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Auf den Punkt genau vorbereitet

Frage: Ist über Kommunikation nicht schon alles gesagt? Nein. Wahrscheinlich gibt es kaum ein Thema, das so stark unterschätzt wird wie die Bedeutung von gelungener Kommunikation im Berufsleben (im Privatleben ebenso, aber das gehört nicht in diesen Beitrag). Meist wird es als selbstverständlich angesehen, dass Chefs in der Lage sind, sich mit den Mitarbeitern zu verständigen. Ebenso oft wird angenommen, Mitarbeiter würden sich gegenüber ihren Vorgesetzten in der Regel klar genug ausdrücken – eine Fehleinschätzung.

Es gibt eben einen Unterschied zwischen dem, was jemand meint, wie er es sagt und was vom anderen überhaupt verstanden wird. Wer wichtige Informationen zwischen Tür und Angel weitergibt, wer nur mit halbem Ohr zuhört, weil ihm schon die nächsten Aufgaben im Nacken sitzen, der muss sich nicht wundern, wenn harmlose Missverständnisse zu Fehlern werden, wenn sich gar ernsthafte Probleme daraus entwickeln.

Für Handwerksunternehmen kann das fatal sein. Dinge laufen schief, verzögern sich oder eskalieren. Nur weil es an klarer Kommunikation mangelt. Es kommt zu Konflikten mit Mitarbeitern (und Kunden). Oft ist es nur ein einziger Satz oder ein Wort, das den Unterschied macht – oder gemacht hätte. Das ist gar nicht nötig. Meist reichen ein paar Grundregeln, um Missverständnisse zu vermeiden und erfolgreicher zu sein. Man muss sie nur kennen.

Für diese SBZ-Story haben wir den SHK-Betrieb Bauer GmbH in Baden-Baden besucht. Hier wurde die Kommunikation untereinander bewusst verbessert, es wird jetzt zielgerichteter und ergebnisorientierter miteinander gesprochen. Das klingt auf den ersten Blick sehr hochtrabend, aber es wurde praxisnah umgesetzt und ist jetzt handwerkstauglich in den Alltag eingebettet. Dahinter steckt ein Konzept, entwickelt vom Handwerkscoach Hermann-J. Kreitmeir. Er hat auch die Umsetzung begleitet. „Wichtig ist, regelmäßige Anlässe zu schaffen und sich für den Austausch die Zeit zu nehmen“, sagt er.

Herausfinden, wie die Firma funktioniert

Gemeinsam mit dem Seniorchef Werner Bauer und den Geschäftsführern Stephan Bauer (seinem Sohn) und Jürgen Keller hat der Coach die Aufstellung des Betriebs in Teilen reorganisiert und Abläufe verbessert. Zudem wurde der gleitende Generationsübergang vom Seniorchef auf seine beiden Nachfolger Stephan Bauer und Jürgen Keller angestoßen. Gerade letztgenannter Punkt ist immer eine gute Möglichkeit, die Dinge zu ändern. Nicht weil sie vorher schlecht waren. Sondern damit sie noch besser werden!

Werner Bauer war es sehr wichtig, das Unternehmen gerade in dieser wirtschaftlich guten Phase (volle Auftragsbücher!) zu übergeben. Das ist eher untypisch, aber: „Wir haben mit diesem Schritt ganz viel richtig gemacht“, sagt der Seniorchef. Die drei Geschäftsführer und Hermann-J. Kreitmeir hatten sich dazu einige Aufgaben ins Pflichtenheft geschrieben.

Zuerst einmal galt es herauszufinden, wie die Firma aufgestellt ist und funktioniert. Und wo es hakt. Die einzelnen Schritte der Analyse:

  • Aktuellen Zustand ermitteln
  • Handlungsfelder strukturieren
  • Wunschzustand entwickeln.

Das lässt sich zwar ziemlich einfach lesen und niederschreiben, jedoch steckt viel Arbeit und Zeit darin. Ein Aufwand, der sich aber gelohnt hat. Folgende Bereiche wurden als verbesserungsfähig ausgemacht:

  • Kommunikation und Austausch untereinander
  • Führen und Abgabe der Stundenzettel
  • Klares Leitbild erstellen
  • „Spielregeln“ für den Umgang miteinander einführen
  • Arbeitszeitregelung
  • Neuordnung Bestellwesen
  • Klare Strukturen und Zuständigkeiten
  • Ablauforganisation Büro
  • Einführung von Regeln
  • Leitfaden für Vorstellungsgespräche aufstellen.

Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, auf jede Optimierung im Einzelnen einzugehen. In Teilen hat die SBZ das in bereits veröffentlichen Beiträgen zu den Kreitmeir-Konzepten getan (Artikel sind online verfügbar, siehe Kasten auf Seite 16). Dieser Text stellt konkret die Maßnahmen des Coachs vor, die den Austausch und die Kommunikation im Betrieb Bauer deutlich optimiert haben:

  • Ein werktägliches Feierabend-Feedback FFB mit allen Mitarbeitern
  • Eine wöchentliche Besprechung der leitenden Monteure mit der Geschäftsführung.

Stephan Bauer und Jürgen Keller achten auf mehrere Dinge, um die Kommunikation in Gang zu halten. Sie lassen ihre jeweiligen Mitarbeiter in den verschiedenen Unternehmenssparten zwar weitgehend autonom arbeiten. Aber ein engmaschiges Netz aus regelmäßigen Gesprächen sorgt dafür, dass sie stets Bescheid wissen und sich keiner der Bereiche vernachlässigt fühlt oder gar zu sehr verselbstständigt. Die Bedeutung dessen kann man gar nicht hoch genug einschätzen: „Die Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapital“, sagt Werner Bauer. Nie war diese Aussage zutreffender als beim gegenwärtigen Fachkräfte-Engpass.

Feedbackgespräche zum Feierabend eingeführt

Wirtschaftlicher Erfolg, Fehlerminimierung und die Zufriedenheit der Mitarbeiter hängen eng zusammen. Das wird in vielen Betrieben jedoch oft vernachlässigt. Neben Zahlen und Kunden sollte man eben auch die eigenen Mitarbeiter im Blick haben. Nicht um sie zu kontrollieren, sondern um gemeinsam am Unternehmenserfolg zu arbeiten. Dafür muss man sich Zeit nehmen. Coach Kreitmeir hat dafür das Konzept „Feierabend-Feedback FFB“ entwickelt.

Das FFB bildet im Unternehmen Bauer den Abschluss jedes Arbeitstages. Im festen Rhythmus kommen die Führungskräfte (Geschäftsführer und/oder Baustellenleiter) dabei werktäglich mit den Mitarbeitern ins Gespräch. Im Kern bedeutet das: Montags bis donnerstags um jeweils 16.30 Uhr, freitags um 14 Uhr treffen sich alle gewerblichen Kräfte im Lager in Baden-Baden. Ja, das klingt erst einmal äußerst ungewöhnlich: Der Arbeitstag endet am Firmensitz und beginnt am Folgetag um 7 Uhr auf der Baustelle, die Feedbackgespräche bilden den Übergang zum Feierabend. „Klar, das hat zu Beginn nicht jedem geschmeckt. Mittlerweile sehen aber alle im Team den Nutzen“, sagt der Coach. Denn es bringt jede Menge Vorteile mit sich. Etwa wenn es darum geht, noch steuernd in Abläufe eingreifen zu können. Zum Beispiel organisatorisch für den nächsten Arbeitstag. Außerdem gewährt das Treffen generelle Einblicke in den „Gemütszustand“ der Kollegen.

Die Mitarbeiter kommen zu ihren Vorgesetzten und tauschen sich über den Tag und die Projekte aus. Sie erläutern den Fortschritt ihrer Baustelle, sprechen Punkte an, die gut laufen oder wo es haken könnte, nennen besondere Vorkommnisse, sprechen über den Personaleinsatz oder ob noch Produkte und Material geordert werden müssen. „Diese Rückmeldung noch am gleichen Tag ist die Voraussetzung, frühzeitig reagieren zu können. Oder ein Lob auszusprechen“, sagt der Geschäftsführer Jürgen Keller. Zum FFB gehört für ihn zwingend dazu:

  • Informationsaustausch
  • Stundenzettelabgabe und Prüfung
  • Fahrzeuge für den nächsten Tag rüsten
  • Erscheinungsbild, Sauberkeit Fahrzeuge und Arbeitskleidung

Früher fanden Austausch und Fahrzeugrüsten ja erst am nächsten Morgen im Betrieb statt, bevor alle ausrückten. „Das erscheint mir heute geradezu steinzeitlich“, ergänzt Stephan Bauer. Informationen gingen verloren oder kamen nicht rechtzeitig an der richtigen Stelle an, Kunden wurden enttäuscht. Dass jetzt klare Strukturen und Zuständigkeiten vorherrschen, ist dem regelmäßigen Austausch im FFB zu verdanken. „Wir haben dabei zudem gelernt, auch auf die Wünsche und Bedürfnisse unserer Angestellten einzugehen. Dadurch haben wir eine bessere Stimmung, alle fühlen sich ernst genommen“, sagt Stephan Bauer.

Austausch mit den leitenden Monteuren

Auch das ist neu: Im Zuge der Reorganisation wurde den bauleitenden Monteuren im Handwerksbetrieb Bauer mehr Verantwortung übertragen. Nicht zuletzt, um die Geschäftsführung ein Stück weit von zum Beispiel aktuellen Baustellenprojekten zu entlasten. „Gerade Chefs neigen oft dazu, vor lauter Pflichtbewusstsein jegliche Warnzeichen zu ignorieren und die eigenen physischen und psychischen Grenzen zu überschreiten. Doch der Preis dafür ist hoch, nicht nur im Privatleben“, sagt Hermann-J. Kreitmeir. So weit darf es nicht kommen. „Die Balance muss stimmen“, sagt Jürgen Keller.

Das Unternehmen Bauer ist in dieser Hinsicht ein Vorzeigebeispiel. Unter Anleitung des Coaches wurden die Mitarbeiter darauf vorbereitet, gerne mehr Verantwortung zu übernehmen und mehr Eigeninitiative zu zeigen, etwa bei der Materialbestellung. Mit Erfolg wurde die Personalentwicklung zugelassen und umgesetzt: Organisation, Ablauf und Arbeitskontrolle liegen jetzt auf mehreren Schultern verteilt – ohne dass sich jemand überfordert fühlt. Ganz wichtig hierbei: natürlich die Art und Weise der Kommunikation.

Das wichtigste Instrument stellt in diesem Fall eine wöchentliche Besprechung der leitenden Monteure mit der Geschäftsführung dar. Sie findet immer freitags im Besprechungsraum im Firmengebäude statt, nach dem letzten FFB der Woche. Regelmäßige Bestandteile dieser Besprechung sind:

  • Übergabe der abgezeichneten Stundenzettel von den jeweils zugeordneten Mitarbeitern
  • Austausch über den Projektstand jeder Baustelle
  • Möglicher Personaltausch/Ausfälle
  • Besondere Materialbestellungen werden erläutert
  • Tagesaktuelle Themen.

Die leitenden Monteure und die Gesprächsrunden mit ihnen sind von großem Wert für das Unternehmen. Sie halten den Chefs den Rücken frei für andere wichtige Aufgaben. Außerdem werden die leitenden Monteure aktiver ins Betriebsgeschehen eingebunden. „Es zeigt ihnen, dass sie und ihre Arbeit für uns wichtig sind“, sagt Stephan Bauer. Und Coach Kreitmeir ergänzt: „Nur wer weiß, dass seine Meinung zählt, wird sich mit Entwicklungen im Unternehmen auseinandersetzen.“

Mittel gegen den Fachkräfte-Engpass

Und der Clou: Die in der Bauer GmbH umgesetzten Maßnahmen wirken auf zweierlei Arten dem Fachkräfte-Engpass entgegen – kostenlos. Erstens sind sie ein Hebel, um die Arbeitseffizienz im Unternehmen zu erhöhen. Der regelmäßige Austausch bereitet Mitarbeiter und Chefs auf den Punkt genau besser vor. Jeden Tag, auf jede Aufgabe. Das reduziert Missverständnisse und Fehler, die vorhandenen Kräfte arbeiten effektiver zusammen. „Wer sich strukturiert vorbereitet, der geht geordneter sein Tagwerk an“, sagt Hermann-J. Kreitmeir. Es geht wesentlich weniger Energie und Arbeitszeit für Unnötiges verloren. „Jeder weiß, was er zu tun hat, auch wir“, ergänzt Geschäftsführer Stephan Bauer.

Der zweite Hebel benötigt etwas mehr Zeit, um zu wirken. Die neuen Abläufe verbessern das Image des Betriebs als Arbeitgebermarke. Es spricht sich herum, wie gut das Unternehmen aufgestellt ist, wie viel Wertschätzung den Mitarbeitern und ihrer Leistung entgegengebracht wird. Letztlich beeindruckt das Fachkräfte anderer Firmen und potenzielle Azubis so sehr, dass sie ebenfalls gerne bei Bauer arbeiten wollen. „Sie sind unter Handwerkern eine Hausnummer in der Region geworden“, beschreibt der Coach die Auswirkung. Derzeit sind acht Azubis beschäftigt.

Die Wert-Schätzungs-Kette

Die Reorganisation hat die Effizienz im Handwerksbetrieb Bauer spürbar gesteigert, keine Frage. Unterm Strich bewerten alle Beteiligten den Wandel und seine Folgen als überaus positiv. Aus anfänglicher Neugier und Skepsis wurde eine regelrechte Aufbruchstimmung, der betriebswirtschaftliche Erfolg stellte sich ebenfalls rasch ein. Transparenz in den Entscheidungen und Klarheit in den Anweisungen, das Verteilen der Verantwortung und Verlässlichkeit in der Ausführung – all das hebt das Miteinander im Unternehmen auf eine neue Beziehungsebene. Das Wie und das Warum hat der Beitrag beschrieben.

Darüber hinaus ist noch etwas sehr Interessantes geschehen. Es hat sich eine „Wert-Schätzungs-Kette“ aufgebaut. Die Nähe zum betriebswirtschaftlichen Fachausdruck Wertschöpfungskette ist durchaus beabsichtigt. Denn auch Wertschätzung ist ungemein wertvoll für ein Unternehmen. Sie ist letztlich ein entscheidendes Element zur Mitarbeitermotivation: „Wer sich seinen Kollegen und seinem Unternehmen verbunden fühlt, der ist eher bereit, auch mal die ‚Extra-Meile‘ zu gehen“, verdeutlicht Hermann-J. Kreitmeir. Ganz wichtig dabei: Diese Wert-Schätzungs-Kette ist keine Einbahnstraße. Sie verbindet alle, ausgehend von den Chefs über die leitenden Mitarbeiter bis hin zu den Gesellen und Azubis – und nimmt letztlich den gleichen Weg zurück. Das schafft ein neues Bewusstsein der Gruppenzugehörigkeit. Denn es kommt dem nur allzu menschlichen Wunsch nach Aufmerksamkeit und Anerkennung nach. „Das motiviert jeden“, sagt der Coach.

Tipp

Merkmale guter Kommunikation

Glaubwürdigkeit

Hier geht es um das Verständnis zwischen Chef und Mitarbeiter. Beispiele: „Die Führungskräfte machen ihre Erwartungen klar und deutlich.“ „Die Führungskräfte lassen Worten Taten folgen.“

Respekt

Wie steht es um die Wertschätzung der Mitarbeiter? Beispiele: „Die Führungskräfte zeigen Anerkennung für gute Arbeit und Einsatz.“ „Die Führungskräfte beziehen Mitarbeiter in Entscheidungen ein, die ihre Arbeit oder das Umfeld betreffen.“

Fairness

Wie gerecht geht es im Unternehmen zu? Beispiel: „Die Mitarbeiter werden für die geleistete Arbeit angemessen bezahlt.“

Stolz

Welche Einstellungen und Gefühle haben die Mitarbeiter gegenüber der eigenen Tätigkeit, ihrem Team und der Firma? Beispiel: „Ich glaube, ich kann hier einen bedeutsamen Beitrag leisten.“

Teamgeist

Wie stark ist der Zusammenhalt? Beispiel: „Wir fühlen uns hier wie eine Familie bzw. haben einen guten Teamgeist.“

Info

Der Unternehmenscoach

Diplom-Betriebswirt und Unternehmenscoach Hermann-Josef Kreitmeir studierte Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten Personalführung, Arbeitsrecht und Betriebspsychologie. Aus verschiedenen Führungsaufgaben resultiert seine breit gefächerte Erfahrung im Bereich Unternehmensführung, Personal und Organisation. Stationen seines Werdegangs waren Personaldirektor bei der Allianz, Leiter des Zentralbereiches Human Resources der Kathrein-Werke KG und Geschäftsführer Personal der Schörghuber Unternehmensgruppe. Außerdem veröffentlicht er Beiträge exklusiv in der SBZ zu Themen rund um Personalführung und Betriebswirtschaft. Weitere Infos gibt es unter

www.kreitmeir-partner.de

Diese Beiträge von und über Coach Kreitmeir sind bisher in der SBZ erschienen:

  • SBZ 03-2015 „Auf Messers Schneide“
  • SBZ 21-2016 „Bis zum bitteren Ende“
  • SBZ 11-2017 „So werden Mitarbeiter Farbe bekennen“
  • SBZ 24-2017 „Mehr und besser miteinander reden!“
  • SBZ 07-2018 „Zum Leuchtturm-Betrieb gecoacht“

Alle Beiträge stehen im Archiv auf der SBZ-Homepage zur Verfügung:

www.sbz-online.de