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Bis zum bitteren Ende

Von meinen Kunden höre ich immer wieder: Ich kann nicht mehr; wofür mache ich das eigentlich; es dankt mir eh keiner; am liebsten würde ich alles hinschmeißen; ich will nur noch meine Ruhe. Wem es dauerhaft so geht, der hat ein ernstes Problem. Der findet ohne wirkliche Unterstützung und externe Hilfe hier nicht mehr aus dieser demotivierenden Abwärtsspirale raus. Der Tunnelblick lässt keine andere Möglichkeit mehr zu, als in Selbstmitleid zu versinken. Bis zum bitteren Ende. Aber: Erschöpfung ist doch keine unternehmerische Zielsetzung!

Wichtig ist es, schon die ersten Anzeichen dieser Entwicklung zu erkennen. Das sieht meistens so aus: Unternehmer klagen über eine chronische Erschöpfung. Sie können zuhause am Abend nicht mehr abschalten. Sie haben Konzentrationsschwierigkeiten, machen in Angeboten und bei Planungen Fehler, die ihm wiederum Ärger mit den Kunden und Mitarbeitern einbringen und letztlich Ertrag kosten.

Urlaub reicht nicht mehr aus

Unbedingt notwendige Phasen der Erholung und Regeneration – sei es Sport, Hobbys, Zeit mit der Familie und den Freunden – bleiben aus – der Unternehmer zieht sich immer mehr zurück. Urlaub wird viel zu wenig gemacht. Und wenn er doch endlich im Urlaub ist, dann reicht die Zeit nicht aus, um runterzukommen, um sich zu erholen. Im Gegenteil, der Urlaub wird sogar als belastend empfunden, da sich die Abwesenheit vom Betrieb nach der Rückkehr rächen wird – noch mehr Stress, noch mehr zu tun, so ist die enge Sichtweise.

Viele Chefs leiden dabei auch unter Schlafstörungen. Der Kopf hört nicht auf zu denken, sie wachen auf und können nicht mehr einschlafen. Dies zehrt irgendwann die letzten Kraftreserven auf. Die Gesundheit wird anfälliger, häufigere Erkältungen oder andere Infektionskrankheiten sind die Folge.

Auswirkungen auf die Firma

Darüber hinaus strahlen die Auswirkungen auch ins eigene Unternehmen hinein: Humor und Freude findet im Betrieb so gut wie nicht mehr statt. Der Chef redet mit seinen Mitarbeitern viel zu wenig. Man tauscht nur noch das Nötigste an Informationen aus, das reicht letztlich für ein fehlerloses und motiviertes Arbeiten nicht aus. Das zieht Konflikte und ungerechte, meist falsche Entscheidungen nach sich, man fährt leicht aus der Haut.

Gerüchte sind die Folge, es wird mehr übereinander als miteinander gesprochen, Arbeitsleistung und Motivation sinken gravierend, das Betriebsklima wird richtig schlecht. Die Mitarbeiter tragen sich mit Abwanderungsgedanken und stellen sich vermehrt die Fragen: Was ist denn mit unserem Chef los? Ist er krank? Gehen wir bald pleite? Müssen wir uns Sorgen um unseren Arbeitsplatz machen?

Es kann auch sein, dass die Angestellten das Verhalten ihres Chefs als Desinteresse und mangelnde Wertschätzung ihrer Arbeit und ihrer Person gegenüber auslegen – sie werden selbst frustriert. Es herrscht in der Folge ein zunehmend rauer Ton, mit blöden Bemerkungen nach innen und außen. Gerüchte machen die Runde, bei Kunden, beim Großhandel, bei Herstellern und bei der Bank. Das hat weitreichende Folgen, die dem Unternehmer noch mehr Kraft und Energie abverlangen und denen er nur noch schwerer begegnen kann.

Auswirkungen auf den Chef als Unternehmer

Der Unternehmer kapselt sich immer mehr ab. Er fühlt sich von den Mitarbeitern im Stich gelassen und verliert im Gegenzug mit der Zeit den Kontakt zu seinen Leuten. Denn diese gehen ihm, wenn nur irgendwie möglich, aus dem Weg. Sie erledigen Dienst nach Vorschrift, die Verhaltensweise bringt den Unternehmer nur noch mehr auf die Palme. Ein Teufelskreis! Denn der Unternehmer kümmert sich eh schon um viel zu viel, um nahezu alles – trotzdem oder gerade deswegen bleibt das Gefühl, dass es sonst nicht mehr klappt. Aber es läuft trotz dieses hohen und ungesunden Einsatzes nicht wirklich.

Letztlich steht die Firma an sich auf dem Spiel: Der Unternehmer findet keine Zeit und Kraft mehr, sich um seine ureigenste Aufgabe Gedanken zu machen, nämlich um das Geschäft von morgen. Alles bleibt auf der Strecke: Strategien für die Zukunft zu entwickeln und unverzichtbare Netzwerkarbeit zu leisten. Die zunehmende Isolierung, die mangelnde positive Wirkung nach innen und außen führt zu ertragstechnisch schlechten Aufträgen – der Ruf des Unternehmens leidet, was letztlich schwerwiegende Folgen im Hinblick auf die Gewinnung neuer Mitarbeiter und Kunden hat.

Auswirkungen auf den Chef als Privatmensch

Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn die Ehefrau nur noch Mitleid mit ihrem Mann hat – oder umgekehrt, je nachdem, wer Chef bzw. Chefin ist. Er verliert jegliche Attraktivität gegenüber seinem Partner. Es werden zuhause nur noch betriebliche und finanzielle Themen besprochen. Die Probleme strahlen ohne Unterlass ins Privatleben. Schlimmstenfalls wird zuhause gar nicht mehr miteinander gesprochen, da man sich so gut wie überhaupt nicht mehr sieht. Die Kinder verlieren die Beziehung zu ihrem Vater / ihrer Mutter, was sich letztlich in Umgang und Ton niederschlägt.

Ich habe schon oft erlebt, dass die Ehepartner der Unternehmer sich nach Jahren der Missverständnisse, der Isolation und partnerschaftlichen Entfremdung neu orientieren und sich in eine neue Partnerschaft flüchten. Scheidung, Trennung von den Kindern sind leider sehr oft die Folge für den Unternehmer. Hat der zu allem Überfluss keinen oder einen inhaltlich unwirksamen Ehevertrag geschlossen, ist die Folge im Falle einer Scheidung, dass er nahezu alles verliert. Obwohl er doch immer, an sieben Tagen in der Woche, nahezu rund um die Uhr, geschuftet hat. Ein Schuldenberg, seelische und körperliche Erkrankungen und die Flucht in Suchtmittel wie z. B. Alkohol drohen.

Frühzeitig gegensteuern

Wie verhindert man, dass es so weit kommt? Durch die Daueranspannung, durch externen und selbst verursachten Druck verliert der Unternehmer bereits nach ca. zwei Monaten die Fähigkeit, zu entspannen. Im Dauerstress wird die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur inneren Distanzierung geschwächt. Er stürzt sich in die Probleme, wird von ihnen gefangen und entfernt sich fatalerweise immer weiter von einer fruchtbaren Lösung. Wenn freie Tage und Urlaube nicht mehr ausreichen, um sich aus dem Gefühl der permanenten Kraftlosigkeit zu befreien, dann sollte man aufmerksam werden. Sozialer Rückzug, Schlaf- und Kraftlosigkeit, erhöhte Reizbarkeit oder chronische Schmerzen unklarer Herkunft sind weitere Warnsignale. Dann ist es Zeit zum Handeln. Ich empfehle jedem Unternehmer folgende Verhaltensweisen:

  • Üben Sie Achtsamkeit – um das Gefühl für die Gegenwart wieder zu erlangen.
  • Üben Sie, nein zu sagen – warum sagen Sie nicht öfter mal nein? Abgrenzung ist wichtig. Sie können nicht alle Probleme lösen. Setzen Sie Prioritäten.
  • Eins nach dem anderen – wer immer Ihnen eingeredet hat, man könne mehrere Dinge gleichzeitig tun: So funktioniert der Mensch nicht. Wer glaubt, Multitasking zu beherrschen, arbeitet tatsächlich nur blitzschnell mehrere Dinge hintereinander ab. Das ermüdet unheimlich.
  • Schaffen Sie Abstand – erhalten Sie Ihre Kraftreserven. Abstand können Sie auf vielfältige Weise erreichen: Sport, Spaziergänge, eine Nacht darüber schlafen.
  • Schaffen Sie „heilige Termine“ – richten Sie sich fixe Termine ein. Mit sich selbst und mit Menschen, die Ihnen wichtig sind (Frau, Kinder, Freunde). Diese Termine werden nie verschoben.
  • Weg mit alten Chef-Gewohnheiten – wieso müssen Sie jederzeit per Smartphone Mails checken?
  • Machen Sie öfter eine Pause – das hilft die Gedanken zu sortieren und gibt etwas Abstand.
  • Sammeln Sie schöne Erlebnisse – das Gehirn neigt dazu, das Schöne zu vergessen und den Ärger zu speichern. Umso wichtiger ist es, jeden Tag ein bis zwei schöne Momente bewusst zu erleben.

Dadurch wird eine Reduzierung der Überlastung erreicht – Schritt für Schritt. Der Erfolg, der durch die Veränderungen eintritt, setzt eine nicht zu unterschätzende Energie frei. Diese Erfolgserlebnisse auf dem ganzen gemeinsamen Weg der Veränderung werden positive Spuren im Unternehmer hinterlassen. Endlich den Knoten durchschlagen und den Teufelskreis verlassen zu können, eine neue Aufbruchstimmung im Unternehmen und bei den Mitarbeitern zu erreichen und es wieder zu lernen, sich mehr auf sich selbst und die Familie zu konzentrieren, das sind Energiefaktoren, die der früheren Überlastung deutlich entgegenwirken.

TIPP

Das sollte ein externer Berater leisten

Was passiert, wenn die eigenen Kräfte nicht ausreichen, um einem Burnout wirksam zu begegnen? Eine externe Unterstützung erstellt dann eine sorgfältige und detaillierte Ist-Analyse vom Zustand des Betroffenen und seines Unternehmens. Das ist der erste wichtige Schritt, um Klarheit über das weitere Vorgehen zu erlangen. Diese Analyse sollte beinhalten:

  • den Unternehmer selbst, seine Verhaltens- und Arbeitsweise
  • seinen (Ehe-)Partner, dessen Rolle und Vorstellungen
  • jeden einzelnen Mitarbeiter, seine Stärken und Talente, was er im Betrieb für gut und für veränderungswürdig hält und warum er in dieser Firma arbeitet und nicht woanders
  • die betriebswirtschaftlichen Fakten
  • die Arbeitsabläufe und Schnittstellen
  • die Organisationsstruktur
  • Regeln und Vorgaben
  • die Geschäftspartnerstruktur, Kunden, Banken, Lieferanten
  • das Kommunikationsverhalten nach innen und außen

Diese Ist-Analyse zeigt dem Unternehmer detailliert auf, was mit ihm, seinen Mitarbeitern, seinen Geschäftspartnern usw. los ist. Er erhält ein realistisches Bild:

  • von seiner Firma, von sich und von seinem Verhalten
  • von jedem einzelnen Mitarbeiter
  • von der Rolle der Familie und der Wechselwirkungen mit dem Betrieb
  • von den Abhängigkeiten der Geschäftspartner und deren Wechselwirkungen
  • von der betriebswirtschaftlichen Situation
  • und von den betrieblichen Prozessen, deren Notwendigkeiten und deren Schnittstellenproblematik

Problemfelder werden aufgezeigt und Lösungswege in einem Konzept mit genauen Umsetzungsschritten vorgeschlagen. Bestenfalls unterstützt der Berater den Unternehmer bei der Umsetzung der einzelnen Schritte in der Praxis, quasi als Co-Pilot. Das erhöht die Chancen auf eine erfolgreiche Umsetzung und vermittelt das Know-how und die unternehmerische Konsequenz für die Zukunft.

Info

SBZ-Serie Unternehmensführung

Dieser Beitrag ist Teil einer SBZ-Serie über verschiedene Bereiche der Unternehmensführung. Unser Autor Hermann-Josef Kreitmeir schreibt über die Themen:

  • Bis zum bitteren Ende: Burnout vermeiden
  • Hart, aber fair: Unproduktive Mitarbeiter erkennen und austauschen
  • Bitte versteh mich doch! Wie Chef und Mitarbeiter miteinander reden sollten.

Autor

Hermann-Josef Kreitmeir gründete 2008 sein eigenes Beratungs-Unternehmen „Kreitmeir & Partner“. Er arbeitet schwerpunktmäßig als Berater und Coach für Unternehmer und Unternehmensleitungen des Mittelstandes. Das Aufgabenspektrum beinhaltet die Umsetzung und Begleitung umfangreicher und komplexer Veränderungsprozesse, die Nachfolgeplanung, Betriebsübergabe und die Begleitung der Umsetzung nach innen und außen.

(0172) 8 47 37 33 hjkreitmeir@kreitmeir-partner.de www.kreitmeir-partner.de