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Worauf ist bei Wärmepumpen im Bestand zu achten?

Die Elektrowärmepumpe ist im Jahr 2017 mit 78 000 abgesetzten Geräten (+17 %) erstmals die am zweitstärksten nachgefragte Heizungstechnologie geworden (Quelle: BDH, Köln). Verantwortlich dafür ist vor allem die positive Entwicklung im Neubau. Um das gesteckte CO2-Reduktionspotenzial zu heben, sollen die Wärmepumpen jedoch künftig vor allem im Gebäudebestand installiert werden. Bis 2050 werden 7 bis 14 Millionen Wärmepumpen benötigt, so aktuelle Prognosen der Denkfabrik Agora Energiewende (2017) und des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) (2018).

Das Fraunhofer ISE hat in seiner REMod-Studie errechnet, dass bei einem kosteneffizienten Umstieg auf klimafreundliche Heiztechniken Umweltwärme rund 13 % zum Primärenergiemix beitragen wird. Vor allem Wärmepumpen können die Umweltwärme nutzbar machen. Sie sollen im Jahr 2050 zwischen 65 und 90 % der Niedertemperaturwärme in Gebäuden bereitstellen.

Die Vorzeichen stehen also gut. Allerdings müssen die Geräte gut funktionieren und effizient arbeiten. Sonst ist die Gefahr groß, dass die Akzeptanz bei Gebäudeeigentümern leidet und die politischen Ziele verfehlt werden.

Analyse von 27 Luft- und Erdwärmepumpen

Um die Funktionsweise, die Effizienz und die Einbindung der Wärmepumpen in das Heizungssystem zu verbessern, analysiert das Institut seit über zwölf Jahren Wärmepumpen in Feldtests. Die Ergebnisse vom ersten Jahr des BMWi-geförderten Monitoringprojektes „WPsmart im Bestand“ (FKZ: 03ET1272A; www.wp-smart-im-bestand.de) von Wärmepumpen in bestehenden Einfamilienhäusern liegen nun vor:

  • 15 Außenluft- und 12 Erdreichanlagen mit mindestens elf Monaten Einsatz wurden ausgewertet.
  • Die Häuser sind mindestens 20 Jahre alt, die meisten stammen aus den Jahren 1950 bis 1995.
  • Der energetische Zustand der Häuser reicht von unsaniert bis quasi Neubaustandard.
  • Als Heizflächen gibt es Radiatoren, Konvektoren sowie Fußbodenheizungen.

Bei der Berechnung von Jahresarbeitszahlen (JAZ) gelten folgende elektrische Verbraucher als Input: Wärmepumpe, Wärmequellenantrieb (Solepumpe bzw. Ventilator) und Heizstab. Der thermische Output wird vor etwaigen Speichern gemessen.

Besonders interessant war der Vergleich mit Ergebnissen eines Monitoringprojekts von Bestandsanlagen von vor zehn Jahren (www.wp-monitoring.de). Die mittlere Jahresarbeitszahl JAZ im neuen Feldtest beträgt 3,1 für Außenluftanlagen bzw. 3,7 für Erdreichanlagen. Damit liegen sie um 19 bzw. 12 % über den Werten der alten Messkampagne. Die Ursachen dafür sind vielfältig:

  • Im aktuellen Projekt sind die Heizkreistemperaturen im Schnitt geringer als vor zehn Jahren und damit günstiger für einen effizienten Wärmepumpenbetrieb.
  • Die jetzt untersuchten Gebäude haben einen etwas geringeren Wärmebedarf, was grundsätzlich geringere Heizkreistemperaturen ermöglicht.
  • Eine verbesserte Auslegung und Installation können die Betriebstemperaturen verringern.
  • Einen weiteren Beitrag zur Reduzierung der Jahresarbeitszahlen liefern die Verbesserungen der Effizienz der Geräte selber.

JAZ-Ergebnisse für alle Wärmepumpen im Überblick

In Bild 1 sind die Luft-Wasser-Anlagen nach aufsteigenden Jahresarbeitszahlen sortiert. Die JAZ liegen zwischen 2,5 und 3,4. Ein auf Neubaustandard saniertes Gebäude erreichte eine JAZ von 4,1. Der Mittelwert aller Anlagen beträgt 3,1. An den runden Punkten über den Säulen sieht man eine Tendenz zu höheren JAZ, falls die Temperaturen im Heizkreis niedriger sind. Der anteilige energetische Beitrag des Heizstabes lag im Mittel bei etwa 1 % (nicht in der Grafik dargestellt).

Bei den hier untersuchten zwölf Erdreichanlagen (Bild 2) ist die Korrelation zwischen Effizienz und Heizkreistemperatur weniger ausgeprägt als bei den Außenluftwärmepumpen. Dies verdeutlicht, dass Wärmepumpen im realen Betrieb mit einer Vielzahl sich überlagernder Effizienzeinflüsse konfrontiert werden; die Fallbeispiele dokumentieren dies später näher.

Dass sich hohe Heizkreistemperaturen dennoch mindernd auf die Effizienz auswirken, zeigt sich extrem bei der Anlage Nr. 1: Hier wurde bei einer maximalen Vorlauftemperatur von 66 °C eine JAZ von nur 1,8 erreicht. Nicht in der Grafik dargestellt, jedoch auch erwähnenswert: Bis auf einen Fall lag die mittlere anteilige Nutzung des Heizstabes bei unter 1 %.

Legt man als statische Emissionsfaktoren bei der Betrachtung für das CO2-Äquivalent nach Gemis 530 g/kWh bei Elektroenergie und 245 g/kWh bei Erdgas zugrunde, so verringern, bis auf Erdreichanlage Nr. 1, alle Feldtestanlagen die CO2-Emission gegenüber einem Gasbrennwertkessel mit 90%igem Nutzungsgrad um 20 bis 60 %. Das gilt auch für die im Feldtest enthaltenen unsanierten Gebäude.

Drei Fallstudien und die praktischen Erfahrungen daraus

Um die Erkenntnisse der Langezeitbeobachtung für Fachleute noch anschaulicher und praxisgerechter zu machen, werden nachfolgend drei Wärmepumpenanlagen beispielhaft detaillierter dargestellt.

 

Fall 1: sanierter Bestand mit vergleichsweise effizienter Außenluftwärmepumpe

Das erste Beispiel ist eine Außenluftwärmepumpe, die im Jahr 2014 die vorher installierten Nachtspeicheröfen ersetzte. Infolge einer umfassenden Sanierung des 1952 errichteten Gebäudes kann die Wärmepumpe unter äußerst günstigen Bedingungen betrieben werden. Es erfolgte eine Dämmung von Außenwand, Dach und Kellerdecke, die alten Fenster ersetzten die Eigentümer durch eine Dreifachverglasung. Hinzu kam im gesamten Gebäude eine Fußbodenheizung. Durch die Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle verringerte sich der Heizwärmeverbrauch auf 66 kWh/(m²a) (Messwert 2017). Die Wärmepumpe wird seit 2015 messtechnisch untersucht. Die Jahresarbeitszahl lag 2016 bei 3,1 und 2017 bei 3,4.

Bild 3 stellt zur besseren Einordnung der Effizienzwerte die wichtigsten Betriebsbedingungen für das Jahr 2017 dar. Die Jahresarbeitszahl von 3,4 ist vor allem auf eine mittlere Heizkreistemperatur von lediglich 30 °C zurückzuführen. Ein quantifizierbarer, negativer Einfluss auf die Effizienz lag im Betrieb des Heizstabes. Dabei ist bemerkenswert, dass dieser nur im Januar zur Deckung des Heizwärmebedarfes eingesetzt wurde. Im übrigen Jahr kam der Heizstab ausschließlich im Rahmen des wöchentlich einmal durchgeführten Betriebes zur Legionellenvermeidung zum Einsatz.

Dies erklärt auch die hohen Heizstabanteile in den Sommermonaten. Diese und die im Vergleich zu den Heizkreistemperaturen hohen Temperaturen zur Beladung des Trinkwasserspeichers führen zur vergleichsweise geringen Effizienz im Sommer. Die gleichzeitig gemessenen hohen Heizkreistemperaturen sind auf Umschaltvorgänge zwischen Raumheiz- und Trinkwassererwärmungsbetrieb zurückzuführen.

 

Fall 2: unsanierter Bestand mit vergleichsweise effizienter Erdreichwärmepumpe

Die Wärmepumpe in diesem bislang unsanierten Reihenendhaus aus dem Jahr 1973 wird bereits seit über acht Jahren messtechnisch untersucht. Die Wärmepumpe hat lediglich einen alten Ölkessel abgelöst, während die Radiatoren als Raumwärmeübergabesysteme erhalten blieben. Der im Jahr 2017 gemessene Heizwärmeverbrauch lag bei 111 kWh/m². Seit Beginn der Messung liegen die Jahresarbeitszahlen konstant zwischen 3,3 und 3,7. Die Unterschiede sind vor allem auf die schwankenden Witterungsbedingungen zurückzuführen.

In Bild 4 können die schlechteren Betriebsbedingungen im Vergleich zu Fall 1 gut nachvollzogen werden: Sowohl die mittleren Heizkreistemperaturen von 42 °C als auch die mittleren Trinkwasserspeicherladetemperaturen von 50 °C liegen auf beachtlich höherem Niveau. Im Januar, dem kältesten Monat des Jahres, musste die Wärmepumpe im Mittel Heizkreistemperaturen von 46 °C erreichen. Die im Vergleich zu Fall 1 dennoch höhere Jahresarbeitszahl ist auf die Nutzung der Wärmequelle Erdreich mittels Erdwärmesonden und die damit verbundenen Vorteile, wie z. B. eine höhere Wärmequellentemperatur in der Heizperiode, zurückzuführen. Darüber hinaus musste die Anlage in den vergangenen acht Jahren nur einmal auf den Heizstab zurückgreifen.

 

Fall 3: sanierter Bestand mit vergleichsweise ineffizienter Erdreichwärmepumpe

Das dritte Beispiel zeigt, wie durch vermeidbare Fehler eine eigentlich vielversprechende Kombination aus vollsaniertem Gebäude und Erdreichwärmepumpe ihr Potenzial nicht ausschöpfen kann. Bei diesem Gebäude von 1953 wurden Dach und Wand gedämmt, die Fenster erneuert und fast auf gesamter Fläche Fußbodenheizung verlegt. Die Wärmepumpe hat einen Öleinzelöfen sowie einen Holzofen abgelöst.

Trotz der beschriebenen Sanierungsmaßnahmen lag der Heizwärmeverbrauch für 2017 bei 109 kWh/m². Um die Auswirkungen des mittlerweile behobenen Fehlers in den Mittelpunkt zu rücken, bezieht sich die Auswertung in Bild 5 auf das erste Jahr der Messung: von Juli 2016 bis Juni 2017. Die Betriebsbedingungen für die Wärmepumpe ähneln denen im Fall 1. Die mittleren Heizkreistemperaturen liegen im kalten Januar bei lediglich 35 °C.

Diese Bedingungen, gepaart mit den im Fall 2 beschriebenen Vorteilen der Wärmequelle Erdreich, sollten der Wärmepumpe eine vergleichsweise hohe Effizienz ermöglichen. Diese wurde jedoch vom ausgeprägten Heizstabeinsatz verhindert, der sich nicht durch eine logische Betriebsstrategie erklären lässt. Während im Betrachtungszeitraum Außenlufttemperaturen zwischen –10 °C und 27 °C gemessen wurden, kam der Heizstab bei Außenlufttemperaturen von –2 bis 21 °C zum Einsatz, und zwar für Raumheizung und Trinkwassererwärmung. In diesem Fall ist von einer fehlerhaften Parametrierung in der Heizstabregelung auszugehen.

Allgemeintypische Ursachen für Probleme in der Praxis

Bei der Ursachenforschung, warum eine Anlage gut, eine andere schlecht läuft, finden sich immer wieder folgende Problempunkte:

  • mangelnde Wärmedämmung von Rohren und Anschlüssen
  • fehlender hydraulischer Abgleich
  • ineffiziente Pumpen
  • zu hoch eingestellte Systemtemperaturen
  • ungünstige Verschaltung mit dem Wärmespeicher

Ein drastisches Beispiel für Letzteres war eine Anlage mit Kombispeicher, die nur auf eine JAZ von 3,1 kam, während eine Anlage mit gleicher Wärmepumpe und anderer Speicherkonfiguration 4,4 erzielte. Im ersten Beispiel lag die Temperatur der Wärmequelle um 0,9 K tiefer, dafür waren die Temperaturen der Wärmesenke im zweiten Fall um 1 K (Heizung) und 6 K (Warmwasser) höher. Damit bleibt als Hauptursache für den großen Leistungsunterschied die schlechte Anbindung des Speichers.

Generell gilt als Fazit nach mehr als zwölf Jahren Monitoringerfahrung: Je einfacher das System, desto höher die Ausbeute.

Es besteht Forschungsbedarf – auch im MFH-Bereich

Die elektrische Wärmepumpe wird eine wichtige Heiztechnik der Zukunft sein. In Neubauten ist sie bereits angekommen. Viel wichtiger für die Klimabilanz sind jedoch die rund 19 Millionen bestehenden Wohngebäude in Deutschland. Auch dort können sie effizient arbeiten, in einzelnen Fällen sogar ohne weitere Sanierung, wie die aktuelle Erhebung zeigt. Es gibt aber noch Forschungsbedarf: Die Anbindung der Wärmepumpe an das existierende Heizungssystem sollte noch einfacher und robuster erfolgen, die Regelungsstrategie bei hybriden Anlagen (mit Gas oder Ölkessel) optimiert werden. Neue Forschungsprojekte könnten darüber hinaus zu sinkenden Schallpegeln bei Luftwärmepumpen beitragen, um die Lärmbelastung für die Nutzer und Nachbarn zu verringern.

Der Einsatz in Mehrfamilienhäusern muss ebenfalls noch genauer untersucht werden. Ein breit angelegter Projektverbund arbeitet derzeit daran, die noch bestehenden Schwierigkeiten beim Einsatz von Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern zu lösen. Ab Herbst 2018 werden erste Ergebnisse des Monitorings von Mehrfamilienhäusern im Bestand verfügbar sein und so die Datenbasis erweitern.

Systematisiert gingen diese und andere Erkenntnisse in die Neufassung 2017 der VDI-Richtlinie 4645 „Planung und Dimensionierung von Heizungsanlagen mit Wärmepumpen in Ein- und Mehrfamilienhäusern“ ein. Sie ist ein umfassendes Kompendium für Planer, Installateure und Betreiber von Wärmepumpenanlagen. Blatt 1 der Richtlinie enthält ein Schulungskonzept, das Fachleute auf den neuesten Stand der Technik bringt. Die großen Hersteller bieten diese Fortbildungen im Rahmen ihrer Schulungen an.

Autor

Dr.-Ing. Marek Miara ist Koordinator Wärmepumpen beim Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, 79110 Freiburg, www.ise.fraunhofer.de