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Aktuelle Herausforderungen

Hygiene und Werkstoffe

Nach einer Einführung durch den GMS-Vorstandsvorsitzenden Alexander Dehnelt informierte Claudia Straube vom Umweltbundesamt (UBA) die 70 Fachbesucher zum Stand der Trinkwasser-Gesetzgebung. Die Referentin erläuterte die Grundlagen der Bleimigration in Sanitärwerkstoffen und machte an einem Beispiel deutlich, dass der Bleigehalt allein nicht ausschlaggebend sei. Straube berichtete von einem Materialtest mit harten, neutralen Trinkwässern. Laut der UBA-Expertin ergab die Prüfreihe, dass die Migration beim mittlerweile verbotenen Werkstoff CW602N weit höher ist als beim Werkstoff CW612N, obwohl beide Materia­lien exakt denselben Bleianteil von 2 % aufweisen. „Der Versuch zeigt, dass es nicht sinnvoll ist, den Bleianteil pauschal zu begrenzen“, so Straube. Vielmehr gehe es darum, dass man immer die komplette Zu­sammensetzung des Werkstoffs betrachten müsse.

Notifizierung der UBA-Liste lässt auf sich warten

Ein weiterer zentraler Aspekt ist laut Straube das Langzeitverhalten des Sanitärwerkstoffs, weshalb die DIN 50930-6 eine Langzeitprüfung vorsehe. Die Referentin betonte, dass bei auf der UBA-Hygieneliste aufgeführten Materialien keine Werkstoffprüfung mehr notwendig sei – wohl aber eine Produktprüfung, weil produktionsbedingte Eigenschaften Einfluss auf die Trinkwasserqualität hätten, beispielsweise durch die Verchromung von Bauteilen.

Claudia Straube ging auch auf den aktuellen Stand der UBA-Hygieneliste ein, die noch 2014 als „Bewertungsgrundlage“ veröffentlicht werden soll. Durch Nachfragen der EU zur Ende 2013 eingereichten Version hätte sich die ursprünglich für den 1.12.2013 geplante Publikation verzögert. Mittlerweile seien die Nachfragen seitens der Bundesregierung beantwortet, sodass nach Rückmeldung der EU die Veröffentlichung erfolgen könne. Abschließend äußerte sich die UBA-Referentin zur „4MS-Zusammenarbeit“, an der mittlerweile auch Portugal interessiert sei. Zudem gebe es positive Signale aus Italien und Spanien. Bei der 4MS-Initiative handelt es sich um die vier EU-Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, die Niederlande und das Vereinigte Königreich Großbritannien. Sie haben gemeinsam vereinbart, die Prüfungen zur hygienischen Eignung von Produkten im Kontakt mit Trinkwasser zu harmonisieren.

Das kommt auf uns zu

Bezug nehmend auf die Ausführungen seiner Vorrednerin referierte Uwe Dietrich vom Armaturenhersteller Dornbracht zur künftigen Entwicklung der regulatorischen Rahmenbedingungen. Er ging auf die Grundlagen der Trinkwasserverordnung ein, die sich auch aus dem Bundes-Seuchenschutzgesetz entwickelt hätte, denn „Wasser ist entscheidend bei der Übertragung von Krankheiten“. Aufgrund dieser wissenschaftlich gewonnenen Erkenntnis wurden zahlreiche Vorkehrungen zum Schutz des Lebensmittels Trinkwasser getroffen.

Dietrich erläuterte, dass es folglich eine Vielzahl regulativer Maßnahmen gebe, insbesondere in der Trinkwasserverordnung, aber auch darüber hinaus. Die Trinkwasserverordnung geht laut Dietrich insbesondere auf den Blei- und Nickelgehalt, Legionellen, Pseudomonaden und KTW ein. Parallel dazu kämen auch auf Basis der Reach-Verordnung Vorgaben in Bezug auf Blei und Nickel sowie dar­über hinaus Chrom VI und Borsäure. Schließlich beeinflussten auch die Ökodesign-Richtlinie und das US-Freihandelsabkommen die Aktivitäten der Sanitärbranche.

Am Beispiel der Produktpalette von Dornbracht zeigte Dietrich die Notwendigkeit, für verchromte Bauteile Alternativen zu entwickeln. Denn mit dem Verbot bestimmter Werkstoffe oder Herstellungsverfahren sei auch der Weiterbetrieb von Produktionsanlagen, beispielsweise für die Galvanik, gefährdet. Deshalb appellierte Dietrich an die Forum-Teilnehmer, kontinuierlich auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu achten und die eigenen Aktivitäten rechtzeitig auf diese auszurichten.

Korrosionsverhalten neuer ­Messinglegierungen

Dr. Norbert Gaag vom Halbzeughersteller Diehl Metall Messing präsentierte die neuesten Korrosionsuntersuchungen. Die Gütegemeinschaft hatte drei Werkstoffe untersuchen lassen, die als Nachfolgelösung für die entzinkungsbeständige Legierung CW602N verfügbar sind. Hierbei handelt es sich um den Werkstoff CW 511 L mit der Legierungs-Zusammensetzung CuZn38As, um CW626N mit der Zusammensetzung CuZn33Pb1,5AlAs sowie um CW725R mit der Zusammensetzung CuZn33Pb1AlSiAs.

Demnach sind die Bleianteile der Alternativlegierungen gegenüber CW602N abgesenkt und liegen zwischen 0,2 und 1,7 %. Die Legierungstoleranzen sind hinsichtlich der Anforderungen an entzinkungsbeständige Messinglegierungen ausreichend. Die Beständigkeit gegen Entzinkung ist bei allen Werkstoffen in genormten Kurzzeittests in unterschiedlicher Ausprägung gegeben. Auch die Beständigkeit gegen Spannungsrisskorrosion – durchgeführt unter verschärften Bedingungen – hat im Halbzeugtest gleichwertige Ergebnisse erbracht, im Bauteiltest leichte Nachteile für CW511 L.

Auch die Anfälligkeit für interkristalline Korrosion wurde laut Dr. Gaag untersucht, mit deutlichen Vorteilen für CW 715 R. Die Ergebnisse der zwei-Jahres-Untersuchungen zur Langzeitkorrosion lagen zum Forum GMS im Juni 2014 noch nicht vollständig vor, jedoch hätten sich im 12-Monats-Test bei allen untersuchten Werkstoffen gleichwertige Ergebnisse zu CW602N ergeben, mit Vorteilen für CW725R.

Breites Spannungsfeld

Zum Abschluss der Fachvorträge stellte Geert van den Abbeele von Systemtechnik-Anbieter Sanha die Produktstrategie seines Unternehmens vor, die mittelfristig auf den ausschließlichen Einsatz bleifreier Werkstoffe abzielt. Der Hersteller von Pressfittingen und Rohrprodukten hätte 2008 mit der sukzessiven Umstellung des Produkt-Portfolios begonnen und diese Maßnahmen im Jahr 2013 weitgehend abgeschlossen. Die Besonderheit war laut van den Abbeele die konsequente Neuausrichtung von bleiarmem Rotguss auf einen bleifreien Alternativ-Werkstoff mit Silizium im Legierungsgefüge. Damit sei auch die komplette Umstellung der Fertigungstechnologie einhergegangen – mit anfänglich hohem Werkzeugverschleiß, deutlich gestiegenen Anforderungen hinsichtlich der Fertigungstoleranzen und Investitionen in Millionenhöhe.

Nach zahlreichen Prüfungen hätte sich ergeben, dass die Kaltumformbarkeit sowie die Beständigkeit des neuen Werkstoffs gegenüber Spannungsrisskorrosion gleichwertig mit Rotguss ist. „Wir haben festgestellt, dass es funktioniert und dass wir eine bleifreie Lösung haben, die als normtechnische Premiumlösung zu sehen ist“, resümierte Geert van den Abbeele.

Ein gelungener Gastvortrag von Michael Rossié zum Thema „Bei Streit ist es am besten man hat keinen – wie Sie gewinnen, ohne zu kämpfen“, rundete das Forum GMS ab. Der Sprechtrainer und Coach zeigte anhand vieler praktischer Beispiele die wichtigsten Fallen, die sich im alltäglichen Umgang mit anderen Menschen auftun und welche Fehler sowie faulen Tricks beim Sprechen, Diskutieren und Verkaufen gemacht werden. Für die Tagungsteilnehmer entpuppte sich das alljährlich stattfindende Trinkwasser-Fachsymposium einmal mehr zu einer erstklassigen ­Informationsveranstaltung.

Info

GMS in Kürze

Die Gütegemeinschaft Messing-Sanitär (GMS) e.V. ist eine Vereinigung nach den Grundsätzen für Gütezeichen des RAL-Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung. Der Hauptaufgabenbereich der Gütegemeinschaft liegt in der Gütesicherung und Kennzeichnung von Qualitätsbauteilen, die nach den Güte- und Prüfbestimmungen gefertigt werden. Weitere Tätigkeitsgebiete sind die Förderung des Werkstoffes Messing in seiner Verwendung in der Sanitärbranche sowie die Durchführung oder Begleitung von Forschungsprojekten. Mitglieder der Gütegemeinschaft sind Hersteller von Bauteilen aus Messing für die Gas- und Trinkwasserinstallation sowie die das Vormaterial (Messingstangen und -hohlstangen) produzierenden Halbzeugwerke. Weitere Infos sowie die Mitgliederliste gibt es unter

https://messing-sanitaer.de/

Dossiers

Rechtswirksamkeit der UBA-Liste

Die UBA-Positivliste „Trinkwasserhygienisch geeignete metallene Werkstoffe“ sollte ursprünglich am 1. Dezember 2013 in Kraft treten; gleichzeitig wäre dies der Beginn der zweijährigen Übergangsfrist gewesen, in der nicht gelistete Metall-Legierungen noch verbaut werden dürfen, sofern der neue Grenzwert von 10 μg/l Blei nicht überschritten wird.

Die Notifizierung der UBA-Liste (TrinkwV §17) durch die zuständige EU-Kommission in Brüssel hat sich aber verzögert, man rechnet nunmehr mit der Implementierung bis Ende 2014, der genaue Zeitpunkt ist allerdings noch nicht bekannt. Damit verschiebt sich auch die Übergangsfrist, mit deren Ablauf der Einbau nicht gelisteter Legierungen nicht mehr erlaubt sein wird.

Was Sie zurzeit beim Einsatz von Werkstoffen und Armaturen in der Trinkwasserinstallation beachten sollten und wie es um die Haftung und Rechtssicherheit steht, haben wir in unserem Dossier für Sie zusammengestellt. Das Dossier steht zum Download unter

https://www.sbz-online.de/themen

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