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Interview

So profilieren sich Badplaner

SBZ: Das Produkt „Badezimmer“ ist vergleichbar mit einem Auto. Eine kühne These. Wie kommen Sie darauf?

Frank A. Reinhardt: Wenn wir mal vom Preis ausgehen, dann bewegen wir uns bei einem Badezimmer in ganz ähnlichen Preiskategorien. Vom Kleinwagen bis zur Mittel- und Oberklasse ist alles möglich – auch im Badezimmer. Auch die Komplexität ist vergleichbar. Wie beim Auto geht es auch beim Bad um Design, Präsentation, Logistik, Image und Individualität. Und, nicht zu vergessen, ist das Bad ähnlich wie das Auto eine Art Wohlfühlmaschine, eine ganz persönliche Komfortzone. Es ist daher spannend zu untersuchen, was die Sanitärbranche von der Automobilbranche lernen und besser machen kann. Oder aber auch sein lassen kann.

SBZ: Und zu welchen Ergebnissen kommen Sie letztlich?

Reinhardt: Automobilmarken sind stark darin, ihr Image zu profilieren. Sie können an vielen Schnittstellen zum Kunden punkten – das sind Touchpoints wie die digitalen Kanäle, das Autohaus oder die emotionalen Werbefilme im TV. Mit dem Rennsport werden die Massen angesprochen. Für eine ähnliche Umsetzung ist bei den Sanitärmarken in der Regel allerdings nicht das entsprechende Budget vorhanden. Der Kuchen wird in der Sanitärbranche nun einmal anders aufgeteilt. Dennoch profitiert das Handwerk vom Image sanitärer Herstellermarken. Interessant sind Ergebnisse von Umfragen, die besagen, dass beim Autokauf die Ausstellung gar nicht so ein wichtiger Touchpoint ist – der Service und der Umgang mit dem Kunden werden als weitaus wichtiger wahrgenommen. Und in diesem Bereich können professionelle Badplaner sich auch profilieren und brauchen den Vergleich mit der Autobranche nicht zu scheuen.

SBZ: Müssen demnach die Berührungspunkte des Kunden mit einer Sanitärmarke und einem Handwerker optimiert werden?

Reinhardt: Ja, klar, mit dem dreistufigen Vertriebsweg haben wir sowieso eine der kompliziertesten Customer Journeys, die man sich vorstellen kann – quasi ein Marketing-Albtraum. Was sind das für immense Chancen, die da auf der Straße liegen und von der Branche nicht wahrgenommen werden! Gerade in diesen guten Zeiten. Nehmen Sie das Beispiel Ikea: genialer Hörfunkspot zum Thema Bad, der Katalog als Design-Bibel, zahlreiche Einkaufshäuser, Ausstellungen, vertrauter Geruch, Regal 7, einpacken, auspacken, aufbauen – fertig. Natürlich bekommt man bei Ikea kein komplett renoviertes Bad und auch kein „Markenprodukt“, doch das Beispiel zeigt, dass die Touchpoints klar definiert sind und der Kauf sehr strukturiert ist. Und an jedem Punkt wird der potenzielle Käufer emotional abgeholt. Das ist in der Automobilbranche beim Neuwagenkauf genauso.

SBZ: Was können Sanitärmarken denn dagegensetzen?

Reinhardt: Sehr viel. Mit dem Erwerb eines Markenprodukts erhält nicht nur der Badnutzer, sondern auch der Planer eine sehr hohe Marken- und Produktqualität – mit dem ganzen Service und dem Know-how eines spezialisierten Markenunternehmens. Bleiben wir beim Thema Design und Axor: Hier ist sichergestellt, dass die Design-Qualität durch die Zusammenarbeit mit Design-Stars wie Philippe Starck oder Antonio Citterio immer sehr hoch ist. Dies gewährleistet nicht nur einen hohen Grad an Emotionalität und Innovation, sondern gibt dem Badplaner auch Sicherheit in der Beratung – auch in der Argumentation etwa bei subjektiven Vorbehalten des Bauherrn in Geschmacksfragen. Bei klar definierten und auf die Zielgruppe ausgerichteten Touchpoints wird der Handwerksbetrieb zur lokalen Marke – das muss das Ziel für ambitionierte Betriebe sein.

SBZ: Welche Ideen können Badplaner entwickeln, um sich zu profilieren?

Reinhardt: Kreativ sollten die Ideen sein. Zum Beispiel entwickelten die Teilnehmer des Axor-Seminars „Design verstehen“ das Konzept für einen temporären Pop-up-Store, der in einem leerstehenden Laden installiert werden soll. Sie entschieden sich dafür, lediglich ein einzelnes Bad aufzubauen, dabei aber Wert auf eine emotionale Inszenierung zu legen. Denn der Laden sollte in einem genau ausgewählten Wohngebiet mit einer hohen Eigenheimquote und einem hohen Renovationspotenzial liegen.

Oder nehmen Sie eine Plattform wie Instagram, die gerade von Interior-Designern als Marketing-Tool entdeckt wird. Warum nutzen Badplaner dies nicht auch und posten gezielt Referenzobjekte? Der Kunde von heute ist gut informiert und nutzt auch innovative Vermarktungsplattformen. Oder: Nicht über Onlinepreise lamentieren, sondern sich auf seine Stärken verlassen und über die ganz individuelle Badgeschichte das Interesse des Bauherrn wecken. Die Entwicklung von Content ist dabei ein Erfolgsschlüssel, um nicht austauschbar zu werden. Es gilt also, neue Touchpoints zu finden und zu gestalten.

SBZ: Wo geht die Reise hin?

Reinhardt: Der Branche geht es aktuell richtig gut, die Auftragsbücher sind voll. Die Produkte werden auf einem hohen technischen Niveau gefertigt, und das Bad entwickelt sich zum Wohnraum. Die Arbeit eines professionellen Badplaners wird zunehmend geschätzt und honoriert. Kein Quatsch. Die Customer Journey in der Branche muss ergänzt werden – von der Information vor dem Kauf bis hin zu Serviceleistungen nach der erfolgreichen Umsetzung der Badgestaltung. Auf Produktebene ist die Digitalisierung ja schon ins Bad eingezogen, und sie wird auch den Vertrieb nachhaltig beeinflussen. Doch der persönliche Kontakt, eine handskizzierte Entwurfszeichnung, ein auf ökologische Kriterien hin optimiertes Bad für den umweltbewussten Bauherrn, ein Making-of-Video von der Badrenovierung oder neue Touchpoints werden in Zukunft über den Auftrag und die Kundenzufriedenheit im mittel- bis hochwertigen Bereich entscheiden.

Info

Customer Journey

„Der Begriff Customer Journey bezeichnet die ‚Reise‘ eines potenziellen Kunden über verschiedene Kontaktpunkte mit einem Produkt bzw. einer Dienstleistung, einer Marke oder einem Unternehmen, von der Inspiration und Bedürfnisweckung über die Informationsbeschaffung und Suche bis hin zur finalen Zielhandlung.“ (Holland und Flocke: Customer-Journey-Analyse 2014, S. 827.)