Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Hersteller Panasonic hat schon 5000 Geräte im Markt

Japan nimmt Vorreiterrolle bei Brennstoffzellen ein

Brennstoffzellen setzen den Energieträger Wasserstoff – zum Beispiel aus Erdgas – in einem elektrochemischen Prozess in Strom und Wärme um. Das besonders effektive und lokal emissionsfreie Verfahren ist bereits seit rund 200 Jahren bekannt, rückte jedoch erst mit Bestrebungen die Energieversorgung umweltverträglicher zu gestalten, in den Fokus des Interesses. Inzwischen haben Brennstoffzellen-Systeme, die auch in Fahrzeugen, portablen Endgeräten oder zur netzfernen oder unterbrechungsfreien Stromversorgung zum Einsatz kommen, die Marktreife fast erreicht.

Bis 2015 sollen 300000 Geräte installiert sein

Im Bereich der Hausenergieversorgung macht Japan vor, wie der Einstieg in den Markt funktionieren kann: Seit 2009 vertreiben dort Erd- und Stadtgasversorger wie Tokyo Gas, Osaka Gas, Nippon Oil und die Astomosu Energy Corporation 0,7-kW-Brennstoffzellen-KWK-Anlagen für die Energieversorgung von Einfamilienhäusern. „Bis 2015 sollen 300000 Einheiten bei Kunden installiert sein. Das sieht ein gemeinsamer Fahrplan der Regierung, die die Markteinführung der Technik aus Umweltschutzgründen massiv unterstützt, mit den beteiligten Unternehmen vor“, berichtete Branchenberater Takehiko Kato, Präsident der Interlink Corporation in Tokyo, auf dem Brennstoffzellen-Fach­forum F-Cell im Herbst 2010 in Stuttgart.

Hersteller der Anlagen, die unter dem gemeinsamen Markennamen Ene-Farm verkauft werden, sind Panasonic, Toshiba Fuel Cells und Eneos Celltech. Allein Panasonic verkaufte seit 2009 rund 5000 Geräte und hat heute Produktionskapazitäten für 10000 Stück pro Jahr.

Dass die Kunden zugreifen, hängt auch an den großzügigen Subventionen durch die Regierung, die etwa 1,5 Millionen Yen (13500 Euro) zum Kaufpreis von rund 3,2 Millionen Yen (29000 Euro) zuschießt. Tokyo Gas und Nippon Oil investierten zudem viel Geld in Fernseh-Werbespots, um auf Ene-Farm aufmerksam zu machen.

Die Kunden kaufen eine Anlage, die den Großteil des Stromverbrauchs des Hauses aus dem Gasnetz bestreitet und gleichzeitig für Heizung und Warmwasser sorgt. Die Hersteller berichten, dass sich 25 % der Energie­kos­ten einsparen ließen.

Hersteller schulen die Heizungsbauer

„Haustechnik- und Heizungsfachfirmen im ganzen Land übernehmen die Installation der Geräte und sind für den Service zuständig“ erläutert Kato. „Das Know-how dafür erwarb jeweils einer aus jedem Unternehmen durch entsprechende Schulungen bei den Herstellern und gab das Wissen dann an die anderen Techniker im Betrieb weiter.“ Zwischen Installateuren und Herstellern bestehe eine enge Zusammenarbeit, berichtet der Branchenkenner. „Wenn unvorhergesehene Probleme auftreten oder Reparaturen nötig werden, ist der Produzent zur Stelle.“

Noch befinden sich BrennstoffzellenGeräte für Einfamilienhäuser am Anfang ihrer Produktlaufbahn und die Hersteller brennen darauf, die Informationen aus der Praxis für deren Weiterentwicklung zu verwerten. Denn die Zeit, in der es die Hersteller schaffen müssen, ihre Produkte auch ohne staatliche Unterstützung zu konkurrenzfähigen Preisen anzubieten, könnte kürzer ausfallen als gedacht. „Die Subventionierung von Ene-Farm ist nicht unumstritten und läuft möglicherweise früher aus als geplant“, berichtet Kato.

Dies ist sicher einer der Gründe, warum sich die japanischen Hersteller auf anderen Märkten umtun. Dabei haben sie besonders Deutschland, Großbritannien und Korea ins Auge gefasst, berichtet BBC News. Kai Klinder, einer der Geschäftsführer der NOW GmbH Nationale Organisation Wasserstoff und Brennstoffzellentechnologie in Berlin schätzt, dass japanische Hersteller ab 2013 ihre Brennstoffzellen-Heizgeräte auch in Europa anbieten werden. „Wir müssen aufholen“, sagt er.

Großer Feldtest in Deutschland

Die Branche hat auch in Deutschland einiges zu bieten. Das stellt sie im Moment mit dem großen 2008 gestarteten Praxistest für Brennstoffzellen im Eigenheim, Callux, unter Beweis. Die fünf Energieversorger EnBW Energie Baden-Württemberg, Eon Ruhrgas, EWE, MVV Energie und VNG Verbundnetz Gas wollen insgesamt 800 Geräte bei Endkunden installieren. Beispiel EnBW: „Wir investieren im Rahmen des Leuchtturmprojekts Callux rund 10,5 Millionen ­Euro“, berichtet Professor Wolfram Münch, Leiter Forschung bei EnBW. „Bis 2012 sollen 222 Brennstoffzellenheizgeräte installiert sein. Wir möchten damit nicht nur die Nutzung energieeffizienter Technologien vorantreiben. Die Markteinführung von Brennstoffzellenheizanlagen bietet uns auch die Möglichkeit, neue Geschäftsmodelle im Bereich der dezentralen Energieerzeugung zu entwickeln und umzusetzen.“

Hexis und Vaillant setzen auf Hochtemperatur-Brennstoffzellen

Am Praxistest ebenfalls beteiligt sind die Hersteller Baxi Innotech, Hexis und Vaillant, deren Geräte zum Einsatz kommen. Wie die japanischen Hersteller auch, setzt Baxi Innotech auf Polymer-Elektrolyt-Membran-Brennstoffzellen, die bei einer Temperatur von etwa 70 °C arbeiten. Die anderen beiden Produzenten haben für diesen Einsatzzweck Hochtemperatur-Festoxid-Brennstoffzellen (SOFC: Solid Oxid Fuel Cell) im Einsatz, deren Arbeitstemperatur bei rund 900°C liegt. Ihr Vorteil ist, dass das Erdgas durch die hohe Temperatur direkt zum Einsatz kommen kann und nicht erst reformiert werden muss.

Die Installation der Aggregate übernehmen speziell geschulte Fachhandwerker oder auch Servicetechniker der beteiligten Unternehmen. „Für umfangreiche Schulungen zu Brennstoffzellen-Heizgeräten für Heizungsbauer in ganz Deutschland ist es im Moment noch zu früh, denn wir rechnen erst um 2015 mit einer breiteren Markteinführung der Aggregate“, hieß es während einer Presse-Konferenz zum neuen Online-Informationsprogramm zu Brennstoffzellen fürs Eigenheim im Rahmen der F-Cell 2010 in Stuttgart.

Vorgestellt wurde dort auch ein Info-Programm, das auf der Homepage https://www.now-gmbh.de/projektfinder/callux-einleitung/ unter der Rubrik Marktpartner abrufbar ist. Es bietet allgemeinverständlich Basiswissen über Brennstoffzellen-Heizgeräte an. Reinschauen lohnt sich, denn die Geräte werden kommen – und wenn nicht aus, dann nach Deutschland. Im energiearmen Japan kostet Gas pro Kilowattstunde mehr als Elektrizität. Analysten vermuten daher, dass Japans aufstrebende Brennstoffzellenindustrie sehr geneigt ist, ihre Produkte auf anderen Märkten mit günstigeren Rahmenbedingungen abzusetzen.

INFO

Praxistest Callux

Details über den Praxistest für Brennstoffzellen im Eigenheim Callux erfahren Interessierte auf der Projekthomepage. Ein Film (Startseite rechts oben) lässt auch Installateure und Kunden zu Wort kommen. Unter „Marktpartner“ ist ein mit zahlreichen Grafiken anschaulich bebildertes Informationsprogramm mit Basiswissen über Brennstoffzellen-Heizgeräte zu finden.

https://www.now-gmbh.de/projektfinder/callux-einleitung/

INFO

Fachforum F-Cell

Das internationale Brennstoffzellen-Fachforum F-Cell mit Kongress und Messe für Produzenten und Anwender der Brennstoffzelle findet jährlich im Stuttgarter Haus der Wirtschaft statt. Die nächste F-Cell ist am 26. und 27. September 2011. Weitere Informationen gibt es im Internet unter

https://f-cell.de/

INFO

Funktion der Brennstoffzelle

Die Brennstoffzelle ist ein elektrochemischer Energiewandler. Sie besteht (ähnlich wie eine Batterie) aus zwei Elektroden (Anode und Kathode), die durch einen Elektrolyten räumlich voneinander getrennt sind. Der Elektrolyt ist undurchlässig für Gase, leitet aber Ionen. Der Anode wird Wasserstoff (H2), der Kathode Sauerstoff (O2) zugeführt. Bei der Reaktion beider Gase entsteht zwischen den Elektroden eine Spannung, die in einem angeschlossenen Verbraucher einen Stromfluss hervorruft. Gleichzeitig entsteht Wärme, die ebenfalls genutzt werden kann (Kraft-Wärme-Kopplung). Als Reaktionsprodukt fällt Wasser an. Um technisch nutzbare Spannungen zu erhalten, werden je nach erforderlicher Leistung mehrere Zellen in Reihe geschaltet oder gestapelt (Stack). Die anfallende Wärme wird über einen Kältekreislauf ausgekoppelt. Weitere Informationen gibt es auf den Internetseiten der Initiative Brennstoffzellen. Eine Anima­tion veranschaulicht das Funktionsprinzip

http://www.ibz-info.de http://www.ibz-info.de/home/animation

Autor

Eike Ostendorf-­Servissoglou ist Journalistin und ­betreibt die PR-Agentur Eoscript, 70499 Stuttgart, ­Telefon (07 11) 65 22 79 30, eos@eoscript.de, https://www.eoscript.de/

Tags