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Ein Duschbad auf 3 m²

Eine vierköpfige Familie wünschte sich eine Ausweichmöglichkeit, um den morgendlichen Stau im Bad zu umgehen. Die Kinder waren in das Alter gekommen, wo duschen und Styling vor der Schule angesagt ist, elterliches Über-die-Schulter-Schauen dagegen unerwünscht. Da es nur ein Familienbad und ansonsten nur ein Gäste-WC im Haus gab und weder ein Anbau möglich war, noch ein weiterer Raum zur Verfügung stand, musste für die vorhandene Fläche eine akzeptable Lösung gefunden werden. Leider konnte von den benachbarten, angrenzenden Räumen ebenfalls kein zusätzlicher Raum genutzt werden. Im Endeffekt hieß die Aufgabe: Das Gäste-WC in ein familientaugliches Kleinbad umbauen. Es galt, auf knapp 3 m² bei einem Raummaß von 1,30 m × 2,40 m das funktionelle Optimum herauszuholen.

Wenig Spielraum bei der Anordnung

Viele Möglichkeiten bei der Objektplatzierung blieben wirklich nicht. Der Duschbereich wanderte ans Ende des Raumes, davor wurde das WC platziert, im Eingangsbereich der Waschplatz. Alleine die Objekt- und Materialwahl sowie die Ausformulierung des Raumes ließ gestalterischen Freiraum zu. Ein vorhandener Schacht im Duschbereich wurde als Gestaltungselement aufgegriffen und durch zwei weitere ergänzt.

So ergibt sich eine symmetrische, harmonische Ansicht der Raumrückwand im Duschbereich. Ein weiterer Pfeiler grenzt den Duschbereich zum eigentlich Bad ab, dadurch wurde zum einen für die Duschglaswand ein sauberer Anschlusspunkt, zum anderen eine leicht verdeckte Nische für Duschutensilien geschaffen. Auch die Ablage aus satiniertem Glas, die sich über die gesamte Länge vom Waschbecken über das WC bis zur Dusche erstreckt, hat so einen massiven Abschluss erhalten.

Produktwahl der Raumgröße anpassen

Bei einer Raumbreite von nur 1,30 m blieb nicht viel Spielraum bei der Produktwahl. Das Dusch-Bad sollte ja als Ausweichmöglichkeit für die Familie zur Verfügung stehen und nicht bloß als Gäste-WC mit Gästedusche fungieren. Also musste ein Waschtisch ausgesucht werden, der nicht zu klein ausfiel, um bequemes Zähneputzen und Rasieren zu ermöglichen. Weiter musste Stauraum geschaffen werden, denn da das Bad ja gleichzeitig Gästetoilette war, sollte es aufgeräumt sein und sich nicht unbedingt als Familienbad präsentieren.

Wie im Grundriss erkennbar, lag das Problem nicht nur in der minimalen Raumbreite. Auch der nur 37 cm messende Wandstummel bis zur Tür musste optimal genutzt werden. Das Waschbecken durfte maximal 40 cm tief sein, um ein Öffnen der Tür gewährleisten zu können. Ein Aufschlagen der Tür nach außen in den Flur wurde wegen des stark frequentierten Küchenzugangs in diesem Bereich nicht gewünscht. Eingebaut wurde ein bodenstehendes Waschtischunterbaumöbel mit drei Schüben für maximalen Stauraum.

Im Anschluss folgt eine Toilette in runder Formensprache. Das bewirkt optisch mehr Zierlichkeit in dem kleinen Raum. Die Duschtür wurde als Pendeltür ausgeführt, sie kann zum Lüften in den Duschbereich aufstehen, abtropfendes Wasser bleibt also im Nassbereich. Zeitgleich wird der Bewegungsradius vor dem WC nicht minimiert.

Schlichte Materialität

Im Zuge des Gäste-WC-Umbaus wurde das ganze Erdgeschoss des Hauses renoviert und mit neuem Bodenbelag ausgestattet. Um eine Großzügigkeit und fließende Übergänge zu schaffen, wurde eine Fliese für alle Bereiche ausgesucht. Vorteil: Ein durchgehend verlegter Boden kommt dem kleinen Bad zugute, da es optisch keinen Bruch gibt und bei geöffneter Tür Bad und Flur sozusagen zu einem Raum verschmelzen.

Als warmer Grundton wurde eine Bodenfliese (60 × 60 cm) in Warmbeige mit leichter Betonstruktur gewählt (ausschlaggebend war der Wohn-/Essbereich). Die Fliese wurde auch an den Wänden verwendet, das erzeugt ein stimmiges Ton-in-Ton-Ambiente. Die über die gesamte Länge des Waschtisches und WC-Bereiches gestreckte Ablage aus satiniertem Glas und darüber eine komplette Spiegelfläche vergrößern den Raum optisch zusätzlich.

Abkofferung fürs Licht

Und wo bleibt das Licht? Da es sich hier um eine Betondecke handelte, konnte nachträglich nicht ohne Weiteres Licht eingebaut werden. Der ehemalige typische, mittige Lichtdeckenauslass entsprach nicht den gestalterischen Vorstellungen. Da als architektonisches Stilmittel die eingangs erwähnten drei Pfeiler gesetzt waren, wurden diese gestalterisch durch eine Abkofferung verbunden, in der Einbau-Downlights integriert werden konnten. Entsprechend ihrer ursprünglichen Funktion als Objektbeleuchtung strahlen sie die Wände an und sorgen so für angenehmes Licht und erzeugen lebendige Flächen.

Obwohl das Licht nur an zwei Wandseiten eingesetzt wurde, ist das Bad trotzdem genügend ausgeleuchtet. Der Hintergrund: Einbau-Downlights sollten nicht, wie allzu oft gesehen, in einem gleichmäßigen Raster über den Raum verteilt werden. Denn Ihr Licht ist punktuell gerichtet und eigentlich zum Anleuchten von Gegenständen und Objekten gedacht.

Weichen im Vorfeld richtig stellen

Oft ist bei kleinen Schlauchbädern die Möglichkeit der Objektanordnung durch die Raumabmessungen bereits vorgegeben. Millimetergenaues Planen und ein gutes Gespür für die richtige Objektwahl stellen in diesen Fällen die Weichen für eine gelungene Planung. Im Vordergrund steht außerdem die räumliche Ausgestaltung mit Materialien, Nischen und Licht. Dabei sollte nie vergessen werden, dass es sich zwar um einen Raum handelt, dieser aber im Bezug zum Umfeld (Nachbarräume) gestalterisch gesehen werden muss. Außerdem sollte der Geschmack des Bauherren mehr Gewicht haben als die Selbstverwirklichung des Planers an diesen reizvollen Aufgaben.

Tipp

Das leisten durchgehende Bodenbeläge

Raumübergreifend verlegte, gleiche Bodenbeläge lassen nicht nur Räume verschmelzen, sondern auch größer wirken. Bei offenstehenden Türen, aber auch beim Öffnen oder Schließen nimmt das menschliche Unterbewusstsein dies als fließenden Übergang wahr. Im Ladenbau wird das Phänomen genau umgekehrt eingesetzt, man spricht von Hemmschwellen aufbauen, um zum Beispiel nicht zahlungskräftige Kunden fernzuhalten. Dies wird erreicht, indem man Bodenbelagswechsel bewusst einsetzt. Der Umkehrschluss ist also, dass durchgehende Bodenbeläge „einladend“ sind.

Noch ein wesentlicher Aspekt spricht für raumübergreifende einheitliche Bodenbeläge: bei älteren Menschen lässt die Sehqualität und Motorik zunehmend nach, alleine verschiedenfarbige Bodenbeläge (auch wenn diese auf gleichem Niveau verlegt sind) senden an das Hirn ein Achtung-Signal. Die Folge ist, dass das Hirn einen Höhenunterschied signalisiert, der gar nicht vorhanden ist, und so die Motorik dementsprechend reagiert. Sprich: Ältere Menschen heben dann die Beine, als ob sie eine Stufe vor sich haben. Diese ist aber nicht vorhanden, sie treten unvermutet ins Leere – eine häufige Ursache für Stürze.

Nicht immer ist dem Planer das Glück beschieden, gleich das ganze Geschoss mit neuem Bodenbelag ausstatten zu dürfen. In diesem Fall empfiehlt sich gerade bei älteren Bauherren, den Bodenbelag in ähnlicher Farbe oder Materialität auszusuchen, entsprechend des angrenzenden Raumes.

SBZ-CHECKLISTE

Allgemeine Tipps für Schlauchbäder

  • Eventuell Waschtischanlage, Sitzbank oder Möbel quer in den Raum stellen
  • Große Spiegelflächen weiten optisch den Raum
  • Schmale Objekte und Möbel wählen – ausladende Waschbecken werden heutzutage selten benötigt, da hier in der Regel keine Ganzkörperpflege mehr stattfindet
  • Stand- und Bewegungsflächen vor den Objekten beachten – besonders bei zeitgleicher Nutzung durch mehrere Personen

Waschplatz mit Mehrfachfunktion

  • Bei einem Waschplatz mit Aufsatzbecken auf die Höhe der Platte achten, damit diese als Tisch oder Sitzgelegenheit fungieren kann
  • Bei Spiegeln darauf achten, dass eine sitzende Person sich noch anschauen kann – oder einen separaten Spiegel vorsehen
  • Zugänglichkeit von Schränken und Schüben beachten
  • An Steckdosen für Föhn etc. denken, dabei Rechts- oder Linkshänder berücksichtigen
  • Eventuell auf Vorwände verzichten und das Möbel für Zu- und Ableitungen benutzen

Fliesen und Co.

  • Bei schmalen Bädern beachten, dass die Wandflächen mehr beansprucht werden
  • Eventuell Wandflächen befliesen oder strapazierfähige Tapeten, Spachteltechniken oder Vertäfelungen auswählen
  • Farbe und/oder Muster frischen auf, sorgen für wohnliche Atmosphäre und wirken einem Schlachthauscharakter entgegen
  • Holz sorgt für natürlichen, wohnlichen Flair
  • Handtücher und Accessoires können leicht ausgetauscht werden und so immer wieder neue farbige Akzente setzen
„Raumübergreifend verlegte gleiche Bodenbeläge lassen nicht nur Räume verschmelzen, sondern auch größer wirken.“

Nicola Stammer

Licht planen

  • Indirektes Licht sorgt für angenehmes Wohlfühl-Licht
  • Licht auf Schränken, das die Decke anstrahlt, lässt Räume höher wirken
  • Unterleuchtete Möbel (Fächer, Tischplatten) erhellen den Boden gleichmäßig
  • Verschiedene Lichtquellen und Schaltkreise sorgen für das richtige Licht je nach Tageszeit oder Nutzerempfinden
  • Lichtquellen als Akzentlicht eingesetzt, steuern das Auge und lenken vom Schlauchcharakter ab
  • Wandleuchten geben wohnlichen Charakter

Info

Serie: Kleinbäder planen

Bei der Badmodernisierung stellen gerade Kleinbäder eine große Herausforderung dar. Unsere Bad-Expertin Nicola Stammer hat mit der dreiteiligen Serie in der SBZ gezeigt, wie Planer auch knifflige Fälle zu einem ansehnlichen Ergebnis bringen.

21/2016: Schlauchbäder

24/2016: Barrierefreier Badumbau

03/2017: Vom Gäste-WC zum Familienbad

Sie hat dazu auf reale Planungsbeispiele mit Vorzeigecharakter zurückgegriffen.

Autor

Nicola Stammer, Dipl. Ing. Innenarchitektur, übernimmt die Gestaltung von Hotels, Büros und Privathäusern. Ihr Repertoire reicht bis zum Ladenbau, aber Badplanung ist ihr eigentliches Steckenpferd. Schon zweimal konnte sie als Siegerin des SBZ-Bad-Kreativ-Wettbewerbs überzeugen. innenarchitektur@nico-stammer.de www.nico-stammer.de

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