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Heizungstechnik von gestern bis heute

Am Anfang war das Feuer

Als Schrittmacher der Branche hat Viessmann in den vergangenen Jahrzehnten bis in die Gegenwart hinein immer wieder neue technologische Meilensteine gesetzt (Bild 1). Am Anfang standen Holz und Kohleöfen.

Nach 1945: Zentralheizungen beginnen sich durchzusetzen

Die Bevölkerung in beiden Teilen Deutschlands war damit beschäftigt, die Trümmer des Krieges wegzuräumen und sich dem Neubeginn zu widmen. Gebäude wurden in dieser Zeit noch überwiegend mit Holz- und Kohleöfen beheizt. Doch die Zentralheizung begann sich mit dem Wiederaufbau der Städte mehr und mehr durchzusetzen.

Hans Viessmann, Sohn des Firmengründers, widmete sich bereits während des Krieges in seiner Freizeit dem Entwurf neuer Heizkessel. Mit einer Mappe voller Zeichnungen und Pläne sowie vielen Ideen kehrt er 1945 nach Hause zurück.

1950er-Jahre: Heizöl verdrängt die Festbrennstoffe

Anfang der 1950er-Jahre beginnt für die Heiztechnik ein entscheidender Strukturwandel: Heizöl setzt sich immer mehr durch und verdrängt die bis dahin dominierenden Festbrennstoffe – vor allem Koks – allmählich vom Markt. Heizöl ermöglicht den vollautomatischen Betrieb von Wärmeerzeugern und schafft die Voraussetzung für die Einführung der Warmwasserheizung in großem Umfang. Mit der Ölheizung werden auch die trägen Schwerkraftheizungen auf die schnell regelbaren Pumpen-Warmwasserheizungen umgestellt. Man beginnt damit, die bisher offenen Anlagen als geschlossene Anlagen mit Membran-Ausdehnungsgefäß auszuführen.

Zweistoffkessel für Öl und Koks

In dieser Zeit entwickelt Viessmann Heizkessel für den neuen Brennstoff Öl sowie von Koks auf Öl umstellbare Stahlheizkessel mit eingebauter Warmwasserbereitung. Im Jahr 1957 stellte das Unternehmen auf der Hannover Messe unter anderem den Zweistoffkessel Triola vor. Die Brennkammer des Triola war optimal auf die Verbrennung von Heizöl abgestimmt und benötigte keine Ausmauerungen, wie sie bei ölbefeuerten Heizkesseln erforderlich waren. Mit wenigen Handgriffen konnten diese Kessel von Heizöl auf Festbrennstoffe umgestellt werden (Bild 2).

Die Vorteile der neuen Stahlheizkessel bringen den Markt in Bewegung, der zu dieser Zeit noch immer von Gussgliederkesseln beherrscht wird. Die optimale Brennraumgestaltung, der Wegfall von Ausmauerungen sowie die Möglichkeit, eine Warmwasserbereitung einzubauen, bringt den Kesseln Popularität. Die Ära des Stahlheizkessels beginnt.

1960er-Jahre: Wachsende Bedeutung der Regelungstechnik

Der Wandel in der Primärenergienutzung setzt sich weiter fort: Während 1960 nur 15 % der Wohnungen mit Heizöl beheizt werden, sind es 1970 bereits 45 %. Kohle geht von 82 auf 40 % zurück. Als drittes Standbein der häuslichen Wärmeversorgung wird Gas eingesetzt, vorrangig in den Städten, in denen die Kokereien die Haushalte mit dem bei der Koksproduktion entstehenden Kokereigas als Stadtgas versorgen.

Komfort in der Trinkwassererwärmung

Nachdem Viessmann mit einer neuen Kessel-Generation den Weg für den Stahlheizkessel geebnet hat, beginnt in diesem Jahrzehnt die Entwicklung komfortabler Systeme zur Trinkwassererwärmung. 1965 werden „Heizkessel mit eingebauten, korrosionsfesten Brauchwasserbehältern“ zum Patent angemeldet. 1967 bringt Viessmann mit den von Hans Gugelot, Designer der Ulmer Schule, gestalteten Kesseln erstmals Farbe und Design in die Heizkeller (Bild 3).

Elektrische Kesselregelung

Parallel zur Kesselentwicklung wird das Lieferprogramm der Regelungs- und Steuerungstechnik erweitert. Die manuell betriebenen Mischer werden zunehmend durch elektrische Kesselregelungen mit raumtemperatur- oder außentemperaturgesteuerten elektronischen Heizkreisregelungen mit zeitgesteuerter Nachtabsenkung abgelöst (Bild 4).

1970er-Jahre: Energiekrise löst neue Entwicklungen aus

Zu Beginn der 1970er-Jahre decken Erdöl und Erdgas knapp zwei Drittel des Weltenergiebedarfs. Im Zuge der sogenannten Ersten Energiekrise steigen 1973 die Preise für Rohöl drastisch. In den folgenden Jahren wird der sparsame Umgang mit Öl und Gas ein zentrales Thema der Wirtschaftspolitik. Zeitgleich wächst das Umweltbewusstsein. 1974 tritt das Bundes-Immissionsschutzgesetz, 1976 das Energieeinsparungsgesetz in Kraft. Die daraus abgeleiteten Verordnungen wirken sich direkt auf die Heizungstechnik aus.

Weltpremiere: Kessel aus Edelstahl

Ausgelöst durch die Energiekrise wird Anfang der 1970er-Jahre in allen Bereichen der Heiztechnik geforscht und entwickelt, um die Energieausnutzung der Heizkessel weiter zu verbessern. 1972 überrascht Viessmann die Fachwelt mit einer Weltpremiere – einem Heizkessel aus Edelstahl (Bild 5).

Gegenüber dem bisher üblichen Guss-Gaskessel mit Brenner ohne Gebläse zeichnet sich dieser Edelstahl-Gaskessel durch geringes Gewicht, einen hohen feuerungstechnischen Wirkungsgrad, leicht zu reinigende Kesselheizflächen und einen hohen Wasserinhalt aus.

Erneuerbare Energien im Fokus

Durch die Energiekrise wächst auch das Interesse an regenerativen Energieträgern. Viessmann beginnt 1976 mit der Fertigung von Sonnenkollektoren, zwei Jahre später kommen die ersten Wärmepumpen auf den Markt (Bild 6). Außerdem werden in dieser Zeit neue Scheitholzkessel, Holzvergaserkessel sowie Spezialheizkessel für Hackschnitzel und andere Biomasse-Formen entwickelt.

1980er-Jahre: Ära der Niedertemperatur-Warmwasserheizung

Anfang der 1980er-Jahre beginnt die Ära der Niedertemperatur-Warmwasserheizung. Die bei der Wärmeerzeugung entstehenden Auskühl- und Oberflächenverluste eines Heizkessels lassen sich erheblich reduzieren, wenn Heizkessel statt mit konstant angehobener Temperatur von ca. 70° C mit gleitend abgesenkter Kesselwassertemperatur bis herab auf 40° C betrieben werden. Dadurch ergeben sich für die Heizkessel neue, erhöhte Anforderungen, denen die Kesselkonstruktion Rechnung tragen muss: Beim Niedertemperaturbetrieb liegt die Kesselwassertemperatur über weite Phasen der Heizperiode unter der Taupunkttemperatur der Heizgase (Bild 7).

Zweischalige, biferrale Verbundheizfläche

Viessmann begegnet dieser technischen Herausforderung mit einer völlig neuartig gestalteten, zweischaligen Verbundheizfläche – einer bis dahin nicht gekannten Kombination der Werkstoffe Guss und Stahl. Dieser Meilenstein der Heiztechnik ermöglicht es, den Kessel als Tieftemperaturkessel, das heißt ohne untere Temperaturbegrenzung – und damit noch effizienter als einen Niedertemperaturkessel – zu betreiben (Bild 8).

Die energiesparenden Tieftemperaturheizkessel Vitola biferral mit zweischaliger Verbundheizfläche werden in den 1980er-Jahren zu einem festen Begriff in der Heizungsbranche. Der Erfolg dieser Baureihe spiegelt sich in der verkauften Stückzahl wider: 1988 verlässt der millionste Vitola-Kessel die Produktionshallen in Allendorf.

1990er-Jahre: Heizungstechnik mit System

Digitale Regelungen in den Wärmeerzeugern lösen in diesem Jahrzehnt die bisher eingesetzten elektronischen Regelungen ab. Die Regelungen Trimatik-MC (ab 1988) und Dekamatik (ab 1990) ermöglichen eine Vielzahl von Funktionen. So können neben dem Kesselkreis bis zu zwei Heizkreise mit Mischer direkt geregelt werden. Wesentliches Merkmal sind Selbstdiagnosesysteme. Darüber hinaus sind diese Regelungen kommunikationsfähig (Bild 9).

Die Stunde der Brennwerttechnik

Der Treibhauseffekt und die damit verbundene Gefahr einer Klimaveränderung beherrschen die umweltpolitischen Diskussionen der späten 1980er-Jahre. Die Bundesregierung beschließt 1990, bis zum Jahr 2005 die CO2-Emission um 25 bis 30 % zu reduzieren. Damit schlägt die Stunde der Brennwerttechnik. Mit ihr lassen sich gegenüber Niedertemperaturkesseln mehr als 10 % Brennstoff einsparen, da auch die im Wasserdampf der Abgase enthaltene latente Wärme für den Heizwasserkreislauf nutzbar gemacht wird. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, entwickelt Viessmann zwei bahnbrechende Innovationen: Für eine extrem schadstoffarme Verbrennung sorgt der MatriX-Strahlungsbrenner (Bild 10). Intensive Kondensation und damit eine optimale Nutzung des Brennstoffs gewährleisten die Inox-Crossal-Heizflächen – hochwirksame Wärmetauscherflächen aus Edelstahl, die in allen Viessmann-Brennwertkesseln eingesetzt sind.

2000er-Jahre: Energiegipfel und Klimaschutzverhandlungen

Durch die Zusammenlegung von Heizungsanlagen- und Wärmeschutzverordnung zur Energieeinsparverordnung (EnEV) ändern sich 2002 wesentliche Rahmenbedingungen für die Heizungsbranche. Die EnEV verlangt eine ganzheitliche Betrachtung von Bauphysik und Anlagentechnik, gibt Effizienzziele vor und forciert damit Komplettsysteme aus gut aufeinander abgestimmten Komponenten.

Nationaler Energiegipfel

forciert Strukturwandel

Auf politischer Ebene werden zunehmend Konzepte zur Einsparung fossiler Energien diskutiert. In Deutschland wird 2006 der Nationale Energiegipfel zur Erarbeitung eines zukunftssicheren Energiekonzeptes einberufen. Seine Ziele sind Versorgungssicherheit, Klimaschutz, Energieeffizienz und Kostenstabilität. Zur Umsetzung wird eine Doppelstrategie beschlossen, die eine Steigerung der Energieeffizienz ebenso umfasst wie die Substitution fossiler durch erneuerbare Energien. Der damit verbundene Strukturwandel hin zu hocheffizienter Brennwerttechnik für Öl und Gas sowie hin zu Wärmepumpen, Pelletkesseln und Solarsystemen für die Warmwasserbereitung, stellt die Heizungsbranche vor große Herausforderungen, bietet aber auch die Chance zur Modernisierung des veralteten Anlagenbestands.

Wachsende Bedeutung

erneuerbarer Energien

Bereits 2001 bietet Viessmann Systemlösungen zum energieeffizienten Bauen und Modernisieren, zur Ressourcenschonung und zur Senkung der CO2-Emissionen an. Produktneuheiten zur Nutzung regenerativer Energien – zum Beispiel solarthermische Systeme, Wärmepumpen und Biomassekessel – ergänzen das Komplettangebot (Bild 11).

Seit 2011: Ausbau erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung

Im März 2011 erschüttert ein Erdbeben die Region nördlich von Tokyo. In der Folge kommt es im Atomkraftwerk Fukushima zu einer Reihe schwerer Unfälle, wobei auch Strahlung entweicht. Die Auswirkungen auf Deutschland bestehen im Wesentlichen in dem Beschluss, vollständig aus der Kernenergie auszusteigen und im forcierten Ausbau von Photovoltaik und Windkraft. Darüber hinaus beherrschen Herausforderungen wie der Klimawandel und die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche die öffentlichen Diskussionen.

Erstes in Serie produziertes

Brennstoffzellen-Heizgerät

Schon heute kann an wind- und sonnenreichen Tagen in Deutschland der gesamte Spitzenbedarf an Strom erneuerbar abgedeckt werden. Allerdings wird Strom nicht immer dort erzeugt, wo er aktuell benötigt wird, und es gibt auch nicht immer Spitzenbedarf. Auf der anderen Seite gibt es Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, aber trotzdem ein hoher Strombedarf vorhanden ist. Bei Engpässen in der volatilen Stromerzeugung können Mikro-KWK-Systeme und Blockheizkraftwerke einen wichtigen Beitrag zur Deckung des Bedarfs leisten. Weil dies dezentral geschieht und der Strom im Haus erzeugt wird, werden zudem die Stromnetze entlastet.

Als erster Hersteller überhaupt hat Viessmann im Frühjahr 2014 ein in Serie produziertes Brennstoffzellen-Heizgerät für Ein- und Zweifamilienhäuser in den Markt eingeführt. Der damit erzeugte Strom wird im Haus genutzt oder gegen Vergütung in das Stromnetz eingespeist. Das Mikro-KWK-System spart im Vergleich zur ungekoppelten Wärmeerzeugung und dem Bezug von üblichem Netzstrom bis zu 40 % Energiekosten ein und reduziert die CO2-Emissionen um rund die Hälfte.

Im Tagesverlauf werden bis zu 15 kWh Strom produziert. Damit kann ein Großteil des Bedarfs im Haushalt gedeckt werden. Entsprechend erhöht sich die Unabhängigkeit von der öffentlichen Stromversorgung. Die bei der Stromerzeugung in der Brennstoffzelle gleichzeitig anfallende Wärme wird der Heizung oder Trinkwassererwärmung zugeführt. Bei höherem Wärmebedarf schaltet sich der integrierte Gas-Brennwertkessel automatisch hinzu (Bild 12).

Zukunftssicher mit Hybrid-Heizgeräten

Gas und Öl werden noch lange Zeit eine wichtige Rolle in der Gebäudebeheizung spielen. Viele Anlagenbetreiber sind allerdings verunsichert, welche Investition ihnen Zukunftssicherheit bietet und schieben daher die längst fällige Modernisierung der veralteten Heizung hinaus. Mit dem 2013 vorgestellten Gas-Hybridgerät Vitocaldens 222-F und dem 2015 eingeführten Öl-Hybrid-Kompaktgerät Vitolacaldens 222-F bietet Viessmann innovative Kombinationen aus Brennwertkessel und Wärmepumpe an. Die Geräte heizen mit Gas bzw. Öl oder mit Strom und kostenloser Wärme aus der Außenluft – je nachdem, welcher Energieträger aktuell am günstigsten ist (Bild 13).

Herausforderung: Digitalisierung

Bereits in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts veränderte die Digitalisierung das Leben in den Industrienationen grundlegend, und die Durchdringung des beruflichen und privaten Alltags mit digitalen Technologien schreitet weiter voran. Möglich ist dies durch die flächendeckende Verfügbarkeit schneller Internetverbindungen, sowohl für stationäre als auch für mobile Anwendungen, und die daraus resultierende Möglichkeit, Informationen von jedem Ort aus und zu jeder Zeit auszutauschen. Längst sind nicht mehr nur Computer und Smartphones, sondern zunehmend auch andere Dinge mit dem Internet verbunden. Man spricht deshalb vom Internet der Dinge (Internet of Things).

Für Heizsysteme bietet Viessmann eine Lösung an, mit der die Marktpartner des Unternehmens Wärmeerzeuger durch einfache Plug-&-Play-Installation per WLAN ans Netz bringen. Der Anlagenbetreiber wird mit der innovativen ViCare-App in die Lage versetzt, Temperaturen oder individuelle Heizzeiten ganz einfach per Smartphone einzustellen. Darüber hinaus hat der Fachhandwerker nach vorheriger Freischaltung durch den Anlagenbetreiber die Möglichkeit, per Vitoguide-Anwendung die Betriebsparameter des Heizsystems online einzusehen, um frühzeitig Servicebedarf zu erkennen und Einsätze planen zu können (Bild 14).

Fazit

Der Rückblick zeigt, dass in den vergangenen 75 Jahren die Heizungstechnik immer wieder vor großen Herausforderungen gestanden hat. Die Branche hat sie gemeistert, indem sie jede dieser Herausforderungen als große Chance begriffen hat und immer effizientere sowie umweltschonendere Produkte hervorgebrachte. Das wird auch in Zukunft so sein. Info: Dieser Artikel ist erstmals 2016 erschienen.