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Interview

Brennstoffzelle als Nachfolger der Brennwerttechnik

SBZ: Herr Bornscheuer, für welche Einsatzbereiche ist das Brennstoffzellengerät von Viessmann geeignet?

Bornscheuer: Das Brennstoffzellen-Heizgerät Vitovalor 300-P basiert auf der PEM-Technologie, hat eine elektrische Leistung von 750 W und eine thermische Leistung von 1 kW. Damit lässt sich der Grundwärmebedarf in einem Neubau oder modernisierten Altbau decken. Für Spitzenlasten steht ein hocheffizienter Brennwertkessel mit 19 kW Heizleistung zur Verfügung, der in das Gerät integriert ist. Bei einer Laufzeit von 20 Stunden pro Tag stehen dem Anlagenbetreiber 15 kWh Strom zur Verfügung. Das reicht aus, um in einem Haushalt die üblichen Haushaltsgeräte zu betreiben. Die technischen Voraussetzungen sind vergleichbar mit denen eines Gas-Brennwertkessels und damit denkbar einfach.

SBZ: Was sind die technischen Besonderheiten und Vorteile Ihrer Brennstoffzelle?

Bornscheuer: Vitovalor 300-P ist als Brennstoffzellen-Heizgerät konzipiert. Dies bedeutet, dass wir auf einer sehr geringen Aufstellfläche von nur 0,65 m2 eine komplette Strom erzeugende Heizung mit allen notwendigen zusätzlichen Komponenten wie z. B. Speicher zusammenfassen. Dies führt zu einer einfachen Installation und kurzen Montagezeiten. Die Stromerzeugung erfolgt so effizient, dass wir im Vergleich zur zentralen Stromerzeugung im Kraftwerk und dezentralen Wärmeerzeugung im Ein- und Zweifamilienhaus mit dieser umweltschonenden Technologie bei der Modernisierung bis zu 50 % CO2-Emissionen einsparen. Mit einem solchen Produkt macht man sich unabhängiger von steigenden Strompreisen, was den Geldbeutel sehr entlastet. Außerdem handelt es sich um eine sichere und erprobte Technologie – im japanischen Markt sind bereits mehr als 80 000 PEM-Brennstoffzellengeräte von Panasonic im Einsatz. Gemeinsam mit dem japanischen Technologiekonzern haben wir die Brennstoffzellen-Heizung entwickelt.

SBZ: Was passiert bei einem Spannungsausfall?

Bornscheuer: Bei einem kurzzeitigen Stromausfall passiert zunächst nichts, da Vitovalor über eine gewisse Zeit einen Selbsterhalt hat. Ist der Strom für eine längere Zeit weg, schaltet sich das Gerät ganz normal ab. Würde man eine Anlage mit einem Batteriespeicher betreiben, könnte man bei Stromausfall ein Inselnetz aufbauen, den Strom dort beziehen bzw. einspeisen.

SBZ: Welche Garantie gibt Viessmann auf das Gerät?

Bornscheuer: Wir sind von dieser Technologie so überzeugt, dass wir über unseren Fachhandwerkspartner eine zehnjährige Funktions- und Leistungsgarantie aussprechen. Als Voraussetzung schreiben wir lediglich die normale Wartung vor.

SBZ: Welche Maßnahmen zur Markteinführung bieten Sie Planern und Monteuren an, um sie für den vielfältigen Beratungsbedarf zu rüsten, also Technik, Wirtschaftlichkeit, Stromvermarktung bzw. Eigenverbrauch, steuerliche Aspekte und Kombination mit PV und Batterien?

Bornscheuer: Wir bieten unseren Fachhandwerkspartnern an, sich in der Viessmann-Akademie in einer Schulung ausbilden und zertifizieren zu lassen. Dort erlernen unsere Partner den Umgang mit dem Produkt und bekommen wertvolle Hinweise für die Vermarktung. Darüber hinaus bieten wir vielfältige weitere Unterstützungen über Internet oder eine persönliche Beratung an. Dazu gehört auch ein umfassendes Marketingpaket, das der Handwerker für seine Bedürfnisse nutzen kann.

SBZ: Wie entwickeln sich die Absätze seit der Markteinführung?

Bornscheuer: Die Stückzahlen entwickeln sich positiv, insbesondere seit der Preisreduzierung, die wir während der ISH 2015 bekannt gegeben haben. In Verbindung mit der staatlichen Förderung liegen die Kosten etwa in der gleichen Höhe wie bei Wärmepumpen. Das Gerät liegt zurzeit ohne Montage bei unter 20 000 Euro.

SBZ: Was lässt sich mit einer Brennstoffzelle im Vergleich zu einer konventionellen Heizung an Heizkosten einsparen?

Bornscheuer: Die Investition in Brennstoffzellen-Heizgeräte stellt zurzeit die größte Hürde dar. Für eine stromerzeugende Heizung auf Brennstoffzellenbasis muss man eine deutlich höhere Grundinvestition leisten. Beim Einsatz einer Vitovalor 300-P lassen sich die jährlichen Stromkosten deutlich reduzieren. In einem normalen EFH kann man bis zu 1000 Euro/a an Stromkosten einsparen.

SBZ: Wie werden Brennstoffzellen in Deutschland staatlich gefördert?

Bornscheuer: Bis dato gibt es kein ausreichendes bundesweites Förderprogramm für die Brennstoffzellen bis auf die BAFA-Förderung. Ein Technologie-Einführungs-Programm muss zeitlich begrenzt einen deutlichen Zuschuss ermöglichen, da die Einführung der Brennstoffzellen-Technologie in der Gebäudebeheizung mit hohen Kosten verbunden ist – das gilt übrigens für die meisten neuen Technologien.

Auf Länderebene gibt es ein paar Förderprogramme, die aber immer wieder zeitlich begrenzt sind. Damit bieten sie keine verlässliche Planungsgrundlage und können deshalb keinen richtigen Anschub leisten. Betreiber des Brennstoffzellen-Heizgeräts erhalten vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einen Investitionszuschuss in Höhe von insgesamt 3515 Euro Basis- und Bonusförderung. Darüber hinaus gibt es zahlreiche regionale Förderprogramme, die die Anschaffung mit Zuschüssen unterstützen. Die komplette Übersicht über Fördermöglichkeiten, detaillierte Informationen und Antragsformulare stehen im Internet unter www.vitovalor.de zur Verfügung.

SBZ: In Japan wurde der Markt für Brennstoffzellen mit einer Förderung in den letzten Jahren angekurbelt. Wie sieht dieses Fördermodell aus, warum ist es erfolgreich? Was sollte man sich für die Markteinführung in Deutschland davon abschauen?

Bornscheuer: In Japan gab es ein über fast zwei Jahrzehnte geplantes Forschungs- und Entwicklungs-Programm, eine große Feldtestkampagne und anschließend ein Technologie-Einführungsprogramm, das bei deutlich degressiver Gestaltung zu Beginn hohe Zuschüsse von über 10 000 Euro bei der Investition in ein Brennstoffzellengerät vorsah. Erfolgreich war dies zum einen, weil ein starker Anfangsimpuls da war. Außerdem waren die Gestaltung der Degression und der feste Endzeitpunkt von Beginn an klar, sodass planbare, verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen wurden.

SBZ: Oft wird auch die „BHKW-Bürokratie“ kritisiert ...

Bornscheuer: Ja, auch die Bürokratie muss zwingend entschlackt werden. Wenn man in Deutschland ein stromerzeugendes System (Brennstoffzelle, PV-Anlage) installiert, dann muss man eine Vielzahl unterschiedlicher Formulare und Unterlagen ausfüllen. Bei kleineren Anlagen mit einer geringen Stromerzeugung ist dies aus unserer Sicht unverhältnismäßig. Außerdem führen aktuell Anforderungen z. B. an eine zusätzliche Messtechnik zu Mehraufwand und höheren Kosten.

SBZ: Wie fällt die Einstufung für die Brennstoffzelle bei der EnEV und bei der Ökodesign-Richtlinie aus? Wo rangiert die Brennstoffzelle im Vergleich zu anderen Wärmeerzeugern?

Bornscheuer: Vitovalor 300-P erfüllt grundsätzlich die EnEV-Vorgaben. Trotzdem muss für jedes Objekt aufgrund der unterschiedlichen Gebäudegegebenheiten wie z. B. Nutzfläche, Jahres-Heizwärmebedarf, Systemtemperaturen eine eigene EnEV-Bewertung durchgeführt werden. Eine generelle Aussage auch im Vergleich zu anderen Technologien ist daher nicht möglich.

Die Ökodesign-Richtlinie für das Brennstoffzellen-Heizgerät Vitovalor 300-P ergibt ein Produktlabel A++. Die derzeitigen Regularien werden jedoch nicht der besonderen Bedeutung der Brennstoffzelle als hocheffizientem dezentralem Stromerzeuger und der damit verbundenen Entlastung der Stromnetze gerecht, die ja in einem zukünftigen Stromversorgungssystem eine ganz wichtige Rolle spielen wird.

SBZ: Tendenziell wird über die Fortschreibung der Primärenergiefaktoren die Elektro-Wärmepumpe immer grüner, bei einer mit fossilem Erdgas angetriebenen Brennstoffzelle gibt es eher die gegenteilige Entwicklung …

Bornscheuer: Grundsätzlich führte die Reduzierung des Primärenergiefaktors für bezogenen Strom bei Elektro-Wärmepumpen zu einer wesentlich besseren Bewertung. Trotzdem sind effiziente und umweltschonende Technologien auf Erdgasbasis wie die Brennstoffzelle weiterhin in der Lage, die Anforderungen zu erfüllen. Je nach Bedarf kann dies noch durch eine bessere Anlagentechnik oder optimierten Wärmeschutz verbessert werden. Dies bezieht sich natürlich für alle Technologien auch auf die bauliche Ausführung des jeweiligen Objektes.

SBZ: Wagen Sie eine Prognose: Wo steht die Brennstoffzellen-Technologie in einem und in fünf Jahren in Deutschland?

Bornscheuer: In den nächsten Jahren kann sich die Brennstoffzellen-Heizung neben der Gaswärmepumpe als eine Nachfolgetechnologie für Gas-Brennwertheizungen entwickeln.

SBZ: Ein Jahr später, 2021, wird der Niedrigstenergiegebäude-Standard verpflichtend. Neubauten sollen dann ihren sehr geringen Energiebedarf überwiegend regenerativ decken. Wie passt das mit der Brennstoffzelle zusammen?

Bornscheuer: Durch den hohen elektrischen Wirkungsgrad hat das Brennstoffzellenmodul eine Wärmeabgabe von nur 1 kW und erreicht damit auch eine lange Laufzeit bei Häusern mit sehr geringem Wärmebedarf, besonders mit kombinierter Warmwasserbereitung. Als stromerzeugende Heizungen sind Brennstoffzellen schon heute für die Häuser von morgen konzipiert. Mikro-KWK gelten in den aktuellen Programmen als Ersatzmaßnahme für regenerative Energie.

SBZ: Herr Bornscheuer, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Info

Brennstoffzellen-Heizgerät

Seit April des vergangenen Jahres ist das Brennstoffzellen-Heizgerät Vitovalor 300-P verfügbar. Es ist eine sogenannte Niedrigtemperatur-Brennstoffzelle, basierend auf der PEM-Technologie (PEM = Polymer Elektrolyt Membran). Das BAFA fördert das Gerät im Rahmen des Marktanreizprogramms mit einem Investitionszuschuss in Höhe von insgesamt 3515 Euro Basis- und Bonusförderung. Die Vorgehensweise zur EnEV-Bewertung von Vitovalor 300-P ist auf der Viessmann-Homepage ausführlich dargestellt.