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Klein, aber familientauglich

Ein typisches Schlauchbad mit nur rund 4 m2 Fläche in einer Etagenwohnung mitten in Köln sollte wohnlich und vor allem familientauglich werden. Gerade in Bestandsbauten finden wir diese typischen Schlauchbäder, die eine Herausforderung für den Planer darstellen. Denn die Bedürfnisse und Ansprüche heutiger Nutzer in Bezug auf ihr Bad sind gestiegen. Im Durchschnitt duscht jeder Bürger mindestens einmal am Tag, ob morgens zum Vitalisieren oder abends zum Entspannen nach der Arbeit oder dem Sport.

So steht meist eine großzügige Dusche ganz oben auf der Bauherrenwunschliste. Dazu kommt: Die Palette an Hygieneartikeln und Pflegeprodukten ist rasant gewachsen, so muss immer mehr Stauraum am Duschplatz eingeplant werden – bei kleinen Familienbädern oft nicht einfach. Das Ganze soll zudem verpackt sein in ein wohnliches Ambiente und dennoch funktional und pflegeleicht. Was also ist aus Planersicht zu tun?

Kundenwünsche analysieren und Prioritäten festlegen

Der erste Schritt: Gerade bei komplizierten Grundrissen ist eine Analyse der Kundenwünsche ausschlaggebend für ein gelungenes Ergebnis und zufriedene Auftraggeber. Denn oft ist der Wunschzettel lang und nicht in allen Punkten umzusetzen. Daher sollte eine Prioritätenliste erarbeitet werden. In dem hier näher betrachteten Beispiel sollte das Bad für eine dreiköpfige Familie tauglich sein. Das bedeutet: Die Möglichkeit einer zeitgleichen Benutzung durch die Familienmitglieder war gewünscht, da der Sohnemann im Kindergartenalter ist und beide Elternteile berufstätig sind und morgens alle zur gleichen Zeit das Haus verlassen.

Meist ist bei kleinen Bädern die alles entscheidende Frage: Wanne oder Dusche?, denn beides findet selten zusammen Platz. Das ist oft eine schwierige Entscheidung, wenn noch Kleinkinder das Bad mitbenutzen.

Bestand erfassen und Nutzungsverhalten berücksichtigen

Im vorliegenden Fall wurde eine Dusche eingeplant. In dem vorhandenen Bad mit nur 1,54 m Breite und 2,75 m Tiefe musste bei der Auswahl der Objekte getüftelt werden – denn auch für mehr als eine Person im Bad sollte genügend Bewegungsraum zur Verfügung stehen. Desweiteren konnten die Abflussleitungen in ihrer Lage nicht großartig verändert werden, da das Bad in der Etage darunter ja nicht angefasst werden sollte.

Der Bestand vor dem Umbau zeigte eine typische Standardanordnung der Objekte. Von Komfort keine Spur: Die Badewanne quer vorm Fenster war mit 1,50 m Länge wohl eher als Sitzbadewanne zu verstehen, das Fenster zum Lüften war nur schwer erreichbar. Bewegungsfläche beziehungsweise Standfläche war kaum vorhanden: Der Bereich vor dem Waschbecken war gleichzeitig die Austrittfläche für die Wanne, eine zeitgleiche Nutzung des Bades durch mehrere Personen war also sehr eingeschränkt.

Alte Planungsmuster durchbrechen

Dieses Muster wurde durch die neue Planung beispielhaft aufgebrochen. Eine der bestimmenden Fragen dazu lautet: Warum muss immer alles an der Wand entlang aufgereiht werden? Es geht auch anders. Das entscheidende Element ist hier der Waschtisch: Durch einfaches Querstellen in den Raum ist der Waschplatz eine Abtrennung zum Duschbereich und er wirkt als Blickfang gleichzeitig dem Schlauchcharakter entgegen. Dazu findet eine Zonierung des Raumes in Trocken- und Nassbereich beziehungsweise Schuh- und Barfußbereich statt.

Der Duschbereich, aus technischen Gründen auf einem Podest, erhält eine eigene Austrittfläche, in der auch die Badehandtücher griffbereit und vorgewärmt auf einem Handtuchheizkörper parat hängen. Durch diese Raumgliederung bleibt auch das Fenster gut zugänglich. Duschtasse und Duschabtrennung schließen mit der Waschtischbank ab. Die Glasduschabtrennung wird im unteren Bereich zur Waschtischbank hin rückseitig satiniert, sodass man nicht von der Dusche aus gegen die Waschtischbankrückseite schaut, eventuell anfallender Staub bleibt unsichtbar.

Das Waschtischmöbel nimmt die Zu- und Abflussleitungen auf, eine platzraubende Vorwand konnte so entfallen. Ein beleuchtetes Fach und das Aufsatzbecken lassen das Ganze nicht wuchtig wirken und so bietet das Möbel neben Abstellfläche auch noch Platz als Notsitz. Seitlich angegliedert ist eine Spiegelschrankwand (Abmessungen: H 215 cm, L 140 cm, T 20 cm), die genügend Stauraum für diverse Hygieneartikel und Kosmetika für drei Personen bietet. Durch die große Spiegelfläche wirkt der Raum zudem optisch breiter. Eine Lichtband auf dem Spiegelschrank sorgt für angenehmes, indirektes Licht, der Raum wirkt höher.

Materialien und Farben mit der Raumgeometrie abstimmen

Anhand der Auswahl von Materialien und Farben zeigt das Beispielbad weitere Möglichkeiten, den Schlauchcharakter zu entzerren. Das Mobiliar wurde in Eiche gewählt, als Grundton eine Bodenfliese 30 × 60 cm in Warmgrau mit farblich passender Duschtasse dazu. Da in kleinen, schmalen Räumen mit einer Beeinträchtigung der Wandflächen zu rechnen ist, war eine Befliesung der noch freien Wandflächen auch außerhalb des Duschbereiches ratsam. So wurde eine Fliese mit floralem Struktur-Muster ausgesucht, sie wirkt wie eine Wohnraumtapete. Ihr hellblauer Grundton bringt Farbe in den Raum und die mattweiße Ornamentik harmoniert mit den Sanitärobjekten. Gleichzeitig schafft sie eine gewisse Spannung durch ihre Verspieltheit zu der puristischen, gradlinigen Waschtischanlage.

Damit die Farbgestaltung trotz beengter Raummaße ausgewogen bleibt und nicht erschlägt, wurden der Nassbereich und die WC-Rückwand schlicht in Weiß gefliest. Zwei kleine vertikal laufende Streifen in der Dusche lockern das Erscheinungsbild zusätzlich auf. Da alle Fliesen aus einer Serie stammen, sind Formate und Farben perfekt aufeinander abgestimmt.

Licht und Leuchten unbedingt frühzeitig einplanen

Ein weiterer, wichtiger Hebel, um in einem schlauchähnlichen Grundriss ein außergewöhnliches Bad zu verwirklichen, ist das Thema Licht und Leuchten. Dafür entscheidend ist die passende Kombination diverser unterschiedlicher Lichtquellen. Der Spiegelschrank im angesprochenen Beispiel ist mit einer Lichtleiste auf dem Schrank ausgestattet, er strahlt so indirekt die Decke an. Das lässt den Raum höher wirken und sorgt für ein angenehmes, gleichmäßiges und blendfreies Licht. Dazu wurde ein integriertes Licht in der Waschtischbank geplant, es leuchtet das Fach aus und erhellt den Bodenbereich.

Zusätzlich wurde je ein Aufbau-Downlight direkt über der Waschsäule sowie über der WC-Ablage platziert, für dunkle Tage oder abends und als Putzlicht. Eine integrierte Heizkörperwandleuchte erhellt den Duschbereich und setzt einen wohnlichen Akzent. Mittels verschiedener Schaltungen kann der Raum in verschiedene Licht-Inszenierungen getaucht oder gleichmäßig beleuchtet werden, je nach gewünschter Nutzung.

Kreativität auf engstem Raum entfalten

Schlauchbäder bedeuten nicht, das zwingend nur eine lieblose Aneinanderreihung der Objekte an der Wand möglich wäre. Ist der Raum breit genug, bietet sich auch mal das Querstellen von Objekten an. Ob wie im Beispiel mit einem maßlich angepassten Herstellerobjekt (das leider nicht mehr auf dem Markt ist) oder durch Eigenentwürfe und Tischleranfertigungen – der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. 08/15-Planungen kann jeder entwerfen, aber die Kunst ist, auch auf kleinem Raum zufriedene, ja sogar begeisterte Kunden zu gewinnen. Sie sind die schönste Belohnung und beste Werbung für jeden ambitionierten Badplaner.

Tipp

Licht planen

Zum Thema Licht und Leuchten bietet die Internetseite der SBZ unter www.sbz-online.de eine ausführliche Zusammenstellung wichtiger Artikel und Planungstipps. Das Dossier greift alle aktuellen Artikel zu dem Thema auf.

SBZ-Checkliste

Tipps für Schlauchbäder

  • Eventuell Waschtischanlage, Sitzbank oder Möbel quer in den Raum stellen
  • Große Spiegelflächen weiten optisch den Raum
  • Schmale Objekte und Möbel wählen – ausladende Waschbecken werden heutzutage selten benötigt, da hier in der Regel keine Ganzkörperpflege mehr stattfindet
  • Stand- und Bewegungsflächen vor den Objekten beachten – besonders, wenn mehrere Personen das Bad gleichzeitig benutzen (Überschneidung)

Fliesen und Co.

  • Bei schmalen Bädern beachten, dass die Wandflächen mehr beansprucht werden
  • Eventuell Wandflächen fliesen, strapazierfähige Tapeten, Spachteltechniken oder Vertäfelungen auswählen
  • Farbe und / oder Muster frischen auf, sorgen für wohnliche Atmosphäre und wirken einem Schlachthauscharakter entgegen
  • Holz sorgt für natürliches, wohnliches Flair
  • Handtücher und Accessoires können leicht ausgetauscht werden und so immer wieder neue farbige Akzente setzen

Waschplatz mit mehr Funktion

  • Bei einem Waschplatz mit Aufsatzbecken auf die Höhe der Platte achten, damit diese als Tisch oder Sitzgelegenheit fungieren kann
  • Bei Spiegeln darauf achten, dass eine sitzende Person sich noch anschauen kann – oder einen separaten Spiegel vorsehen
  • Zugänglichkeit von Schränken und Schüben beachten
  • An Steckdosen für Föhn etc. denken, dabei Rechts- oder Linkshänder berücksichtigen
  • Auf Vorwände verzichten und das Möbel für Zu- und Ableitungen benutzen
„Ist der Raum breit genug, bietet sich auch mal das Querstellen von Objekten an.“

Nicola Stammer

Licht, das i-Tüpfelchen

  • Indirektes Licht sorgt für angenehme Wohlfühl-Beleuchtung:
    • Licht auf Schränken, das die Decke anstrahlt, lässt Räume höher wirken
    • Unterleuchtete Möbel (Fächer, Tischplatten) erhellen den Boden gleichmäßig
    • Wandleuchten geben wohnlichen Charakter
  • Verschiedene Lichtquellen und Schaltkreise sorgen für das richtige Licht je nach Tageszeit oder Nutzerempfinden
  • Lichtquellen als Akzentlicht eigesetzt steuern das Auge und lenken vom Schlauchcharakter ab

Info

Serie: Kleinbäder planen

Bei der Badmodernisierung stellen gerade Kleinbäder eine große Herausforderung dar. Unsere Bad-Expertin Nicola Stammer zeigt in dieser und in den kommenden SBZ-Ausgaben mit dem Schwerpunkt Badwelt, wie Planer auch kniffelige Fälle zu einem ansehnlichen Ergebnis bringen.

21/2016: Schlauchbäder

24/2016: Vom Gäste-WC zum Familienbad

03/2017: Barrierefreier Badumbau

Sie greift dazu auf reale Planungsbeispiele mit Vorzeigecharakter zurück.

Autor

Nicola Stammer (Dipl. Ing. Innenarchitektur) übernimmt die Gestaltung von Hotels, Büros und Privathäusern. Ihr Repertoire reicht bis hin zum Ladenbau, aber Badplanung ist ihr eigentliches Steckenpferd. Schon zweimal konnte sie als Siegerin des SBZ-Bad-Kreativ-Wettbewerbs überzeugen.

innenarchitektur@nico-stammer.de

www.nico-stammer.de

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