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Konstanten der Energiewirtschaft oder warum Technikfeindlichkeit ihre Gründe hat

Kennen Sie die Konstanten der weltumspannenden Ener­giewirtschaft? Sie sind seit Jahrzehnten bekannt und erstaunlich robust:

1. die Erdölreserven halten noch 40 Jahre

2. die Kernfusion gelingt in längstens 20 Jahren

3. die Brennstoffzelle ist in drei bis fünf Jahren einsatzfähig

In den 70er-Jahren wurden diese Thesen aufgestellt und heute, vierzig Jahre später, haben sie immer noch ihre Gültigkeit. Das waren Menschen mit Weitblick damals! Andererseits sah man voraus, dass der Ostblock bestimmt noch in 50 Jahren existieren und die Atomkraft, inklusive einer notwendigen Wiederaufbereitung, die saubere Energiequelle der nächsten 100 Jahren sein würde.

Wie wir heute alle wissen, sind sämtliche genannten Annahmen falsch – bis auf die zur Kernfusion, hier hat man wohl eher eine Null vergessen – was sie dann doch wieder falsch macht. Die Sache mit der Brennstoffzelle allerdings ist auch nicht so leicht einzuordnen. So wie man jetzt neuerdings liest, soll es se­rienreife Produkte unterschiedlichster Hersteller geben, die bereits im Feldtest sind bzw. diesen erfolgreich hinter sich haben.

Erinnern Sie sich an das Ende der 90er-Jahre, als der Hersteller mit den langen Ohren im Logo der gesamten Konkurrenz dieselben langzog und behauptete: „In fünf bis längstens zehn Jahren gibt es die Brennstoffzelle für jedermann!“ Komisch nur, dass bis dato gerade von diesen Brennstoffzellen nichts zu sehen ist. Allerdings soll nunmehr der Durchbruch geschafft sein und die Hersteller geben wieder Gas bei der Knallgasverbrennung!

Diesmal ist zu hoffen, dass man sich die vollmundigen Ankündigungen gut überlegt hat!? Nichts wäre in der derzeitigen Lage am Wärmemarkt kontraproduktiver als die nächste Fata­morgana, der man mit viel Entwicklungsgeld hinterherjagt und die Weiterentwicklung von bereits marktverfügbaren Techniken vernachlässigt. Ganz zu schweigen von der Verunsicherung des Endkunden. Dieser hält sich im Moment sowieso schon zurück mit Investi­tionen in neue Wärmeerzeuger, weil die missglückte steuerliche Abschreibung noch in den Köpfen herumspukt. Immer auf der Lauer nach Steuerschnäppchen, wartet jeder, dem sein Kaminkehrer den alten Kessel noch „gesundmisst“, ob nicht vielleicht doch noch eine steuerliche Absetzbarkeit kommt. Diese Zurückhaltung wird dann potenziert, indem die Hersteller Informationen übers Land posaunen, dass die Brennstoffzelle im nächsten Jahr flächendeckend zur Verfügung steht.

Eigentlich hatten wir gehofft, dass die deutsche Heiztechnik-Industrie lernfähig sei und ihr Brennwert-Brot-und-Butter-Geschäft weiter vorantreiben wolle. Aber anscheinend weit gefehlt. Lieber verspricht man den allenthalben wartenden Kunden die nächste Innovation/Revolution im Heizkeller. Ist es nicht genug, dass die Mikro-KWK-Anlagen nicht so gut laufen, wie geplant!? Bevor diese sich richtig bewähren und wirklich langlebig funktionieren, schmeißt man das nächste, nicht ausgegorene Produkt auf den Markt. Es scheint so, als ob der Fahrgast, der auf ein Taxi wartet, in ein Fahrzeug einsteigen soll, das an ihm vorbeigeschoben wird und dem eines folgt, das noch auf dem Auslieferungslaster steht, anstatt ihn in ein funktionierendes Transportmittel zu setzen, das bewährt, schnell, sicher und zuverlässig ist. Leider haben sich die Heiztechnik-Hersteller neben dem „lean-management“ und dem „kontinuierlichen Verbesserungsprozess“ von den Autoherstellern die Unsitte abgeschaut, dass die Käufer der ersten Serie die Kinderkrankheiten ausbaden müssen.

Qualitätssicherung zu Lasten der Kunden! Das kanns irgendwie auf Dauer nicht sein! Das führt dann dazu, dass es Fälle gibt, in denen Sterlingmotoren in Mikro-KWK-Geräten öfter komplett ausgetauscht werden müssen als die Zünddioden von Gasthermen bei der jährlichen Wartung! Kost’ ja nix! Geht auf Kulanz! Und zahlen müssen es die Kunden, die bewährte Brennwertprodukte einbauen lassen und über die dabei beim Hersteller entstehenden Deckungsbeiträge die Fehlentwicklungen quersubventionieren!

Wäre es daher nicht vernünftiger, zu den deutschen ­Ingenieurtugenden zurückzukehren und Produkte erst gründlich zu testen und dann bei Marktreife anzubieten? Wir sind ja schließlich nicht in der EDV-Branche! Die zunehmende Technikfeindlichkeit unserer Gesellschaft fußt nicht alleine auf missglückten Großprojekten wie Berliner Flughafen, Elbphilharmonie oder nicht ans Netz gehende Großkraftwerke, sondern auch auf der täglichen Erfahrung mit Produkten, die einfach nicht das tun, was sie sollen, nämlich verlässlich funktionieren! Bin auch gespannt, wie es damit bei den auf den Frühjahrsmessen vorgestellten neuen Produkten bestellt ist. Aber das merken Sie, liebe SBZ-Leser, wohl eher als ich.

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Diese SBZ-Kolumne wird von Brancheninsidern ­geschrieben, die frei von täglichen Zwängen zum Nachdenken anregen und deshalb anonym bleiben möchten.

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