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Mängel bei Gefährdungsanalysen

Wird der technische Maßnahmenwert für Legionellen in Trinkwasserinstallationen überschritten, muss der Betreiber diese Überschreitung dem Gesundheitsamt anzeigen, eine Ortsbesichtigung zur Prüfung auf Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik veranlassen sowie eine Gefährdungsanalyse erstellen lassen. In dieser Gefährdungsanalyse sollen dann eventuelle Mängel an der Trinkwasserinstallation identifiziert und Maßnahmen herausgearbeitet werden, die zur Beseitigung der Ursachen des Legionellenbefalls notwendig sind. Diese Mängel können vielfältige Ursachen haben, wie beispielsweise eine nicht fachgerechte Planung, eine nicht fachgerechte Installation oder vielfach auch einen nicht bestimmungsgemäßen Betrieb (Bild 1). Der Betreiber ist dann verpflichtet, die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zum unmittelbaren Schutz der Gesundheit der Nutzer erforderlich sind (sog. Sofortmaßnahmen).

Fehlentscheidungen bei der Beurteilung von Schadensfällen oder Kontaminationen in der Trinkwasserinstallation, bei Gefährdungsanalysen nach §16 Trinkwasserverordnung oder in der Wahl geeigneter Abwehrmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Nutzer können dabei jedoch zu schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden führen oder zu betriebswirtschaftlich nicht vertretbaren finanziellen Aufwendungen und Schäden der Installation. Oft beklagen Betreiber, dass die Erstellung einer Gefährdungsanalyse viel zu teuer sei und tatsächlich stellt sich bei einigen vorgelegten Gefährdungsanalysen zu Recht die Frage, ob die Kosten für diese Gefährdungsanalysen in einer angemessenen Relation zum Inhalt stehen.

Fachmann schuldet den Erfolg

Vielfach werden Gefährdungsanalysen vorgelegt, die tatsächlich ein grundlegendes Wissen der einschlägigen technischen Regelwerke vermissen lassen und die mitunter Sanierungsmaßnahmen verursachen, die auf Grund lückenhaften Wissens zu Totalschäden an Trinkwasserinstallationen führen oder keinerlei Sanierungserfolg versprechen.

Der SHK-Fachkollege, der eine Sanierung an einer Trinkwasserinstallation durchführt bzw. den Auftrag hierzu übernimmt, schuldet dem Auftraggeber jedoch juristisch betrachtet den Erfolg im Sinne einer unbelasteten Trinkwasserinstallation, die nach der Sanierung wieder bestimmungsgemäß betrieben werden kann und die die Trinkwasserqualität nicht weiter nachteilig verändert.

Obwohl viele versierte Fachkollegen sich im Handwerk intensiv mit der Thematik Trinkwasserhygiene befassen und qualifizierte Arbeit abliefern, agieren leider auch viele Unternehmen am Markt, deren mitunter lückenhaftes Wissen um die technischen Regelwerke oder ein gesteigertes Vertriebsinteresse zu unnötigen Sanierungsversuchen oder juristischen Streitfällen führt bis hin zu Gesundheitsgefährdungen der Nutzer.

Qualifikation ist wichtig

Das Umweltbundesamt definiert in seiner verbindlichen „Empfehlung für die Durchführung einer Gefährdungsanalyse gemäß Trinkwasserverordnung“ vom 14. Dezember 2012 die Anforderungen an Personen, die als geeignet angesehen werden, Gefährdungsanalysen durchzuführen.

Es wird hier empfohlen, diese Ortsbesichtigung als Inspektion durch hygienisch-technische Sachverständige durchführen und dokumentieren zu lassen. In Betracht kommen für Sanitärtechnik und Trinkwasserhygiene zum Beispiel qualifizierte Mitarbeiter von Planungs- und Ingenieurbüros, Vertragsinstallationsunternehmen oder akkreditierte Inspektionsstellen für Trinkwasserhygiene und Labore.

Von einer ausreichenden Qualifikation der Mitarbeiter kann dann ausgegangen werden, wenn die betreffende Person ein einschlägiges Studium oder eine entsprechende Berufsausbildung nachweisen kann und fortlaufende spezielle berufsbegleitende Fortbildungen eine weitere Vertiefung erkennen lassen, z. B. Fortbildung nach VDI 6023 (Zertifikat, Kategorie A). „Fortlaufend“ bedeutet ja auch, dass in gewissen Abständen immer mal wieder einschlägige Seminare besucht werden müssen, um sich auf dem aktuellen Wissensstand zu halten.

Dabei wird deutlich, dass es nicht ausreichend ist, einzelne Punkte der Installation anhand vorgefertigter Checklisten abzuarbeiten. Diese lassen meist jeden systemischen Zusammenhang oder eine mikrobiologische Interpretation der Mängel vermissen. Auch können ein Maschinenbauingenieur oder ein Kaufmann, die vor Jahren einmal eine VDI-Schulung besucht haben, in der Regel keine ordnungsgemäße Gefährdungsanalyse erstellen, da auch die VDI-Schulung keine einschlägige Fachausbildung ersetzen kann.

Dem durchführenden Sachverständigen müssen die relevanten technischen Regelwerke mit zugehörigen Kommentierungen in aktueller Form nämlich nicht nur vorliegen, sondern auch bekannt sein. Die Ortsbegehung und Erstellung einer Gefährdungsanalyse muss unabhängig von anderen Interessen erfolgen, was bedeutet, der Sachverständige darf in keiner Weise ein wirtschaftliches Interesse an einem begleitenden oder Folgegeschäft haben, da ihm sonst Befangenheit unterstellt werden kann. Eine Befangenheit ist immer dann zu vermuten, wenn Personen an der Planung, dem Bau oder Betrieb der Trinkwasserinstallation selbst beteiligt waren oder sind oder sich aufgrund der Gefährdungsanalyse weitere Aufträge erhoffen. Wenn also ein Mitarbeiter eines Unternehmens, das im Hauptgeschäft Ultrafilter vertreibt, im Rahmen einer Gefährdungsanalyse den Einbau eines Ultrafilters empfiehlt, um „das Eindringen und den Zustrom pathogener Keime zukünftig zu stoppen“, ist hier auf jeden Fall eine Befangenheit und ein Vertriebsinteresse zu unterstellen.

Der Unternehmer oder sonstige Inhaber (UusI) bleibt in der Verantwortung: Im Falle von Schadenersatzforderungen vor Gericht kann es wichtig sein, die Unabhängigkeit und ausreichende Qualifikation des hinzugezogenen Sachverstandes belegen zu können.

Desinfektion als Sofortmaßnahme

Bereits vor der eigentlichen Gefährdungsanalyse wird häufig von Betreibern angegeben, dass eine thermische Desinfektion zur Beseitigung der Legionellenkontamination geplant sei oder sogar bereits durchgeführt wurde. Teilweise wurden dem entsprechend Desinfektionen durchgeführt, obwohl nur eine mittlere Belastung vorlag.

Die DVGW-Arbeitsblätter W 551 und W 557 schreiben eine sofortige Desinfektion allerdings nur dann vor, wenn eine extrem hohe Kontamination vorliegt (> 10 000 KBE/100 ml); eine Reinigung der Anlage ist jedoch grundsätzlich zuerst notwendig, um einen Desinfektionserfolg gewährleisten zu können.

Generell ist zuerst die Ursache der Kontamination durch gezielte Sanierungsmaßnahmen zu beseitigen, wie durch bau- und/oder betriebstechnische Maßnahmen. Hierbei können verfahrenstechnische Maßnahmen wie eine Reinigung und Desinfektion unterstützend wirken.

Häufig ist allerdings festzustellen, dass diese thermischen Desinfektionen schon gar nicht erst den Vorgaben der einschlägigen Regelwerke entsprechen. Sie haben eher den Charakter einer „Heißspülung“, da oftmals lediglich die Solltemperatur des Trinkwassererwärmers erhöht wird und die Zapfstellen gespült werden. Werden dann diese erhöhten Temperaturen über einen längeren Zeitraum beibehalten, kann das beispielsweise in Installationen aus verzinkten Eisenwerkstoffen zu erheblichen Korrosionsschäden und damit zu einem wirtschaftlichen Totalschaden der gesamten Trinkwasseranlage führen (Bild 2).

Wissen ist Macht

In den letzten Jahren haben sich vor allem die der Trinkwasserhygiene zugrunde liegenden allgemein anerkannten Regeln der Technik stark gewandelt und ausgeweitet. Speziell im Bereich der Trinkwasserinstallation und mit Hinblick auf die Trinkwasserhygiene wurden diverse Regelwerke diesbezüglich angepasst. Die Trinkwasserverordnung wurde bereits mehrmals überarbeitet, vielfach neue DIN- und DIN EN-Normen oder VDI-Richtlinien wurden veröffentlicht oder vereinheitlicht, bewährte DVGW-Arbeitsblätter überarbeitet (W 551) oder neu erstellt (W 557, W 556 [E]) und zu guter Letzt hat das Umweltbundesamt neue UBA-Empfehlungen veröffentlicht.

Viele Fachkollegen halten sich jedoch nicht permanent auf dem aktuellen Wissensstand der technischen Regelwerke und haben schon seit Jahren keine objektiven, neutralen Fortbildungen mehr besucht. Der gefahrenträchtige Bereich der Trinkwasserhygiene bedingt jedoch ein tiefes, fundiertes Wissen und die Kenntnisse aller relevanten Regelwerke, die in den letzten Jahren entstanden sind (Bild 3).

Das Wissen um die jeweils aktuellen Regelwerke und damit um die allgemein anerkannten Regeln der Technik gehört jedoch zu den sogenannten Elementarkenntnissen, auf deren Basis man eine Tätigkeit ausübt. Fehlen einem Fachmann diese Elementarkenntnisse, zum Beispiel im Bereich Trinkwasserinstallation, kann er gegebenenfalls diese Leistung seinen Kunden nicht anbieten. Bei dem Wissen um die aktuellen Regelwerke handelt es sich um eine Holschuld, was bedeutet, jeder Fachmann ist selbst dafür verantwortlich, sich dieses Wissen anzueignen.

Dieser Informationsbedarf kann teilweise von öffentlichen Bildungsträgern gedeckt werden, denn vielfach werden von den Handwerkskammern, von Fachorganisationen wie dem DVGW oder dem VDI, von Hochschulen und anderen Bildungsträgern Seminare und Fortbildungen zu einschlägigen Themen angeboten. Darüber hinaus zeichnen sich jedoch auch die meisten namhaften Hersteller-Unternehmen der Branche ebenfalls durch ein professionelles Schulungs- und Seminarwesen aus. Die Informationsdienstleistung, die durch diese Unternehmen erbracht wird, erfüllt damit einen wichtigen wirtschaftlichen Aspekt.

Fazit

Unangemessene Maßnahmen können Schäden in der Trinkwasserinstallation sogar vergrößern. Dies gilt sowohl für den akuten Schadenseintritt als auch für Maßnahmen, die zu einem früheren Zeitpunkt ergriffen werden, um nachteilige Veränderungen der Trinkwasserqualität oder gesundheitliche Beeinträchtigungen zu verhindern. Die Erfahrung zeigt, dass sachverständige Beurteilungen und Empfehlungen für angemessene Maßnahmen zur Vermeidung und Beseitigung trinkwasserhygienischer Gefährdungen in der Regel eben nur von Personen abgegeben werden können, die nicht nur die technischen Verhältnisse im Gebäude beurteilen können, sondern auch mit den hygienischen Eigenschaften der Installation und dem biologischen Verhalten der Mikroorganismen im Trinkwasser und den technischen Möglichkeiten vertraut sind, die für eine den Verhältnissen angepasste Bekämpfung und Sanierung infrage kommen.

In solchen Fällen Gutachten zu erstellen, ist daher ein Betätigungsfeld von Sachverständigen, die sich eben auf die komplexen Zusammenhänge der Trinkwasserhygiene spezialisieren. Lesen Sie hierzu auch das SBZ-Interview mit dem Sachverständigen und Experten für Trinkwasserhygiene Arnd Bürschgens auf der nächsten Seite.

Literatur zum Thema

  • „Erfahrungen mit der Legionellenüberwachung in Wohngebäuden zum gesundheitlichen Schutz der Kölner Bevölkerung“; Odulf Weiß, Daniel Junge, Martin Dunkel, Günter Schmidtke und Gerhard A. Wiesmüller, Gesundheitsamt Köln Umweltmed – Hygiene – Arbeitsmed 19 (3) 2014, ecomed Medizin, Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Landsberg
  • Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV 2001), 2. Änderungsverordnung, in der Neufassung vom 2. August 2013
  • Empfehlungen des Umweltbundesamts nach Anhörung der Trinkwasserkommission für die Durchführung einer Gefährdungsanalyse gemäß Trinkwasserverordnung vom 14. Dezember 2012
  • DVGW (A) W 551 – Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasserinstallationen, April 2004
  • DVGW (A) W 557 – Reinigung und Desinfektion von Trinkwasserinstallationen, Oktober 2012