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Im Notfall schnell raus!

Gemäß § 14 der Musterbauordnung (MBO), Fassung November 2002 sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Insbesondere die Rettung von Menschen und Tieren sowie die Ermöglichung wirksamer Löscharbeiten heben auf die Sicherstellung von Flucht- und Rettungswegen ab (Bild 1). Für die Sicherstellung von Flucht- und Rettungswegen sind in der Regel mindestens folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

  • ausreichend viele Flucht- und Rettungswege,
  • maximale Rettungsweglängen gemäß den jeweiligen Bauverordnungen,
  • ausreichende Dimensionierung der Flucht- und Rettungswege unter Berücksichtigung des Objektes und der Nutzung,
  • Einsatz geeigneter Baustoffe und Bauteile,
  • erforderliche betriebliche Maßnahmen.

Beim Einsatz geeigneter Baustoffe und Bauteile sowie den erforderlichen betrieblichen Maßnahmen sind die Brandlasten von entscheidender Bedeutung.

Brandlasten und Brandklassifizierung

Der Begriff Brandlast wird immer im Zusammenhang mit dem Brandschutz von Gebäuden verwendet. Unter der Brandlast eines Gegenstandes versteht man die Energie, die bei dessen Verbrennung frei wird und damit bei Schutzmaßnahmen für einen möglichen Gebäudebrand zu berücksichtigen ist. Die Brandlast entsteht durch alle brennbaren Stoffe, die in ein Gebäude eingebracht werden. Sie ist von der Menge und vom Heizwert der Stoffe abhängig.

Die Brandlast wird in kWh/m² angegeben und ist das auf eine bestimmte Grundfläche – zum Beispiel eine Brandabschnittsfläche – bezogene Wärmepotenzial aller vorhandenen brennbaren Stoffe. Eine Liste mit „Brandlasten für verschiedene Nutzungen“ steht zum Beispiel unter www.bauforumstahl.de zur Verfügung.

Hohe Brandlasten entstehen zum Beispiel schon durch die falsche Auswahl von Baustoffen. Deshalb sollte bereits in der Planungsphase des Gebäudes auf eine Reduzierung unnötiger Brandlasten geachtet werden. Nichtbrennbare Materialien mit der Baustoffklasse A sollten immer bevorzugt werden. In Deutschland ist momentan die Klassifizierung des Brandverhaltens von Baustoffen sowohl nach DIN 4102-1 als auch nach DIN EN 13501-1 möglich (Bild 2). Nur bei Bauprodukten und Bauarten, die der CE-Kennzeichnung unterliegen, ist eine Brandklassifizierung nach der DIN EN 13501-1 zwingend erforderlich.

Flucht- und Rettungswege im Baurecht

Im Baurecht spricht man von Rettungswegen und meint damit in der Regel sowohl Wege zur Eigen- als auch zur Fremdrettung von Personen und Tieren (Flucht- und Rettungswege). Wichtige Festlegungen hinsichtlich der Zahl und der Ausbildung von Rettungswegen befinden sich in der Musterbauordnung (MBO), Fassung November 2002. Nach § 33 „Erster und zweiter Rettungsweg“ Abs. 1 gelten folgende Anforderungen: „Für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum, wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten müssen in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein; beide Rettungswege dürfen jedoch innerhalb des Geschosses über denselben notwendigen Flur führen.“

Bei der Forderung nach zwei voneinander unabhängigen Rettungswegen geht man davon aus, dass bei einem Brand einer der beiden Flucht- und Rettungswege ausfallen kann (Redundanz). Gemäß § 33 Abs. 2 der Musterbauordnung (MBO) gelten zusätzlich noch folgende Festlegungen: „Für Nutzungseinheiten nach Abs. 1, die nicht zu ebener Erde liegen, muss der erste Rettungsweg über eine notwendige Treppe führen. Der zweite Rettungsweg kann eine weitere notwendige Treppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein. Ein zweiter Rettungsweg ist nicht erforderlich, wenn die Rettung über einen sicher erreichbaren Treppenraum möglich ist, in den Feuer und Rauch nicht eindringen können (Sicherheitstreppenraum)“.

Leitungsanlagen in Flucht- und Rettungswegen

In der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR), Fassung November 2005 sind im Abschnitt 3 die grundlegenden Voraussetzungen für sichere Flucht- und Rettungswege festgelegt. Hiernach dürfen brennbare Leitungen, zum Beispiel Kunststoffrohre, in Flucht- und Rettungswegen nicht frei verlegt werden. In der Regel ist dann eine brandschutztechnische Kapselung durch die Verlegung innerhalb von Unterdecken, Bodenkanälen oder Installationsschächten mit einer Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten (F 30) erforderlich (Bild 3). Nichtbrennbare Leitungen, zum Beispiel gusseiserne Abflussrohrsysteme, dürfen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt werden (Bild 4).

Nach Abschnitt 3.1.3 der MLAR müssen noch folgende grundlegende Anforderungen unbedingt erfüllt werden: „In Sicherheitstreppenräumen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 MBO und in Räumen zwischen Sicherheitstreppenräumen und Ausgängen ins Freie sind nur Leitungsanlagen zulässig, die ausschließlich der unmittelbaren Versorgung dieser Räume oder der Brandbekämpfung dienen.“

Hinweis: Sicherheitstreppenräume werden benötigt, wenn kein zweiter Rettungsweg zur Verfügung steht. Zur Freihaltung von Rauch werden in Sicherheitstreppenräumen in der Regel Druckbelüftungsanlagen installiert.

Anforderungen aus Sicht der Feuerwehren

Aus Sicht der Feuerwehren dienen Rettungswege nicht nur der Selbstrettung von Personen, sondern müssen darüber hinaus noch folgende Ziele erfüllen:

  • Ermöglichung der Fremdrettung,
  • Sicherstellung des Angriffs- und des Rückzugweges,
  • Schaffung von sicheren Bereichen.

Bauliche und betriebliche Brandlasten in Flucht- und Rettungswegen können erfahrungsgemäß den Feuerwehreinsatz so behindern, dass eine Rettung von Menschen und Tieren sowie der Löschangriff praktisch unmöglich sind. Bedingt durch die große Hitzeentwicklung, teilweise Nullsicht durch Rauch und den zusätzlichen Zeitdruck, vermisste Personen in einem lebensbedrohlichen Umfeld retten zu müssen, sind die Feuerwehrleute im Einsatzfall einem ungemein großen Stress ausgesetzt. Entsprechende „Empfehlungen zur Risikoeinschätzung von Brandlasten in Rettungswegen“ hat der Arbeitskreis Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz (AGBF Bund) im Jahr 2014 unter www.agbf.de veröffentlicht.

Fazit

Damit im Brandfall die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind, sollten Flucht- und Rettungswege immer brandlastfrei ausgeführt werden. Brennbare Baustoffe führen nicht nur zu Brandlasten, sondern entwickeln im Brandfall je nach Werkstoff erhebliche Mengen an toxischen Brandgasen. Zusätzlich besteht noch die Gefahr des brennenden Abtropfens. Nichtbrennbare Leitungen, wie gusseiserne Abflussrohrsysteme, führen zu keiner Brandlast und dürfen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt werden.

Werden brennbare Leitungen, wie etwa Kunststoffrohre, in Flucht- und Rettungswegen verlegt, ist eine brandschutztechnische Kapselung erforderlich. Dies führt erfahrungsgemäß zu nicht unerheblichen Mehrkosten bei der Planung und Ausführung von Flucht- und Rettungswegen. Lesen Sie hierzu auch das SBZ-Interview mit Bernd Ishorst auf der nächsten Seite.

Info

Unterschiedliche Brandlasten

Nicht brennbare Baustoffe, zu denen auch gusseiserne Abflussrohre und Formstücke zählen, tragen nicht zur Brandlast und zur Entwicklung von Brandgasen bei. Beim Werkstoff Polyethylen (PE) hingegen entsteht pro kg eine Brandlast von 12 KWh.

Info

Brandverhalten von Baustoffen

10 kg Polyethylen, Polyurethan oder PVC erzeugen ca. 23 000 bis 25 000 m³ hochgiftigen Rauch, bestehend aus Kohlenmonoxyd, Kohlendioxyd und Ruß. Damit könnte man 100 Wohnungen mit 100 m² Wohnfläche so verrauchen, dass für die Bewohner keine Überlebenschance besteht.

Quelle: Bernd Prümer „Brandschutz in der Gebäudetechnik“, Gentner Verlag.