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Soll ich oder soll ich nicht?

Beruflich wie privat tun sich viele Menschen schwer, Entscheidungen zu fällen. Denn es bedeutet, sich festzulegen und auf Alternativen zu verzichten. Das verlangt eine gewisse Risikobereitschaft. Entscheidungen mit besonderer Tragweite, wie eine größere Anschaffung oder eine wichtige Personalentscheidung, sollten gut durchdacht sein, werden aber genau deshalb gern verschoben. Denken Sie in solchen Momenten daran, dass es Freiheit bedeutet, Entscheidungen treffen zu können. Sich nicht zu entscheiden heißt, auf diese Freiheit zu verzichten. Prinzipiell gilt es, folgende Fehler zu vermeiden:

  • Entscheidungen zu lange hinauszögern
  • Entscheidungen unter Zeitdruck treffen
  • Entscheidungen in extremen Gefühlszuständen treffen
  • Nur einen Aspekt isoliert betrachten
  • Sich von der Meinung anderer abhängig machen
  • Unverhältnismäßigen Aufwand für die Entscheidungsfindung betreiben

Abwarten und Tee trinken?

Königin Elisabeth I. von England soll in puncto Entscheidungen unter krankhafter Aufschieberitis gelitten haben. Doch sie hatte Glück, denn ihr standen treue und fähige Berater zur Seite, die sie notfalls auch zu einer Entscheidung erpressten. Diesen Luxus haben kleine und mittelständische Unternehmer heutzutage in der Regel nicht. Zu langes Abwarten ist kontraproduktiv, denn die Optionen, die man sich offenhalten will, sind zeitlich begrenzt und am Schluss bleibt keine Wahl mehr. Dann entscheiden andere oder die Umstände stellen uns vor vollendete Tatsachen.

Nicht nur aus dem Bauch heraus

Andererseits werden überstürzte Entscheidungen später oft bereut – vor allem dann, wenn sie auf Drängen anderer hin getroffen wurden. Man sollte sich die Zeit nehmen, genügend Informationen zu sammeln und die verschiedenen Optionen eingehend zu prüfen. So vermeiden Sie auch eine rein emotionale Wahl aus einem spontanen Impuls – Ärger oder Euphorie – heraus.

Ganz ignorieren sollten Sie Ihre Gefühle allerdings auch nicht, denn sie haben ihren Ursprung in bisherigen Erfahrungen, Altbewährtem und Aspekten, die intuitiv erfassbar sind. Vielmehr sollten Gefühl und Verstand in einem ausgewogenen Verhältnis an der Entscheidung beteiligt sein. Der Rat, eine Nacht darüber zu schlafen, ist durchaus sinnvoll, denn so erhält man die nötige Distanz.

Sich ausreichend informieren

Das Risiko einer Fehlentscheidung ist auch hoch, wenn ein einziger Aspekt zu stark im Vordergrund steht, z. B. der Preis bei einer Investition, und andere Gesichtspunkte ausgeblendet werden. Die aktuell überragende Bedeutung dieses einen Aspekts kann sich über kurz oder lang ändern. Daher ist es wichtig, zunächst umfassende Informationen zu allen Aspekten einzuholen, damit auch die Details nicht übersehen werden, die man bisher nicht auf dem Schirm hatte. Das kostet natürlich Zeit und setzt einiges an Recherchearbeit voraus. Bei Informationen aus dem Internet gilt es zu überprüfen, ob sie vertrauenswürdig und auf die eigene Situation übertragbar sind. Es lohnt sich, in Branchenforen nachzuforschen, ob andere Betriebe schon einmal vor einer ähnlichen Frage standen, wie sie damit umgegangen sind und ob sich die Entscheidung bewährt hat.

Der Aufwand, der betrieben wird, um Fehlentscheidungen zu vermeiden, ist manchmal unverhältnismäßig. Er sollte ökonomisch vertretbar sein, das heißt, der Mehrwert, den die richtige Entscheidung bringt, sollte die Investition in die Entscheidungsfindung klar übersteigen. Wenn ein Autofahrer kreuz und quer durch die ganze Stadt fährt und die Preise an sämtlichen Tankstellen vergleicht, um herauszufinden, wo er am günstigsten tanken kann, rechnet sich das unter dem Strich nicht mehr.

Auch blindes Vertrauen in Experten ist nicht immer die beste Strategie. Expertenrat ist hilfreich und in vielen Dingen sind Handwerker auf externe Berater angewiesen. Sie sollten aber sicher sein, dass der Experte tatsächlich neutral und objektiv berät und keine eigenen oder die Interessen Dritter verfolgt. Und auch hier sollte der Mehrwert die Kosten rechtfertigen, zumal Experten keine Regressforderungen akzeptieren, sollte sich die Entscheidung im Nachhinein als Fehler herausstellen. Denn die finale Entscheidung liegt immer bei Ihnen. Weder von Experten noch von anderen sollte man sich je zu einem Beschluss drängen lassen.

Entscheidungsschwäche kommt schlecht an

Insbesondere jüngere Mitarbeiter erwarten von Chefs, dass sie Entscheidungsfähigkeit beweisen, denn das ist schließlich eine ihrer Führungsaufgaben. Prinzipiell sind drei – nicht ideale – Entscheidertypen zu unterscheiden:

  • Der Befürworter: überlegt nur kurz und entscheidet sich schnell
  • Der Abwartende: der Unentschlossene, der die Entscheidung verschiebt
  • Der Bewahrer: der Risikoscheue, der sich nur unter Druck entscheidet

Jeder dieser Typen kann sein Verhalten natürlich plausibel erklären. Sind gegensätzliche Typen an einer Entscheidung beteiligt – etwa ein Bewahrer und ein Befürworter – kommt es zu heftigen Diskussionen, die einen Beschluss oft blockieren.

Bei Entscheidungsschwäche sollte man sich vor Augen führen, dass es nur selten absolut richtige Entscheidungen gibt, die für alle Zeiten perfekt sind. Oft wird man mit einer „Second-best-Lösung“ leben müssen und auch können. Auch wenn verschiedene Optionen sorgfältig geprüft werden, bleibt fast immer ein Restrisiko, das der Betrieb akzeptieren muss.

Eine sinnvolle Strategie ist, Mitarbeiter in relevante Entscheidungen einzubinden bzw. erfahrene Mitarbeiter selbst im Rahmen möglicher Handlungsalternativen entscheiden zu lassen. Dies hat mehrere Vorteile:

  • Die Verantwortung lastet nicht allein auf dem Chef.
  • Die Mitarbeiter fühlen sich mitverantwortlich und sind eher bereit, die Entscheidungen und was daraus folgt mitzutragen.
  • Die Arbeitsmotivation steigt.

Messbare Entscheidungskriterien heranziehen

Jede Entscheidung dient einem Ziel. Vor dem Beschluss gilt es also genau zu definieren, was damit erreicht werden soll und wie die Kriterien gewichtet werden. Dabei hilft es, die einzelnen Parameter in einer Matrix aufzuführen, wie oben stehendes Beispiel der Anschaffung einer Maschine zeigt. Was hat Priorität: der Anschaffungspreis, die Leistung einer Maschine oder der Verbrauch? Dabei gibt es Muss-Anforderungen, die unbedingt erfüllt werden müssen, und Soll-Anforderungen, auf die es erst in zweiter Linie ankommt. Zwei Soll-Anforderungen haben den gleichen Wert wie eine Muss-Anforderung. Vom „Überstrahlungseffekt“ spricht man, wenn ein Parameter alle anderen überwiegt, also alleinig ausschlaggebend ist. Wenn beispielsweise geringe Kosten bei einer Investition im Moment extrem wichtig sind, ist der Anschaffungspreis das Killerkriterium und alle teureren Optionen scheiden aus. Allerdings kann das aktuell wichtigste Kriterium, meist ist es der Preis, langfristig an Bedeutung verlieren. Später rücken der Verbrauch, die Wartungskosten und andere Aspekte in den Vordergrund. Dies sollte man von Anfang an bedenken.

Checkliste

Orientierungsfragen

Wenn Sie vor einer Entscheidung stehen, hilft es, sich folgende Fragen zu stellen:

  • Muss die Entscheidung jetzt getroffen werden?
  • Kann eine Teilentscheidung getroffen werden?
  • Liegen genügend Informationen zur Entscheidung vor?
  • Sind die Parameter in einer Matrix zusammengestellt?
  • Sind die Optionen bewertet worden?
  • Sind alle Folgen einer Entscheidung durchdacht?
  • Gibt es für die Entscheidung kompetente Befürworter?

Autor

Rolf Leicher ist Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und Referent, Heidelberg.

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