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Gemeinsame Ziele erfordern gemeinsames Handeln

Der Philosoph Friedrich Engels hat einmal formuliert: „Wo es keine Gemeinsamkeit der Interessen gibt, da kann es auch keine Gemeinsamkeit der Ziele, geschweige des Handelns geben.“ Die Teilnehmer am Verbandstag des Fachverbandes SHK Baden-Württemberg haben am 15./16. Juni in Ludwigsburg eindrucksvoll bewiesen, dass sie gemeinsame Interessen haben. Dass sie gemeinsam Ziele anpacken und auch gemeinsam handeln wollen, um eine zukunftsfähige Berufsorganisation zu gestalten.

Es gibt eine Menge Themen, bei denen sich das gemeinsame Zupacken lohnt: Welche Aktivitäten können von den Innungen und Betrieben vor Ort umgesetzt werden, um mit der Nachwuchskampagne „Zeit zu starten“ mehr Schülerinnen und Schüler für das SHK-Handwerk zu begeistern? Wie kann der Verband in einer noch zu gründenden Zukunftskommission weiterentwickelt werden, um für Mitglieder und Nichtmitglieder attraktiver zu werden? Und wie sieht die Umsetzung der Energiewende in den nächsten Jahren aus, angesichts der im Klimaschutzplan 2050 festgelegten Zielvorgaben? Diese Zukunftsthemen wurden im Rahmen der Mitgliederversammlung diskutiert. Aber auch die am 25. Mai in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung und der Umgang mit asbesthaltigen Baustoffen gemäß dem jüngst veröffentlichten „Nationalen Asbestdialog“ wurden thematisiert.

Was leistet Open Datapool?

Ein Aspekt, der derzeit auf keiner Tagesordnung fehlen darf, ist die Digitalisierung. Albrecht Oesterle, Referatsleiter Betriebswirtschaft, präsentierte hierzu einen Baustein aus der digitalen Agenda des Zentralverbandes SHK, der die Betriebe mit konkreten Projekten und Maßnahmen unterstützen will. „Open Datapool“ ( www.open-datapool.de ) ist eine neue Branchenlösung, die den Betrieben qualitätsgeprüfte Produktdaten nach aktuellen Standards der SHK-Branche zur Verfügung stellt. Auf einer einzigen Plattform stehen zwei- und dreistufige Herstellerdaten bereit, die individuell heruntergeladen werden können: Plandaten, Stammdaten, Ausschreibungsdaten, Bilder, Montage- und Pflegeanleitungen und Maßzeichnungen. Für Innungsbetriebe ist diese Systemlösung kostenlos. Sie können mit den Zugangsdaten ihres jeweiligen Landesverbandes auf den internen Bereich zugreifen

Datenschutz mit gesundem Menschenverstand

Kein Verbandstag ohne Weiterbildung: Im Rahmen der Fachtagung hatten nicht nur Delegierte, sondern alle Innungsfachbetriebe die Möglichkeit, sich über aktuelle SHK-Themen zu informieren.

Großes Interesse rief der Vortrag zum Thema EU-Datenschutzgrundverordnung hervor. Fachverband-Rechtsassessor Matthias Bergmann empfahl hierzu den Teilnehmern in seinem Überblicksreferat: „Gehen Sie die Datenschutzgrundverordnung nach dem GMV-Prinzip an“. Also mit gesundem Menschenverstand. Neben dem gesunden Menschenverstand legte er den Innungen und Betrieben die Handlungsempfehlungen und Leitfäden des ZDH (Zentralverband des Deutschen Handwerks) ans Herz. Zu Vorsicht mahnte der Jurist vor allem bei der Verwendung von Kundendaten im Zusammenhang mit Werbung und E-Mail-Newslettern, wohingegen bei einer Angebotserstellung oder bei einem Vertragsabschluss keine Einwilligung des Kunden bezüglich der Datenspeicherung erforderlich sei. Bergmann arbeitete heraus, in welcher Form die Unternehmer ihre Kunden aktiv informieren müssen, was die interne Dokumentationspflicht beinhaltet, wann ein Unternehmen einen eigenen Datenschutzbeauftragten benötigt und wie die Datenschutzerklärung auf der Unternehmens-Homepage aussehen sollte.

Weitere Themen: TRGI 2018 und Wohnungslüftung

Claus Händel vom Fachverband Gebäude-Klima e. V. stellte die Anforderungen an die Planung, Installation und den Betrieb von Wohnungslüftungsanlagen vor. Die Diskussion im Bereich Wohnraumlüftung sei zu eng geführt und zu sehr reduziert auf den Bautenschutz. Sie müsse auch auf Aspekte des Wohnkomforts ausgeweitet und den Kunden verdeutlicht werden. Händel beantwortete wesentliche Fragen zur DIN 1946-6 und gab den Teilnehmern einen Planungsleitfaden an die Hand.

Jörg Knapp vom Fachverband-Referat Technik analysierte die wesentlichen Änderungen der TRGI 2018, insbesondere im Bereich der Abgasabführung und bei der Verbrennungsluftversorgung. Mit der Veröffentlichung des Regelwerks ist im September dieses Jahres zu rechnen. Der Zentralverband SHK und der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) werden im Herbst dazu bundeseinheitliche Ein-Tages-Schulungen anbieten, nach deren Vorgaben auch der Fachverband 2019 entsprechende Schulungsangebote machen wird. Knapp wies darauf hin, dass davon auszugehen ist, „dass man aus dem GVU-Register genommen wird, wenn man nicht entsprechende Schulungen nachweisen kann“.

Netzwerke als Antwort auf steigende Kundenansprüche

Zur Weiterentwicklung des SHK-Handwerks und der Branche steht im Zentrum des Verbandstages stets auch die Auseinandersetzung mit „heißen Eisen“ – Themen, die Herausforderungen und Chancen zugleich beinhalten. Dieses Mal hatte der Fachverband daher zur Fachtagung Hans-Arno Kloep eingeladen, den Inhaber und Geschäftsführer der SHK-Unternehmensberatung Querschiesser. Die Kernfrage im Rahmen der Fachtagung lautete: Wie sehen die Vertriebswege der Zukunft aus?

„In den nächsten 20 Jahren kommt kein Hauseigentümer am SHK-Handwerk vorbei“, prognostizierte Kloep. Der Unternehmensberater aus Xanten hob in seinem Vortrag die „Wahnsinnschancen“ der Branche hervor, betonte aber: „Dafür müssen wir aber die Fachschiene neu denken und einfacher gestalten!“ Kloep arbeitete zunächst die Herausforderungen heraus, mit denen die SHK-Handwerker in den nächsten Jahren konfrontiert werden:

  • Stammkundenbindung
  • Empfehlungsmarketing und Kundenzufriedenheit
  • Technologie, bei der kein Betrieb mehr beispielsweise um den Bereich Smarthome herumkommen wird
  • personalisiertes Marketing, das beispielsweise durch „Storytelling“ dem Kunden verdeutlicht, dass der SHK-Handwerker der Problemlöser ist und damit eine unschlagbare Alternative zu den Internetangeboten
  • Kooperationen und Partnerprogramme statt Lückenstrategien.

Mittelfristig gehe es darum, angesichts des Fachkräftemangels Montagekapazitäten aufrechtzuerhalten, neue Preisfindungsmodelle zu erarbeiten („Wer Service in Anspruch nimmt, muss dafür zahlen“) und Mehrwerte auch entsprechend zu kommunizieren, sagte Kloep.

Der Kunde erwarte Beratung, Ware, Montage, Service und Zusammenführung. „Ihre Fachschiene kann an diesen Stellen beliebig von anderen ‚Layer Playern‘ neu ‚aufgehäkelt‘ werden; Ihre Rolle ist dann fraglich“, mahnte der SHK-Kenner. Sogenannte Layer Player sind Unternehmen, die sich auf bestimmte Tätigkeiten fokussieren und diese über Branchengrenzen hinweg anbieten. Sie profitieren dabei von Spezialisierungs- und Größenvorteilen. Kloep riet daher: „Der SHK-Handwerker muss sich in den nächsten Jahren in seiner Region positionieren und dieser Weg geht über Spezialisierungen.“ Dabei seien Qualität, Pünktlichkeit, Sauberkeit, Beratung und Gewährleistung Basis- oder höchstens Leistungsmerkmale. Wer aber Kunden begeistern wolle, müsse beispielsweise unter dem vereinbarten Preis bleiben oder sich durch schnelle Reaktionszeiten hervortun. Sein Appell an die Teilnehmer aus Handwerk, Handel und Industrie lautete: „Seien Sie offen für alle Dinge, die dabei helfen, die Fachschiene einfacher zu machen.“

Haben der zwei- und dreistufige Vertriebsweg eine Zukunft?

Den Vortrag des SHK-Vertriebsexperten ergänzte eine breit besetzte Podiumsdiskussion in Ludwigsburg. Neben Hans-Arno Kloep waren zu der spannenden Runde Vertreter von Handwerk, Herstellern und des Großhandels geladen: Tom Herb, Geschäftsführer eines SHK-Betriebs in Friedrichshafen, Dr. Ralf von Briel, Vorstand des Deutschen Großhandelsverbandes Haustechnik, Dr. Tillmann von Schroeter, Geschäftsführer von Vaillant Deutschland, und Jens Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft. Für den Fachverband bezog der Vorsitzende Joachim Butz Stellung. Moderiert wurde die Diskussion von SBZ-Chefredakteur Dennis Jäger.

Zunächst ging Jäger auf die Einschätzungen der einzelnen Branchenpartner ein, wie sie ihre zukünftige Rolle in der SHK-Branche sehen. Tom Herb zeigte sich als SHK-Unternehmer zuversichtlich, dass sein Handwerksbetrieb auch in Zukunft für seine Kunden da sein wird, und fürchtet die Konkurrenz durch Industrie, Großhandel, Energieversorger oder Onlineplattformen nicht. Er betonte aber, dass eine Bedingung dafür sein wird, die Kundenwünsche restlos zu erfüllen. Dies werde alleine nicht gehen, „ich muss mit Kollegen kooperieren, um das beste Ergebnis zu erzielen, es geht nur miteinander“.

VDS-Geschäftsführer Jens Wischmann bestätigte diese Einschätzung: In einer breit angelegten Erhebung habe sein Verband abgefragt, wie und wo sich Verbraucher zum Thema Badsanierung informieren und wo sie letztendlich kaufen. Eine wichtige Erkenntnis daraus sei gewesen, dass die Endkunden die Vorteile der Fachschiene sehr wohl anerkennen. „In dem Moment, in dem der Kunde die Komplexität wahrnimmt – wie bei der Planung und Installation eines Komplettbades –, in diesem Moment wird die Onlinekonkurrenz weniger gefährlich.“ Aber auch Wischmann zeigte sich von der Notwendigkeit neuer Netzwerke und Kooperationen überzeugt, in der sich jedoch alle Branchenpartner wiederfinden müssten. Damit sehe er eine Chance, sich zu beweisen und schlichtweg besser zu sein als die aufkommende Konkurrenz.

Mehrwert von Dienstleistungen deutlich machen

Angesprochen auf die Tendenz, dass immer häufiger Geschäftsprozesse am Großhandel vorbei über diverse Onlineportale abgewickelt werden, formulierte Dr. Ralf von Briel eine Kampfansage: „Es gilt nicht ‚Großhandel hier‘ – ‚online dort‘. Wir müssen das Thema Online im Gesamtprozess der Digitalisierung sehen und uns dem Wettbewerb stellen.“ Um weiterhin attraktiv zu bleiben, sei über 24-Stunden-Bestellservices, verbesserte Prozessketten, schnellere Reklamationsabwicklung, beschleunigte Transportprozesse und eine optimierte Vorfertigungskette nachzudenken. Dieser Mehrwert von Dienstleistungen und Services müsse dann aber auch transparent gemacht werden und sich im Produktpreis abbilden. Das Ziel des Großhandels sei stets, dass der Handwerker weniger Zeit im Büro verbringen müsse und dafür mehr auf der Baustelle präsent sein könne. Aufgabe der SHK-Handwerker sei es indessen, Ware abzusetzen. Das Handwerk selbst dürfe aufgrund von Kapazitätsproblemen nicht zur „Dauerbaustelle“ werden.

„Wie sieht Ihrer Meinung nach in Zukunft eine Marktpartnerschaft auf Augenhöhe aus?“, fragte Moderator Dennis Jäger Dr. Tillmann von Schroeter von Vaillant Deutschland provokant. Dieser zeigte sich überzeugt, dass mit gemeinsamen Verbindlichkeiten und Anstrengungen die Marktpartnerschaft auch weiterhin erfolgreich fortgeführt werden könne. „Es ist wie beim Fußball: Wenn im Bambini-Fußball einer von hinten alleine nach vorne läuft, ist das selten von Erfolg gekrönt. Erst wenn man richtig Fußball spielt, im Team, erst dann ist man wettbewerbsfähig.“

Was ist mit der Sommerwartung?

Jäger hakte nach und sprach die vom organisierten SHK-Handwerk kritisierten Angebote zur Sommerwartung an, mit denen das Unternehmen direkt auf Endkunden zugegangen war. Von Schroeter erläuterte das Ansinnen des Unternehmens, wonach Kunden, die ihre Wartungen sonst im auftragstechnisch ungünstigen Herbst angegangen hatten, mit gezielter Ansprache auf den Sommer verlagert werden sollten. Es habe sich dabei nicht um einen flächendeckenden Ansatz gehandelt, sondern nur ein bestimmter Kundenstamm sei angeschrieben worden. Der Vaillant-Geschäftsführer betonte aber gleichermaßen, dass die Partner im Vertriebs- und Verkaufsgeschehen nach seinem Dafürhalten nicht aktiv genug seien. „Wenn wir uns vernetzen, können wir den Endkunden viel besser abholen“, so von Schroeter, dafür gebe es viele denkbare Lösungen. Auch Hans-Arno Kloep riet dazu, einen Ansatz innerhalb der Branche zu finden, „um mit bestehenden Kapazitäten mehr zu machen und dies zum Wohle aller“. Gleichermaßen müsse hinsichtlich der Fachkräfteproblematik und der „Flaschenhals-Diskussion“ ein gemeinschaftlicher Weg gefunden werden, „sonst fahren wir gemeinsam vor die Wand“. Sich gegenseitig Mitarbeiter abzuwerben sei das Modell „linke Tasche – rechte Tasche“ und nicht lösungsorientiert.

Der Fachverband-Vorsitzende Joachim Butz bekräftigte dahingehend den Anspruch des Handwerks, dass der SHK-Profi in Sachen Haus- und Gebäudetechnik der Ansprechpartner „Nummer eins“ des Endkunden bleiben muss. Es müsse klar sein, wer welche Kernaufgaben erfüllt, und jeder müsse in seiner Kernkompetenz „das Beste bringen“. Selbstverständlich sei die Berufsorganisation kein Gralshüter, sondern modern aufgestellt und bereit für Zukunftsideen.

Insofern waren sich die Diskussionsteilnehmer einig, dass nur Kooperationen und Netzwerke zielführend sind, um die Kundenwünsche und -erwartungen optimal zu erfüllen. Auf diese Weise lassen sich Kernkompetenzen herausarbeiten und verteidigen gegenüber „systemisch ähnlichen Wettbewerbern“.

In den Verbandstag eingebettet war eine öffentliche Mitgliederversammlung. Gastredner in Ludwigsburg war EU-Kommissar Günther Oettinger. Über seine Ausführungen mit Bezug auf Europa, Deutschland und das deutsche Handwerk berichten wir in einer der nächsten Ausgaben der SBZ ausführlich im Teil 2 zum Verbandstag.

TIPP

Vorträge und Bilder

Unter www.fvshkbw.de/download/verbandstag findet sich eine Bildergalerie mit weiteren Impressionen vom Verbandstag. Innungsfachbetriebe können nach dem Einloggen im geschlossenen Bereich an gleicher Stelle zudem die Vorträge herunterladen.

Referenten

Albrecht Oesterle : „Open Datapool stellt auf einer Plattform zwei- und dreistufige Herstellerdaten bereit.“
Matthias Bergmann : „Gehen Sie die Datenschutzgrundverordnung mit gesundem Menschenverstand an.“
Claus Händel : „Keine Lüftungsanlage im Neubau ist eine verpasste Chance.“
Hans-Arno Kloep : „Wir müssen die Fachschiene neu denken und einfacher gestalten.“
Jörg Knapp : „Die TRGI 2018 bringt Änderungen im Bereich Abgasabführung und Verbrennungsluft-Versorgung mit sich.“

Zitate

Jens Wischmann : „Eigentlich haben wir Luxusprobleme. Der Markt läuft, und wir streiten darum, wer was machen darf.“
Dr. Ralf von Briel : „Wir müssen als Großhandel das Thema Online ernst nehmen, vor allem in der Versorgung unserer Handwerkskunden.“
Dr. Tillmann von Schroeter : „Wenn wir gemeinsam vernetzt sind, kann die Branche den Endkunden viel besser ansprechen.“
Tom Herb : „Für uns ist ein Ansprechpartner wichtig, der uns hilft, die Wünsche der Kunden zu erfüllen.“
Joachim Butz : „Wir müssen den Vertriebsweg gemeinsam entwickeln. Das funktioniert nur, wenn alle ihre Kernaufgaben wahrnehmen.“
Hans-Arno Kloep : „Die Industrie reagiert auf ihre Weise auf die Art, nach der Endkunden Produkte suchen.“