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Aus den Augen, aus dem Sinn?

Für Verbraucher gilt im Zusammenhang mit Toilettenabwässern oft der Grundsatz „aus den Augen aus dem Sinn“. Viele wollen sich nicht näher mit dem eher unangenehmen Medium Abwasser auseinandersetzen und so auch nicht mit dessen Entsorgung. Umso wichtiger ist die fachkundige Beratung durch das Handwerk, um spätere Reklamationen zu vermeiden. Unterhalb der Rückstauebene bezieht sich dies in besonderem Maße auf den Einsatz von Hebeanlagen, die nach wie vor den zuverlässigsten Schutz gegen Rückstau bieten.

Funktion und Einsatzbereiche von Hebeanlagen

Die sogenannten Bau- und Prüfgrundsätze der DIN EN 12050 regeln die Einsatzbereiche für verschiedene Typen von Abwasserhebeanlagen. Unterschieden werden dabei Fäkalienhebeanlagen, Abwasserhebeanlagen für fäkalienfreies Abwasser sowie Hebeanlagen zur begrenzten Verwendung. Kurz erläutert entwässern Fäkalienhebeanlagen nach DIN EN 12050-1 das Abwasser abgeschlossener Wohneinheiten. Sie verfügen in der Regel über einen Behälter, der über ein entsprechendes (Not-)Stauvolumen verfügt. Bei Anlagen für fäkalienfreie Medien (DIN EN 12050-2) handelt es sich oft um die klassische Kellerentwässerungspumpe im bauseitigen Schacht. Aber auch hier gibt es Varianten, bei denen vorgefertigte Kunststoffbehälter als professionelle Alternative zum Einsatz kommen, sowohl in der Installationsvariante „überflur“ als auch „unterflur“, und schließlich die sogenannte Kleinhebeanlagen gemäß DIN EN 12050-3 (Bild 1).

Fachlich korrekt sprechen wir hier von Hebeanlagen zur begrenzten Verwendung. Diesen Geräten kommt eine besondere Bedeutung zu. Im Markt sind sie oft als Häcksler, Zerhacker oder Schredder bekannt. Trotz der Tatsache, dass der Ruf dieser Geräte eher negativ belegt ist, werden sie doch häufig eingebaut – leider oft in nicht zulässiger Art und Weise.

Einsatzbereiche für Hebeanlagen zur begrenzten Verwendung

Seit einiger Zeit unterscheidet man in dieser Produktkategorie Anlagen für fäkalienfreie und fäkalienhaltige Medien. In beiden Fällen ist davon auszugehen, dass der Behälter der Anlage nicht als Sammelbehälter zu betrachten ist. Es handelt sich also jeweils um eine kleine Box mit integrierter Pumpe sowie der entsprechenden Steuerungstechnik. Es ist damit also keinerlei Notstauvolumen im Falle einer Störung oder eines Ausfalls der Technik vorhanden. Dies ist ein Grund dafür, dass diese Geräte nur begrenzt zum Einsatz kommen dürfen. Für die sogenannte „begrenzte Verwendung“ gelten noch weitere Aspekte, die das Fachhandwerk und anschließend der Nutzer unbedingt berücksichtigen sollten:

  • Hinsichtlich der Installation muss beachtet werden, dass bei einer Anlage für fäkalienhaltige Medien nur vier Entwässerungsgegenstände angeschlossen werden dürfen. Definiert sind jeweils eine Toilette, ein Handwaschbecken, eine Dusche und ein Bidet.
  • Diese Entwässerungsgegenstände müssen sich im selben Raum befinden wie das Gerät selbst, wobei die Toilette als Direktanschluss unmittelbar hinter oder neben dem WC angebunden sein sollte. Damit sind insgesamt nur Entwässerungsgegenstände angeschlossen, die in Benutzung sind, solange sich eine Person im Raum aufhält. Störungen der Anlage werden damit unmittelbar erkannt – Folgeschäden vermieden. So erklärt sich auch, warum der Anschluss von Waschmaschine und/oder Badewanne nicht zulässig ist. Denn sie entwässern unter Umständen, wenn sich kein Nutzer (mehr) im Raum befindet.
  • Wichtig ist des Weiteren der Nutzerkreis. In der Normung spricht man von einem begrenzten Nutzerkreis. Hier fragt sich der Laie, wie viele Personen dies wohl sind. Eine Antwort hierzu bietet der Kommentar zur DIN EN 12056-4. Hier wird davon gesprochen, dass diese Anlagen im privaten Wohnungsbau zu verwenden sind. Jeglicher öffentlicher Einsatz, sei es im Gewerbe oder in anderen öffentlichen Einrichtungen ist ausgeschlossen.
  • Auch muss bei Anwendung von Kleinhebeanlagen eine weitere Toilette im Haus zur Entwässerung im Freigefälle zur Verfügung stehen, die bei Ausfall der Technik genutzt werden kann.

Toiletten – Mülleimer der Nation

Nicht selten werden Toiletten als Mülleimer missbraucht. In der Praxis heißt das, dass neben dem fäkalienhaltigen Schwarzwasser beispielsweise auch Essensreste, Hygieneartikel und vieles mehr entsorgt werden. Diese Beimengungen führen bei der Nutzung von Kleinhebeanlagen zu Störungen und gehören letztlich auch nicht in die Toilette. Zusätzlich hat der Gebrauch von Feuchttoilettenpapier in den letzten zehn Jahren drastisch zugenommen. Dadurch kommt es zu vielfältigen Problemen bei der Abwasserentsorgung, die sich bis auf den öffentlichen Kanal erstrecken. Die mangelnde Zersetzungsfähigkeit der Vliestücher führt zu Verstopfungen in Abwasserpumpensystemen. Insbesondere bei Kleinhebeanlagen mit eingeschränkter Motorleistung kann dies ein KO-Kriterium sein.

Die sogenannten Zerhacker arbeiten dabei mit einem Schneidmesser, das die üblichen Beimengungen zerkleinert. Nachteilig sind die lauten Geräusche dieses Systems sowie die Gefahr des Zusetzens des Filterkorbes, in dem das Schneidmesser arbeitet, insbesondere bei zu geringer Spülmenge.

Anlagen mit Freistromradhydraulik bieten hier aufgrund ihres großen freien Durchgangs wesentliche Vorteile. Die Spülwirkung der Toilettenkeramik bleibt bei dieser Variante erhalten und die üblichen Beimengungen werden zuverlässig und vor allem leise gefördert. Eine ausreichende Spülmenge von mind. 6 l ist aber auch hier unerlässlich.

Faule Kompromisse vermeiden

Aus Sicht des Fachhandwerks ist es wichtig, den Kunden beim Einsatz solcher Geräte umfassend zu informieren und zu beraten. Eine Hebeanlage zur begrenzten Verwendung wird nie einen Ersatz zu einer vollwertigen Hebeanlage nach DIN EN 12050-1 darstellen können. Es scheint verlockend, diese Geräte als kostengünstige Alternative anzubieten, getreu dem Motto „das wird schon“. In solchen Fällen ist aber meist der Ärger vorprogrammiert. Der Kunde, der zunächst wenig Geld ausgeben wollte und die Lösung vielleicht trotz ausführlicher Beratung favorisiert hatte, will davon im Falle eines Schadens nichts mehr wissen. Richter urteilen dann zumeist zugunsten des Verbrauchers, war sich dieser als Laie doch der Tragweite seiner Entscheidung in der Vergangenheit nicht bewusst.

Für den Fachhandwerker gilt es also einen Spagat zu leisten zwischen der fachlichen Beratung des Kunden einerseits und der Zufriedenheit desselben auf der anderen Seite. Faule Kompromisse sollten tunlichst vermieden werden, da diese später als Fahrlässigkeit geahndet werden könnten.

Variable Einsatzzwecke

Grundsätzlich werden Hebeanlagen zur begrenzten Verwendung zur Rückstausicherung unterhalb der Rückstauebene eingesetzt. Darüber hinaus bietet sich aber auch der Einsatz für den Transport über Strecke an, wenn es beispielsweise um die nachträgliche Installation von Entwässerungsgegenständen im Dachgeschoss geht (Bild 2). Dann erfolgt der Anschluss der Druckleitung an die nächstgelegene Fallleitung. Beachtet werden sollte in diesem Fall, dass es nicht zu einem Saugheber-Effekt bei tief liegenden Anschlüssen kommt. Hierzu empfiehlt es sich, vor dem Übergang in die Fallleitung einen Dimensionssprung in der Leitung zu berücksichtigen.

Inspektion und Wartung

Nach Einbau der Anlage sollte eine Abnahme und eine technische Unterweisung des Kunden erfolgen. Dieser muss über die Funktion und weitere Details, beispielsweise über nicht zulässige Fehleinleitungen informiert werden. Der Hinweis auf die Verpflichtung zur regelmäßigen Inspektion durch den Endkunden sollte an dieser Stelle durch den Installationsbetrieb gegeben werden. Im Kommentar zu den Regelwerken wird formuliert, dass mindestens monatlich eine Kontrolle mit den „fünf wachen Sinnen“ erfolgen sollte. Das bedeutet die Überprüfung der Verbindungsstellen (sehen/tasten), Überprüfung hinsichtlich (unnormalen) Gerüchen und die Überprüfung der Betriebsgeräusche bei der Kontrolle von mindestens zwei Schaltspielen.

Wartung ist Kundenbindung

Alle Arbeiten, die darüber hinausgehen, unterliegen der regelmäßigen Wartung. Diese sollte ausschließlich von autorisiertem Fachpersonal erledigt werden. Die (Mindest-)Zyklen zur Wartung werden dabei über DIN EN 12056-4 formuliert und hängen von der Nutzung der Anlage ab. Im Einfamilienhaus gilt ein Mindestzyklus von einem Jahr, dieser verkürzt sich auf einen Vierteljahres-Zyklus im Gewerbebetrieb, der aber bei der Kleinhebeanlage nicht in Betracht zu ziehen ist. In der Realität ist die Abwasserzusammensetzung ausschlaggebend, wobei bei der Kleinhebeanlage vor allem der Anteil an Fehleinleitungen eine Rolle spielen kann sowie auch der (ausreichende) Einsatz der Toilettenspülung. Empfohlen werden sollte stets die maximale Spülmenge, jedoch mindestens 6 l zu verwenden.

All diese Tatsachen bedeuten für den Fachhandwerksbetrieb ein interessantes Geschäftspotenzial, denn: Wartung ist die beste Form der Kundenbindung! Der regelmäßige Kontakt generiert mitunter Zusatzaufträge, getreu dem Motto: „Ach, wo Sie gerade da sind….!“ Zu den entsprechenden Anforderungen an das Wartungspersonal gehört in jedem Fall auch die Qualifikation als Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten, da auch der elektrische Teil der Anlage zu überprüfen ist.

Gibt es eine für alles?

Moderne Kleinhebeanlagen bieten viele Möglichkeiten eines variablen Anschlusses. So ist die faktisch unsichtbare Installation in einer modernen Vorwandinstallation oder der Direktanschluss an ein Stand-WC möglich und kinderleicht zu realisieren (Bild 3). Verschiedene Zulauföffnungen sollten vorhanden sein und so flexible Anwendungsmöglichkeiten bieten. Damit lassen sich Dusche, Handwaschbecken, Bidet und ein WC problemlos anschließen. Und wenn man will, auch alles gleichzeitig!

Auf die richtige Technik kommt es an

Bei modernen Geräten lassen sich Blockaden durch Fehleinleitungen leicht beheben. Beim WCfix Plus von Jung Pumpen beispielsweise kann die Pumpe mittels Bajonettverschluss leicht aus dem Gehäuse entnommen werden, ohne Eingriffe an der Installation (z. B. die Entleerung der Druckleitung) vornehmen zu müssen (Bild 4).

Neben dem Vorteil, mit nur einem Gerät sämtliche Installationsvarianten (Direktanschluss vor der Wand oder verdeckter Anschluss in der Vorwand) abzudecken, ist auch das Design wichtig, sodass sich die Hebeanlage auch optisch gut in moderne Bäder integrieren lässt. Moderne Anlagen verfügen über einen integrierten Alarm, welcher den Betreiber akustisch innerhalb des Gebäudes warnt. Optional besteht die Möglichkeit, diese Meldung auch an smarte Komponenten in der Haustechnik anzubinden, sodass Warnmeldungen als Push-Mitteilungen auf das Handy gesendet werden können. Anlagen mit Freistrom-Laufrädern reduzieren die Blockadegefahr und sind vergleichsweise leise.

Und was ist mit fäkalienfreien Abwässern?

Für solche Zwecke bieten sich Kleinhebeanlagen für fäkalienfreie Medien an. Sie verfügen über ähnliche Abmessungen und Baugrößen und sind zudem auch in Sonderausführungen für z. B. aggressive Medien (Kondensate, Abwässer aus Enthärtungsanlagen) erhältlich.

Fortbildung schafft Potenziale

Im westfälischen Steinhagen bietet Pumpenhersteller Jung Pumpen ein umfassendes Seminarprogramm zur Erlangung der Qualifikationen rund um das Thema „Rückstausicherung“ und „Wartung“ an. Theoretische Inhalte rund um die DIN EN 12056 sowie die Vorstellung der erforderlichen Kenntnisse über unterschiedliche Anlagentypen nach DIN EN 12050 werden in einem Basis-Seminar vermittelt. Das anschließende Aufbauseminar vermittelt den unmittelbaren Umgang mit den Produkten hinsichtlich Einbau, Wartung und Reparatur.

Auf den Punkt gebracht

Kleinhebeanlagen sind immer dann eine sinnvolle Option, wenn es darum geht, einzelne Entwässerungsgegenstände gegen Rückstau zu sichern oder diese nachträglich bei Renovierungen zu verbauen. In letzterem Fall können diese auch im Erd-, Ober- oder Dachgeschoss zum Streckentransport verwendet werden. Zur Gewährleistung der einwandfreien Funktion dieser Geräte ist es unabdingbar, die Einsatzgrenzen beim Einbau als auch bei der späteren Verwendung zu kennen und in der Beratung sowie bei der Inbetriebnahme offensiv darauf hinzuweisen. Bei allen anderen Maßnahmen der Rückstausicherung sollten vollwertige Hebeanlagen gemäß DIN EN 12050-1 bzw. Schmutzwasserhebeanlagen gemäß DIN EN 12050-2 zum Einsatz kommen. Maßnahmen zur Fortbildung in der Entwässerungstechnik dienen der Kompetenzsteigerung des Fachhandwerks.

Autor

Marco Koch ist Leiter Verkaufsförderung der Jung Pumpen GmbH in 33803 Steinhagen, Telefon (0 52 04) 17-0, Telefax (0 52 04) 8 03 68, www.jung-pumpen.de