich einen qualitativen Invest und generiert über die Verpachtung der PV-Anlage zusätzliche Einnahmen. Die Mieter wiederum profitieren auch hier von einem günstigen Strompreis. Das bedeutet im Endeffekt: Das Wohnungsunternehmen kann eine finanziell interessante Investition tätigen, ohne sich mit weiteren administrativen Aufgaben beschäftigen zu müssen.

Modell 3: Dachpacht

Die dritte Möglichkeit besteht darin, dass das Wohnungsunternehmen ausschließlich die Dachflächen verpachtet. Der Energiedienstleister organisiert dann die Finanzierung der PV-Anlage. Das Wohnungsunternehmen kann so ohne eigenes Investment energetische Anforderungen an die Gebäude erreichen, die Auflagen der Energieeinsparverordnung und künftig des Gebäudeenergiegesetzes erfüllen und darüber hinaus seinen Mietern einen Mehrwert bieten.

„Bei diesem Modell nutzen wir beispielsweise unser bundesweites Netzwerk von Energiegenossenschaften und anderen Finanzierungspartnern, die in PV-Anlagen investieren wollen“, so Netter. „Der jeweilige Investor betreibt dann die PV-Anlage und schließt mit uns einen Stromabkaufvertrag über den erzeugten Strom, der direkt im Gebäude durch die Mieter verbraucht wird. Wir liefern auch in diesem Modell den Sonnenstrom zusammen mit Ökostrom aus dem Netz an die Mieter.“

Keine komplexen Bedingungen

Welche Voraussetzungen müssen generell erfüllt sein, um eines der neuen Mieterstrommodelle umzusetzen? Hier zählen die bekannten Fakten zur Eignung eines Gebäudes für eine PV-Anlage. Sprich: Die Statik des Daches muss es erlauben, eine PV-Anlage zu tragen. Die Dachfläche sollte möglichst unverschattet sein und auch die bestehende Elektroverteilung muss den Anforderungen des Betriebs genügen. Die bislang geltende Maxime der idealen Positionierung einer PV-Anlage auf einem Süddach mit 20° Neigung spielt jedoch eine eher untergeordnete Rolle.

Denn die Zielsetzung bei Mieterstromprojekten ist nicht in jedem Fall die Maximierung der erzeugten Strommenge, sondern eine Stromproduktion, die zum lokalen Verbrauch über den Tag passt. So kann möglichst viel des selbst erzeugten Stroms an Ort und Stelle direkt genutzt statt eingespeist werden.

„Natürlich ist es wichtig, ob 1000 oder 800 kWh pro kWp erzeugt werden“, erläutert Netter dazu. „Wenn ich aber die 800 kWh vollständig an die Mieter verkaufe, ist das wesentlich effektiver, als wenn ich 1000 kWh in das Netz einspeise. Das heißt im Umkehrschluss, dass sich für Mieterstromprojekte auch Ost-West-Anlagen eignen, die eine kontinuierlichere Stromproduktion über den Tag liefern.“

Ab zehn Wohneinheiten

Für die Wirtschaftlichkeit und damit die Umsetzbarkeit eines Mieterstromprojektes spielt auch die Anzahl der Parteien in einem Gebäude eine entscheidende Rolle. Hierbei geht der Energiedienstleister von einer Mindestzahl von zehn Wohneinheiten im Haus aus. Mindestens 30 bis 40 % der Mieter sollten sich dann am Mieterstromprojekt beteiligen. „Hierbei hatten wir noch bei keinem Projekt Probleme. Denn der von uns gelieferte Strom ist günstiger – häufig sogar im Vergleich zu Internetanbietern“, so Netter dazu.

Großen Wert legen beide Partner auf eine sorgfältige Vorabplanung und Information an die Wohnungsunternehmen. Diese erhalten ausführliche Projektexposés und detaillierte Planungen zum erwarteten Photovoltaikertrag und Absatz an die Mieter bzw. die Netzeinspeisung. Auch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wird vorab zur Verfügung gestellt. Dabei enthält das Angebot auf Wunsch auch fernauslesbare Stromzähler.

Einbindung einer Wärmepumpe

Gleichzeitig hat das Wohnungsunternehmen über ein Onlineportal Zugriff auf die visualisierten Erzeugungsdaten der PV-Anlage und auf die Gesamtstromverbrauchsdaten der Liegenschaft. Insbesondere die spezifischen Voraussetzungen am Objekt bieten dabei nach Erfahrungen von Netter eine ganze Fülle an Möglichkeiten für die Wohnungsunternehmen, individuelle Modelle bereitzustellen – beispielsweise beim Einsatz einer Wärmepumpe im Gebäude.

„Ist der PV-Anlagenbetreiber mit dem Betreiber der Wärmepumpe im Gebäude identisch, kann dieser für den Wärmepumpenstrom Eigenversorgung geltend machen“, beschreibt Netter. „Damit ist für den von der Wärmepumpe genutzten PV-Strom nur die reduzierte EEG-Umlage fällig. Den darüber hinaus zur Verfügung stehenden PV-Strom liefert der Betreiber dann an uns und wir wiederum an die Mieter.“

Die Quintessenz fasst Albert zusammen: „Wohnungsunternehmen und Eigentümer von Mehrfamilienhäusern können mit dem Mieterstrommodell neue Einnahmen generieren. Mieter profitieren von günstigen Strompreisen. Das ist einmalig am Markt.“ Bei der Planung und Installation der Anlage können sich -Fachhandwerkspartner darüber hinaus unterstützen lassen. Mit dem Kooperationspartner Greenergetic bietet der Hersteller seinen Fachhandwerkspartnern einen neuen Komplettservice zur Planung, Installation und Inbetriebnahme von PV-Systemen und Batteriespeichern.

Fazit

In den bislang weitgehend brachliegenden Mieterstrommarkt kommt endlich Bewegung. Möglich macht dies eine Unternehmenskooperation, die Wohnungsgesellschaften verschiedene Modelle der Zusammenarbeit anbietet, von denen alle Beteiligten profitieren. Gleichzeitig steht der Energiewende und der Erreichung der gesetzten Klimaziele ein weiterer wirksamer Hebel zur Verfügung.

Denn Millionen geeigneter Dächer können selbst ohne jegliche Investition der Wohnungsunternehmen mit PV-Anlagen ausgestattet werden. Der dort produzierte Strom wird weitgehend direkt von den Mietern genutzt, entlastet also auch die Stromnetzinfrastruktur. Gleichzeitig profitieren die Mieter von geringen Strompreisen und damit einer Stabilisierung der zweiten Miete.

Autor

Dipl.-Kfm. Martin Schellhorn ist Fachjournalist und Inhaber der Fachpresseagentur Schellhorn Public Relations GmbH in 45721 Haltern am See. Telefon (0 23 64) 10 81 99, martin.schellhorn@schellhorn-pr.de