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Fachgerechter Umgang mit Verwendbarkeitsnachweisen

Beim Brandschutz geht es um Leben und Tod. Und nicht zuletzt um hohe Schadensummen, die oft genug die Betroffenen in den finanziellen Ruin stürzen. In der Folge kann das möglicherweise auch den zuständigen Fachplaner oder das ausführende Fachhandwerksunternehmen treffen, wenn im Nachhinein unzulässige Installationen als Ursache festgestellt werden. Daher ist der sichere Einsatz und die korrekte Verwendung der Bauprodukte und Bauarten, die dem Brandschutz dienen, für alle am Bau Beteiligten von entscheidender Bedeutung. Schließlich stellt schon § 3 der Musterbauordnung (MBO) unter der Überschrift „Allgemeine Anforderungen“ klar:

  • (1) Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden.
  • (2) Bauprodukte und Bauarten dürfen nur verwendet werden, wenn bei ihrer Verwendung die baulichen Anlagen bei ordnungsgemäßer Instandhaltung während einer dem Zweck entsprechenden angemessenen Zeitdauer die Anforderungen dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erfüllen und gebrauchstauglich sind.

Das ist umfassend formuliert und prinzipiell eindeutig. Doch spätestens beim Bezug auf die tägliche Baupraxis, beispielsweise auf Schachtbelegungen durch Brandabschnitte, muss die Theorie konkret durch entsprechende Bauprodukte und Bauarten mit Leben erfüllt werden (Bild 1). Wer hier nicht das nötige Fachwissen mitbringt und nicht entsprechend geeignete Produkte und Systeme einsetzt, der läuft leicht ins Haftungsrisiko. Dies betrifft alle unmittelbar am Bau beteiligten Gewerke, jedes in seiner speziellen Funktion. Dazu ein Zitat aus dem Strafgesetzbuch (StGB), Paragraf 319 „Baugefährdung“:

  • (1) Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wie aber lässt sich die korrekte Verwendung von Bauprodukten und Bauarten absichern und dokumentieren? Und welche Gesetze sind hierbei im Einzelnen zu berücksichtigen? Es folgt der Versuch einer Übersicht.

Der Rechtsrahmen

Baurecht ist in Deutschland Landesrecht. In der Musterbauordnung wie in den Landesbauordnungen gibt es entsprechend bereits Hinweise, welche Bauprodukte im Kontext des vorbeugenden baulichen Brandschutzes verwendet werden dürfen. Als Grundtenor gilt dabei: „Bauprodukte dürfen für die Errichtung, Änderung und Instandhaltung baulicher Anlagen nur verwendet werden, wenn sie für den Verwendungszweck geeignet sind.“ Dafür gibt es Kennzeichnungen wie das Ü- oder das CE-Zeichen, die in § 17 der MBO mit den entsprechenden Anforderungen, die diese Produkte zu erfüllen haben, hinterlegt sind.

Im Einvernehmen mit der obersten Bauaufsichtsbehörde der Länder macht wiederum das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) für Bauprodukte die technischen Regeln bekannt, die zur Erfüllung der an bauliche Anlagen gestellten Anforderungen erforderlich sind. Das DiBt sieht sich hier neben den Vorgaben aus dem Europäischen Parlament auch den Anforderungen aus dem Grundgesetz verpflichtet. Somit ist es möglich, dass Anforderungen an Bauprodukte oder Bauarten über die Anforderungen auf Basis des Europäischen Parlamentes teilweise sogar hinausgehen können.

Die Abgrenzung

Als Bauprodukt wird das einzelne Produkt bezeichnet. So gehören zu einer Rohrabschottung meist Rohre, Befestigungsmaterialien, Umhüllungen, Dämmungen, Material zum Verfüllen von Öffnungen zwischen Rohr bzw. Rohrummantelung und durchdrungenem Bauteil (Wand/Decke) oder gegebenenfalls auch reaktive Bauprodukte wie Dämmschichtbildner oder Blähgrafite. Das alles sind Bauprodukte.

Daneben gibt es die Bauart (Bild 2). Die Bauart „Abschottung“ (Bild 3) beschreibt zum Beispiel die komplette Rohrdurchführung. Es werden mehrere Bauprodukte in einer bestimmten und festgelegten Anordnung kombiniert. Das Ergebnis ist dann die Rohrabschottung mit einer bestimmten Qualität und einem festgelegten Leistungsumfang.

Bauprodukte und Bauarten für Abschottungen sind ungeregelt und bedürfen daher in der Regel einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ) des DIBt. Die in der Bauregelliste (BRL) A Teil 2, Lfd. Nr. 2.6 genannten Bauprodukte bzw. die in der Bauregelliste A Teil 3, Lfd. Nr. 2.6 genannten Bauarten sind von der Zulassungspflicht allerdings ausgenommen und bedürfen stattdessen eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses (abP). Hierunter fallen vom Prinzip her alle Brandschutzabschottungen von Rohrleitungen, deren Prinzip auf einer Rohrummantelung als Streckenisolierung beruht und bei denen keine dämmschichtbildenden Baustoffe zum Einsatz kommen, beispielsweise Metallrohre oder thermoplastische Kunststoffrohre.

Alternativ können Bauprodukte für Abschottungen auch über ein „European Technical Assessment“ ETA bewertet und in Verkehr gebracht werden. Diese Produkte müssen nach der Bauproduktenverordnung (BauPVO) das CE-Zeichen tragen. Für die Verwendung in Deutschland sind jedoch zusätzliche Bestimmungen zu beachten (s. Liste der technischen Baubestimmungen (LTB), sodass im Folgenden hierauf nicht näher eingegangen wird.

Der Nachweis

Rohrabschottungen sind Bauarten, die aus Einzelteilen (Bauprodukten) zusammengestellt werden. Bauarten, zum Beispiel für Rohrabschottungen, benötigen nach deutscher Bauordnung als Nachweis ihrer Verwendbarkeit entweder

  • ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis abP, zum Beispiel nach BRL A Teil 3 2.5, 2.6,
  • eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung abZ oder
  • eine Zustimmung im Einzelfall ZiE.

In diesem Nachweis der Verwendbarkeit (Bild 4) ist genau geregelt und beschrieben, welche Bauprodukte wie und unter welchen Randbedingungen gemeinsam verwendet werden können und dürfen. Die für die Erstellung der Bauart zu verwendenden Bauprodukte benötigen einen Übereinstimmungsnachweis (Bild 5). Dieser Nachweis kann nach deutscher Bauordnung beispielsweise durch

  • die Übereinstimmungserklärung des Herstellers (vom Hersteller des Bauproduktes erstellt) oder
  • das Übereinstimmungszertifikat (wird von einer Zertifizierungsstelle erstellt; zum Beispiel Fremdüberwachung der Produktion) erbracht werden.

Bei beiden Nachweisen bestätigt der Hersteller durch das Aufbringen des Ü-Zeichens auf dem Bauprodukt, dass der Nachweis der Übereinstimmung des von ihm hergestellten Produktes mit den geltenden Regeln – beispielsweise der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung – entspricht.

Bauarten wiederum werden nicht im Werk, sondern auf der Baustelle erstellt und können daher auch kein Ü-Zeichen eines Herstellers tragen. Stattdessen muss der Ersteller der Abschottung eine Übereinstimmungsbestätigung ausfüllen und das Schott vor Ort mit einem Kennzeichnungsschild (Verwendbarkeitsnachweis abZ oder auch ZiE) versehen. In aller Regel ist das der Installateur, der am Rohr die Dämmungen und Befestigungen oder ähnliches anbringt sowie den Verschluss des Ringspaltes zum durchdrungenen Bauteil hin ausführt.

Werden Abschottungen mit einem Verwendbarkeitsnachweis auf Basis eines abP verwendet, ist vom Hersteller der Bauart – hier also der Installateur – nur eine Übereinstimmungserklärung auszufüllen. Eine Kennzeichnung der Abschottung bei Produkten mit abP durch ein Kennzeichnungsschild ist dann nicht erforderlich.

Die am Markt üblichen Verwendbarkeitsnachweise (Prüfzeugnis, Zulassung oder Zustimmung im Einzelfall) enthalten ein entsprechendes Formblatt, welches als Vorlage verwendet werden sollte. Dies ist dann die Übereinstimmungsbestätigung (bei abZ) beziehungsweise die Übereinstimmungserklärung (bei abP). Hierin bestätigt der Hersteller der Bauart, dass er alle Randbedingungen des jeweils gültigen Nachweises eingehalten hat. Ebenso bestätigt er damit, dass er die erforderlichen Bauprodukte verwendet hat. Die Übereinstimmungsbestätigung/-erklärung stellt also ein zentrales und fundamentales Dokument im baulichen Brandschutz von Rohrdurchführungen dar!

Fazit

Die qualifizierte Dokumentation von Rohrabschottungen sind für Bauherren, Betreiber, Architekten und Planer von großer Bedeutung, da sie sich in aller Regel nicht persönlich von der korrekten Ausführung jeder einzelnen Abschottungsmaßnahme überzeugen können oder es an den notwendigen Fachkenntnissen fehlt. Daher ist dringend zu empfehlen, dass vor der baulichen Ausführung und Umsetzung von Rohrabschottungen die Verwendbarkeitsnachweise (abP, abZ oder ZiE) vorgelegt werden. Die ausführenden Firmen sind verpflichtet, diese Nachweise bei Ausführung der Arbeiten vor Ort auf der Baustelle vorzuhalten.

Nach Abschluss der Arbeiten sind vom ausführenden Unternehmen die entsprechenden Übereinstimmungsbestätigungen oder -erklärungen zu erstellen und dem Auftraggeber, also dem Bauherren oder dessen Vertreter, zu übergeben. Für jedes verwendete Rohrabschottungssystem ist dabei eine gesonderte Bestätigung beziehungsweise Erklärung abzugeben. Für den Bauherrn, Betreiber, Architekten bzw. Planer wird so dokumentiert und bestätigt, dass alle Rohrabschottungen (Bauarten) entsprechend ihrer Verwendbarkeitsnachweise erstellt wurden und dass die entsprechenden Bauprodukte dafür verwendet wurden.

Die Übereinstimmungsbestätigung/-erklärung ist dabei allerdings nicht mit der Fachunternehmererklärung aus der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) zu verwechseln. Weitere Regelungen zum Übereinstimmungsnachweis ergeben sich aus den Bauordnungen, basierend auf § 22 der MBO. Hier wird geregelt, dass nicht wesentliche Abweichungen, wenn diese entsprechend bestätigt und bescheinigt sind, ebenfalls als Übereinstimmung gelten. Details dazu behandelt Teil 2 der Serie in der SBZ-Ausgabe 06-2016.

Spotlight

„Bei der Belegung von Schächten müssen Fachhandwerker zunehmend dicht gedrängte Installationen mit umfangreichen Vorgaben zum Brandschutz in Kauf nehmen.“

Strafrechtliche Haftung bei Baugefährdung

Werden aufgrund einer mangelhaften brandsicherheitstechnischen Anlage Leib und Leben von Menschen gefährdet oder kommt es gar zu Körperverletzungen mit oder ohne Todesfolge, wird in der Regel ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen die mutmaßlichen Verursacher eingeleitet. Den Tatbestand der Baugefährdung nach § 319 Strafgesetzbuch (StGB) hat dabei derjenige erfüllt, der bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerkes gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet.

„Die qualifizierte Schachtbelegung oder Wanddurchführung unter Brandschutzvorgaben lässt Planern und Installateuren so gut wie keinen Spielraum für freieInterpretationen.“

Autor

Markus Berger ist Sachverständiger für baulichen und gebäudetechnischen Brandschutz (EIPOS) und Leiter des Kompetenzbereichs Brandschutz bei Viega in 57439 Attendorn. www.viega.de