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Misstrauen 4.0

Das Thema Industrie 4.0 betrifft jeden von uns, das Handwerk eingeschlossen. Denn eigentlich steht das etwas zu kurz gegriffene Schlagwort doch für die zunehmende Digitalisierung aller Bereiche unserer Gesellschaft. Das gilt nicht nur für die klassische Industrie, es schließt auch Beruf, Familie und Freizeit mit ein. Mehr und mehr Objekte verfügen über intelligente Computertechnologie und Zugang zum Internet. Diese Evolution führt zu einer Vernetzung von Gegenständen in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Nichts anderes bedeutet 4.0. Auf der Basis dieses permanenten Austauschs von Daten lassen sich Zustände in Echtzeit abfragen, Produktionsverfahren verbessern oder Automatisierungsgrade erhöhen.

Zugegeben, das klingt erstmal industrielastig. Aber die Auswirkungen reichen über diesen Wirtschaftszweig hinaus, bis ins Handwerk hinein. Bei der Abwicklung der Logistik wird das Thema an Bedeutung gewinnen, Einkauf und Lagerhaltung werden sich in der Folge gravierend ändern. Die Entwicklung erfasst letztlich alle betriebsinternen Prozesse der Unternehmensführung, das Marketing ebenso wie Verkauf und Buchhaltung. Überall wird der Datenhebel angesetzt, um über digitale Vernetzung die Effizienz zu steigern. So weit so gut.

Allerdings ist diese schöne neue Technikwelt ebenfalls dazu in der Lage, Wettbewerbsbedingungen zu verzerren. Etwa auf dem Sektor der Dienstleistungsangebote fällt das nicht zum Vorteil für das SHK-Handwerk aus. Wenn zum Beispiel Mess-, Regel- und Steuerungssysteme für die Gebäudetechnik – etwa bei Wasser, Strom und Gas – von Versorgungsunternehmen künftig digital im Sinne von 4.0 ausgerichtet werden, dann haben die Anbieter einen wesentlich direkteren Zugriff auf Kunden als bisher. Aus der Datentransparenz lassen sich neue Geschäftsmodelle ableiten, die durchaus in Konkurrenz zu Handwerksbetrieben stehen könnten. Mal angenommen, der regionale Gasversorger erkennt schneller als der betroffene Kunde und sein Heizungsbauer, dass eine Anlage nicht ordentlich läuft oder einen Defekt meldet. Es ist doch nur ein kleiner Schritt für ihn, nach der Auswertung der Daten reaktionsschnell die Initiative zu ergreifen – am Handwerk vorbei und mit einem voll ausgestatteten Serviceteam.

Es ist Aufgabe aller Branchenbeteiligten, mit Argusaugen über diesen und andere Bereiche zu wachen, um das Entstehen geschäftsgefährdender Szenarien so früh wie möglich zu erkennen und zu unterbinden – wenn möglich. Alternativ schadet es sicher nicht, parallel über eigene Wege nachzudenken, auf denen das Handwerk von den zukünftigen Möglichkeiten der Industrie 4.0 profitiert. Sie kann durchaus der Ausgangspunkt großartiger Entwicklungen sein. Selbst in der SHK-Welt, keine Frage.

Aber aller positiven Effekte zum Trotz ist demgegenüber eine ordentliche Portion Misstrauen angebracht. Vor allem mit Blick auf angestammte Tätigkeitsfelder.

Gute Geschäfte wünscht Ihnen

Ihr

Dennis Jäger

SBZ-Chefredakteur