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Grauwassernutzung im Wohnungsbau

Eine Grauwasseraufbereitungsanlage besteht je nach Aufbereitungsleistung aus zwei bis drei Behältern mit entsprechendem Volumen. Bevor allerdings Betriebswasser aus dem Klarwasserbehälter der Aufbereitungsanlage genutzt werden kann, muss das anfallende Grauwasser erst zwei Reinigungsstufen durchlaufen. Bei der Installation der Anlage ist zu beachten, dass eine direkte Verbindung zwischen Trinkwasser- und Betriebswassernetz nach DIN EN 1717 nicht zulässig ist. Wer Trinkwasser nachspeisen will, muss hierfür vollautomatische Trinkwassernachspeisungen einsetzen. Eine optional erhältliche Trinkwassernachspeisung ist ebenso aus der Regenwassernutzung bekannt wie die Bereitstellung des Klarwassers über einen Betriebswasserverteiler. Ferner muss jede Grauwasseraufbereitungsanlage mit einem Notüberlauf ausgestattet werden, der entweder in den Kanal abgeführt oder einer Versickerungsanlage zugeführt wird. Die Behälter der Anlage werden als zusammengefügte Batterie entweder im Kellergeschoss eines Wohngebäudes oder außerhalb im Erdreich installiert. Bild 1 zeigt beispielhaft eine Grauwasseraufbereitungsanlage für den gebäudenahen Erdeinbau. In dieser Anlage werden die beiden Reinigungsstufen in einem Behälter durchlaufen. Somit sind mit dem Klarwasserbehälter nur zwei Kammern notwendig. Auch für die Innenaufstellung (für kleine bis mittlere Wohnhäuser) setzt sich diese Anwendungsform (nur zwei Kammern) zunehmend durch.

Die einzelnen Reinigungsstufen

Die Reinigungsstufen bilden das Kernstück der Grauwasseraufbereitungsanlage (Bild 2). Zunächst wird das gesammelte Grauwasser mittels einer Belüftung aerob-biologisch aufbereitet. Durch einen Luftsprudler wird in das Grauwasser im Sammelbehälter Sauerstoff eingebracht, um die biologische Reinigungsstufe einzuleiten. Mikroorganismen bauen die biologischen Inhaltsstoffe ab, die sich auf dem Boden des Behälters absetzen. Nach der biologischen (organischen) Reinigungsstufe folgt die physikalische (mechanische) Reinigungsstufe. Das mikrobiologisch aufbereitete Wasser wird durch eine Ultrafiltrationsmembran mit einer Porengröße von 0,05 µm zu Klarwasser gereinigt, welches sodann als Betriebswasser bereitsteht (Bild 3). Schmutzstoffe, Viren und Bakterien werden zu 99,9 % zurückgehalten. Das gereinigte Betriebswasser wird in den Klarwasserbehälter gepumpt und dort bis zur Verwendung z. B. als Betriebswasser zwischengespeichert.

Die Reinigung der Filtermembran ist die zentrale Wartungsleistung, welche in zeitlichen Abständen je nach Belastungsgehalt, bzw. Verschmutzungsgrad zu leisten ist. In der Regel erfolgt dies über den Werkskundendienst des Herstellers oder ein zertifiziertes Service-Unternehmen. Die Reinigung kann vor Ort nicht durchgeführt werden, da hierfür Laborbedingungen notwendig sind. Aus diesem Grund wird der verschmutzte Membranfilter gegen einen gereinigten Membranfilter vor Ort ausgetauscht.

Schnittstelle Klarwasserbehälter

Der Klarwasserbehälter einer Grauwasserreinigungsanlage ist eine entscheidende und zentrale Schnittstelle für die Wasserbilanz eines Gebäudes. Denn betrachtet man die unterschiedlichen Lebensgewohnheiten von Menschen in Wohngebäuden und die daraus resultierenden Nutzungsprofile, kann man von einer Mindest-Grauwasserlast von etwa 40 l pro Person und Tag ausgehen. Damit stehen annähernd 15 000 l pro Person und Jahr zu Buche, welche für die Körperreinigung des Menschen benötigt werden. Selbstverantwortlich wird dieses Wasser dezentral gereinigt und steht somit einer weiteren Verwendung im oder am Gebäude zur Verfügung. Die aufwendige und in vielen Bereichen fragwürdige Infrastruktur des öffentlichen Kanalnetzes wird auf diese Weise maßgeblich entlastet. Die dezentrale Bereitstellung von Klarwasser aus Grauwasser bildet also die Grundlage zur weiteren, dezentralen Verwendung des gereinigten Grauwassers. Naheliegend ist dabei primär die interne Nutzung (Verwendung) im Gebäude als Betriebswasser, um bereits einmal gebrauchtes Wasser einem zweiten Gebrauch zuzuführen, was sich entsprechend in der internen Wasserbilanz abbilden wird.

Ein weiteres Nutzungspotenzial befindet sich sekundär außerhalb des Gebäudes in dessen unmittelbarer Umgebung (Umraum / Baugrund), dessen Nutzen sich so in der externen Wasserbilanz eines Gebäudes betrachten lässt und über das Gebäude hinaus wirkt. Es handelt sich dabei um die unmittelbare und direkte externe Rückführung von gereinigtem Grauwasser (Klarwasser) in den natürlichen Wasserkreislauf, außerhalb des Gebäudes.

Nutzung als Betriebswasser innerhalb des Gebäudes

Betriebswasser kann in Haushalt und Gewerbe überall dort zur Anwendung kommen, wo keine Trinkwasserqualität (für den menschlichen Gebrauch) notwendig ist. Das umfassendste Nutzungspotenzial von Betriebswasser obliegt im Wohnungsbau den Toilettenspülungen. Die generieren daraus Schwarzwasser, welches einen ungleich höheren Anteil an Stickstoff und Phosphor nebst fäkalen Schwebstoffen sowie Toilettenpapier mit sich führt und einer entsprechenden Klärung bedarf. Weitere Nutzungspotenziale für Betriebswasser sind: Reinigungswasser, Heizungswasser und Brauchwasser im Haushalt.

Voraussetzung für eine Betriebswasserversorgung ist ein separates Leitungsnetz, welches als solches deutlich gekennzeichnet ist und dessen Grundlage der Betriebswasserverteiler bildet. Dieser ist mit einer vorgeschalteten Druckerhöhungsanlage (als Bestandteil der Grauwasserreinigungsanlage) kombiniert, welche das Klarwasser aus dem Klarwasserbehälter (Klarwasser-Reservoir) auf den jeweiligen Anlagendruck des Betriebswassernetzes erhöht. Eine Betriebswasser-Zähleinheit muss entweder vor dem Betriebswasserverteiler oder in jedem einzelnen absperrbaren Abgang vom Betriebswasserverteiler integriert werden, um die Gesamtmenge des verteilten bzw. genutzten Betriebswassers zu erfassen. Die strikte Trennung von Trink- und Nicht-Trinkwasser ist durch Kennzeichnung zu dokumentieren!

Neben der Toilettenspülung kann Betriebswasser auch für Textil-Waschmaschinen sowie für Reinigungszwecke im Haushalt verwendet werden. Indirekte Verwendung kann Betriebswasser vor allem auch als Heizungswasser erhalten. Die entsprechenden Mengen sind im Rahmen eines Nutzungsprofils zu erstellen, wie beispielhaft im Ausschnitt der Wasserbilanz zu erkennen ist (Bild 4). Die dargestellte Trinkwassermenge bedeutet jenes Trinkwasser, welches in den Badezimmern oder Duschbädern als Grauwasser anfällt. Dies sind im Mittel etwa 13 800 l Trinkwasser pro Person und Jahr.

Rückführung als Klarwasser außerhalb des Gebäudes

Sowohl bei interner Nutzung als Betriebswasser innerhalb des Gebäudes wie auch bei der externen Rückführung als Klarwasser außerhalb des Gebäudes handelt es sich nicht um ein Entweder-oder in der weiteren Verwendung, sondern um die Potenziale beider Möglichkeiten, die einander keineswegs ausschließen. Schließlich handelt es sich um Klarwasser. Selbst wenn die interne Nutzung als Betriebswasser die erste Priorität besitzt, wird in der Regel genügend Klarwasser (Grauwasserüberschuss) vorhanden sein, sodass man entscheiden muss: Wohin damit? Diese Frage sollte man keinesfalls voreilig verdrängen.

Das überschüssige Klarwasser muss mitnichten in den anliegenden Kanal geführt werden. Dieser Aufwand lässt sich deutlich reduzieren und darüber hinaus noch ein Mehrwert für den Umraum generieren. Zielführender ist es, dieses Klarwasser außerhalb des Gebäudes direkt dem natürlichen Wasserkreislauf wieder zuzuführen. Dieser Kreis kann auf verschiedene Arten geschlossen werden. Die einfachste Möglichkeit ist die einer Versickerung in den Untergrund. Dies kann über die bekannten Versickerungseinrichtungen unterhalb der Bodenfrostgrenze geschehen oder über Verdunstung an den Umraum als Element einer Freiflächengestaltung als Feuchtbiotop (Mulde) oder Wasserlandschaft (Sickerteich).

Bewässerung von klimaaktiven Vegetationsflächen im Umraum

Eine Bauwerksbegrünung könnte mit überschüssigem Betriebswasser (Klarwasser) zielorientiert konstant versorgt werden, da dieser Überschuss in regelmäßigen, nahezu täglichen Intervallen stattfindet. Das Bewässerungssystem ist somit unabhängig von Niederschlagsereignissen. Lediglich ein weiterer Abgang am Betriebswasserverteiler ist notwendig, um daraus ein Bewässerungssystem bedarfsorientiert zu speisen (Bild 5). Es können Bewässerungsdefizite durch ausbleibenden Niederschlag ausgeglichen werden, aber es kann auch kontrolliert eine tägliche Überschussmenge an den Wurzelraum der Fassadenbegrünung, zu anderweitigen Pflanzbeeten oder einer Versickerung im Untergrund geführt werden. Auf diese Weise reduziert sich der Pflegeaufwand und es kann der Pflanzboden entsprechend der jeweiligen Bepflanzung mit Wasser konditioniert werden. Was nicht von den Pflanzen aufgenommen wird, versickert in den Untergrund. Ebenso kann die externe Klarwasserwirtschaft mit der Regenwasserbewirtschaftung kombiniert werden.

Ein dezentraler Gartenbau könnte durch die regelmäßige Verfügbarkeit von Klarwasser dahingehend optimiert werden, dass sowohl Ernteerträge als auch Sortenauswahl und Fruchtfolgen davon effizient profitieren. Der Grauwasserüberschuss steigt proportional zur Anzahl der Wohneinheiten und der daraus resultierenden Anzahl von Bewohnern. Durch die engen Zeitfrequenzen von Angebot und Bedarf ergeben sich die Überschüsse zwar in überschaubaren Einheiten, aber dafür regelmäßig, täglich. Es können also bei einer Rückführung von Klarwasser in den Umraum sowohl der dezentrale Garten- oder Landschaftsbau, die Bauwerksbegrünung als auch der natürliche Wasserhaushalt des Bodens profitieren. In der Symbiose dieser Möglichkeiten ergeben sich nicht nur neue Perspektiven der dezentralen Nahrungsmittelversorgung, sondern weitere Positiv-Effekte für das Mikro- und Mesoklima sowie den Klimaschutz.

Fazit

Allein zur Nutzung als Betriebswasser sollte gereinigtes Grauwasser in Wohngebäuden bald zum Stand der Technik werden, um den natürlichen Wasserkreislauf nicht nur zu schonen, sondern zu stabilisieren (Klimaschutz). In jedem Fall sollte aber schon bei der Installation eine Aufteilung in Grauwasser- und Schwarzwasser-Entwässerungsleitungen vorgenommen werden. Die gebäudezentrale Mehrfachnutzung von qualitativ hochwertigem Trinkwasser und die direkte, dezentrale Rückführung von überschüssigem Klarwasser in den natürlichen Wasserkreislauf müssen zu einer Selbstverständlichkeit werden. Daraus ergeben sich mannigfach wirksame Potenziale für die Eeffizienz von Gebäuden im Umgang mit der Ressource Wasser, nicht nur zugunsten vereinbarter Klimaschutzziele, sondern auch des SHK-Handwerks.

In der SBZ-Ausgabe 08/2016 wird im vierten Teil der Artikelserie das Thema Bewirtschaftung von Niederschlagswasser behandelt.

Info

SBZ-Artikelserie zum dezentralen Wassermanagement

Teil 1: Nachhaltige Wasserkonzepte SBZ 05/16

Teil 2: Schmutzwasser im Wohngebäude SBZ 06/16

Teil 3: Grauwassernutzung im Wohnungsbau SBZ 07/16

Teil 4: Bewirtschaftung von Niederschlagswasser

Teil 5: Wasser als regenerativer Energieträger

Teil 6: Passive Flächenkühlung mit Regenwasser

Teil 7: Nachhaltige Badsanierung – Chance für die Grauwassernutzung

Teil 8: Wärmerückgewinnung aus Grauwasser

Autor

Frank Hartmann ist Gas-Wasser-Installateur, Heizungs- und Lüftungsbauer, Elektroinstallateur und Energietechniker. Er ist zudem Gründer vom Forum Wohnenergie für energieeffizientes Bauen und Renovieren, 97509 Zeilitzheim, Telefon (0 93 81) 71 68 31, hartmann@forum-wohnenergie.de