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Zwanglos in die Abendsonne

Nehmen Sie es auch wahr? Überall hält die neue deutsche Zwanglosigkeit Einzug. Im Büro, auf Veranstaltungen, bei Hochzeiten und sogar Beerdigungen. Ganz gleich, welcher Anlass: Die Krawatte bleibt zu Hause und das Oberhemd folglich offen. Dieser Trend, welcher wie der meiste modische Schwachsinn aus den Vereinigten Staaten stammt, setzt sich immer mehr durch – auch in der stockkonservativen SHK-Branche. Das Handwerk hat nicht den Ruf, die Speerspitze neuer Modeerscheinungen zu sein, dennoch zieht unsere Branche gnadenlos nach. Seit den späten Achtzigern, frühen Neunzigern fallen die Binder in Übersee, auch im Geschäftsleben.

Jetzt stehen die Handwerker sowieso nicht im Ruf, ständig in Anzug und Krawatte irgendwo aufzukreuzen. Jedoch die paar Male, anlässlich derer man sich in Schale warf, werden noch weniger oder gehen gegen null. Endlich hatte es sich im Handwerk herumgesprochen, dass das Markenetikett am linken Ärmel nach dem Kauf des Sakkos abgetrennt und die Reverstasche aufgetrennt werden muss! Auch das Tragen der Armbanduhr über der Manschette des Hemdes ist bereits länger nicht mehr angesagt. Und jetzt das! Niedergang des Abendlandes! Der Cowboy mit dem Ratschenschlüssel im Holster und der über den Rücken quer geschnallten Presszange reitet in Jeans, mit offenem Hemd oder sogar im T-Shirt in seinem VW Crafter und dabei die Camel ohne Filter im Mundwinkel, zwanglos in die Abendsonne. Lucky Luke lässt grüßen und die vier Dalton-Brüder vom Großhandel stehen ratlos am Wegesrand.

Was macht den SHK-Handwerker so sicher, das Richtige zu tun? Die liebe Industrie, speziell die Heizungsmagnaten, machen es vor: Die großen vier Kesselhersteller sind sich erstaunlich einig! Es muss wohl auf der letzten ISH ein Geheimtreffen der obersten Verantwortlichen gegeben haben, auf dem festgelegt wurde: Krawatten weg! Von ganz oben bis ganz unten. Anstatt Platinen, Zündautomaten oder Abgasdichtungen zurückzurufen, nahm man die hässlichen Binder im jeweiligen Firmendesign vom Markt.

Dies trug man dann in den Bundesverband der Heizungsindustrie (BDH). Deren Verantwortliche schlugen ordnungsgemäß die Hacken zusammen und opferten entsprechend ihre Schlipse anlässlich Weiberkarneval den abschneidewütigen Matronen der Geschäftsstelle. Schnell sprach sich diese neue Lässigkeit herum und selbst die Verantwortlichen im ZVSHK ließen sich teilweise von diesem neuen Lifestyle anstecken.

Doch der aufmerksame Leser hat es bereits gemerkt: Wenn es sich um abgestimmtes Verhalten der „Big Four“ dreht, ist das Bundeskartellamt nicht weit. Dieses witterte an Weiberkarneval hinter der finalen Krawattenbeseitigungsaktion eine Wettbewerbsbeschränkung. Allerdings konnte am folgenden Freitag bei der Durchsuchung der Kölner Verbandszentrale des BDH keinerlei belastendes Material außer lediglich 50 Kilogramm Wurfkamellen gefunden werden. Diese waren zur Verteilung vom Prunkwagen des BDH-Festkomitees durch Prinz Manfred den Ersten, seine Lieblichkeit Jungfrau Andrea und den Bauern Uwe vorgesehen. Seit dieser Fahndungspanne spricht man im Volksmund auch vom Bundeskaramellamt.

Wie soll man sich also künftig verhalten? Mit oder ohne Krawatte? Alles ist grundsätzlich erlaubt. Jedoch sollte die Beseitigung äußerer Zwänge nicht zur Selbstaufgabe hinsichtlich gepflegten, dem Anlass angemessenen Erscheinens führen. Ein gepflegtes Erscheinungsbild betont die Wichtigkeit eines Anlasses und ehrt den Gastgeber. Bei Freisprechungsfeiern, wichtigen Geschäftsterminen und sogar auf Beerdigungen!

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Zur Person

Diese SBZ-Kolumne wird von Brancheninsidern geschrieben, die frei von täglichen Zwängen zum Nachdenken anregen und deshalb anonym bleiben möchten.

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