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Wenn die Installation zur Gefährdung wird

Werden in einer Trinkwasserinstallation auch nur an einer einzigen Stelle Legionellen in einer Konzentration über dem technischen Maßnahmenwert nach Trinkwasserverordnung (TrinkwV) festgestellt (100 koloniebildende Einheiten – KBE/100 ml), hat diese Kontamination grundsätzlich immer technische oder betriebstechnische Mängel als Ursache. Der Betreiber der Installation (der Unternehmer oder sonstige Inhaber gem. TrinkwV) hat dann verpflichtend und unverzüglich eine Gefährdungsanalyse durch einen qualifizierten Sachverständigen durchführen zu lassen (§ 16 Abs. 7 TrinkwV). Bei Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes als generellem Indikator für Mängel an einer Trinkwasserinstallation ist damit immer eine vollständige Überprüfung der Installation erforderlich, um technische oder betriebstechnische Mängel, die zu einer vermeidbaren Gesundheitsgefährdung führen können, zu identifizieren und ggf. zu beseitigen. Der beste Schutz gegen eine Infektion ist nun einmal, eine Trinkwasserinstallation so zu errichten und zu betreiben, dass sich Legionellen oder andere Krankheitserreger gar nicht erst vermehren können.

Genau hinsehen und alle Abweichungen erfassen

Das bedeutet jedoch auch: Die Installation wird im Rahmen der Gefährdungsanalyse nicht nur auf etwaige Mängel geprüft, die zur Kontamination mit Legionellen geführt haben könnten, sondern es sind eben alle Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu bewerten, die zu einer nachteiligen Veränderung der Trinkwasserqualität und damit zu einer Gesundheitsgefährdung führen können. Beispielsweise direkte Verbindungen zwischen Trink- und Abwasseranlage, unmittelbare Heizungsbefüllung ohne geeignete Sicherungseinrichtungen, fest angeschlossene Feuerlöschanlagen oder auch die Verwendung von Heizungs- oder Gasbauteilen in der Trinkwasserinstallation, die zu einer Schwermetallmigration oder zu Korrosion führen können. Die Legionelle ist damit zwar der Auslöser, nicht jedoch der alleinige Grund für eine Gefährdungsanalyse.

Die aktuelle TrinkwV definiert im § 3 Nr. 13 seit Januar 2018 die Gefährdungsanalyse, ganz im Sinne der Verbände-Richtlinie 6023-2, als „die systemische Ermittlung von Gefährdungen der menschlichen Gesundheit sowie von Ereignissen oder Situationen, die zum Auftreten einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch eine Wasserversorgungsanlage führen können, unter Berücksichtigung

a)der Beschreibung der Wasserversorgungsanlage

b)von Beobachtungen bei der Ortsbesichtigung,

c)von festgestellten Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.)

d)von sonstigen Erkenntnissen über die Wasserbeschaffenheit, die Wasserversorgungsanlage und deren Nutzung sowie

e)von Laborbefunden und deren örtlicher Zuordnung“.

 

Im Sinne der Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023-2 ist übrigens jede Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik grundsätzlich ein Mangel und hinsichtlich ihrer möglichen Gefährdungen zu bewerten.

Ortsbesichtigung als Voraussetzung

Voraussetzung für eine Gefährdungsanalyse ist immer eine Ortsbesichtigung der Installation einschließlich vollständiger Bestandsaufnahme durch den Fachmann, der anschließend das Gutachten erstellt. Hierbei müssen auch bisherige Sanierungs- und Umbaumaßnahmen oder Nutzungsänderungen bzw. Stilllegungen von Anlagenteilen beachtet werden. Führt man eine Ortsbesichtigung in einem Bürogebäude durch, ist es beispielsweise interessant zu wissen, ob das Gebäude ursprünglich als Hotel errichtet wurde, mit einer Nasszelle in jedem Zimmer. Dies erklärt dann beispielsweise die ausgedehnte Trinkwasserverteilung im Gebäude oder einen ungewöhnlich groß dimensionierten Speicher-Trinkwassererwärmer. Wertvolle Hinweise z. B. über Leerstand von Wohneinheiten, über morgendliche Braunfärbung im Wasser oder lange Wartezeiten, bis das Trinkwasser ausreichend warm oder kalt wird, erhält man sehr oft auch im direkten Gespräch mit Hausmeistern oder Nutzern der Installation.

Die Ortsbesichtigung muss neben der Bestandsaufnahme auch eine Überprüfung beinhalten

  • der vollständigen und aktuellen Bestandsdokumentation
  • der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik
  • der Probenahmestellen, der Probenahmeberichte sowie der Analyseergebnisse
  • der Einhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs sowie
  • der wichtigsten Betriebsparameter.

 

Welche technischen Anforderungen mit den a. a. R. d. T. genau gemeint sind und vor Ort geprüft werden müssen, wird in der verbindlichen UBA-Empfehlung zur Gefährdungsanalyse klar definiert. Hier heißt es: „Grundlage der Gefährdungsanalyse sind die Anforderungen der TrinkwV sowie a. a. R. d. T., insbesondere das DVGW-Arbeitsblatt W 551 (A) und die VDI-Richtlinie 6023. Weitere Grundlagen werden in den Normenreihen DIN EN 806 ff, DIN EN 1717 und DIN 1988 ff beschrieben.“

Ablauf einer Ortsbesichtigung

Mit der Richtlinie zur Gefährdungsanalyse VDI/BTGA/ZVSHK 6023-2 wurde durch die beteiligten Fachleute das „Drehbuch“ einer Gefährdungsanalyse festgelegt. Um zu einem fachlich validierten und vergleichbaren Ergebnis in der Bewertung einer Installation zu kommen, ist es sinnvoll, am Hauswassereingang zu beginnen.

Nachteilige Veränderungen der Trinkwasserqualität (mikrobiologisch oder chemisch) können vielfältige Ursachen haben. Im Technikraum sollte beispielsweise die Umgebungstemperatur mit einem geeigneten Thermometer geprüft werden, denn die meisten Mikroorganismen, die beim Menschen zu Erkrankungen führen können, lieben es warm.

Stagnierendes Wasser am Hauswassereingang

Befindet sich der Hauswassereingang also in einer Technikzentrale, in der es zu hohen Umgebungstemperaturen kommt, kann das bei Stagnation und unzureichender Dämmung von Leitungen und Armaturen ein Bakterienwachstum fördern. Nicht selten finden sich unmittelbar am oder nach dem Hauswassereingang auch Leitungsteile mit stagnierendem Wasser (Entleerungsleitungen, ungenutzte Verteileranschlüsse), die ein Bakterienwachstum noch zusätzlich fördern können.

Geprüft werden muss hier auch, ob die notwendigen Bauteile alle vorhanden sind, wie ein prüfbarer Rückflussverhinderer oder ein dementsprechendes KFR-Ventil sowie ein Hauswasserfilter mit einer Maschenweite nicht unter 80 µm . Es sollte zumindest optisch festgestellt werden, ob Druckminderer, Absperreinrichtungen, Filter und Rückflussverhinderer instand gehalten sind, um eine ordnungsgemäße Funktion zu gewährleisten oder nachteilige Veränderungen auszuschließen (z. B. durch belegte Filterelemente) (Bild 1).

Leitungssystem und Stagnationsbereiche

Dem Fließweg des Wassers folgend wird das Leitungssystem begutachtet, allem voran die verwendeten Materialien. Entsprechen die vorgefundenen Leitungsmaterialien nicht mehr der aktuell vor Ort gelieferten Trinkwasserqualität (z. B. Kupfer bei pH-Werten < 7,0) oder den aktuellen Vorgaben der UBA-Positivliste für Materialien in Kontakt mit Trinkwasser (z. B. verzinkte Eisenwerkstoffe im Warmwasser), kann es durch Korrosion zu Veränderungen oder erhöhten Schwermetallwerten im Trinkwasser kommen.

Es ist auch zu prüfen, ob die Installationsweise den gültigen Anforderungen entspricht (Abstände von kalt- zu warmgehenden Leitungen, ausreichende Dämmung von Leitungen und auch von Armaturen usw.). Insbesondere wenn bei einer nachfolgenden Messung an Entnahmestellen erhöhte Kaltwassertemperaturen festgestellt werden, kann die Ursache hierfür in einer gemeinsamen Schachtverlegung mit unzureichenden Abständen oder mangelhafter Dämmung zu finden sein.

Kritisch sind immer Bereiche und Leitungsteile, in denen Wasser stagniert. Hierbei unterscheidet man die konstruktive Stagnation (mit Stopfen verschlossene Totleitungen, lange Entleerungsleitungen oder Einzelzuleitungen zu Sicherheitsventilen, Reserveleitungen, nicht durchströmte Ausdehnungsgefäße und Umgehungsleitungen usw.) von der funktionalen Stagnation, weil Entnahmestellen zwar vorhanden sind, jedoch einfach nicht ausreichend genutzt werden. Zum Beispiel bei selten genutzten Ausgussbecken im Keller oder Gartenleitungen, Entnahmestellen in leerstehenden Wohnungen u. Ä. (Bild 2).

Immer wenn Wasser lange in Leitungen steht, kommt es zu einer Temperaturangleichung an die Umgebung. Dadurch kann es zu einer mikrobiologischen Vermehrung im Biofilm kommen oder zur Anreicherung von Schwermetallen aus metallenen Werkstoffen, insbesondere bei ungeeigneten Materialien (z. B. Heizungs-Kugelhähne).

Prüfung der Trinkwassererwärmung

Der Trinkwassererwärmungsanlage kommt hinsichtlich einer zu befürchtenden Kontamination mit Legionellen eine zentrale Bedeutung zu, wozu auch die PWC-Zuleitung gehört. Abgesehen von einer möglicherweise stagnierenden Sicherheitsventil-Zuleitung sollte die Absperreinrichtung funktionieren, ebenso wie der prüfbare Rückflussverhinderer Typ EA, da es ansonsten zu unkontrollierten Rückdrücken von Warmwasser in die Zuleitung kommen kann. Diese Erwärmung könnte dann auch wieder zu einem Legionellenwachstum führen. Wichtig ist natürlich auch, die Einstellung der Trinkwassererwärmung zu prüfen, die im Optimalfall ununterbrochen auf min. 60 °C eingestellt sein sollte. Temperaturen unter 60/55 °C begünstigen im Trinkwassererwärmer und im nachgeschalteten Leitungsnetz die Vermehrung von Mikroorganismen, z. B. Legionellen.

Werden Speicher nicht gleichmäßig erhitzt, können sich Temperaturschichten im unteren Bereich der Behälter bilden. Hierdurch kann es zu Bereichen mit abgesenkter Temperatur kommen, selbst wenn die Thermometer im Speicher 60 °C anzeigen, wodurch das Wachstum von Legionellen innerhalb des Speichers ebenfalls begünstigt werden kann. Über die rückführende Zirkulationsleitung soll das Wasser nicht mit weniger als 55 °C aus dem System zurückfließen, d. h. die Auskühlung im Umlauf des Wassers sollte nicht > 5 K betragen (Bild 3).

Trinkwasserinstallationen mit zentraler Trinkwassererwärmung weisen jedoch eine ausgeprägte tägliche Dynamik auf. Deswegen sollten für eine aufschlussreiche Temperaturmessung Verfahren gewählt werden, die diese Dynamik auch abbilden können. Hier kommen meist nur Datenlogger infrage. Die resultierenden Graphen sind aufschlussreich und meist gut interpretierbar. Da die aufgezeichneten Temperaturdaten immer auch digital verfügbar sind, können zusätzlich beliebige weitergehende mathematische und statistische Betrachtungen (Mittelwerte, Minimal- und Maximalwerte, Temperaturdifferenzen etc.) problemlos erfolgen (Bild 4).

Eine Überschreitung der 5-K-Regel nach DVGW W 551 (A) deutet auf erhöhte Temperaturverluste im System bzw. einen unzureichenden hydraulischen Abgleich hin. Dies hat sich als guter, Entnahmestellen-spezifischer Indikator für einen möglicherweise positiven Nachweis von Legionellen erwiesen. Eine deutliche Unterschreitung der 5-K-Differenz deutet jedoch insbesondere in großen, weitläufigen Systemen darauf hin, dass es zu hydraulischen Kurzschlüssen und damit in peripheren Bereichen zu nicht zirkulierenden Abschnitten kommt. Eine messtechnische Nachprüfung dieser Anforderung durch annähernd zeitgleiche einmalige Temperaturmessung des Trinkwassers (warm) am Austritt des Trinkwassererwärmers und des über die Zirkulationsleitung zurückfließenden Warmwassers (Spotmessungen) muss in fast jedem Fall zu Fehlmessungen führen, da die systemspezifische Umlaufzeit des Trinkwassers im zirkulierenden System nicht berücksichtigt werden kann (siehe DVGW-Information Wasser Nr. 90). Eine Kontrolle der 5-K-Regel sollte also immer unter Berücksichtigung der Umlaufzeit erfolgen (Bild 5).

Aus einem solchen Log-Protokoll über einen Zeitraum von einigen Stunden bis hin zu mehreren Tagen lassen sich wichtige Informationen über die Funktionstauglichkeit der Anlage gewinnen: Beispielsweise zu den maximalen und minimalen Temperaturen in PWH und PWH-C, zu Betriebszeiten, zur anlagenspezifischen Umlaufzeit und zu den tatsächlichen Temperaturverlusten zwischen PWH und PWH-C.

Temperaturverteilung PWC und PWH

Um die Verteilung von Trinkwasser (warm) und (kalt) bewerten zu können, wird im Rahmen der Ortsbesichtigung durch Temperaturmessungen an allen jeweils weitestentfernten endständigen Entnahmestellen und parallel zur Temperaturaufzeichnung am Trinkwassererwärmer ein Temperaturprotokoll des Systems aufgenommen. Diese Temperaturmessungen können sowohl durch Direktmessungen im Messbecher mit einem geeigneten Thermometer jeweils nach 1, 3 und 5 l Ablaufwasservolumen erstellt werden oder mittels Durchfluss-Datenloggern, die gleichzeitig Volumenströme und Temperaturverläufe an den Entnahmestellen aufzeichnen.

Für eine hygienisch-technische Bewertung völlig ungeeignet sind dagegen Temperaturmessungen nach 30 Sekunden, die ohne Bezug zu einem konkreten Ausstoßvolumenstrom der jeweiligen Armatur völlig wertlos sind. Insbesondere in größeren Liegenschaften kommt es zwangsläufig zu sehr vielen, zeitaufwendigen Messungen. In solchen Fällen ist es oft besser, die Ortsbesichtigung mit mindestens zwei Personen durchzuführen, sodass ein Fachmann im Keller die Technikbereiche inspizieren kann, während ein zweiter Fachmann die Temperaturmessungen durchführt (Bild 6).

Nach VDI/DVGW 6023 muss PWC möglichst kalt sein. Die zulässige maximale Temperatur ist, auch unter Beachtung von unvermeidbaren Stagnationszeiten, auf 25 °C begrenzt; empfohlen wird eine Temperatur von max. 20 °C. Trinkwasserleitungen (kalt) müssen so geplant und gebaut werden, dass sie von Wärmequellen („Hotspots“) thermisch entkoppelt sind, um einen Wärmeübergang und damit unzulässige Erwärmung zu verhindern. Falls notwendig, ist eine räumliche Trennung durchzuführen. Wenn sich PWC (Trinkwasser kalt) durch Umgebungstemperatur oder danebenliegende warmgehende Leitungen (PWH, Heizung) während Stagnationsphasen erwärmt, besteht auch dort das Risiko einer Vermehrung von pathogenen Keimen wie Legionellen.

Stockwerks- und/oder Einzelzuleitungen mit einem Wasservolumen < 3 l können jedoch gemäß Punkt 5.4.3 des DVGW W 551 (A) ohne Zirkulationsleitungen gebaut werden und auch nach VDI/DVGW 6023 sollen Einzelzuleitungen im Hinblick auf Ausstoßzeiten so kurz wie möglich sein. Ein Wasservolumen von 3 l (PWC/PWH) darf nicht überschritten werden. Daraus folgt, dass im Temperaturprofil 1/3/5 an jeder Entnahmestelle spätestens nach Ablauf von 3 l eine Temperatur von 55 bis 57 °C an der Armatur zur Verfügung stehen muss, die Messung im ersten Liter dokumentiert die Temperatur der Einzelanschlussleitungen und nach 5 l wird die Temperatur im Strang festgestellt (Bild 7).

In einem verzweigten Leitungssystem stellen sich entsprechend die erforderlichen Zirkulationsvolumenströme nur dann ein, wenn das Zirkulationssystem mit Regulierventilen „hydraulisch abgeglichen“ wird. In der Regel ist es erforderlich, dass jedem Anschluss einer Zirkulationsleitung (PWH-C) an die Verbrauchsleitung (PWH) ein Regulierventil zugeordnet ist. Sofern Regulierventile nicht oder nicht in erforderlichem Maße vorhanden sind, müssen sie nachgerüstet werden.

Das Fehlen eines korrekten hydraulischen Abgleichs kann entsprechend zu einer unkontrollierten Verteilung des zur Verfügung stehenden Zirkulationsvolumenstroms führen. Hierbei werden die pumpennahen Zirkulationskreisläufe mit einem unnötig großen Volumenstrom durchflossen, der zu erhöhten Energieverlusten sowie zur weiteren Korrosion der Rohrleitungen und Systembauteile führen kann (ugs. Lochfraß). Die pumpenfernen Leitungen werden entsprechend unterversorgt, was zu einer deutlichen Abkühlung der Warmwassertemperaturen und damit zu hohem Ausstoßvolumen vor dem Erreichen einer ausreichend hohen Wassertemperatur führt.

Zugänglichkeit und Eignung von Anlagenteilen

Um eine technische Anlage ordnungsgemäß bedienen oder instand halten zu können, müssen Anlagenteile, die einer regelmäßigen Instandhaltung bedürfen (z. B. Rückflussverhinderer, Filter, Sicherungseinrichtungen usw.) oder zur Kontrolle und Wartung vorgesehen sind (z. B. Druckmessgeräte und Thermometer), sowie sämtliche Bedienungselemente (wie Absperrarmaturen) jederzeit zugänglich und ohne Schwierigkeiten zu erreichen sein. Der Zugang zu solchen Anlagenteilen darf nicht versperrt sein, da im Schadensfall z. B. ein Absperren der betroffenen Leitungsteile nicht möglich ist. Die Absperr-, Entleerungs- sowie Sicherheits- und Sicherungseinrichtungen müssen nach DIN 1988-200 Punkt 7.1 so angebracht sein, dass sie jederzeit zugänglich und leicht bedienbar sind. Sämtliche Entnahmestellen müssen erreichbar sein, um eine regelmäßige Nutzung zu gewährleisten.

Bauteile aus Werkstoffen, die für Trinkwasser nicht geeignet sind (einfache Messinglegierungen, Silber, Blei, Nickelüberzüge u. Ä.) können außerdem zu Korrosionsschäden führen und gesundheitsschädliche Schwermetalle ans Trinkwasser abgeben.

Wasserbehandlungsanlagen richtig dimensioniert?

Häufig findet man in Trinkwasserinstallationen die unterschiedlichsten Arten von Wasserbehandlungsanlagen vor, die in vielen Fällen unnötig, falsch betrieben oder hoffnungslos überdimensioniert sind, getreu dem Motto: „Wo wenig hilft, kann viel nicht schaden.“ Hierzu zählen Trinkwasser-Desinfektionsanlagen, die dauerhaft betrieben werden und gegen das Minimierungsgebot nach § 6 TrinkwV verstoßen, völlig überdimensionierte zwei- oder dreisäulige Ionentauscheranlagen in kleineren Mehrfamilienhäusern. In manchen Fällen werden Dosiereinrichtungen für Phosphat oder Silikat eingesetzt, um die Folgen eines bereits völlig korrodierten Leitungssystems zu kaschieren.

„Trinkwasser muss an der Übergabestelle zur Trinkwasser-Installation so beschaffen sein, dass dieses an der Entnahmestelle beim Nutzer mindestens den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Das setzt voraus, dass für dieses Trinkwasser geeignete Materialien, Werkstoffe und Produkte in der Trinkwasser-Installation verwendet werden. Eine weitere Behandlung des Trinkwassers in der Trinkwasser-Installation ist somit nicht erforderlich, es sei denn, dass dies im Einzelfall „hygiene-medizinisch indiziert ist“ (DIN 2000, Punkt 6 Trinkwasserbeschaffenheit).

Gemäß DIN 1988-200, als einer der allgemein anerkannten Regeln der Technik im Bereich der Planung von Trinkwasserinstallationen, darf die Behandlung von Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgung mit Ausnahme des vorgeschriebenen mechanischen Filters nur in begründeten Fällen erfolgen. Die Auswahl geeigneter Behandlungsmaßnahmen hat unter Berücksichtigung der Wasserbeschaffenheit, der verwendeten Werkstoffe und der vorgesehenen Betriebsbedingungen sowie unter Einhaltung des in § 6 (3) TrinkwV geforderten Minimierungsgebotes zu erfolgen (Bild 8).

Gemäß Punkt 12.6.2 der DIN 1988-200 müssen Enthärtungsanlagen konstruktiv DIN EN 14 743 und DIN 19 636-100 entsprechen. Das bedeutet, jeder Enthärter muss mit einer Sicherungseinrichtung zur Verhinderung von Rückfluss in das Versorgungsnetz ausgestattet sein; eine manuelle und eine automatische Regenerationsauslösung nach einer bestimmten Zeitspanne ohne Regeneration muss ebenso vorhanden sein wie eine Einrichtung zur Begrenzung des mikrobiologischen Wachstums, gewöhnlich eine Chlorzelle in der Soleleitung zur Desinfektion während der Regenerierung. Ionentauscher verfügen über einen Behälter, der mit organischem Ionentauscher-Harz gefüllt ist, durch den das Wasser strömt. Dieses Harzbett filtert u. a. Partikel aus dem durchströmenden Wasser und bietet zudem über die extrem große Oberfläche der Harzkügelchen ideale Vermehrungsbedingungen für Mikroorganismen. Nach VDI/DVGW 6023 Punkt 6.3.1 sind Ionentauscher-Anlagen daher so klein wie möglich zu dimensionieren. Die Gesamtkapazität der Anlage, angegeben in °dH × m³, darf demnach den Bedarf von 72 Stunden im bestimmungsgemäßen Betrieb nicht überschreiten.

Verbindungen zu Nichttrinkwasser

Bei nicht normgerechter Installation oder nicht bestimmungsgemäßem Betrieb angeschlossener Apparate kann das Trinkwasser verändert werden, sodass es zu einer Beeinträchtigung oder Gefährdung kommen kann. § 17 Abs. 6 TrinkwV legt daher generell fest, dass Wasserversorgungsanlagen, aus denen Trinkwasser abgegeben wird, nicht ohne eine den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechende Sicherungseinrichtung mit Wasser führenden Teilen, in denen sich Wasser befindet oder fortgeleitet wird, das nicht für den menschlichen Gebrauch bestimmt ist, verbunden werden dürfen. Die in diesem Zusammenhang anzuwendende a. a. R. d. T. ist die DIN EN 1717 zusammen mit den ergänzenden nationalen Festlegungen der DIN 1988 Teil 100. Der Anschluss von Feuerlösch- und Brandschutzanlagen an die Trinkwasserinstallation richtet sich ausschließlich nach den Festlegungen der DIN 1988 Teil 600.

Die Veränderungen des Trinkwassers können direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Verbraucher haben, z. B. in folgenden Fällen:

  • Wenn Apparate mit Betriebs- oder Hilfsstoffen betrieben werden und an Trinkwasserleitungen angeschlossen oder in sie eingebaut sind, besteht die Möglichkeit, dass bei einem Schaden Stoffe aus diesen Apparaten in das Trinkwasser gelangen. Diese Stoffe können zu einer direkten Beeinträchtigung oder Gefährdung des Verbrauchers führen, wenn das Wasser nach dem Verlassen des Apparates noch als Trinkwasser genutzt wird (z. B. Trinkwassererwärmer). Auch wenn das den Apparat verlassende Wasser nicht als Trinkwasser genutzt wird, kann eine Beeinträchtigung oder Gefährdung des Verbrauchers auftreten.
  • Stoffe aus einem defekten Apparat können bei Störungen (z. B. Druckmangel, Rohrbruch) zurückflie&szlig;en und nach Behebung dieser Störung in dem Trinkwasser, das der Verbraucher entnimmt, enthalten sein. Beispielsweise ein Apparat, in dem Chemikalien mit Trinkwasser gelöst werden.
  • Ist die Trinkwasserinstallation mit Systemen zum Transport oder zur Ableitung von Flüssigkeiten unmittelbar verbunden, in denen die Anwesenheit von mikrobiellen oder viruellen Erregern übertragbarer Krankheiten nicht ausgeschlossen werden kann (Flüssigkeitskategorie 5, z. B. Abwasser), kann es durch mikrobiologisches Wachstum zu einer Rückverkeimung der zuführenden Trinkwasserinstallation kommen.

 

Bei nicht eigensicheren Entnahmearmaturen besteht u. a. das Risiko, dass es bei Druckunterschieden zu einem Überströmen von Trinkwasser (warm) in die Leitung für Trinkwasser (kalt) kommt oder umgekehrt. In der Folge erwärmt sich das Kaltwasser bzw. kühlt das Warmwasser aus, was jeweils die Gefahr einer Legionellenvermehrung in sich trägt. Sämtliche Entnahmearmaturen müssen entsprechend eigensicher ausgeführt sein.

Instandhaltungszustand bewerten

Es ist unabdingbar, dass Trinkwasserinstallationen von den hierfür verantwortlichen Personen in technisch und hygienisch einwandfreiem Zustand gehalten werden. Umwelt-, Arbeits- und Gesundheitsschutz haben den gleichen Stellenwert wie die Betriebssicherheit und Funktionstauglichkeit der Trinkwasserinstallationen. Die Unternehmer oder sonstigen Inhaber sind verpflichtet, Trinkwasserinstallationen …

  • mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik bestimmungsgemä&szlig; zu betreiben
  • als Arbeitgeber (siehe Arbeitsschutzgesetz) nach dem Stand der Technik zu betreiben
  • in ordnungsgemäßem, sicherem Zustand zu erhalten durch
    • regelmä&szlig;ige Inspektion
    • vorausschauende Wartung
    • fachkundige Instandsetzung und
    • technische Verbesserung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik.

 

Instandhaltungsmaßnahmen an den Komponenten und Bauteilen der Trinkwasserinstallation werden oft nicht bzw. nicht regelmäßig durchgeführt, lediglich bei Bedarf veranlasst und durch Installationsunternehmen oder den Haustechniker des Hauses ausgeführt. Meistens gibt es kein Betriebsbuch der Trinkwasseranlage und keine prozessorientierte Instandhaltungsplanung nach den Vorgaben der VDI/DVGW 6023 auf Basis der DIN EN 806-5 i. V. m. [E] VDI 3810-2.

Rückflussverhinderer, Systemtrenner und Rohrbelüfter in Zapfventilen sind beispielsweise Sicherungseinrichtungen zum Schutz des Trinkwassers gegen unzulässige Rückwirkungen und Kontaminationen. Solche Sicherungsbauteile müssen in regelmäßigen Abständen inspiziert und vorausschauend gewartet werden. Die für den hygienisch einwandfreien Betrieb erforderlichen Maßnahmen für die Instandhaltung müssen für alle in einem Objekt vorgesehenen und installierten Armaturen, Apparate und Trinkwasserleitungen in der Instandhaltungsplanung nach [E] VDI 3810-2 berücksichtigt werden. Dazu sind erforderliche bauliche Voraussetzungen zu schaffen. Werden Filter, Druckminderer und andere mechanische Bauteile nicht regelmäßig inspiziert, geprüft und instand gehalten (ggf. Wartung), können diese Bauteile ihre Funktion nicht ordnungsgemäß erfüllen. Ein Versagen der Bauteile ist zu befürchten.

Informationen zusammenfassen

Aus den gewonnenen Erkenntnissen und Informationen wird dann das Gutachten zur Gefährdungsanalyse erstellt. Das Ergebnis ist ein Gutachten, das …

1)alle Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik erfasst

2)etwaige Gefährdungen hieraus ableitet und

3)alle zur Gefahrenvermeidung erforderlichen Maßnahmen darstellt (Bild 3).

 

Die werkvertraglich geschuldete Leistung bei einem Gutachten zur Gefährdungsanalyse liegt folglich in der konkreten Feststellung aller planerischen, bautechnischen und betriebstechnischen Mängel einer Trinkwasserinstallation.

Vorschläge für geeignete Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Gefährdungen und zur dauerhaften Einhaltung mindestens der allgemein anerkannten Regeln der Technik sind ebenfalls notwendiger Bestandteil einer Gefährdungsanalyse.

Die Ergebnisse der Gefährdungsanalyse müssen in Form eines Gutachtens dokumentiert werden, um eine Basis für Beratungen zwischen dem Betreiber der Trinkwasserinstallation, dem Gesundheitsamt sowie weiteren an Planung, Bau oder Betrieb der Trinkwasserinstallation Beteiligten zu bieten. Nur so ist es möglich zu erkennen, welche technischen oder organisatorischen Verbesserungen notwendig sind (Sanierung), damit die Anlage zukünftig keinen weiteren Grund zur Besorgnis gibt. Die Analyse muss nachvollziehbar, logisch strukturiert und für einen Laien verständlich sein sowie für Fachleute ein nachvollziehbares Ergebnis mit notwendigen Erläuterungen bieten.

Fünfstufiges Gutachten erstellen

Die formale Darstellung der begutachteten Punkte gliedert sich nach der Richtlinie jeweils in die folgenden Bereiche:

Bestandsaufnahme – Wie ist es? Keine Bewertungen, keine Interpretationen oder Vermutungen – nur Beobachtungen, Messungen und Darstellung der vorgefundenen Ausführungen in Schrift und Bild als Feststellung des Ist-Zustands (inkl. Fotodokumentation und Beschreibung).

Prüfung auf Einhaltung der a. a. R. d. T. (Erläuterungen) – Wie sollte es sein? Kurze und bündige Darstellung der Vorgaben der technischen Regelwerke ohne unnötiges „Füllmaterial“ wie Kopien aus Verordnungen oder Regelwerken.

Gefährdungsanalyse im engeren Sinne zu den Feststellungen – Was könnte passieren? Aus den Ergebnissen der Ortsbesichtigung und der Prüfung auf Einhaltung der a. a. R. d. T. ist für jeden der festgestellten Mängel das Gefährdungsereignis zu definieren und die dazugehörigen Gefährdungen sind zu benennen. Dabei sind auch bekannt gewordene Gefährdungen und Gefährdungsereignisse zu erfassen, die nicht (oder nur unzureichend) durch das technische Regelwerk erfasst sind.

Abschließende Zusammenfassung – Warum ein konkretes Risiko? In der abschließenden Zusammenfassung sollen die Ergebnisse und Befunde der jeweils einzelnen Punkte zusammengeführt werden. In der Zusammenfassung werden Zusammenhänge erklärt, die sich nicht aus den Erläuterungen der Mängel selbst ergeben, und es werden Schlussfolgerungen zu Risiken gezogen.

Handlungsempfehlungen – Was sollte getan werden? Aufzeigen geeigneter Möglichkeiten, wie ein Mangel oder ein Missstand beseitigt werden kann, sodass keine weiteren Risiken von dem Anlagenteil ausgehen können und die Anlage wieder bestimmungsgemäß betrieben werden kann. Im Rahmen der Ableitung von Handlungsempfehlungen gilt es zu klären, welche der Gefährdungen wesentlich und prioritär zu beseitigen sind. Aufgrund einer akuten Infektionsgefährdung werden dies in der Regel mikrobielle Gefährdungen sein, insbesondere wenn die Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts für Legionellen der Auslöser für die Gefährdungsanalyse war. Das Ergebnis ist somit eine zeitliche Priorisierung der Handlungsempfehlungen.

Kein „Malen nach Zahlen“

Wichtig ist, dass im Rahmen der jeweiligen Gefährdungsanalysen keine subjektive Bewertung einer Wahrscheinlichkeit vorgenommen werden soll, wie sie in einigen Informationsbroschüren und Merkblättern noch immer propagiert wird.

Die Abschätzung einer Eintrittswahrscheinlichkeit in Form von bunten Tabellen, die ein Schadensausmaß bei Eintreten eines Mangels in Verbindung mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit bringen sollte, war immer nur eine ausschließlich subjektive Bewertung des Sachverständigen, die in den seltensten Fällen tatsächlich sachlich zu begründen war.

Eine Priorisierung der Handlungsempfehlungen hat heute nur noch das Ausmaß einer Gefährdung bzw. des Schadens als Grundlage. Das bedeutet: Je schlimmer die Folgen eines Mangels sein könnten, desto eher muss hier Abhilfe geschaffen werden.

Fazit

Zur Aufklärung der Ursachen für eine Nichteinhaltung des technischen Maßnahmenwerts muss immer eine Ortsbesichtigung durchgeführt und von Sachverständigen überprüft werden (Bild 9), ob und gegebenenfalls welche Gefährdungen für die Nutzer des Trinkwassers aus dieser Installation bestehen. Die Gefährdungsanalyse ist damit also ein Instrument zur Abwehr von Gesundheitsgefährdungen und keine bloße Auflistung technischer Mängel.

Fehlentscheidungen bei der Beurteilung von Schadensfällen oder Kontaminationen in der Trinkwasserinstallation, bei Gefährdungsanalysen oder in der Wahl geeigneter Abwehrmaßnahmen zum Schutz der Nutzer können jedoch zu schwerwiegenden Schäden führen oder zu betriebswirtschaftlich nicht vertretbaren finanziellen Aufwendungen und Schäden an der Installation. Denn ohne die genauen Ursachen für nachteilige Veränderungen der Trinkwasserqualität zu kennen, sind zielgerichtete Maßnahmen nicht möglich.

Tipp

Literatur zum Thema

  • Trinkwasserverordnung in der Fassung vom 3. Januar 2018
  • [E] VDI/BTGA/ZVSHK 6023-1 Hygiene in Trinkwasser-Installationen, September 2018
  • VDI/BTGA/ZVSHK 6023-2 Hygiene in Trinkwasser-Installationen; Gefährdungsanalyse, Januar 2018
  • [E] VDI 3810-2 Betrieb und Instandhaltung von Gebäuden und gebäudetechnischen Anlagen &ndash; Trinkwasser-Installationen, Dezember 2018
  • Empfehlung des Umweltbundesamtes nach Anhörung der Trinkwasserkommission für die Durchführung einer Gefährdungsanalyse gemä&szlig; Trinkwasserverordnung, Dezember 2012
  • Arnd Bürschgens: Legionellen in Trinkwasser-Installationen, Gefährdungsanalyse und Sanierung, Beuth Verlag, 2. Auflage 2018

Autor

Arnd Bürschgens ist ö. b. u. v. Sachverständiger für Trinkwasserhygiene. Zudem ist er u. a. Mitglied im Fachausschuss Sanitär des VDI und stellv. Vorsitzender im Richtlinienausschuss VDI 6023. E-Mail: Arnd.Buerschgens@sv-buerschgens.de